Mittwoch, 13. Februar 2008

Das Schweizer Staatsfernsehen und die SVP

"Transparenter" Journalismus im Hause Leutschenbach
Ueli Haldimanns Traumwelten
Von Gregor A. Rutz, Küsnacht ZH

Dass die Wahrnehmung von SF-Chefredaktor Ueli Haldimann nicht immer ganz mit derjenigen der SVP übereinstimmt, ist bekannt. Dass die Berichterstattung des staatlichen Farbfernsehens den Kriterien der Sachlichkeit und Ausgewogenheit nicht immer nachzukommen vermag, ist traurige Realität. Was sich aber die Leutschenbach-Oberen in Sachen Interpretation der aktuellen politischen Verhältnisse herausnehmen, erstaunt selbst hartgesottene Politprofis.

Im hauseigenen "Newsletter 2" vom 1. Februar präsentiert die Chefredaktion des Schweizer Staatsfernsehens, wie sie die aktuelle politische Situation beurteilt und die Rolle der SVP versteht. Im "journalistischen Alltag", so die Chefredaktion von SF DRS, kämen Fragen auf, welche in den Redaktionsstuben des Staatssenders "einheitlich" gehandhabt werden sollen.

Politische Veränderungen unerwünscht

Nach der Abwahl von Bundesrat Blocher hat die SVP beschlossen und der Medienöffentlichkeit im Rahmen einer Pressekonferenz am 14. Dezember 2007 dargelegt, dass die Partei künftig in der Opposition politisiert und die Bundesräte Schmid und Widmer-Schlumpf nicht Mitglieder der Fraktion sind. Die SVP ist damit nicht mehr in der Landesregierung vertreten. An sich würde man meinen, dass es nun primäre Aufgabe der Journalisten ist, dieses Faktum zu vermitteln und den Zuschauern zu erklären.

Das Schweizer Fernsehen fühlt sich aber nicht gehindert, die beiden fraktionslosen Bundesrats-Mitglieder "in Moderationen und Off" als "SVP-Bundesräte" zu bezeichnen, "wenn die Nennung der Partei Sinn macht". Denn beide seien "Mitglieder der SVP". Und das Schweizer Staatsfernsehen weiss: "Es zeichnet sich überhaupt nicht ab, dass sie von ihren Kantonalparteien bzw. ihrer Ortssektion aus der Partei ausgeschlossen werden könnten."

Der abgewählte Bundesrat Christoph Blocher soll im Schweizer Fernsehen als "Vizepräsident SVP" bezeichnet und angeschrieben werden. Eventuell - "wenn es sich im inhaltlichen Zusammenhang aufdrängt" - auch einmal als "alt Bundesrat". Ueli Haldimann weiss: "Dass er nicht mehr wiedergewählt worden ist, dürfen wir als bekannt voraussetzen." Darum will SF DRS auf "polemisch wirkende Formulierungen" wie "abgewählter Bundesrat" und dergleichen verzichten.

"Objektiv" eine Bundesratspartei?

"Schwieriger zu beantworten" ist, so die Überlegungen der Chefredaktoren vom Leutschenbach, "die Frage, ob die SVP eine Bundesratspartei ist oder nicht." Die lapidare Antwort von SF-Boss Haldimann: "Objektiv ist sie es." Die SVP sage zwar selber, "sie sei in der Opposition". Dies jedoch sei nur "relativ", denn "in achtzig oder neunzig Prozent der anstehenden Dossiers" vertrete die SVP "die gleiche Haltung" wie die FDP (und, so die SF-Chefredaktion, "oft auch wie die CVP"). Da staunt der geneigte Leser - und mit Fug und Recht fragt man sich, woher denn die SF-Journalisten derartige Informationen beziehen. Solche Aussagen sind gewöhnlich nur in den Pressediensten der Sozialdemokraten oder der Gewerkschaften zu lesen - oder eben im Newsletter des Staatsfernsehens.

Aus den genannten Gründen versucht das Staatsfernsehen nun, "die Etiketten Oppositionspartei oder Bundesratspartei zu vermeiden", da ihres Erachtens "jede Verwendung des einen oder andern Ausdrucks einen Positionsbezug" bedeuten würde. Im Sinne eines "transparenten Nachrichtenjournalismus" sei es aber immer möglich, "die eine oder andere Formulierung zu zitieren (‹die SVP, die sich als Oppositionspartei sieht›)."

Traumwelten dank "service public"?

Ist es nun Aufgabe des "service public", fragt sich mancher Gebührenzahler, dass die Redaktoren des Staatsfernsehens nicht über die tatsächlichen politischen Geschehnisse berichten, sondern der Fernsehzuschauer vielmehr erfährt, wie die politische Welt in Bundesbern nach Auffassung der Fernsehredaktoren aussehen sollte? Steigert sich das Wohlbefinden der Schweizer, wenn ihnen das staatliche Farbfernsehen eine Scheinwelt vermittelt?

Gregor A. Rutz
Der Autor ist bis März 2008 Generalsekretär der SVP Schweiz.

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