Donnerstag, 9. September 2010

Die Implementierung von antidemokratischen Strukturen

Zukunftswerkstätten und ihre ideologischen Dunkelmänner

Neo-Malthusianer, Chicago Boys und der tiefenökologische Krieg gegen die Armen
von Tobias Salander

Seit geraumer Zeit schiessen sie überall in Europa wie Pilze aus dem Boden. Jeder Staatsbürger, der mit wachen Augen durchs eigene Land und die Länder Europas reist, stellt mit Erstaunen und wachsender Irritation fest: Fast flächendeckend bilden sich in vielen Kommunen, seien es nun ländliche Gemeinden oder Städte, neue Gebilde, die mit den demokratisch verankerten und auf dem Boden der Volkssouveränität ruhenden bewährten Strukturen, Institutionen und Verfahrensabläufen nichts mehr gemein haben. Die Rede ist von den sogenannten «Zukunftswerkstätten». In auffallend uniformer Gestalt sind sie nach einem Strickmuster gewirkt, welches jedem demokratisch reifen und insbesondere dem direktdemokratisch versierten Mitbürger spanisch vorkommen muss – oder besser gesagt eben gerade nicht spanisch, sondern dem europäischen, der Aufklärung verpflichteten Demokratieprinzip fremd: Es riecht nach angelsächsischem Utilitarismus, wenn nicht gar nach elitärem Auserwählt­heitsfanatismus und mörderischem Ökonomismus – dem aber mit einem bewährten Mittel entgegengewirkt werden kann: mit wachem Bürgersinn und der direkten Demokratie!

«Zukunftswerkstätten» – was auf den ersten Blick aus der Alltagshektik heraus unproblematisch erscheinen mag – wer macht sich schon nicht Gedanken über die Zukunft? –, erweist sich bereits bei näherem Hinschauen als abgefeimte «Top-down»-Strategie, die sich aber tückisch als «Bottom-up»-Ansatz verkaufen will. Wie sich eine handverlesene Gruppe, gecoacht von privaten, grossgruppengeschulten Sozialingenieuren, an den demokratisch gewachsenen je ortsüblichen Institutionen vorbei als Lenkungsgruppe aufzuschwingen anmasst, wurde in dieser Zeitung bereits eingehend beschrieben. (Vgl. Zeit-Fragen Nr. 32 vom 9.8.2010)

Zentral gesteuertes Etwas
Dass hier Akteure am Werk sind, die von Demokratie keine Ahnung haben, ist offensichtlich, aber wohl zu naiv betrachtet. Geht man den Personen nach, die sich ihr Geld mit der Organisation von «Zukunftswerkstätten» verdienen, Bücher herausgeben und Werbung für ihr Tun betreiben, wird man nachdenklicher. Insbesondere wenn man den Fussnoten in besagten Büchern nachgeht, stutzt man und kann sich nach einiger Recherchierarbeit des Eindrucks nicht erwehren, ein wohlorganisiertes grösseres Etwas vor sich zu haben. Was einen anfänglich in der eigenen Kommune so nebenbei streift und einen unangenehmen Eindruck hinterlässt, weil es auf den ersten Blick fremd und dann vor allem voraufklärerisch wirkt, den Errungenschaften der Volkssouveränität und des Repräsentativprinzips, der Gewaltenteilung und des Öffentlichkeitsprinzips Hohn spricht, wird bei intensiverer Beschäftigung mit der windigen und fischigen Materie zu einem weit verzweigten Ganzen. So wie der Daumen und der Zeigefinger, sähe man nur die jeweiligen Fingerkuppen, noch lange nicht auf die dahinterliegende Hand schliessen lassen müssen, oder der Tentakel einer Krake, einzeln gefühlt und in dunkler Meerestiefe, noch nicht auf einen Körper und den Kopf schliessen lassen, so steht man bei der Zukunftswerkstatt vor unzähligen Wurmfortsätzen, die bei näherem Herantreten im Hintergrund in ein Ding münden, welches offensichtlich auch eine Steuerungszentrale besitzt – mag die auch selbst wieder sehr vielfältig sein und wiederum einen innersten Kern von selbst­ernannten Auserwählten besitzen.

Weltbevölkerung dezimieren
Um die Katze aus dem Sack zu lassen: Die Referenzfiguren der selbsternannten Sozial­ingenieure der Zukunftswerkstätten sind letzten Endes im grossen Pool der angelsächsischen Utilitaristen mit Auserwähltheitsglauben zu finden: Neoliberale Apologetiker des «homo oeconomicus» gehen da Hand in Hand mit Verfechtern der Deregulierung, Marktliberalisierung und Privatisierung, aber auch mit Anhängern von Malthus, welche die Weltbevölkerung mittels Krieg, Seuchen, Hungersnöten, Erdbeben oder aufoktroyierter Bevölkerungskontrolle dezimieren wollen und vehement gegen die Uno und die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte Front machen. Vorbei soll es sein mit individuellen Freiheitsrechten, mit demokratischen Strukturen, mit genossenschaftlichen Ansätzen: an deren Stelle soll der Zwang treten, die absolute Privatisierung aller Güter, die Abschottung der reichen Länder gegen die ärmeren, der nackte Egoismus und ein primitives Revival des Sozialdarwinismus. Alles schön verpackt in wohlklingenden Begriffen wie «Umgang mit knapper werdenden Ressourcen», «Erhalt der Biodiversität», «Rettung des Planeten vor dem Raubtier Mensch» oder kurz: «Die Tragik der Allmende».

Revival der «Chicago Boys»
Der geneigte Leser sei eingeladen, zwei der von den «Zukunftswerkstatt»-Strategen selbst angeführten Theoretiker anhand ihrer eigenen Schriften genauer unter die Lupe zu nehmen.
So findet sich im Buch «Aufgabe Zukunft: Versäumen, planen, ermöglichen …»1 nebst vielen einfach gewirkten Textversuchen von Möchtegern-«Zukunftswerkstätten»-Lokalgrössen, beispielsweise der aufhorchen lassende Text eines gewissen Christoph Mandl mit dem Titel «Gewissheit, Risiko und Neues» (S. 261–270). Mandl, der im Buch u.a. vorgestellt wird als Unternehmensberater, Professor an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften an der Uni Wien und geschäftsführender Partner der Firma «metalogikon», stimmt in seinem Aufsatz ein Loblied an auf die EU, die Privatisierung des Service public, ja, die Unterstellung der gesamten Wirtschaft unter das Dogma der «Chicago Boys», gleichzeitig fordert er die Leser auch auf, die bewährten demokratischen Strukturen zu negieren, sie zu umgehen und etwas Neues an deren Stelle zu setzen. Sein Vorschlag lautet, natürlich mit beschönigenden Formulierungen ins Positive gedreht, Menschen mit Methoden der Psychotechnik um ihre Gewiss­heiten zu bringen, um sie so von einer von ihm subtil geschürten Zukunftsangst her besser steuern zu können.

Verachtung des Rechtsstaates
Indem er eine Verknappung der Ressourcen herbeiredet und von einem reduktionistischen, primitiv-ökonomistischen Menschenbild ausgeht, ruft er die Menschen dazu auf, ihre Entscheidungen und Handlungen von den Einflüssen von Regeln, Zielen und Normen und damit von der Vorhersagbarkeit zu lösen. Dies führe in die Unsicherheit, in das Risiko – und, indem er die Menschen infantilisiert, fordert er, und nota bene, der Mann spricht von der Zerstörung unseres demokratischen Rechtsstaates, man solle so leben, «wie wir wohl alle als Kinder gelebt haben: mit Neugierde Sachen ausprobierend, staunend, welches die Folgen eigener Handlungen sind und mitunter weinend vor Schmerz». (S. 270) Das Zeitalter der Gewissheit nähere sich so dem Ende. Mandl begrüsst uns in seinem «Zeit­alter des Risikos». Ganz so, als gäbe es keine gewachsene Kultur, keine Tradition, keine Rechtsprechung, keine klar geregelten demokratischen Abläufe. Für mündige Bürger des 21. Jahrhunderts, vertraut mit den Regeln der Demokratie, sind solche Vorschläge nichts als Hohn und Spott, die Verächtlichmachung des Rechtsstaates, der Rechtssicherheit, des Minderheitenschutzes etc. etc.

Gegen Befunde des Weltagrarberichtes
Dass man bei der Interpretation des zum Teil verklausuliert daherkommenden Textes aus einer der Bibeln der Zukunftswerkstättler leider absolut ins Schwarze getroffen hat, zeigt sich bei der Konsultierung der von Mandl zitierten Referenzfiguren. So stützt er seine Forderung nach der Privatisierung des Service public, welche er mit «Die Tragik der Allmende» übertitelt, auf die Schriften eines Garrett Hardin, welcher 1968 in der Zeitschrift Science unter dem gleichen Titel2 und in ungezählten anderen Traktaten zum Sturmangriff gegen die soziale Marktwirtschaft, das Genossenschaftsprinzip und das Gemeineigentum, aber auch gegen die Uno-Menschenrechtserklärung blies und sich als bekennender Verfechter der menschenverachtenden Ideologie eines Thomas Robert Malthus (1766–1834) outete. Malthus, anglikanischer Pfarrer und Professor für Geschichte und politische Ökonomie in England, wurde berühmt-berüchtigt durch seine menschenverachtende, offen rassistische Bevölkerungstheorie. In seinem «Essay on the Principle of Population» von 1798 stellte er eine Behauptung auf, die seither mehrmals und zuletzt durch den Weltagrarbericht3 endgültig widerlegt wurde.
Hat der Weltagrarbericht herausgearbeitet, dass die Menschheit sehr wohl zu ernähren sei und auch in viel grösserer Zahl, und am besten durch kleine landwirtschaftliche Familienbetriebe in der Region, und wurde auch schon zur Zeit von Malthus, etwa von William Godwin, darauf verwiesen, dass die Produktivität sich durch technischen Fortschritt ständig verbessere, Malthus’ Ansatz also wissenschaftlichen Kriterien nie standhalten könne und reine Ideologie sei, und zwar eine mörderische; – auch wenn der sogenannte Neo-Malthusianismus also längst als Instrument totalitär vorgehender Strategen enttarnt ist, verwendet ihn der oben genannte, von Zukunftswerkstättlern hochgejubelte Garrett Hardin nichtsdestotrotz und mit Inbrunst und einer unglaublichen Chuzpe als zentrale Referenzfigur für die Lösung von Problemen des 21. Jahrhunderts.

Malthus und der Krieg gegen die Armen
Unter dem bereits genannten Titel «The Tragedy of the Commons» und aktueller in einem Aufsatz von 1998 mit dem Titel «The Feast of Malthus – Living within Limits» (Das Gastmahl von Malthus – Leben innerhalb von Grenzen)4 rehabilitiert Hardin, (1915–2003), Professor für Humanökologie, die völkermörderische, rassistische Ideologie von Malthus aus dem 18. Jahrhundert und preist sie als Allerheilmittel für die Menschheit des 21. Jahrhunderts – als hätte es nie einen Nationalsozialismus mit all seinen Begleiterscheinungen wie Eugenik, Euthanasie und Genozid gegeben. Das menschliche Geschlecht, so der berühmt-berüchtigte Irrtum von Malthus, gehorche blind dem Gesetz der unbegrenzten Vermehrung, und zwar nehme die Anzahl der Menschen in geometrischer Progression zu (2, 4, 8, 16 …), die der Lebensmittel aber bloss in arithmetischer (1, 2, 3, 4, …). Was bedeuten würde, dass die Vorräte nicht für die Erdbevölkerung ausreichten und es «Korrektive» brauche wie Krankheiten, Krieg, Naturkatastrophen, also Elend und Tod, um das Gleichgewicht wieder herzustellen. Folgende Textpassage, die Malthus selbst zwar später in seinen Werken getilgt hatte, greift Hardin speziell heraus, um sie als Grundlage seines menschenverachtenden Denkens zu definieren. Malthus schrieb:
«Ein Mensch, sagte er, der in einer schon occupirten Welt geboren wird, wenn seine Familie nicht die Mittel hat, ihn zu ernähren oder wenn die Gesellschaft seine Arbeit nicht nötig hat, dieser Mensch hat nicht das mindeste Recht, irgend einen Teil von Nahrung zu verlangen, und er ist wirklich zu viel auf der Erde. Bei dem grossen Gastmahle der Natur ist durchaus kein Gedecke für ihn gelegt. Die Natur gebietet ihm abzutreten, und sie säumt nicht, selbst diesen Befehl zur Ausführung zu bringen.»5

Genetische Rassenunterschiede?
Diese Auffassung wird von Hardin, dieser zwischenzeitlich verstorbenen Galionsfigur der Zukunftswerkstättler, vollumfänglich unterstützt, nur würde er den Begriff des «Gastmahles» durch die Metapher des «Rettungsbootes» ersetzen. Es gehe um das, was in der Militärmedizin «Triage» genannt werde, also Selektion von Menschen auf Grund angeblich fehlender Ressourcen. Hardin geht von genetischen Rassenunterschieden unter den Menschen aus, fordert für die heutige Welt Geburtenkontrolle, welche aber nur unter Zwang durchzusetzen sei. Privatisierung aller gemeinsamen Güter tue Not, und auch müsse man sich von der «dominierenden Religion der letzten 300 Jahre» abwenden, dem Individualismus eines John Locke. Das Individuum müsse seine Freiheit zugunsten der Gemeinschaft aufgeben (Feast of Malthus, S. 185 ff.).

Gegen Uno-Menschenrechtserklärung
Was heute anstehe, so Hardin, sei eine soziale Revolution, oder eher eine Konterrevolution, da sie sich von früheren Idealen leiten lasse. Heute brauche es viele Experimente, und deswegen müsse unsere Spezies auch in vielen Nationen getrennt bleiben. Nur so könnten verschiedene Experimente durchgeführt werden, die in gewissen Staaten nie toleriert würden. Was er damit meint, wird klar: Das «hohle Gerede von allgemeinen Menschenrechten» müsse aufhören. Diese infame Frontalattacke gegen die Uno und die Uno-Menschenrechtserklärung ritt Hardin schon in seinem Aufsatz «The Tragedy of the Commons» von 1968. Dort schreibt er, es sei zwar schmerzhaft, das Recht der Familie als Keimzelle der Gesellschaft zu negieren, aber es müsse sein. Man fühle sich aber genauso unwohl, wie ein Einwohner von Salem, Massachusetts, welcher im 17. Jahrhundert die Existenz von Hexen verneint habe. Gerade wenn man die Wahrheit liebe, müsse man die Gültigkeit der universalen Erklärung der Menschenrechte verneinen, auch wenn diese von der Uno unterstützt werde. Ja, man hat richtig gelesen: Menschenrechte seien nichts anderes als ein Wahngebilde, so wie es der Hexenwahn gewesen sei!6 Man mag gar nicht weiter in den Schriften dieses Garrett Hardins lesen – so menschenverachtend ist seine Argumentation!

Tiefenökologie und Council on Foreign Relations
Aber Zufall oder nicht: In Foreign Affairs vom November/Dezember 1995, herausgegeben vom Council on Foreign Relations (CFR), wird unter dem Titel «The Rights of Nature: Has Deep Ecology Gone Too Far?»7 eben dieser Garrett Hardin mit der Tiefenökologie in Zusammenhang gebracht, aber als «unbedenklich» eingestuft. Wen wundert’s, gehört doch das CFR gerade zu jenen Kreisen, die schon seit längerem ebenfalls klandestin und mit finstersten Methoden auf eine Dezimierung der Erdbevölkerung hinarbeiten und dem Neoliberalismus das Wort reden – oder auch mal Bomben oder anderes auf Länder niederregnen lassen, die sich dieser «brave new world» nicht zu fügen gewillt sind.
Das sind also die Hintermänner und Hintergrundstrategen derjenigen, die derzeit die demokratischen Strukturen mit ihren obskuren «Zukunftswerkstätten» auszuhebeln versuchen. Mit primitivstem ökonomistischem Reduktionismus, der den Krieg gegen die Armut in den Krieg gegen die Armen verwandelt, Milliarden von Menschen für schlicht überflüssig erklärt, mit Zwang und Gewalt, wenn nötig aber auch mit Krieg und selbst herbeigeführten Katastrophen die Menschheit reduzieren will – so wie dies der französische Arzt und ehemalige Botschafter in Senegal Jean-Christophe Rufin in seinem Tatsachenroman «100 Stunden»8 eindringlich und warnend dargestellt hat: Geisteskranke Tiefenökologen, welche dem Menschen alles absprechen, was ihn zum Menschen macht, und ihn zu einer Spezies unter vielen degradieren, zu einem Krebsgeschwür, welches einige selbsternannte Auserwählte mit absichtlich verbreiteten Seuchen millionenfach dezimieren wollen. Ein Vorgang, im Vergleich zu welchem die Nazis als stümperhafte Anfänger erscheinen müssen.

Kleinräumige Landwirtschaft und Genossenschaften als einzig gangbarer Weg
Während man die einen mit soft power und social engineering manipuliert, bombardiert man die anderen und die dritten überzieht man mit von der Uno verbotenen klimaverändernden Waffen, wie die russische Nachrichtenagentur Ria Novosti kürzlich thematisierte (Vgl. Zeit-Fragen Nr. 33 vom 17. August), und auch die Uno geht ja von zusammenhängenden Phänomenen aus, was die Flutkatastrophe in Pakistan und die Brände in Russland betrifft.
Wahrlich, weit haben wir Menschen es gebracht! Und dennoch will die Mehrheit der Menschen diesen Wahnsinn nicht. Die Kräfte derer, die an den Menschenrechten festhalten wollen, am Lebensrecht aller Menschen, sind stark genug. Der Weltagrarbericht legt beredtes Zeugnis davon ab, auch die Verleihung des Wirtschaftsnobelpreises an Elinor Ostrom für ihre Arbeit zu den Allmenden. Explizit widerlegt Ostrom in ihren Schriften die kranken Ansichten eines Hardins, insbesondere im Buch «Governing the Commons: The Evolution of Institutions for Collective Action» von 1990.9 Ihr Befund: Eine angemessene und nachhaltige Bewirtschaftung von lokalen Allmenderessourcen durch eine institutionalisierte lokale Kooperation der Betroffenen ist in der Regel einer zentralistisch staatlichen Kontrolle als auch Privatisierungen überlegen.
Und effektiv: Der Weltagrarbericht hat es gezeigt: Eine kleinräumige Landwirtschaft, gestützt auf Familienbetriebe, ist in der Lage, eine noch viel grössere Weltbevölkerung zu ernähren als heute. Hungersnöte sind kein Naturgesetz, wie Malthus und seine Jünger Hardin und Mandl bis hinunter in die lokal aufgestülpte «Zukunftswerkstätte» glauben machen wollen. Die Neuzeit bis heute kennt keine einzige Hungerkatastrophe, die durch Überbevölkerung verursacht worden wäre. Stets waren es Diktatoren wie Stalin und Mao Zedong, die eiskalt geplant Millionen Menschen in den Hungertod schickten.
Es gibt also keine gültige Malthus’sche Formel und deswegen auch keine Berechtigung zur erzwungenen Bevölkerungsreduktion. Ebensowenig gibt es eine «Tragik» der Allmende, ganz im Gegenteil ist das Genossenschaftsprizip eine Erfolgsgeschichte, die gerade in der Schweiz auch Grundlage für den demokratischen Staatsaufbau von unten nach oben und der direktdemokratischen Rechte war. Ergo fallen auch die Begründungen für die «Zukunftswerkstätten» in sich zusammen. Es verstösst gegen die Verfassung eines jeden Rechtsstaates, die Menschen von einer willkürlich herbeigeredeten Zukunftsangst her manipulieren und die demokratischen Abläufe und Strukturen aushebeln zu wollen. Dies wäre ein Schritt zurück hinter die Aufklärung, hinter das Prinzip der Rechtsgleichheit und die Menschenwürde und würde so längerfristig Tür und Tor für einen tiefenökologischen Genozid nie gesehenen Ausmasses öffnen. Nach den Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges und der unzähligen bisher geführten Kriege sollte die Menschheit weiser geworden sein und den Fehler, zuzuschauen, wie sich einige wenige Menschen über die anderen stellen wollten, nicht mehr begehen. Nicht ein zweites Mal.

1 Aufgabe Zukunft: Versäumen, planen, ermöglichen … Christoph Mandl/Kuno Sohm (Hrsg.) 2006. ISBN 978-3-03909-045-7
2 www.garretthardinsociety.org/articles/art_tragedy_of_the_commons.html
3 hup.sub.uni-hamburg.de/products-page/publikationen/78/
4 www.garretthardinsociety.org/articles_pdf/feast_of_malthus.pdf
5 zit. nach Adolph Blanqui: Geschichte der politischen Ökonomie in Europa. Zweiter Band. Verlag Detlev Auvermann KG: Glashütten im Taunus 1971
6 www.garretthardinsociety.org/articles/art_tragedy_of_the_commons.html
7 www.foreignaffairs.com/articles/51614/donald-worster/the-rights-of-nature-has-deep-ecology-gone-too-far?page=show
8 Jean-Christophe Rufin. 100 Stunden. ZEIT WISSEN. Der Biologie-Krimi. ISBN-10:3-941378-56-2
9 Elinor Ostrom. Governing the Commons: The Evolution of Institutions for Collective Action. Cambridge University Press, Cambridge 1990, ISBN 0-521-40599-8. Deutsche Übersetzung: Die Verfassung der Allmende. Mohr, Tübingen 1999, ISBN 3-16-146916-X

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