Freitag, 1. August 2008

Die Israel-Lobby und ihre Absichten

Israels Lobby ist aktiv - Im Gegensatz zu führenden US-Militärs und der Ölindustrie drängen zionistische Gruppen in Washington und Brüssel auf einen Krieg gegen den Iran - Von Rainer Rupp, 20.07.2008 20:35

Es vergeht so gut wie kein Tag, an dem nicht ein Mitglied der israelischen Regierung einen Krieg gegen Iran propagiert [1]. Zugleich hat Israel seine Helfer in der USA und in der Europäischen Union für die Kriegspropaganda mobilisiert. Insbesondere in den Vereinigten Staaten ist der politische Druck für einen Angriff gegen Teheran bereits sehr stark. Allerdings kommt der nicht von einem breiten Spektrum der amerikanischen Eliten, sondern fast ausschließlich von der kleinen, aber mächtigen zionistischen Lobby. Zu den einflußreichsten Gruppen gehört das »American Israel Public Affairs Committee« (Amerikanisch-israelischer Ausschuß für öffentliche Angelegenheiten - AIPAC).

Hinzu kommen die sogenannten Neokonservativen, die mit einer strikt zionistischen Agenda nicht nur in der Administration von Präsident George W. Bush Schlüsselpositionen besetzen. Im US-Kongreß ist die pro-israelische Lobby auch bei den Demokraten stark vertreten. Zugleich wird die Iran-Kriegspropaganda vom Gros der US-Medien unterstützt. Im Gegensatz zu einer weit verbreiteten Auffassung ist es nicht die US-Ölindustrie, die einen Krieg gegen Iran will. Dafür gibt es keinerlei Hinweise, im Gegenteil: Die großen Konzerne sind vorrangig am kontinuierlichen Zugang zum Öl und somit an Stabilität in der Golfregion interessiert und nicht am Chaos. Auch gibt es keinerlei Hinweise, daß die US-Industrie darauf drängt, mit militärischer Gewalt den iranischen Markt zu erobern. Und schon gar nicht ist das US-Militär nach dem Desaster im Irak an einem weiteren, nur ungleich größeren Fehlschag im Iran interessiert. Entsprechende Stellungnahmen der Generalstabschef der US-Armee, der Kriegsmarine und der Marineinfanterie sind eindeutig. Jüngste Äußerungen von US-Verteidigungsminister Robert Gates und vom Vorsitzenden der Vereinigten Stabschefs, General Michael Mullen, bezüglich Iran grenzen an offene Rebellion gegen das Weiße Haus, wo Präsident George W. Bush und sein Vize Dick Cheney noch vor ihrem Amtsende das ›Iran-Problem zum Ende bringen‹ wollen. Unterstützt wird das Duo nur von der zionistischen Lobby, die Israels Dominanz im Nahen Osten mit allen Mitteln bewahren will, egal wie hoch die politischen und ökonomischen Kosten für die USA dabei ausfallen.

Im Gegensatz zu dem wiederholt von Bush und Cheney öffentlich bekundeten ›Verständnis‹ für einen israelischen Angriff gegen den Iran, in den anschließend unausweichlich die USA verwickelt würde, haben sich Gates und Mullen scharf gegen entsprechende Vorhaben ausgesprochen. Bei seinem Besuch in Tel Aviv im Juni hatte Mullen die israelischen Militärs zwar gewarnt, sie hätten ›kein grünes Licht‹ für einen Angriff. Dennoch geht das mediale Trommelfeuer für einen Angriff weiter, mit dem die angebliche Bedrohung durch iranische Nuklearwaffen gestoppt werden soll. Tatsächlich bereitet die USA einen neuen Krieg massiv vor. Im Magazin The New Yorker hat der international bekannte Enthüllungsjournalist Seymour Hersh in der vergangenen Woche berichtet, daß die Führer beider Parteien im US-Kongreß bereits voriges Jahr Präsident Bush 400 Millionen Dollar gewährt haben, um einen Feldzug gegen den Iran mit verdeckten Operationen und Terroranschlägen im ganzen Land zu forcieren. Zudem hat auf AIPAC-Drängen das Unterhaus des Kongresses eine Resolution vorgelegt, die eine militärische Blockade der iranischen Häfen fordert, was im Fall einer Umsetzung einer Kriegserklärung gleichkäme.

Auch in der EU wirbt die zionistische Lobby aggressiv für einen Krieg gegen Iran. Der Europäische Jüdische Kongreß (EJC), ein Zusammenschluß zionistischer Organisationen aus 38 Ländern, traf Ende Juni in Brüssel mit hohen Funktionären der EU zusammen. Laut der Agentur European Jewish Press hat EJC-Präsident Moshe Kantor dabei die Gelegenheit genutzt, um gegen Teheran zu hetzen und für einen Krieg zu werben. »Wenn der Iran, der heute das Zentrum des weltweiten Terrorismus darstellt, Atommacht wird, wird die Gefahr von Terrorangriffen ein friedliches Leben in Europa undenkbar machen.« Eine Atommacht Iran werde den nuklearen Wettlauf seiner Nachbarn anheizen und den Weltfrieden gefährden, behauptete Kantor. Zugleich forderte der EJC-Chef schärfere Strafen gegen Antisemitismus, wozu er auch Antizionismus zählt. Damit aber würde Kritik an zionistischer Kriegstreiberei in der EU sanktioniert werden.

Interessant ist in diesem Zusammenhang der folgende Artikel von Uwe Sattler: Geheimgespräche EU ­ Israel - Der Chef der Linksfraktion im Europaparlament fordert Aufklärung über Verhandlungen

In offenbar seit einem Jahr laufenden Verhandlungen zwischen Israel und der Europäischen Union fordert Tel Aviv gleiche Rechte wie ein EU-Mitgliedstaat 2. Das Europäische Parlament [EP] wurde über die Gespräche nicht informiert. Es kommt nicht alle Tage vor, dass sich ein Fraktionschef des Europäischen Parlaments direkt an Staatspräsidenten und die EU-Spitzen wendet. Genau das aber ist am Mittwoch [11.6.08] geschehen: Francis Wurtz, Vorsitzender der Fraktion der Vereinten Europäischen Linken / Nordische Grüne Linke, forderte in gleichlautenden Schreiben an Kommissionspräsident José Manuel Barroso, an den EU-Außenbeauftragten Javier Solana und an Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy - Paris hat im Juli den Ratsvorsitz übernommen ­ Aufklärung über Gespräche der EU mit israelischen Regierungsvertretern. Dabei stand nicht der Friedensprozess in Nahost im Mittelpunkt, sondern die Einbeziehung Israels in alle Diskussions- und Entscheidungsstrukturen der EU. In den seit einem Jahr laufenden Verhandlungen gehe es um das Anliegen Tel Avivs, »quasi die Rechte eines EU-Mitgliedstaates zu erhalten«, heißt es nach ND-Informationen in dem Schreiben von Francis Wurtz. »Sicheren Quellen« zufolge wolle Israel in EU-Treffen auf allen Ebenen, insbesondere zu Sicherheitsfragen und zu den Beziehungen mit den nordafrikanischen und arabischen Staaten sowie in die EU-Aktivitäten im UN-Rahmen einbezogen werden. Auch in Wirtschafts- und Finanzfragen, bei Umwelt- und energiepolitischen Themen möchten Vertreter Israels mit am Tisch sitzen.

Für Tobias Pflüger, der für die Linksfraktion im Auswärtigen Ausschuss des EP sitzt, wären die Folgen einer so aufgewerteten Partnerschaft klar: »Die EU würde als Akteur im Nahostkonflikt ausfallen. Mit einer engen Vereinbarung mit der israelischen Regierung wäre jede ›Neutralität‹ dahin, was auch Folgen für die Verhandlungen des Nahostquartetts aus EU, UNO, USA und Russland hätte.« Eine Reaktion auf die Anfrage an die Botschaft Israels in Deutschland über den Stand der Gespräche lag bis Redaktionsschluss nicht vor. Bereits wenige Tage zuvor hatte sich der Präsident des EP, Hans-Gert Pöttering, in der Angelegenheit an EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner gewandt. In dem der Tageszeitung Neues Deutschland vorliegenden Brief wird ausdrücklich bemängelt, dass nach dem Außenministerrat von Anfang Mai, bei dem das Thema Israel zur Debatte stand, hartnäckiges Schweigen des Rats herrschte. Sowohl dem Linksfraktionschef als auch Pöttering stößt auf, dass das EP über die Gespräche »nicht die geringste Information« (Wurtz) erhalten habe. Zumindest die Unterrichtung der Parlamentarier aber sieht der derzeit noch gültige
Nizza-Vertrag ebenso vor wie das Lissabonner Reformabkommen.

Anmerkung von politonline d.a. Der Artikel schloss mit der Erwartung, dass auf dem EU-Israel-Assoziierungsrat am 16. 6. 08 Klarheit über die Gespräche mit Tel Aviv geschaffen würde. Am 17. 6. 08 hätte Israels Außenministerin Zipi Livni im Auswärtigen Ausschuss des EP sprechen sollen, der Auftritt wurde jedoch aus ›Termingründen‹ abgesagt. Etwaige Ergebnisse resp. Absprachen waren der Presse bislang nicht zu entnehmen. Wie TOPIC bereits in seiner Januar-Ausgabe 2005 berichtete, »rückt Israel immer näher an die Europäische Union heran. Die EU ist bereits heute der wichtigste Handelspartner Israels. Ein Drittel aller Exporte des jüdischen Staates gehen in den alten Kontinent. Nach Aussagen von Ran Curiel, stellvertr. Generaldirektor für Westeuropa im israelischen Aussenministerium, gibt es keinen Ersatz für einen derart wichtigen strategischen Partner. Marc Otte, Botschafter der EU in Israel, hatte Mitte Dezember 2004 auf einer politisch hochrangigen Sicherheitskonferenz in Israel betont, dass ausserhalb der Europäischen Gemeinschaft Israel eines der wichtigsten Länder sei, mit denen die EU unterschiedliche Programme durchführe. Am 13. 12. 2004 wurden die Bindungen beider Seiten durch die Unterzeichnung eines Aktionsplans im Rahmen der EU-Nachbarschaftspolitik [ENP - European Neighbourhood Policy] auf eine neue Stufe gestellt. ›Die ENP ist eine neue Politik, die unsere Nachbarn im Osten und Süden dazu einlädt, den Frieden, die Stabilität und den Wohlstand, den wir in Europa geniessen, zu teilen.‹ [wobei sich die Verminderung des angepriesenen Wohlstands inzwischen für alle ersichtlich immer deutlicher manifestiert; Anmerk. politonline]. Mit diesen Worten erläutert die EU-Kommission das Programm, das sich durch die Zusammenarbeit mit verschiedensten Staaten im vergangenen Jahrzehnt auf Grundlage des Barcelona-Prozesses entwickelt hat. Der Aktionsplan stellt ein politisches Dokument dar, das die strategischen Ziele der Zusammenarbeit zwischen Israel und der EU regelt. Die engere Anbindung Jerusalems an Brüssel betrifft die Bereiche Politik, Sicherheit, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur. Es bedeutet weiterhin die Teilnahme an verschiedenen Programmen der EU, was bisher nicht möglich war. .… Das ENP liegt eine Stufe unter der Vollmitgliedschaft in der EU und gewährt die Aussicht auf freien Warenverkehr, Dienstleistungen und Kapital in Nachbarstaaten der EU. ›Israel hat die Mitgliedschaft in einem sehr exklusiven Club erhalten‹, sagte der Generaldirektor des Aussenministeriums in Jerusalem, Ron Prosor. Der Aktionsplan im Rahmen des ENP wird von Israel als die bedeutendste Verbesserung der Beziehungen mit der EU seit über einem Jahrzehnt angesehen. Dass Israel sich um den Beitritt zur EU bemüht, ist für Jerusalem gegenwärtig nicht aktuell, wird jedoch von nicht wenigen Diplomaten als eine Vision für die Zukunft angesehen.«

1 http://www.jungewelt.de/2008/07-09/055.php 9. 7. 08
Siehe auch http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=960
Obama verspricht AIPAC einen Krieg gegen den Iran - Von F. William Engdahl
Weitere Beiträge finden sich unter dem Stichwort AIPAC resp. Israel Lobby auf politonline
2 http://www.neues-deutschland.de/artikel/130312.geheimgespraeche-eu-israel.html 13. 06. 2008
Alle Hervorhebungen durch politonline

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