Sonntag, 4. November 2007

Ahmadinejads Brief an Bush

Im Namen Allahs, des Gnädigen und Barmherzigen

Herrn George W. Bush
Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika

Ich habe lange darüber nachgedacht, wie die unleugbaren Widersprüche, die auf internationaler Ebene bestehen und ständig im Volk, vor allem in politischen Kreisen und unter Studenten, diskutiert werden, zu rechtfertigen sind. Viele Fragen sind unbeantwortet geblieben. Darum habe ich beschlossen, einige dieser Widersprüche und Fragen zur Diskussion zu bringen. Vielleicht bietet sich die Gelegenheit, sie zu korrigieren.

Kann man Anhänger von Jesus Christus, dem großen Propheten Gottes sein, sich den Menschenrechten verpflichtet fühlen, den Liberalismus als Zivilisationsmodell präsentieren, sich gegen die Verbreitung von Nuklear- ­und Massenvernichtungswaffen aussprechen, den Kampf gegen den Terrorismus zu seinem Motto machen und sich schließlich für die Bildung einer geeinten internationalen Gemeinschaft einsetzen, eine Gemeinschaft, in der Christus und die tugendhaften Menschen auf der Erde regieren, wenn gleichzeitig Länder angegriffen werden, Leben, Würde und Existenz der Menschen zerstört werden und nur bei der geringsten Vermutung, einige Verbrecher könnten sich in einem Dorf, einer Stadt oder einer Karawane befinden, das ganze Dorf, die ganze Stadt oder die ganze Karawane in Brand gesteckt wird?

Oder wenn bei der geringsten Vermutung, in einem Land könnten sich Massenvernichtungswaffen befinden, dieses Land besetzt wird? Wenn etwa 100.000 Menschen in diesem Land getötet werden, wenn Wasserquellen, Landwirtschaft und Industrie dieses Landes zerstört und fast 180.000 Militärs dort stationiert werden? Wenn die Privatsphäre der Häuser der Menschen verletzt wird und ein Land vielleicht um mehr als 50 Jahre in seiner Entwicklung zurückgeworfen wird? Um welchen Preis? Hunderte Milliarden Dollar aus dem Staatsschatz eines Landes und einiger anderer Länder werden ausgegeben und Zehntausende junger Menschen werden als Soldaten der Streitkräfte an die Front geschickt und der Gefahr ausgesetzt, getötet zu werden, sie werden von ihren Familien getrennt, ihre Hände werden mit dem Blut anderer Menschen beschmiert, und es wird psychologischer Druck auf sie ausgeübt, so daß jeden Tag einige von ihnen Selbstmord begehen und sie, wenn sie in ihr Land zurückkehren, vom Krieg gezeichnet und depressiv sind und an den unterschiedlichsten Krankheiten leiden, einige von ihnen gar getötet und ihre Leichen zu ihren Familien zurückgebracht werden. Unter dem Vorwand der Existenz von Massenvernichtungswaffen erleben die Menschen besetzter Länder und die Menschen der Besatzerländer diese große Tragödie, und dann stellt sich heraus, daß es gar keine Massenvernichtungswaffen gegeben hat.

Natürlich war Saddam ein verbrecherischer Diktator. Doch der Krieg wurde angeblich nicht in der Ansicht geführt, ihn zu stürzen, sondern um Massenvernichtungswaffen zu beseitigen. Saddam wurde nur nebenbei gestürzt, und dennoch äußerten die Menschen der Region ihre Zufriedenheit mit seinem Sturz. Doch damals, während des langen, auferlegten Krieges gegen Iran, wurde Saddam vom Westen unterstützt.

Herr Präsident,

vielleicht wissen Sie, daß ich Dozent bin. Meine Studenten fragen mich, wie man diese Taten mit den Werten, die oben angeführt wurden, und mit der Verpflichtung zu den Lehren von Jesus Christus, dem Prophet des Friedens und der Vergebung, vereinbaren kann. Es gibt Gefangene auf Guantanamo, denen kein Prozess gemacht wird, die keinen Verteidiger haben, deren Familien sie nicht besuchen können und die in einem fremden Land festgehalten werden. Für sie gibt es keine internationalen Kontrollen. Es ist nicht bekannt, ob sie Strafgefangene oder Kriegsgefangene, ob sie Angeklagte oder Verurteilte sind.

Die Inspektoren der Europäischen Union haben bestätigt, daß es auch in Europa geheime Gefängnisse gibt. Ich konnte das Verschleppen und Gefangenhalten von Menschen in geheimen Gefängnissen mit keinem Justizsystem der Welt in Einklang bringen. Ich habe nicht verstanden, mit welchen der oben genannten Werte (den Lehren von Jesus Christus, den Menschenrechten oder den Werten des Liberalismus) diese Maßnahmen im Einklang stehen.

Junge Menschen, Studenten und gewöhnliche Leute haben viele Fragen zum Phänomen Israel. Sicherlich haben Sie einige davon gehört. Im Laufe der Geschichte sind viele Länder besetzt worden, doch es gehört zu den neueren Erscheinungen unserer Zeit, ein neues Land mit einer neuen Bevölkerung zu gründen. Die Studenten sagen, daß es so ein Land vor 60 Jahren noch nicht gegeben hat. Sie zeigen mir alte Urkunden und Globen und sagen: „So viel wir auch suchen, können wir kein Land namens Israel finden.“ Ich bin gezwungen, ihnen anzuraten, die Geschichte des Ersten und Zweiten Weltkriegs zu studieren. Einmal sagte ein Student, während des Zweiten Weltkriegs, in dem Millionen von Menschen getötet wurden, seien Nachrichten über den Krieg von den kriegführenden Parteien schnell verbreitet worden und jede Partei habe ihre Siege und die Niederlagen der Gegenseite bekanntgegeben. Nach dem Krieg wurde behauptet, daß sechs Millionen Juden getötet worden seien. Sechs Millionen Menschen, die mit mindestens zwei Millionen Familien eine verwandtschaftliche Beziehung hatten.

Warum wird im Mittleren Osten jeder Fortschritt in Wissenschaft und Technologie als Bedrohung für das zionistische Regime hingestellt?

Nehmen wir an, diese Nachricht ist wahr. Kann in diesem Fall das logische Ergebnis sein, im Mittleren Osten einen Staat Israel zu gründen oder dessen Gründung zu unterstützen? Wie wird dieses Phänomen analysiert und interpretiert?

Herr Präsident,

Sie wissen sicherlich, zu welchem Preis und mit welchen Folgen Israel gegründet wurde:

  • viele Tausende von Menschen wurden getötet
  • Millionen von Einheimischen wurden zu Flüchtlingen
  • hunderttausende Hektar Agrarland, Olivenplantagen, Städte und Dörfer wurden zerstört.

Diese Tragödie ist nicht auf die Zeit der Gründung beschränkt. Sie dauert leider seit 60 Jahren an.

Es wurde ein Regime gegründet, das selbst Kindern gegenüber keine Gnade walten lässt, das Häuser zerstört, in denen noch Menschen leben, das Pläne für Terroranschläge auf palästinensische Persönlichkeiten schon vorher ankündigt und Tausende von Palästinensern in Gefängnissen festhält. Ein solches Phänomen ist in den letzten Jahrhunderten kaum vorgekommen, wenn nicht gar einzigartig.

Eine andere große Frage vieler Menschen ist die folgende: Warum wird ein solches Regime unterstützt? Bedeutet die Unterstützung eines solchen Regimes die Unterstützung der Lehren von Jesus Christus oder Moses oder ist sie mit den Werten des Liberalismus vereinbar? Steht die Übergabe des Rechts auf Bestimmung des Schicksals aller palästinensischen Gebiete an die ursprünglichen Besitzer des Landes, die in und außerhalb Palästinas leben (Moslems, Juden und Christen) im Widerspruch zu den Prinzipien von Demokratie, Menschenrechten und den Lehren der Propheten? Wenn sie nicht im Widerspruch dazu steht, warum ist man dann gegen ein Referendum?

Die palästinensische Regierung ist kürzlich vom palästinensischen Volk gewählt worden. Alle unabhängigen Beobachter bestätigen, daß diese Regierung vom Volk gewählt wurde. Es ist unglaublich, daß die gewählte Regierung unter Druck gesetzt und aufgefordert wurde, das israelische Regime anzuerkennen, ihren Widerstand aufzugeben und die Programme der vorigen Regierung zu verfolgen. Wenn die jetzige palästinensische Regierung bereits vorher eine solche Politik angekündigt hätte, wäre sie dann vom palästinensischen Volk gewählt worden? Ist eine solche Position gegenüber der palästinensischen Regierung mit den oben genannten Werten vereinbar?

Die Menschen fragen außerdem, warum jede Resolution, die im Sicherheitsrat gegen das zionistische Regime zur Entscheidung vorgelegt wird, durch Veto verhindert wird.

Wie Sie wissen, lebe ich mit den Menschen zusammen und habe ständig mit ihnen Kontakt. Viele Menschen im Mittleren Osten setzen sich mit mir in Verbindung. Sie sehen keinerlei Logik in einer solch zweifelhaften Politik. Es gibt Belege dafür, daß die Menschen der Region einer solchen Politik von Tag zu Tag wütender gegenüberstehen.

Ich beabsichtige nicht, viele Fragen zu stellen, möchte aber noch auf einige andere Punkte hinweisen.

Warum wird im Mittleren Osten jeder Fortschritt in Wissenschaft und Technologie als Bedrohung für das zionistische Regime hingestellt? Gehören Wissenschaft und Forschung nicht zu den Grundrechten der Völker?

Sie sind wahrscheinlich mit der Geschichte vertraut. In welcher historischen Epoche – außer im Mittelalter – und wo auf der Welt wurde wissenschaftlicher und technischer Fortschritt als Verbrechen betrachtet? Kann die Annahme, daß Wissenschaft für militärische Zwecke missbraucht werden könnte, Grund genug sein, grundsätzlich gegen Wissenschaft und Technologie zu sein? Wenn diese Vermutung richtig ist, dann muss man gegen alle Wissenschaftsgebiete sein, sogar gegen Wissenschaften wie Physik, Chemie, Mathematik, Medizin, Ingenieurwissenschaften, usw.

In Bezug auf den Irak hat man gelogen. Was war das Ergebnis? Ich zweifle nicht daran, daß Lügen in allen menschlichen Gesellschaften verwerflich sind, und Sie mögen es sicher auch nicht, wenn jemand Sie belügt.

Herr Präsident,

haben die Völker in Lateinamerika nicht das Recht zu fragen, warum man gegen ihre gewählten Regierungen ist, ihre Putschisten jedoch unterstützt? Warum werden sie ständig bedroht?

Die Menschen in Afrika arbeiten hart, sind kreativ und talentiert. Sie können eine wichtige und nützliche Rolle bei der Befriedigung der Bedürfnisse der Menschheit spielen und zu ihrem materiellen und geistigen Fortschritt beitragen. Armut und Elend in einem großen Teil Afrikas hindert sie daran, diese Rolle zu spielen. Haben sie etwa nicht das Recht zu fragen, warum ihr enormer Reichtum und ihre Mineralien geplündert werden, obwohl sie ihn mehr als andere brauchen? Sind solche Maßnahmen mit den Lehren von Jesus Christus und den Menschenrechten vereinbar?

Auch das mutige, gläubige iranische Volk hat viele Fragen. Da sind zum Beispiel der Putsch vom 19. August 1953 und der Sturz der damaligen legalen Regierung, die Opposition gegen die Islamische Revolution und die Transformation einer Botschaft in ein Hauptquartier zur Unterstützung der Gegner der Islamischen Republik, was durch Tausende von Dokumenten belegt ist, die Unterstützung Saddams im Krieg gegen Iran, der Abschuss des iranischen Passagierflugzeuges, das Einfrieren von Vermögen des iranischen Volkes, die zunehmenden Bedrohungen und die Unmutsäußerungen gegenüber dem wissenschaftlichen und nuklearen Fortschritt des iranischen Volkes, obwohl doch alle Iraner sich über den Fortschritts Ihres Landes freuen und Feste feiern. Es gibt noch viele andere Beispiele, auf die ich in diesem Schreiben nicht näher eingehen möchte.

Herr Präsident,

die Ereignisse des 11. September 2001 waren schrecklich. Wenn Unschuldige getötet werden, so ist das überall auf der Welt bedauerlich und schmerzlich. Unsere Regierung hat unmittelbar danach ihren Abscheu gegenüber den Verbrechern zum Ausdruck gebracht und den Hinterbliebenen ihr Mitgefühl ausgesprochen und ihre Sympathie bekundet. Alle Regierungen sind verpflichtet, Leben, Eigentum und Ehre ihrer Bürger zu schützen. Angeblich besitzt Ihre Regierung umfassende Sicherheits-, Schutz- und Nachrichtensysteme. Sie jagt ihre Gegner sogar im Ausland. Die Operation „11. September“ war keine einfache Operation. Wie konnte eine solche Operation ohne Koordinierung mit dem Geheim- und Sicherheitsdienst bzw. die weitreichende Infiltration dieser Dienste geplant und durchgeführt werden? Das ist natürlich eine wohlbegründete Vermutung. Warum sind die verschiedenen Aspekte der Anschläge bisher geheim gehalten worden? Warum wird nicht erklärt, wer bei diesem Ereignis seine Pflicht vernachlässigt hat? Warum werden die Schuldigen nicht bekannt gegeben und vor Gericht gestellt?

Alle Regierungen haben unter anderem die Pflicht, für Ruhe und Sicherheit ihrer Bürger zu sorgen. Die Menschen in Ihrem Land und in den Ländern, die Nachbarstaaten von Krisengebieten der Welt sind, fühlen sich seit Jahren nicht mehr sicher. Nach dem 11. September haben manche westlichen Medien, statt die psychischen Wunden der amerikanischen Bürger, die bei den Anschlägen aufs Schwerste traumatisiert wurden, zu heilen und ihren Kummer zu lindern, die Stimmung von Angst und Unsicherheit nur noch weiter angeheizt. Sie sprachen ständig von der Wahrscheinlichkeit neuer Terroranschläge und hielten die Menschen in Angst und Schrecken. Ist das ein Dienst am amerikanischen Volk? Ist der Schaden, der durch Angst und Schrecken verursacht wurde, kalkulierbar? Stellen Sie sich vor, die amerikanischen Bürger hielten Anschläge überall für wahrscheinlich. Sie würden sich auf der Straße, am Arbeitsplatz und zu Hause nicht mehr sicher fühlen. Wem gefällt eine solche Situation? Warum haben die Medien statt Ruhe und Sicherheit Unsicherheit suggeriert?

Manche Leute glauben, diese Propaganda sei eine Vorbereitung und Rechtfertigung für den Angriff auf Afghanistan gewesen. Hier muss wieder auf die Rolle der Medien hingewiesen werden.

Die Operation „11. September“ war keine einfache Operation. Wie konnte eine solche Operation ohne Koordinierung mit dem Geheim- und Sicherheitsdienst bzw. die weitreichende Infiltration dieser Dienste geplant und durchgeführt werden?

In den Satzungen der Medien sind eine korrekte Übermittlung von Informationen und wahrheitsgetreue Berichterstattung anerkannte Grundsätze. Ich spreche mein tiefes Bedauern angesichts der Missachtung dieser Prinzipien aus, die sich bei gewissen westlichen Medien zeigt. Der Hauptvorwand für einen Angriff auf den Irak war die Existenz von Massenvernichtungswaffen. Dies wurde ohne Unterlass solange wiederholt, bis die Öffentlichkeit es schließlich glaubte und der Boden für einen Angriff auf den Irak bereitet war. Wird die Wahrheit in einem solch arrangierten und trügerischen Klima nicht verloren gehen? Und wäre dies mit den oben erwähnten Maßstäben vereinbar? Ist denn die Wahrheit dem Allmächtigen Gott nicht bekannt, selbst wenn sie verloren ginge?

In allen Ländern gibt es Menschen, die für die Kosten der Regierungen aufkommen, damit die Regierungen in der Lage sind, ihnen zu dienen. Die Frage, die sich hier stellt, lautet: Was haben die Hunderte von Milliarden Dollar, die jährlich für den Irak-Feldzug zu zahlen sind, ihren Bürgern gebracht? Wie Sie wissen, leben die Menschen in einigen Staaten Ihres Landes in Armut und Elend, Tausende sind obdachlos und Arbeitslosigkeit ist ein gewaltiges Problem. Sicherlich existieren diese Probleme mehr oder weniger auch in anderen Ländern. Aber sind die Entsendung von Truppen solchen Ausmaßes und die gewaltigen Ausgaben des Feldzugs, die aus der öffentlichen Kasse bezahlt werden, zu rechtfertigen und mit den oben erwähnten Prinzipien in Einklang zu bringen?

Herr Präsident,

was bisher erwähnt wurde, sind einige der heutigen Missstände der Völker der Welt, unserer Region und Ihres Landes. Aber was ich hauptsächlich sagen will – und Sie werden Einigem davon zustimmen – ist Folgendes: Herrscher sind eine bestimmte Zeit lang an der Macht und regieren nicht ewig, aber ihre Namen und ihr Andenken werden in die Geschichte eingehen und in naher und ferner Zukunft ständig beurteilt. Die Menschen werden fragen, was in unserer Zeit geschehen ist. Haben wir den Menschen Sicherheit, Wohlstand und Frieden gebracht oder Unsicherheit und Arbeitslosigkeit? Haben wir es angestrebt, Gerechtigkeit zu etablieren, oder haben wir nur bestimmte Interessengruppen unterstützt, haben wir auf Kosten vieler Menschen, die in Armut und Elend leben, einige wenige Leute reich und mächtig gemacht und die Zufriedenheit dieser Reichen und Mächtigen der Zufriedenheit Gottes und des Volkes vorgezogen? Haben wir die Rechte des Volkes und der Unterprivilegierten verteidigt oder sie ignoriert? Haben wir die Rechte der Menschen in aller Welt verteidigt oder ihnen Kriege auferlegt, uns unrechtmäßig in die Angelegenheiten anderer Länder eingemischt, furchterregende Gefängnisse eingerichtet und Menschen darin eingekerkert? Haben wir der Welt Frieden und Sicherheit gebracht oder in ihr Drohung und Gewalt verbreitet? Haben wir unserem Volk und den anderen Menschen auf der Welt die Wahrheit gesagt oder die Wahrheit verkehrt dargestellt? Standen wir auf der Seite des Volkes oder auf der Seite der Besatzer und Unterdrücker? Setzte sich unsere Regierung ein für Logik, Vernunft, Ethik, Frieden, die Einhaltung von Verpflichtungen, die Förderung der Gerechtigkeit, den Dienst am Volk, Wohlstand und Fortschritt und die Wahrung der Würde des Menschen, oder für Waffengewalt, Drohung, Unsicherheit, Achtlosigkeit den Menschen gegenüber, Verzögerung des Fortschritts und der Entwicklung der Völker und dafür, die Menschenrechte mit Füßen zu treten?

Wie lange noch muss das Blut von Männern, Frauen und Kindern auf Straßen und Gassen vergossen werden und wie lange noch müssen den Menschen die Dächer über dem Kopf weggerissen werden?

Schließlich werden sie fragen, ob wir uns an unseren Amtseid, dem Volk zu dienen – was unsere wichtigste Aufgabe ist – und an die Tradition der Propheten gehalten haben oder nicht.

Herr Präsident,

wie lange noch kann die Welt diese Situation ertragen? Wohin wird dieser Trend die Welt führen? Wie lange noch muss die Menschheit den Preis für die falschen Entscheidungen einiger Führer zahlen? Wie lange noch wird die Unsicherheit, die durch die Anhäufung von Massenvernichtungswaffen entsteht, die Menschheit bedrohen? Wie lange noch muss das Blut von Männern, Frauen und Kindern auf Straßen und Gassen vergossen werden und wie lange noch müssen den Menschen die Dächer über dem Kopf weggerissen werden? Sind Sie mit dem heutigen Zustand der Welt zufrieden? Denken Sie, daß die gegenwärtige Politik fortgesetzt werden kann?

Wenn die hunderte Milliarden von Dollars, die für Sicherheit, das Militär und die Entsendung von Truppen ausgegeben werden, stattdessen für Investitionen und Hilfe an arme Länder, für Gesundheitsförderung und Bekämpfung verschiedener Krankheiten, Bildung und Verbesserung der geistigen und körperlichen Fähigkeiten, Hilfe für die Opfer von Naturkatastrophen, Schaffung von Arbeitsplätzen und Förderung der Produktion, Bauprojekte und Armutsbekämpfung, die Errichtung von Frieden, die Schlichtung von zwischenstaatlichen Streitfällen und die Beendigung von Stammesfehden und Rassenkonflikten ausgegeben würden, wo wäre die Welt dann heute? Würden Ihre Regierung und Ihr Volk dann nicht mit Stolz erfüllt? Stünden Ihre Regierung und Ihr Volk dann politisch und wirtschaftlich nicht besser da? Und – ich bedaure es sagen zu müssen – gäbe es dann heute diesen weltweit ständig zunehmenden Hass auf die amerikanische Regierung?

Herr Präsident, ich habe nicht die Absicht, jemanden zu verletzen. Wenn heute Abraham, Isaak, Jakob, Ismael, Josef oder Jesus Christus bei uns wären, wie würden sie dann dieses Verhalten beurteilen? Wird uns in der verheißenen Welt, in der überall Gerechtigkeit herrschen und Jesus Christus erscheinen wird, eine Rolle zugeteilt werden? Wird man uns aufnehmen? Meine Schlüsselfrage lautet: Gibt es keinen besseren Weg einer Interaktion mit dem Rest der Welt? Heute gibt es auf der Welt hunderte Millionen von Christen, hunderte Millionen von Muslimen und Millionen von Menschen, die den Lehren von Moses folgen. Alle göttlichen Religionen haben ein Wort gemeinsam – das Wort „Monotheismus“, d.h., den Glauben an einen Gott und daran, daß es außer dem einen Gott keinen anderen Gott auf der Welt gibt. Der Heilige Koran betont dieses gemeinsame Wort und fordert alle Anhänger der göttlichen Religionen auf: „Sag: Ihr Leute der Schrift! Kommt her zu einem Wort des Ausgleichs zwischen uns und Euch, daß wir Gott allein dienen und ihm nichts beigesellen, und daß wir uns nicht untereinander an Gottes statt zu Herren nehmen.“ (Der Heilige Koran, Sure „Al-Imran“, Vers 63).

Herr Präsident,

nach Gottes Wort sind wir alle aufgerufen, dem einen Gott zu dienen und den Lehren der von Gott gesandten Propheten zu folgen. Einem Gott zu dienen, der über allen Mächten der Welt steht und tun kann, was immer Ihm gefällt. Einem Gott, der das Verborgene kennt und das, was deutlich sichtbar ist, die Vergangenheit und die Zukunft. Einem Gott, der weiß, was in den Herzen Seiner Diener vor sich geht und ihre Handlungen aufzeichnet. Einem Gott, der Besitzer der Himmel und der Erde ist und dessen Königreich die ganze Welt ist. Die Ordnung des Universums liegt in Seiner Hand, und Er gibt seinen Dienern das Versprechen der Vergebung ihrer Sünden. Er ist der Freund der Unterdrückten und der Feind der Unterdrücker. Er ist der Allgnädige, der Allbarmherzige. Er ist der Helfer der Gläubigen und führt sie aus der Dunkelheit zum Licht. Er überwacht die Taten seiner Diener. Er ruft Seine Diener auf, zu glauben und gute Werke zu tun. Er ruft sie auf, dem rechten Weg zu folgen und immer auf diesem Weg zu bleiben. Er ruft seine Diener auf, Seinen Gesandten zu gehorchen und ist Zeuge ihrer Werke.

Ein böses Ende nehmen diejenigen, die nur das Leben im Diesseits wählen und Ihm gegenüber ungehorsam sind und Seine Diener unterdrücken. Ein gutes Ende und das ewige Paradies ist denjenigen unter Seinen Dienern beschert, die Seiner majestätischen Erhabenheit mit Ehrfurcht begegnen und nicht ihren Gelüsten folgen.

Wir sind davon überzeugt, daß eine Rückbesinnung auf die Lehren der von Gott gesandten Propheten der einzige Weg ist, der zur Seligkeit und zur Errettung führt. Ich habe Kenntnis davon erhalten, daß Sie den Lehren von Jesus Christus folgen und an das göttliche Versprechen glauben, daß die Gerechten auf Erden regieren werden.

Auch wir glauben, daß Jesus Christus zu den großen Propheten Gottes gehört, der wiederholt im Koran gepriesen wird. Jesus wird im Koran folgendermaßen zitiert: „Allah ist mein Herr und Euer Herr. Darum betet Ihn an. Das ist der gerade Weg.“ (Koran, Sure „Maryam“, Vers 36). Der Dienst und Gehorsam Gott gegenüber ist der Leitgedanke aller von Gott gesandten Propheten. Der Gott aller Menschen in Europa, Asien, Afrika, Amerika, Ozeanien und der ganzen Welt ist ein Einziger. Ein Gott, der alle seine Diener leiten und ihnen Würde geben will und der den Menschen Größe verliehen hat. In Gottes Wort heißt es weiter: „Gott der Allmächtige und Erhabene hat die Propheten mit Wundern und klaren Zeichen gesandt, um die Menschen zu führen, damit sie ihnen die göttlichen Zeichen zeigen und sie (die Menschen) zu reinigen von (ihren) Sünden und Verunreinigungen. Und Er hat das Buch und den Maßstab gesandt, damit die Menschen Gerechtigkeit üben und die Ungehorsamen meiden.“ Alle oben genannten Verse können auf die eine oder andere Weise auch im Heiligen Buch nachgelesen werden.

Die von Gott gesandten Propheten versprachen: „Der Tag wird kommen, an dem alle Menschen vor dem Gericht des Allmächtigen erscheinen, so daß all ihre Taten begutachtet werden. Diejenigen, die Gutes tun, werden zum Paradies geleitet und den Übeltätern wird die göttliche Strafe zuteil. Ich glaube, daß wir beide an einen solchen Tag glauben. Es wird jedoch nicht einfach sein, die Handlungen der Herrscher zu bewerten, denn wir müssen uns vor unserem eigenen Volk und all denjenigen verantworten, deren Leben direkt oder indirekt durch unsere Handlungen beeinflusst wurde.

Die Propheten wollten Ruhe und Frieden, basierend auf Gottgläubigkeit, Gerechtigkeit und Wahrung der Menschenwürde für die gesamte Menschheit. Wenn wir alle an diese Grundsätze glauben und daran festhalten (d.h. Monotheismus, Gottesanbetung, Gerechtigkeit, Wahrung der Menschenwürde und Glaube an den Jüngsten Tag), können wir dann nicht die heutigen Probleme der Welt, die ein Ergebnis des Ungehorsams Gott und den Lehren der Propheten gegenüber sind, bewältigen und bessere Leistungen erbringen? Fördert und garantiert nicht der Glaube an diese Grundsätze Frieden, Freundschaft und Gerechtigkeit? Werden nicht die oben erwähnten geschriebenen und ungeschriebenen Grundsätze von der Mehrheit der Menschen auf der Welt respektiert? Werden Sie dieser Aufforderung nicht nachkommen? Dies wäre eine wahre Rückkehr zu den Lehren der Propheten, zum Monotheismus und zur Gerechtigkeit, zur Wahrung der Menschenwürde und zum Gehorsam Gott und den Propheten gegenüber.

Herr Präsident,

die Geschichte lehrt uns, daß unterdrückerische und grausame Regierungen keinen Bestand haben. Gott hat das Schicksal der Menschheit nicht ihnen anvertraut. Gott hat die Welt und die Menschen nicht sich selbst überlassen. Vieles ereignet sich, das den Wünschen und Plänen der Regierungen zuwiderläuft. Die­se Ereignisse zeigen uns, daß eine höhere Macht am Werk ist und alle Dinge nach Seinem Willen geschehen.

Herr Präsident,

kann man die Zeichen des Wandels in der heutigen Welt abstreiten? Lässt sich die heutige Weltlage mit der vor 10 Jahren vergleichen? Veränderungen geschehen rasch und sind sehr weitreichend. Die Menschen der Welt sind mit dem Status quo nicht zufrieden und glauben kaum an die Versprechungen und Äußerungen mancher in der Welt einflussreicher Herrscher. Menschen in vielen Teilen der Welt fühlen sich nicht sicher und begehren auf gegen die sich ausbreitende Unsicherheit und den Krieg. Sie nehmen die fragwürdigen politischen Entscheidungen nicht hin. Die Menschen protestieren gegen die Kluft, die zwischen Reich und Arm und zwischen den wohlhabenden und armen Ländern existiert. Die Menschen sind von der zunehmenden Korruption abgestoßen. Die Menschen vieler Länder beklagen die Angriffe auf ihre kulturellen Grundlagen, die Zerstörung von Familien und den Mangel an Liebe und Zuwendung. Die Menschen auf der Welt haben den Glauben an internationale Organisationen verloren, weil ihre Rechte von diesen Organisationen nicht mehr vertreten werden.

Meine Schlüsselfrage lautet: Gibt es keinen besseren Weg einer Interaktion mit dem Rest der Welt?

Der Liberalismus und die westliche Demokratie sind nicht in der Lage gewesen, die Ideale der Menschen auch nur annähernd zu verwirklichen. Aus heutiger Sicht sind diese beiden Konzepte gescheitert. Wer tiefer nachdenkt, kann bereits deutlich das leise Knacken des bevorstehenden Zusammenbruchs der Ideologie des liberaldemokratischen Systems vernehmen.

Heute richten immer mehr Menschen weltweit ihre Aufmerksamkeit hauptsächlich auf einen Mittelpunkt: dieser Mittelpunkt ist Gott, und ohne Zweifel werden sie ihre Probleme durch den Glauben an Gott und die Schriften der Propheten überwinden. Meine ernsthafte Frage an Sie lautet: Möchten Sie sie nicht dabei begleiten?

Herr Präsident,

ob wir wollen oder nicht, die Welt bewegt sich auf den Glauben an Gott und die Gerechtigkeit zu, und der Wille Gottes wird über alles siegen. Friede sei mit denen, die der Rechtleitung folgen.

Mahmoud Ahmadinejad
Staatspräsident der Islamischen Republik Iran

Teheran, den 8. Mai 2006

Quelle

www.president.ir

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