Mittwoch, 19. Dezember 2007

Israel und die Palästinenser

Izzedin Musa äussert sich in seinem Schreiben an Prof. Lahnstein wie folgt: Professor Doctor honoris causa Manfred Lahnstein: »Ausfall eines Lobbyisten«, 16.12.2007 21:25

Manfred Lahnstein wird am 20. Dezember 2007 70 Jahre alt und kein bisschen weise. Er studierte Wirtschafts- und Sozialwissenschaften in Köln. Ich habe aber nirgends etwas über eine Dissertation, um die Doktorwürde, oder eine Habilitation, um den Titel eines Hochschullehrers zu erlangen, entdecken können!

Anscheinend ist es so: wer eine Zionistin zur Frau hat, bekommt von der Universität Haifa schnell einen solchen Titel. Noch nicht einmal Studierte oder auch solche, die gar kein Abitur besitzen, haben Doktorhüte honoris causa von der Universität Haifa bekommen - wie zum Beispiel unser früherer Außenminister Joschka Fischer. Man muß nur ein guter Lobbyist sein - ein Doktorhut ist einem dann sicher. Auch Angela Merkel wurde diese Ehre zuteil, eben wie Prof. Dr. h.c. Manfred Lahnstein.

Warum wohl?
Als SPD-Mitglied hat man ihm 1982 das Bundesministerium für Finanzen und das Bundesministerium für Wirtschaft als Superminister anvertraut. Ob ihm die Schuhe von Karl Schiller zu groß waren, steht hier nicht zur Debatte. Schon 1967 wurde er Mitglied der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. Anfang der 90er Jahre übernahm er das Amt des Schatzmeisters der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. Von 1994-2006 war er deren Präsident. Er war bis zum vergangenen Sommer Chairman of the Board of Governors of the University Haifa. Das sagt wohl ziemlich viel. Amos Oz über ihn: »Manfred Lahnstein ist dem jüdischen Volk und Israel in ungewöhnlicher Weise verbunden«. Verständlich also für einen langjährigen altgedienten, loyalen und gehorsamen Israel-Lobbyisten, wie Manfred Lahnstein, mit der Zionistin Sonja Kandel-Lahnstein verheiratet, wenn er so geehrt wird. Somit sind beste Voraussetzungen geschaffen worden, um als »His Master’s Voice« instrumentalisiert zu werden. Wie könnte er sich sonst anmaßen, so grob ins Fettnäpfchen zu treten und einen Mann von internationalem Format wie Ilan Pappe substanzlos anzugreifen? Wenn man die akademische oder gar politische Laufbahn von Lahnstein Revue passieren lässt, findet man nichts - auch keinen Hinweis, daß Manfred Lahnstein ein Fach über Geschichte belegt hätte. Man kann davon ausgehen, daß seine Geschichtskenntnisse auf seine zionistischen Lehrmeister zurückgehen, die auf längst entlarvte Geschichtsmythen, -legenden und -lügen basieren. Deshalb empfinde ich seinen Artikel, bei »Honestly Concerned«* - eine zionistische Hetzorganisation in Deutschland - über Ilan Pappe und sein Buch »Ethnische Säuberung Palästinas« als eine der provokativsten Anmaßungen und ein »brutaler, wenn nicht der brutalste Angriff auf die historische Wahrheit«.

Es scheint übrigens Sitte bei Lahnstein zu sein, stets für seine Herren ins Feuer zu gehen. Schon 2004 veröffentlichte er in der SPD-Zeitschrift »Vorwärts« einen unverschämt einseitigen Artikel, in dem er den Palästinensern anlastet, »Friedensverhinderer« zu sein und die Hisbollah, eine Befreiungsbewegung in Libanon, die den Besatzer Israel aus dem Libanon verdrängen will, als Terrororganisation bezeichnet. Manfred Lahnstein muß eine Umwandlung in seiner Person erfahren haben, wenn er, noch im selben Artikel, zwischen kraftvollen und kraftlosen Resolutionen der UN unterscheidet. Das heißt: wenn Israel verurteilt wird, ist das eben eine kraftlose Resolution, die auf dem Regal verstauben darf. Aber wenn eine Resolution gegen den Libanon, den Irak oder gegen ein anderes arabisches Land verfaßt wird, dann ist sie kraftvoll und muß auf Punkt und Komma erfüllt werden. Zu diesem Artikel nahm ich auf zwei DIN A4-Seiten Stellung, die dann glücklicherweise auch in »Vorwärts« veröffentlicht wurde. Später jedoch, und sicherlich durch Druck von ihm und seiner Lobby von »Vorwärts« verschwand sie aus der Zeitschrift. Ich werde diese und auch einen Brief an Peter Struck wieder veröffentlichen, worauf sich Herr Lahnstein verlassen kann - auch Peter Struck.

Bevor ich mich mit den mythisch-legendären Lügengeschichten der israelischen Politik, die von den Israel-Lobbyisten immer wieder nach außen getragen und vertreten werden, auseinandersetze, möchte ich zunächst die heuchlerische Einseitigkeit Lahnsteins und seinesgleichen mit einem Zitat aus dem »Heiligen Buch« beschreiben: Du Heuchler! Zieh zuerst den Balken aus deinem Auge; dann kannst du versuchen, den Splitter aus dem Auge deines Bruders herauszuziehen (Lukas 6;42). Es ist keine Schande, wenn man Geschichtszusammenhängen und -fakten nicht kundig ist und einem die Kompetenz fehlt: bei Bedarf könnte man sich kundig machen. Aber wenn man Geschichtszusammenhänge kennt, sie jedoch verschweigt oder gar verdreht, dann ist man ein Lobbyist und Verdreher der allerschlimmsten Sorte. Manfred Lahnstein muß sich nun entscheiden. Mit welcher Lügenpropaganda und »Krieg der Worte« der Staat Israel Geschichtsfälschung (Lüge statt Wahrheit) betreibt, um seine politisch-expansionistischen Ziele zu erreichen, beweisen die neuen israelischen Historiker. Diese fordern, daß die offizielle Geschichtsschreibung Israels revidiert und neu geschrieben werden muß. Es ist absolut nebensächlich, wer in Israel regiert, das Ziel der politischen Elite bleibt immer eines: »Kein Frieden mit den Arabern; angestrebt werden Expansionismus und Hegemonie«.

Im Einzelnen:
1. Lahnstein behauptet:
>Wahr ist: Einige Jahre vor 1948 ist die Frage eines Bevölkerungsaustauschs unter jüdischen und auch britischen Politikern erörtert worden. Aber: Diskutiert wurde ausschließlich über einen freiwilligen, auf beiderseitiger Abmachung beruhenden Austausch - keine »ethnische Säuberung«. Und: Diese Diskussion hat niemals irgendeine Substanz gewonnen.<
Antwort:
Simcha Flapan, von dem Dr. h.c. Lahnstein vermutlich nichts gehört hatte, ist ein israelischer Politiker. Er war von 1954-1981 Sekretär der Mapam-Partei und Leiter deren Referats für Arabische Angelegenheiten. Er war Gründer und Chefredakteur der Monatsschrift New Outlook; er hat das Jewish Arab Institute und das Israeli Peace Research Institute gegründet; er hat am Center for International Affairs an der Harvard University und am dortigen Center for Middle East Studies gearbeitet und war außerordentliches Mitglied am Royal Institute for International Affairs in London. Simcha Flapan starb im April 1987 in Tel Aviv. Die englische Ausgabe seines Buches »Die Geburt Israels - Mythos und Wirklichkeit« erschien im selben Jahr kurz vor seinem Tod; die deutsche Ausgabe erschien 1988 bei Knesebeck & Schuler, später im Melzer Verlag. Das Buch fußt auf 1982 vom Verteidigungsministerium freigegebenem Material. Darin entlarvt Flapan die offizielle Geschichtsschreibung, sieben Mythen israelischer Politik, als israelische Lügen-Propaganda. Flapan machte eine schmerzhafte Erkenntnis, als seine Forschungen Chaim Weizmann, der maßgeblich am Zustandekommen der Balfour-Declaration beteiligt und der erste Staatspräsident Israels war, als »Vater« des Gedankens, »den Palästinensern dürfe kein Anspruch auf nationale Selbständigkeit zugestanden werden«, herausstellten. Weizmann war auch nicht bereit, den Palästinensern als arabischen Einwohnern im jüdischen Staat dieselben nationalen Rechte oder Ziele zuzugestehen. Ein Zustand, an dem sich bis heute nichts geändert hat, auch wenn Israel nach außen Gleichberechtigung für alle seine Bürger propagiert. »Ein leidgeprüftes, verfolgtes Volk suchte nach Schutz und einem eigenen Staat und fand beides zu einem furchtbaren Preis, den ein anderes Volk zu zahlen hatte.« Tanya Reinhart. Das ist die nackte Wahrheit. Die Zionisten begingen, mit Unterstützung der westlichen Welt, ein menschliches Verbrechen an dem palästinensischen Volk. Gesühnt haben sie bis jetzt nichts. Simcha Flapan entlarvte in seinem Buch die sieben Mythen und Lügen israelischer Propaganda.

Dritter Mythos: >Die Flucht der Palästinenser aus dem Land, sowohl vor als auch nach der israelischen Staatsgründung, setzte ein als Reaktion auf einen Aufruf der arabischen Führung, das Land vorübergehend zu verlassen, um dann mit den siegreichen arabischen Armeen zurückzukehren. Sie traten die Flucht an, trotz der Bemühungen der jüdischen Führung, sie zum Bleiben zu veranlassen.< Flapan meint: Wahr ist, daß die politischen und militärischen Führer Israels auf diese Flucht hinarbeiteten, da ihrer Überzeugung nach die zionistische Besiedlung und die israelische Staatswerdung den »Transfer«, das heißt: die »Vertreibung« der arabischen Palästinenser in arabische Nachbarländer erforderlich machten. Die Aussagen auch früherer zionistischer Führer bestätigen dieses Vorhaben. Israel Zangwill forderte »die Einheimischen zu verjagen«. Sein politischer Schlachtruf: »Ein Land ohne Volk, für ein Volk ohne Land« beweist die Aggressivität, mit der die Zionisten ihre Ziele verfolgten. Daß Palästina menschenleer war, wie die Zionisten stets behaupteten, kann doch kein Mensch behaupten.<

Zitat aus dem Diensttagebuch Jitzhak Rabins [zitiert bei David Shipler, New York Times, 22. Okt. 1979]: »Yigael Allon fragte Ben Gurion, was mit der Zivilbevölkerung geschehen solle. Ben Gurion [alias David Grün, 1886 in Plonsk geboren, damals Russisch Polen] machte eine Handbewegung, die man nur als »Fortjagen« deuten konnte. Fortjagen ist ein Ausdruck, der einen harten Klang hat. Psychologisch war das eine der schwierigsten Maßnahmen, die wir ergriffen. Die Bewohner von Lydda gingen nicht freiwillig. Es gab keinen anderen Weg, als Gewalt und Warnschüsse einzusetzen, um die Bewohner dazu zu bringen, daß sie die 20 oder 25 Kilometer bis zu der Stelle marschierten, wo sie auf die Arabische Legion trafen.« Flapan weiter: »Die zionistischen Führer befürchteten, eine große Zahl von Nichtjuden werde die Stabilität des neuen Staates sowohl in militärischer als auch in gesellschaftlicher Hinsicht gefährden, ersteres, weil man diese Bürger als eine potentielle fünfte Kolonne für die Streitkräfte der feindseligen arabischen Nachbarstaaten betrachtete, letzteres weil gewichtige islamische und christliche Minderheiten den jüdischen Charakter des neuen Staates in Frage stellen würden. … Chaim Weizman sprach sicherlich vielen aus dem Herzen, als er dies als eine »Vereinfachung des Problems« bezeichnete.«

Der erzwungene Exodus der Palästinenser setzte am 29. November 1947, dem Tag der UNO- Teilungsresolution 181, ein und hielt, durch Terror, Gewalt und Massaker der Zionisten forciert, auch nach der Unterzeichnung der Waffenstillstandsvereinbarungen im Sommer 1949 weiter an. Die Gewalt erreichte einen vorläufigen Höhepunkt, als die israelischen Terrororganisationen Irgun und Stern - von Menachem Begin angeführt - das Dorf Deir Yassin am 9. April 1948 überfielen und dabei 254 Frauen, darunter zahlreiche Schwangere, Kinder und Greise, regelrecht abschlachteten. »Menachem Begin hat sich damit gebrüstet, daß es ohne Deir Yassin kein Israel gäbe und daß nach Deir Yassin die zionistischen Kräfte »wie ein heißes Messer in Butter« vordringen konnten.« Zirka eine Million arabischer Palästinenser wurden vertrieben, auch aus Gebieten, die nicht für den jüdischen Staat vorgesehen waren. Schon 1937 erklärte Ben-Gurion: »Wir müssen die Araber hinauswerfen und uns an ihre Stelle setzen«. 1948, kurz nach der Staatsgründung, ernannte Ben-Gurion einen Transferausschuß und erklärte eine Woche danach der Jewish Agency: »Ich bin für eine Zwangsumsiedlung.« Mitte der 80er Jahre freigegebene Dokumente werfen ein neues Licht auf die Thematik. Demzufolge beruht die Massenvertreibung auf einem gezielten Plan in den Köpfen der Zionisten. Plan D (Dalet) der Hagana vom März 1948 beinhaltet Aktivitäten gegen feindliche Siedlungen; [...] diese umfaßten die Zerstörung ganzer Dörfer, die Bekämpfung und Vernichtung der Feinde und die Vertreibung aus dem Staatsgebiet. Auch andere Aspekte - wie psychologische Kriegführung u.a. - wurden im Plan D nicht ausgelassen. Pappe zählt 31 dokumentierte und sechs weniger dokumentierte Massaker auf. Mehr unter www.palaestina-stimme.de Abhandlungen: »Eine Legende zerbröckelt«.

Der Historiker Benny Morris schreibt 1987 in seinem Buch »The Birth of the Palestinian Refugee Problem« ebenfalls, daß die Gewalt, die Einschüchterung und die Vertreibung der zivilen palästinensischen Bevölkerung durch die zionistischen Terrorbanden der Haganah, Irgun und Stern schon im Dezember 1947 begann. Er wurde deshalb von anderen zionistischen Historikern als »Antizionist« beschimpft, obwohl er immer ein glühender Zionist war und auch geblieben ist. Zu Beginn des Jahres 2004, als die Aqsa-Intifada einen Höhepunkt erreichte, hat er sich in Guardian und Haaretz als Befürworter der Vertreibungen von 1948 offenbart. Er ging sogar einen Schritt weiter und befürwortete im Notfall »ganze Arbeit zu leisten«. Was er wohl damit gemeint hat, muß der Phantasie des Lesers überlassen werden. Er antwortete in einem Interview auf die Frage »Ob Ben-Gurion zu wenig Araber vertrieben habe?« eiskalt: »If he had already engaged in expulsion, maybe he should have done a complete job. … If he had carried out a full expulsion - rather than a partial one - he would have stabilized the State of Israel for generations.« Eine weitere Frage war: »Sollten auch die israelischen Palästinenser vertrieben werden?« »The Israeli Arabs are a time bomb. Their slide into complete Palestinization has made them an emissary of the enemy that is among us. They are a potential fifth column. In both demogaraphic and security terms they are liable to undermine the state.« »Wenn es die Umstände erfordern, wird die Ausrottung (der Palästinenser) die »final solution« sein.« Diese unglaublichen zionistisch-rassistischen Äußerungen waren unter anderem auch notwendig, damit seine Bücher wieder in Israel erscheinen dürfen. Die Lügenpropaganda der politischen Elite in Israel, »es habe 1948 keine Vertreibungen gegeben«, hat das Buch von Ilan Pappe entzaubert.

2. Lahnstein behauptet:
>Wahr ist: Die Vollversammlung der Vereinten Nationen hat am 29.11.1947 die Teilung Palästinas in einen jüdischen und einen arabischen Staat beschlossen, und zwar mit der notwendigen Zweidrittelmehrheit (nicht mit einer »etwa gleichen Anzahl von Befürwortern und Gegnern«, wie Pappe in einem anderen Buch schreibt). Während die Juden in Palästina diesen Teilungsplan akzeptiert haben, ist er von den arabischen Staaten rundheraus abgelehnt und mit Gewalt bekämpft worden.
Antwort:
Vorab muß etwas ein für allemal klargestellt werden: »Die Teilung Palästinas an sich ist ein eklatanter Bruch des Völkerrechts«. Ich kann doch nicht das Haus von irgend jemandem einfach teilen, ohne diesen irgend jemand vorher gefragt zu haben. Das ist nicht zulässig, verletzt geltendes Recht und ist damit strafbar, »und das ist auch gut so.« Im Falle Palästinas haben die Vereinten Nationen diesen flagranten Bruch des Völkerrechts klar und deutlich begangen. Die Ureinwohner Kanaans - das Philisterland Palästina - wurden nicht gefragt, als gäbe es sie nicht. Folgten die Vereinten Nationen etwa dem Spruch von Israel Zangwill: »Ein Land ohne Volk für ein Volk ohne Land?« Und warum sollten eigentlich die Palästinenser die Verbrechen Nazideutschlands tilgen? Ich meine, Frau Dr. rer.nat. Dr. h.c. Haifa Angela Merkel könnte die Schuld an den Juden abtragen, indem sie ihnen eine Heimat in Mecklenburg-Vorpommern anböte. Aber wenn man meint, die Juden gehen in das Land ihrer Väter zurück, muß ich diesen Mythos als glatte Lüge entzaubern und zurückweisen. Die meisten der Weltjuden, sind osteuropäische Juden khasarischer Abstammung, Israel Shahak spricht von 92 %, die Anfang des 8. Jahrhunderts zum Judentum konvertierten. Ihre Ahnen kamen nicht vom Jordan, sondern von der Wolga, nicht aus Kanaan, sondern aus dem Kaukasus, den man einst für die Wiege der arischen Rasse hielt. Genetisch sind sie viel enger mit Hunnen, Uiguren und Magyaren verwandt als mit dem Samen Abrahams, Isaaks und Jakobs. Hierdurch wird der Ausdruck Antisemitismus bar jeder Bedeutung, da er aus einem Mißverständnis erwachsen ist, das sowohl die Mörder als auch die Opfer (mit Hintergedanken?!?) teilten. Die Geschichte des Khasarenreiches, wie sie nun langsam aus der Vergangenheit emportaucht, erscheint wie ein grausamer Treppenwitz der Geschichte (mehr unter: www.palaestina-stimme.de /Abhandlungen: Auf die Spuren von Gog und Magog, Arthur Koestler, Der Dreizehnte Stamm, 1989, engl. Ausgabe 1976).

Erster Mythos: >Das Einverständnis der zionistischen Bewegung mit dem UN-Teilungsplan vom 29. November 1947 stellte einen entscheidenden Kompromiß dar, mit dem die palästinensischen Juden ihre Vorstellung von einem sich über ganz Palästina erstreckenden jüdischen Staat aufgaben und den Anspruch der Palästinenser auf einen eigenen Staat anerkannten. Israel war zu diesem Opfer bereit, weil es die Voraussetzung dafür war, daß die Resolution in friedlicher Zusammenarbeit mit den Palästinensern verwirklicht werden konnte.< Simcha Flapan meint: Richtig ist, daß die Mehrheit der Zionisten gegen eine Teilung war. Wie meine Nachforschungen ergeben haben, war Ben-Gurions Eintreten für den Teilungsplan rein taktischer Natur und »ein Sprungbrett für eine weitere Expansion«. Also in Wirklichkeit nur ein taktisches Zugeständnis im Rahmen einer unveränderten Gesamtstrategie. Diese Strategie zielte darauf ab, zunächst einmal die Schaffung eines selbständigen Staates der arabischen Palästinenser zu hintertreiben. ... Des weiteren zielte diese Strategie auf die Ausweitung des von der UNO für den jüdischen Staat ausgewiesenen Territoriums ab. Wladimir (Zeev) Jabotinsky strebte ja einen jüdischen Staat zu beiden Seiten des Jordans an. Das scheinbare Ja Israels zur UNO-Teilungsresolution (Karte 5, S. 42 bei Flapan) blieb lange die wirksamste Waffe der israelischen Propaganda, auch noch als man längst begonnen hatte, gegen einen Paragraphen nach dem anderen zu verstoßen. Noch heute, da Israel die West Bank, den Gazastreifen, die Golanhöhen und den Südlibanon kontrolliert, klammern sich die Israelis an diesen in ihrem nationalen Selbstverständnis und ihren Schulbüchern gleichermaßen fest verankerten Mythos. Dabei hatte im Laufe der gesamten hundertjährigen Geschichte der zionistischen Bewegung und des Jischuw (der jüdischen Gemeinschaft in Palästina) die große Mehrheit der Zionisten immer einen homogenen jüdischen Staat im gesamten (und darüber hinaus) oder zumindest im größeren Teil von Palästina (nur vorerst) vor Augen gehabt. Der ehemalige Terrorist Menachem Begin erklärte: »Die Zweiteilung unseres Heimatlandes ist ungesetzlich. Sie wird niemals anerkannt werden« (siehe Flapan). Um die Geschichte der Teilung Palästinas kurz zu resümieren: 1917 verkündete Großbritannien die sogenannte Balfour-Declaration, die die zionistische Bewegung alsbald zu ihrer »Magna Charta« erkor. Als die World Zionist Organisation (WZO) zwei Jahre später der »Pariser Friedenskonferenz« eine Karte der geplanten »Heimstätte« vorlegte, zeigte es sich, daß deren Territorium nicht nur ganz Palästina einschloß, sondern ein Gebiet vorsah, das sogar über das Staatsgebiet des heutigen »Großisraels« (Israel bis 1967 - der eroberten Gebiete Westjordanland, Gazastreifen und die Golanhöhen) hinausging (Karte 1, bei Flapan, S. 28, Palästina-Plan der Zionisten 1919).

3. Lahnstein behauptet:
>Wahr ist: Im Unabhängigkeitskrieg vor 60 Jahren sind viele Araber und Juden ums Leben gekommen - in regulären Kämpfen und Terroraktionen. Auch von jüdischer und israelischer Seite sind Gewaltakte begangen worden, die moralisch absolut nicht zu vertreten sind. Aber: Diesen isolierten Aktionen hat kein Plan zugrunde gelegen, und zwar auf beiden Seiten nicht.<
Antwort:
Diese Lüge ist bereits oben widerlegt worden. Es bestand ein Plan zur Vertreibung (siehe Text oben).

4. Lahnstein behauptet:
>Wahr ist: Nach der Staatsgründung Israels sind - und zwar noch am gleichen Tag - die Armeen von insgesamt sieben arabischen Nationen zum Krieg angetreten. Sie haben das nicht getan, wie Herr Pappe zu behaupten scheint, um irgendeine »ethnische Säuberung« zu stoppen. Das behaupten nicht einmal die offiziellen Communiqués dieser Staaten (und man weiß, wozu derartige Propaganda-Dokumente fähig sind).<
Antwort:
Hier kann es sich eigentlich nur um ein inhaltsloses Wischi-Waschi-Gerede handeln, dem ein Sinn fehlt. Längst ist bewiesen, daß alle Kriege mit Israel immer Angriffskriege von Israel waren. Wer hat auch jemals behauptet, daß arabische Armeen angetreten waren, um die Vertriebenen zu stoppen? Auch Pappe nicht. Herr Lahnstein führt diese Behauptung wohl absichtlich und irreführend, oder aus Kenntnismangel an Geschichtsfakten. Natürlich weiß jeder sehr genau, wozu Propaganda fähig ist. Siehe die Propagandalügen, -mythen und-legenden des zionistischen Staates Israel, der stets darauf bedacht war, Tatsachen zu vernebeln, um die westliche Welt stillzuhalten, wobei ja diese auch wohlwollend vernebelt werden wollte. Als »Waffe« für die Aufrechterhaltung historischer Mythen und Legenden und um Kritik abzuschotten, setzen Israel und all seine Ableger und Lobbyisten die »Antisemitismus-Keule« mit großem Erfolg ein. Damit schüchtert es jeden ein und macht ihn mundtot. Wer sich für die historische Wahrheit interessiert, sollte unbedingt beide Bücher von Simcha Flapan (wieder beim Melzer Verlag erhältlich, nachdem sie vergriffen waren) und das von Ilan Pappe (inzwischen leider nicht mehr beim Verlag erhältlich) lesen. Es sind nämlich nur die Zionisten, die die Wahrheit nicht ertragen können - so wie die Vampire das Tageslicht nicht ertragen - da diese Wahrheit ihre Pläne durchkreuzt.

5. Lahnstein behauptet:

>Wahr ist: Viele Palästinenser sind damals geflohen. Dabei hat Angst eine ebenso bedeutende Rolle gespielt wie die arabische Propaganda, die diesen Flüchtlingen vorgaukelte, daß sie nach dem unmittelbar bevorstehenden Sieg über Israel wieder zurückkehren könnten. Vereinzelt wird es wohl auch Druck gegeben haben. Viel bedeutender aber sind die Fälle, in denen, wie in Haifa, die jüdische Bevölkerung ihre arabischen Nachbarn geradezu flehentlich zum Bleiben aufgefordert hat.<
Antwort:
Es mag sein, in manchen Fällen sogar sicherlich, daß sich solche Begebenheiten durch persönliche Freundschaften zwischen Arabern und Juden ereigneten. Aber gab es sie etwa nicht auch in Nazideutschland? Es gibt sie auch heute in Palästina und in Israel. Man denke nur an die vielen Friedensaktivisten und -bewegungen auf beiden Seiten, auch in Europa sowie auf der ganzen Welt, die mit der zionistischen Besatzungsmacht und ihren Greueltaten nicht einverstanden sind. Was Lahnstein anführt ist lediglich oberflächlich und Augenwischerei, nicht mehr und nicht weniger. Das kann nicht gegen das Buch von Pappe angewendet werden. Wenn einem die Argumente fehlen, bleiben nur solche Geschichtchen übrig, womit man vom Eigentlichen abzulenken versucht. (siehe Zitate und Taten israelischer Politiker)

6. Lahnstein behauptet:
>Schließlich darf auch nicht übersehen werden, daß trotz der Thesen des Herrn Pappe weit mehr als eine Million arabischer Staatsbürger in Israel leben. Wie kann er, der doch von der Universität Haifa kommt, verschweigen, daß dieser Campus mit mehr als 3.000 arabischen Studenten heute der größte Treffpunkt von Juden und Arabern auf der ganzen Welt ist?<
Antwort:
Was ist das für ein Schwachsinn? Was hat das mit der Vertreibung zu tun? Die Zionisten haben es eben nicht geschafft, alle Palästinenser zu vertreiben. Aber das steht bei ihnen auf der Agenda und sie versuchen es bis heute, wie man in Palästina tagtäglich, tagein tagaus beobachten kann. Vorausgesetzt man schaut hin! Abgesehen von Ilan Pappes Buch ist es eine vielfach und täglich belegte Tatsache, daß es in Palästina eine ethnische Vertreibung gegeben hat und bis heute gibt. Das ist in Israel ein ungeschriebenes aber täglich praktiziertes Gesetz. Auch in der Knesset hat Lieberman gefordert, die Immunität der arabischen Vertreter aufzuheben, um sie wie Freiwild zu behandeln und ins Gefängnis zu stecken, wie die etwa 12.000 anderen Gefangenen. Azmi Bishara ist vor Angst um sein Leben abgehauen. Einige andere Zitate sollten dokumentieren, was die Zionisten mit den Palästinensern vorhaben:

2003 schlug Lieberman als Verkehrsminister in der Knesset vor, freigelassene palästinensische Gefangene mit Bussen an einen Ort zu bringen, »von dem aus sie nicht zurückkehren«. Anderen Quellen zufolge soll er vorgeschlagen haben, die Gefangenen im Toten Meer zu ertränken.

»Jeder solle sich bewegen, rennen und so viele Hügel grabschen, wie er kann, um die Siedlungen zu vergrößern; denn alles was wir jetzt nehmen, können wir behalten und alles, was wir nicht grabschen, wird ihnen gehören.«Ariel Sharon, Israeli Foreign Minister, addressing a meeting of militants from the extreme right-wing Tsomet Party, Agence France Presse, 15. November 1998.

»Die Palästinenser sollten wie Heuschrecken zermalmt werden …. ihre Köpfe an Felsen und Mauern zerdrückt werden.« Isreali Prime Minister, Yitzhak Shamir, in a speech to Jewish settlers; New York Times, 1. April 1988.

»Wenn wir denken, daß anstelle von 200 palästinensischen Todesfällen 2000 Tote dem Kampf mit einem Schlag ein Ende setzen würden, würden wir viel mehr Gewalt anwenden.«
Israeli Prime Minister Ehud Barak, quoted in Associated Press, 16. November 2000.

»Israel hätte die Unterdrückung der Demonstrationen in China ausnützen sollen, als die Aufmerksamkeit der Welt sich auf dieses Land konzentrierte, um eine Massenvertreibung der Palästinenser aus den besetzten Gebieten auszuführen.« Benyamin Netanyahu, then Israeli Deputy Foreign Minister, former Prime Minister of Israel, to students at Bar Ilan University, The Israeli journal Hotam, 24. November 1989.

»Es ist die Pflicht der israelischen Führer, der israelischen Öffentlichkeit klar und mutig einige Fakten zu erklären, die mit der Zeit vergessen worden sind. Das erste: es gibt keinen Zionismus, Kolonisierung oder einen jüdischen Staat ohne Vertreibung der Araber und die Enteignung ihres Landes.« Yoram Bar Porath, Yediot Aahronot, 14. Juli 1972.

»Die einzige Lösung heißt Eretz Israel« oder wenigstens das westliche Eretz Israel: alles was westlich des Jordans liegt - ohne Araber. Da gibt es keinen Kompromiß in diesem Punkt … wir dürfen kein einziges Dorf, keinen einzigen Stamm übrig lassen.« Joseph Weitz, Director of the Jewish National Fund, the Zionist agency charged with acquiring Palestinian land, circa 1948. Machover Israca, 5. Januar 1973, S.2.

Die Liste ähnlicher Zitate könnte noch fortgesetzt werden; sie alle sprechen für sich.

Wenn Professor Doctor honoris causa meint, daß Ilan Pappe den Anspruch auf wissenschaftliche Seriosität mit seinem Buch aufgegeben hat, dann ist damit bewiesen, daß Lahnstein uns absolut nur nach dem Mund der Zionisten etwas vorgaukelt. Ein Armutszeugnis für einen instrumentalisierten Lobbyisten. Wenn jemand längst entlarvte und entzauberte Mythen und Lügen israelischer Politik immer noch vertritt, dann darf man sich nicht wundern, wenn man ihm jede Befähigung, über andere Persönlichkeiten vom internationalen Ruf zu urteilen, abspricht. Seine Urteilskraft wäre somit bar jeder Seriosität.

Dr. Izzeddin Musa, D-53343 Wachtberg

Ilan Pappe »Die ethnische Säuberung Palästinas«, Verlag Zweitausendeins, Frankfurt am Main 2007, € 19.90; »The Ethnic Cleansing of Palestine«, Oneworld, Oxford 2006. Ilan Pappe ist Professor an der Universität von Haifa

*siehe auch http://www.arendt-art.de/deutsch/palestina/Honestly_Concerned/honestly_concerned_ludwig_watzal.htm

sowie http://www.arendt-art.de/deutsch/palestina/Honestly_Concerned/honestly_concerned_pr_lahnstein.htm

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