Donnerstag, 31. Januar 2008

Die Basler Behörden und der Ex-Vizedirektor der Psychiatrischen Universitätsklinik Basel

Sextäter in Weiss

Wenn sich Ärzte an Patientinnen vergreifen, bleiben Sanktionen der Behörden oft aus. Nur ein Bruchteil der Anzeigen gelangt zur Verurteilung. In Basel muss die Staatsanwaltschaft jetzt ein Verfahren gegen einen ehemaligen Uniklinik-Vizedirektor wiederaufnehmen.

Der Beobachter deckte im August eine Sexaffäre an der renommierten Psychiatrischen Universitätsklinik Basel auf: Eine Patientin beschuldigt den damaligen ärztlichen Vizedirektor der Klinik, sie jahrelang zu Sex gedrängt zu haben. Doch der Mediziner rettete sich Ende Februar 2003 in die Frühpension. Die verantwortlichen Behörden und selbst die Basler Staatsanwaltschaft stellten die Untersuchungen ein, der Psychiatrieprofessor kam ohne Strafe davon. Jetzt ist die Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rates aktiv geworden und prüft das Vorgehen der Behörden. Und Basels Justiz muss das Verfahren wiederaufnehmen (siehe nachfolgende Box «Behandlung mit Sex bezahlt»).

Der Professor ist nicht der einzige Arzt, der von den Basler Behörden mit Samthandschuhen angefasst worden ist. Auch einem 61-jährigen Psychiater, der in Basel eine Privatpraxis hat, wird von einer Patientin vorgeworfen, sie mehrfach vergewaltigt zu haben. Doch am 22. Februar 2006 sprach ihn das Basler Strafgericht frei: Die Vergewaltigungen könnten nicht nachgewiesen werden, andere Tatbestände seien verjährt. Die Medizinische Gesellschaft Basel hielt es für erwiesen, dass er das Abhängigkeitsverhältnis sexuell ausgenützt hat. Sie schloss ihn deshalb wegen Verstosses gegen die Standesordnung am 8. Mai 2007 aus ihren Reihen aus.

Auch das Basler Gesundheitsdepartement hätte es in der Hand gehabt, den Psychiater zu sanktionieren. Die Gesetze des Kantons schliessen auch bei einem Freispruch nicht aus, die Bewilligung zur Berufsausübung einzuschränken oder zu entziehen. Doch die Recherche des Beobachters zeigt: Massnahmen gegen den Sextäter blieben bis heute aus. So therapiert er weiterhin ahnungslose Patientinnen. Fragen dazu beantwortet das Gesundheitsdepartement nicht. Es laufe «ein Verfahren», deshalb könne er nicht Auskunft erteilen, behauptet Departementssekretär Philipp Waibel.

Auch den Fall eines Basler Hals-Nasen-Ohren-Arztes halten die Behörden unter dem Deckel: Der Professor hatte mit einer Patientin über Jahre in seinem Sprechzimmer im Kantonsspital Basel Geschlechtsverkehr. Er habe die Notlage der Patientin ausgenützt, befand das Gericht und verurteilte ihn am 15. August 2003 zu zwölf Monaten Gefängnis bedingt. Zwar musste der Professor seinen Sessel im Kantonsspital räumen, er praktiziert jedoch an privater Adresse bis heute weiter. Es seien «einschneidende aufsichtsrechtliche Massnahmen» ergriffen worden, sagt das Basler Gesundheitsdepartement. Die Antwort auf die Frage, welche dies sind, bleibt das Amt aber einmal mehr schuldig.

Griffige Gesetze fehlen

Nicht nur Basel, auch andere Kantone haben ihre Sextäter in Weiss. Wie oft allerdings Ärzte Patientinnen sexuell missbrauchen, ist nicht bekannt: Weder das Bundesamt für Gesundheit noch die Ärztevereinigung FMH haben je Umfragen gemacht. Es seien jährlich etwa 14’000 Menschen, die Opfer eines Übergriffs durch medizinisches Personal werden, sagt der Basler Psychiater Werner Tschan, der sich seit Jahren im Kampf gegen Sextäter engagiert. Mangels Daten war er gezwungen, die Zahl mit Angaben aus dem kanadischen Ontario hochzurechnen, wo bei einer Befragung durch das Gesundheitsministerium 110’000 von elf Millionen Menschen von sexuellen Übergriffen berichteten. In der Schweiz lässt einzig eine Umfrage von 1994 das Ausmass erahnen: 17 Prozent der Pfleger und elf Prozent der Pflegerinnen von psychiatrischen Kliniken erklärten, Sex mit Patientinnen oder Patienten gehabt zu haben.

Die Nachfrage bei Behörden verschiedener Kantone zeigt jedoch: Die Zahl der Patientinnen, die Anzeige erstatten, ist äusserst gering. Im Kanton Basel-Stadt sind es etwa sieben pro Jahr, in Zug und in Schaffhausen eine in vier Jahren und in Baselland gar nur eine in zehn Jahren. Ein Bruchteil davon gelangt zur Verurteilung. «Viele Frauen schrecken vor einer Anzeige zurück. Es ist ihnen peinlich, oder sie haben Angst vor dem Täter», sagt der Zuger Kantonsarzt Rudolf Hauri. Frauen fehle auch das Vertrauen in die Behörden, dass diese die Täter hart genug anfassen.

Um Täter wirksam sanktionieren zu können, braucht es griffige Gesetze. Basel-Stadt hat sie, wendet sie jedoch laut Tschan «nicht oder zu wenig konsequent» an: Sanktionen von Bussen bis hin zum Entzug der Praxisbewilligung wären möglich. Andernorts geht das gar nicht: Im Kanton Baselland zum Beispiel datiert das Gesundheitsgesetz aus dem Jahr 1974 und sieht keine solchen abgestuften Massnahmen vor. Nur wenn ein Täter rechtskräftig verurteilt worden ist, können ihm die Behörden «wegen schlechten Leumunds» die Bewilligung entziehen. Ihm seien deshalb in einem aktuellen Fall «die Hände gebunden», sagt Kantonsarzt Dominik Schorr.

Namen von Tätern im Internet

Anders in Kanada, wo eine spezielle Überwachungsbehörde agiert: Dies erleichtert das schnelle Vorgehen gegen Täter. In der Provinz Ontario zum Beispiel werden Sextäter mit Namen im Internet publiziert: Philippe Carriere, Keith Caughell oder Ian Clemes - drei von Dutzenden von Ärzten, denen die Bewilligung für mehrere Monate entzogen wurde. Alle mussten zudem Bussen von bis zu 12’000 Franken bezahlen, teils in einen Fonds, aus dem Therapien für Sextäter finanziert werden. «In der Schweiz werden praktisch alle Sexualstraftäter zu Therapien verdonnert, nur Ärzte nicht», sagt Tschan.

Immerhin gibt es Licht am Horizont: Seit 1. September ist das neue Bundesgesetz über Medizinalberufe in Kraft. Es schreibt zwar keine Therapien vor, erlaubt es Zulassungsbehörden aber, weitgehende Disziplinarmassnahmen zu verfügen: Verwarnungen, Bussen bis 20’000 Franken und sogar das Verbot der Berufsausübung sind möglich. Kantone mit ungenügender Gesetzgebung können damit wirksame Sanktionen veranlassen. Doch das Ganze hat einen Haken, wie Rechtsprofessor Walter Fellmann von der Uni Luzern erklärt: «Angestellte von Spitälern sind vom Gesetz nicht betroffen, sie unterstehen nach wie vor kantonalem Recht» - das bei Sextätern oft zu wenig greift.


Behandlung mit Sex bezahlt

Die Basler Justiz muss ein Verfahren wiederaufnehmen: Im Visier der Untersuchungs- behörden steht ein 66-jähriger ehemaliger Vizedirektor der Psychiatrischen Universitätsklinik Basel. Er soll eine Patientin unter anderem zu Sex im Kreuzgang des Basler Münsters gezwungen haben. Das Opfer hatte unter seinem Druck die Anzeige vor zweieinhalb Jahren zurückgezogen. Darauf stellte die Staatsanwaltschaft die Untersuchung mit einer fragwürdigen Begründung ein (siehe Artikel zum Thema «Psychiatrie: ‹Er drohte mir mit der Hölle›»). Jetzt hat die Frau ihren Peiniger erneut angezeigt - und damit den Fall wieder ins Rollen gebracht. Zudem ist die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Grossen Rates aktiv geworden.

«Wir prüfen in einer ersten Phase Akten, die uns das verantwortliche Gesundheitsdepartement zur Verfügung stellen muss», sagt GPK-Präsident Jan Göpfert. Derweil kommen neue Details ans Tageslicht: So entgingen der Universitätsklinik wegen der Sexaffäre Einnahmen - der Professor hat die einjährige Therapie der Patientin nie in Rechnung gestellt. Dafür traf er sich mit ihr mehrmals pro Woche zum Sex. «Ich musste ihm jeweils am Nachmittag zur Verfügung stehen. Oft fuhren wir ins Elsass, zurück in der Klinik war er meist erst gegen 16 Uhr.» Zwei Mitarbeiter, die anonym bleiben wollen, bestätigen die häufige Abwesenheit des Vizedirektors. «Er blieb oft fern, ohne sich abzumelden, und kam während Monaten seinen Verpflichtungen nur schlecht nach. Die Direktion war über diese Affäre sehr wohl informiert. Sie hat den Fall aber bagatellisiert.» Die Klinikleitung sei ihren Pflichten nachgekommen, heisst es dazu beim Gesundheitsdepartement.

Schöne neue Psychiatrie

Verlagsinfo

Ein Buch, das die Gefahren aller Psychopharmaka auf dem deutschsprachigen Markt sowie des wieder verstärkt praktizierten Elektroschocks schonungslos und leicht verstehbar offenlegt. Mit Ratschlägen zum verantwortungsbewussten Absetzen.

Rezension von Psychiater Asmus Finzen, Basel

in: Soziale Psychiatrie, 22. Jg. (1998), Nr. 1, S. 52

»Psychiatrisch Tätige, lest das Buch...«

Peter Lehmann, das ist Name und Programm zugleich. Mit seinem »Chemischen Knebel« hat Peter Lehmann sich in die neuere Psychiatriegeschichte eingeschrieben. Unter den radikalen Psychopharmaka-Kritikern ist er als Nicht-Pharmakologe, Nicht-Chemiker, Nicht-Arzt gewiss der kompetenteste. In jedem Fall ist er – die gerade genannten Berufsgruppen ein geschlossen – der belesenste. 1100 Literaturverweise im ersten Band, 1677 im zweiten suchen ihresgleichen. Peter Lehmanns »Schöne neue Psychiatrie« ist eine Fundgrube für jede Fachfrau und jeden Fachmann. Nirgendwo sonst sind so viele Informationen über unerwünschte Wirkungen von Psychopharmaka aller Art, insbesondere aber von Neuroleptika, zusammengetragen. Peter Lehmanns Buch ist ein großartiges Geschenk an die Psychiatrie. Diese hat allen Grund, sich bei ihm für den immensen Arbeitsaufwand zu danken, den er für sie und für die psychisch Kranken geleistet hat.

Das bedeutet nicht, dass nicht doch noch einige Wünsche offenbleiben. Entscheidender: Ich würde mir wünschen, Peter Lehmann wäre nicht so radikal; Peter Lehmann wäre aus gewogener; Peter Lehmann würde mit der gleichen Inbrunst und Intensität, mit der er die Psychiatrie und die Psychopharmaka kritisiert, auch die psychischen Leiden selber betrachten. Ich weiß natürlich, dass das ein frommer Wunsch bleiben muss. Denn das, was ich in über dreißig Jahren als psychische Krankheiten kennen- und behandeln gelernt habe, existiert für Peter Lehmann so nicht. Das macht es für mich als Arzt sehr viel schwieriger, den Zugang zu seiner schönen neuen Psychiatrie zu finden, als als Wissenschaftler, der sich über die – wiewohl unausgewogene – Fülle von Daten freuen kann. Als Arzt, der weiß, dass die Kranken, die ihn aufsuchen, zum beträchtlichen Teil in furchtbarer Weise unter ihren Symptomen leiden, treffe ich eine andere Risiko-Nutzen-Abwägung als er. Ich bin überzeugt davon, dass die Entwicklung der Pharmakopsychiatrie während der letzten vier Jahrzehnte zu einem erheblichen, wenn auch unvollkommenen Fortschritt der Behandlung psychischer Störungen geführt hat, obwohl diese Entwicklung viele Wünsche offenlässt. Jene Kollegen, die eine Generation älter sind als ich und die Zeit davor miterlebt haben, sagen, wie Max Müller beispielsweise: »Es war die Hölle.« Das hat sich geändert, wiewohl ich gerne einräume, dass kein Paradies daraus geworden ist.

So bleibt denn meine Beurteilung von Lehmanns 800-Seiten-Werk gespalten: Uneingeschränkte Empfehlung für alle, die seine Ergebnisse mit ausreichend fachlich fundiertem Hintergrund lesen können, also vor allem Psychiaterinnen und Psychiater, die die Relevanz seiner Mitteilungen beurteilen und zwischen wichtigen und redundanten Informationen unterscheiden können. Leserinnen und Leser, die nicht auf eine medizinische oder pharmakologische Grundausstattung zurückgreifen können, rate ich von dem Buch eher ab. Die Perspektiven stimmen meiner Meinung nach nicht. Wer behandlungsbedürftig ist und Lehmann glaubt, für den sind allerlei Irrwege vorprogrammiert. Die Behandlung akuter Psychosen ohne Neuroleptika beispielsweise – es wäre zu schön, wenn das möglich wäre. Aber es ist es nicht – leider! Allenfalls, wer ohnehin fest entschlossen ist, gegen den Rat seines Therapeuten die Medikamente wegzulassen, kann bei Lehmann nachlesen, wie man das ohne allzu großen zusätzlichen Schaden macht. Also: Psychiatrisch Tätige, lest das Buch, schon damit Ihr mit Kranken diskutieren könnt, die es auch gelesen haben!

Rezension von Gaby Sohl

in: Die Wochenzeitung (Zürich), Nr. 49 / 4.12.1997, S. 24

Pillen voller Nebenwirkungen – Chemischer Knebel

»Bis zwölf Uhr fühlte ich keine subjektive Änderung, dann hatte ich den Eindruck, schwächer zu werden und zu sterben. Es war sehr angsterregend und quälend. (...) Um dreizehn Uhr fühlte ich mich unfähig, mich über irgend etwas aufzuregen.«

Mit solchen Sätzen dokumentierte die Psychiaterin Cornelia Quarti am 9. November 1951 den ersten Selbstversuch mit Chlorpromazin – jener Substanz, mit der die psychiatrische Praxis zu Beginn der fünfziger Jahre revolutioniert worden ist. Seit 1952 wurde Chlorpromazin als erstes Neuroleptikum der Psychiatriegeschichte mit wachsender Begeisterung und zunehmender Gefolgschaft der KollegInnen von den Psychiatern Jean Delay und Pierre Deniker gegen »Schizophrenie« eingesetzt. Wenn man den Aussagen der PatientInnen glaubt, wirkt die Substanz angsterregend und quälend. In den Akten liest sich dies allerdings oft lapidar: »Patient klagt über Nebenwirkungen der medikamentösen Therapie.«

Alle sogenannten Nebenwirkungen lassen sich im psychiatrisch-neurologisch beschönigenden Jargon der Beipackzettel und der »Krankengeschichten« wesentlich besser verpacken und ertragen als im ungeschminkten Klartext oder gar als eigene Körperbefindlichkeit. Langzeitschäden, erhebliche psychische und physische Beeinträchtigungen – viele PatientInnen der biologisch orientierten Medikamentenpsychiatrie erfahren die »Nebenwirkungen« schlicht als Hauptwirkung, wissen aber oft nicht, dass einige Neuroleptika zum Beispiel genau jene psychische Verwirrtheit, die sie zu heilen vorgeben, nach längerem Gebrauch selber wieder hervorrufen. Tardive, also späte Psychosen nennt der Fachmensch dies. Leponex, ein heute wieder vermehrt bei »behandlungsresistenten Fällen« eingesetztes Mittel, ist bekannt für diese mögliche Komplikation. Unzählige andere Komplikationen (zum Beispiel Herz-, Leber- oder Blutbildstörungen) bringen vielen PatientInnen lebenslange Verrücktheit und körperliche Behinderungen ein. Auf der Strasse, im Supermarkt oder an der Bushaltestelle weiss kaum jemand das unkontrollierbare Zittern und die heftigen, ruckartigen Arm- und Beinbewegungen mancher Mitmenschen als das zu deuten, was sie leider oft sind: durch Neuroleptika verursachte, nie wieder rückgängig zu machende Schädigungen des Nervensystems. Aus ehemals »Verwirrten« werden so Behinderte gemacht. Die psychiatrische Fachwelt nennt diese, durch ihre eigene Therapie hervorgerufene lebenslängliche Behinderung »tardive Dyskinesie«.

Seit der Publikation von »Der chemische Knebel – Warum Psychiater Neuroleptika verabreichen« (1986) gebührt Peter Lehmann das bedeutende Verdienst, dass er mit seinen Büchern den fachchinesischen Begriffsdschungel im Umfeld der Psychopharmakabehandlungen für medizinische Laien – also auch für Psychiatriebetroffene und ihre Angehörigen – durchschaubarer macht. Denn hinter den seriösen, unverständlichen medizinischen Bezeichnungen für Nebenwirkungen von Psychopharmaka verbirgt sich oft der blanke Horror: Eine Dysphagie zum Beispiel ist eine Störung des Schluckaktes, ihre Folge ist unkontrollierbarer Speichelfluss, also Sabbern, im schlimmsten Fall droht Erstickungsgefahr. Ein Myoklonus ist eine blitzartig auftretende Muskelaktion ein Zucken und Krampfen, das im fortgeschrittenen Stadium an die langfristig tödliche Krankheit des Veitstanzes erinnert. Eine Akinesie ist eine Bewegungsunfähigkeit, die akinetische Depression meint bewegungslose Apathie, völlige Gleichgültigkeit und Willenlosigkeit. Akathisie übersetzt sich als Sitzunruhe, Nichtstillhaltenkönnen; Hyperthermie als unnatürlicher Anstieg der Körpertemperatur, der bis zum sogenannten Malignen Neuroleptischen Syndrom führen kann. Eine von Lehmann zitierte Studie des Londoner Psychologen David Hill von 1992 geht in ihrer vorsichtigsten Schätzung allein bei dieser Nebenwirkung von bisher einer Million diagnostizierter Fälle aus – knapp 200.000 davon, schätzt Hill, verliefen tödlich.

Wer Peter Lehmanns zweibändiges Handbuch »Schöne neue Psychiatrie« liest, wird mehr als 2500 medizinische, psychologische und pharmakologische Fachaufsätze und -bücher in ausgewählten und übersetzten Originalzitaten wiederfinden. Das ausgebreitete Themenspektrum umfasst unter anderem die Risiken der neu entwickelten Psychopharmaka, die Wirkungsweise und schädlichen Wirkungen von Antidepressiva, Psychostimulantien und Tranquilizern. Dargestellt wird die Wirkungsweise der (modifizierten) Elektroschocks, die prinzipiell dosisunabhängige Schädlichkeit, die mit dem Alter zunehmende Unverträglichkeit. Ein grosses Kapitel behandelt Entzugserscheinungen und die Möglichkeiten, diese Symptome zu lindern und der Rückfallgefahr vorzubeugen. Viele Abbildungen, ein komfortables Register und eine Liste mit allen deutschen, österreichischen und schweizerischen Markennamen machen das kritische Handbuch gerade auch als Nachschlagewerk unentbehrlich.

An manchen Stellen liest sich Peter Lehmanns »Schöne neue Psychiatrie« wie ein Dokumentarkrimi. Detailliert auswertend, akribisch recherchierend und trotz der oftmals überwältigenden Faktenfülle flüssig und gut verständlich geschrieben, führt Lehmann durch die ansonsten eher abgekapselte (fachlich gut wegverpackte) Medikamentenwelt der modernen Psychiatrie, die fast unmerklich längst unseren Alltag psychiatrisiert hat.

Rezension von Iris Hölling

in: Rundbrief des Bundverbandes Psychiatrie-Erfahrener e.V., Nr. 5 / Dezember 1997, S. 15

Wissen Sie, wie Psychiater bei Selbstversuchen mit Psychopharmaka gelitten haben? Wissen Sie, welche Psychopharmaka anderswo bereits verboten, hierzulande aber noch auf dem Markt sind? Wissen Sie, dass Neuroleptika, Antidepressiva, Carbamazepin, Lithium und Tranquilizer massive Entzugserscheinungen produzieren können? Kennen Sie die Vorboten Iebensbedrohlicher Blutbildveränderungen unter Psychopharmaka? Wissen Sie, dass psychopharmakologisch behandelte Menschen ca. 10 mal häufiger an Krebs erkranken als die Normalbevölkerung? Wissen Sie, weshalb Neuroleptika und Antidepressiva extrem suizidal wirken können? Wissen Sie, dass allein am Neuroleptischen Malignen Syndrom, einem neuroleptikabedingten Symptomenkomplex aus Fieber, Muskelstarre und Bewusstseinsstörungen, weltweit bereits ca. 190.000 Menschen gestorben sind? Die » Schöne neue Psychiatrie « , bestimmt durch Psychopharmaka und Elektroschock-Renaissance, ist alles andere als schön. Auch die neuen Psychopharmaka, ob Serotonin-Wiederaufnahmehemmer ä la Fluctin oder atypische Neuroleptika à la Risperdal und Leponex' können verheerende Auswirkungen haben, basierend auf tiefen Eingriffen ins Transmittersystem.

Peter Lehmann, Vorsitzender des Europäischen Netzwerks von Psychiatriebetroffenen, wertete ca. 3.000 medizinische, psychologische und pharmakologische Fachaufsätze und -bücher aus. Allgemeinverständlich und sachlich stellt er sein Wissen primär den Behandelten und ihren Angehörigen zur Verfügung und ermöglicht ihnen eine fundierte und unabhängige Entscheidung darüber, ob sie sich Psychopharmaka und Elektroschocks verabreichen lassen sollen oder nicht - sofern sie überhaupt noch entscheiden dürfen. Aber auch JuristInnen und psychiatrisch Tätigen, die über eine Behandlung (mit)entscheiden, seien diese Bände ans Herz gelegt, ebenso Psychologlnnen, ÄrztInnen und HeilpraktikerInnen, die beim Absetzen helfen wollen.

Die Kritik an seinem alten Buch » Der chemische Knebel « hat gefruchtet: » Schöne neue Psychiatrie « ist großzügig lay-outet und übersichtlich und enthält eine Liste mit allen aktuellen deutschen, österreichischen und Schweizer Psychopharmaka-Handelsnamen. Register ermöglichen einen raschen Zugriff auf die erwünschten Informationen. Insgesamt 89 Abbildungen, u.a. von Tierversuchen, ein Zusatzartikel des US-amerikanischen Elektroschockspezialisten Leonard Roy Frank u.a. über das Märchen von den harmlosen modifizierten Schocks und ein umfangreiches Kapitel über Entzugserscheinungen (Reboundphänomene und Supersensibilitätsreaktionen der Rezeptoren) bei den einzelnen Psychopharmakaklassen komplettieren die beiden Bücher.

Schöne neue Psychiatrie « besteht aus zwei jeweils in sich abgeschlossenen Bänden. In Band 1 ( » Wie Chemie und Strom auf Geist und Psyche wirken « , 400 S.-) stehen die Risiken und Schäden auf der psychischen Ebene und im Bereich der geistigen Fähigkeiten im Mittelpunkt. Themenschwerpunkte sind psychopharmakabedingte emotionale Verarmung, Persönlichkeitsveränderung, Depression, Verzweiflung, Selbsttötung, Verwirrtheit, Delire und psychotische Zustände; Störungen der Sinnesorgane; Gedächtnis-, Konzentrations-, Schlaf- und Traumstörungen; Selbstversuche von Medizinerlnnen; Psychopharmakaversuche an Tieren sowie Elektroschockschäden. Band 2 (» Wie Psychopharmaka den Körper verändern «, 544 S.) behandelt die kurz-, mittel- und langfristigen Risiken und Schäden, die sich im Muskelapparat und im vegetativen Bereich niederschlagen, z.B. als – teilweise lebensgefährliche – Muskelkrämpfe, Bewegungsstörungen, genetische Schäden, Belastung der Leber, des Herzens und der Sexualorgane. Das letzte Kapitel bilden Ratschläge, wie die Entzugserscheinungen beim Absetzen gemildert und das Rückfallrisiko gemindert werden können.

Kommentar von Barbara Simonsohn

In seinen hervorragend recherchierten Büchern untersucht Peter Lehmann die Auswirkungen von Chemie auf Geist und Psyche (Band 1) und, wie Psychopharmaka den Körper verändern (Band 2). Er betrachtet die Behandlung mit Psychopharmaka ohne gründliche Aufklärung der möglichen Nebenwirkungen als »Körperverletzung« und die Nebenwirkungen als »Intoxikationserscheinungen« dieser Psychopharmaka und damit als ihre Hauptwirkung. Seine hervorragend durch wissenschaftlichen Studien belegten Kritikpunkte an Ritalin sind erschütternd. Nicht nur kann Ritalin Nervenzellen und Hirnrinde schädigen, sondern zu aggressivem Verhalten wie Mord führen, weil es die Persönlichkeit verandert und natürliche Hemmschwellen abbaut. Dieses Buch ist das fundierteste zum Thema Ritalin im deutschsprachigen Raum und in meinen Augen Pflichtlektüre für jeden Kinderneurologen und alle Eltern, die erwägen, ihrem Kind Ritalin zu geben.

Die Abschaffung des Demonstrationsrechts

In Schwyz droht ein Strassenkampf
Nun wird es kritisch für die Schwyzer: Extrem linke und rechte Gruppen wollen trotz Demonstrationsverbot am 8. März in die Innerschweizer Gemeinde ziehen und ihre Positionen auf die Strasse tragen.

Rechte und linke Extremisten in Schwyz unerwünscht
Die Autonome Gruppe Zentralschweiz hat schon am Dienstag angekündigt, dass sie sich das Recht vorbehalte, «spontan eine Demonstration durchzuführen, sollte die PNOS laufen können oder allenfalls, die Demonstration mittels gezielter Aktionen zu verhindern.»

Nun ist klar, dass sich die Partei National Orientierter Schweizer PNOS tatsächlich nicht vom Schwyzer Demonstrationsverbot abhalten lässt. «Die PNOS wird am 8. März trotz des Verbots ihre Meinung kundtun. Weder ein Gemeinderat, der um seine Reputation fürchtet, noch despotisch angehauchte Zirkel wie die autonome Gruppierung Zentralschweiz können freie Schweizer daran hindern, von ihrem Recht Gebrauch zu machen», heisst es auf der Homepage der rechtsextremen Gruppierung.

Die Schwyzer Polizei ist bereit

Die Schwyzer geben sich genauso kampfbereit wie die Demonstranten selbst. «Der Gemeinderat Schwyz hat klar entschieden, die Demonstrationsgesuche abzulehnen und auch unbewilligte Demos nicht zuzulassen», betont Gemeindeschreiber Bruno Marty. «Jetzt liegt der Ball bei der Kantonspolizei. Sie muss ein entsprechendes Dispositiv erarbeiten.»

«Wir sind bereit», sagt Stephan Grieder, Pikettoffizier der Kantonspolizei Schwyz, zu 20minuten.ch. «Das entsprechende Dispositiv ist erarbeitet und wir werden parat sein, sollten die Demonstranten am 8. März tatsächlich nach Schwyz kommen.»

Tina Fassbind, 20minuten.ch

Mittwoch, 30. Januar 2008

Die NATO und der totale Krieg

Will die Nato den totalen Krieg?
Ehemalige Nato-Generäle fordern Möglichkeit des präemptiven Atomkriegs

km. Fünf ehemalige höchste Militärs aus den Nato-Staaten USA, Grossbritannien, Frankreich, Deutschland und den Niederlanden haben nach einem Bericht der britischen Tageszeitung «The Guardian» vom 22. Januar («Preemptive nuclear strike a key option, Nato told») ein 150 Seiten umfassendes Manifest verfasst und dieses während der vergangenen 10 Tage sowohl dem Pentagon in Washington als auch dem Generalsekretär der Nato vorgelegt und präsentiert.
Die fünf Militärs sind:
• John Shalikashvili (USA), ehemaliger Nato-Kommandeur in Europa und von 1993 bis 1997 Vorsitzender des US-Generalstabs;
• Klaus Naumann (Deutschland), Kommandeur der deutschen Streitkräfte von 1991 bis 1996 und ehemaliger Vorsitzender des Militärausschusses der Nato;
• Peter Inge (Grossbritannien), britischer Feldmarschall, Leiter des Generalstabes von 1992–94 und Leiter des Verteidigungsausschusses von 1994–97;
• Henk van den Breemen (Niederlande), ehemaliger niederländischer Generalstabs­chef;
• Jacques Lanxade (Frankreich), ehemaliger Chef der französischen Seestreitkräfte und Leiter des französischen Verteidigungsausschusses.
Diese ehemaligen Militärs malen ein düsteres Bedrohungsszenario für die «westlichen Werte» und die «westliche Lebensart», das den «Westen» als Opfer finsterster Kräfte darstellt, ignorieren aber vollkommen die finstere Rolle eben dieses «Westens» in der heutigen Welt und fordern mit ihrem Manifest das Erstschlagsrecht der Nato mit Atomwaffen, auch gegen Nicht-Atomwaffenstaaten, sowie eine grundlegende Neuausrichtung der Nato. Ein neues «Direktorium» aus US-amerikanischen, europäischen und Nato-Führern soll die Nato führen, um schnell auf Krisen zu reagieren, eine «Obstruktion» der EU soll künftig verhindert werden. Die Nato soll nicht mehr wie bislang einstimmig über ihre Einsätze entscheiden, sondern mit Mehrheitsbeschlüssen. Nationale Vorbehalte wie zum Beispiel beim Nato-Einsatz in Afghanistan soll es zukünftig nicht mehr geben dürfen, und Nato-Staaten, die sich nicht direkt an künftigen Nato-Kriegen beteiligen, sollen innerhalb der Nato hierbei auch kein Mit­entscheidungsrecht mehr haben. Auch ohne Mandat der Vereinten Nationen soll die Nato künftig Kriege beginnen können, und zwar nicht nur im Verteidigungsfall.
Die Vorschläge des Manifestes sollen bei der kommenden Nato-Tagung in Bukarest im April diskutiert werden.

* * *

Ziemlich genau 65 Jahre sind es her, dass der deutsche Propagandaminister Joseph Goeb­bels nach der verlorenen Schlacht um Stalingrad im Berliner Sportpalast den «totalen Krieg» und den unbedingten Gehorsam zum «Führer» forderte. Auch um die westliche Führungsmacht und ihre bisherige Weltmachtpolitik ist es immer schlechter bestellt. Die eigene Kriegswirtschaft steuert auf einen Bankrott zu. Der weltweite aktive Widerstand gegen die Ausbeutungs-, Macht- und Kriegspolitik der US-Regierung und der Globalisierungsprofiteure wächst. Und selbst in Europa wird allmählich erkannt, auf welch katastrophalen Kurs man sich eingelassen hat. Das macht Washington, die Wall Street und London City nervös. Die Fratzen der Herrschaft und des Krieges bekommen noch deutlichere Konturen. «Die Glaubwürdigkeit der Nato steht in Afghanistan auf dem Spiel», sagt der Niederländer van den Breemen, anstatt den Rückzug der Nato aus diesem brutalen Besatzungskrieg zu fordern. Der deutsche General Naumann kritisiert die eigene Regierung, weil sie noch immer auf Sonderbedingungen für den Bundeswehreinsatz in Afghanistan besteht. Jetzt, wo es ums Ganze geht, soll der Krieg total werden, zumindest soll der totale Krieg angedroht werden. Da stören Diskussionen und Widersprüche. Jetzt soll «geführt» (befohlen) und «gefolgt» (gehorcht) werden.
Nach der Rede von Joseph Goebbels im Sportpalast begann in der Tat der «totale Krieg». Obwohl der Krieg schon verloren war, mussten noch zig Millionen Menschen ihr Leben lassen, erreichte das Ausmass an Zerstörung nochmals neue Dimensionen, wurden die Menschen für immer mehr Rüstung und Krieg bis aufs Blut ausgepresst.
Die USA haben dasselbe in Vietnam seit Mitte der 60er Jahre getan. Alle wussten, dass der Krieg für die USA schon längst verloren war. Trotzdem hat man weitergemacht, weiter gelogen, weiter ein anderes Land zerstört, weiter gemordet.
Und heute? Soll dieser Wahnsinn noch einmal wiederholt werden? Sollen alle «Verbündeten» so an die Kandare genommen und den US-Plänen unterworfen werden, dass am Ende nur noch die totale Katastrophe stehen kann? Die fünf ehemaligen Militärs müssen eine passende Antwort erhalten: Nicht noch einmal lassen wir es zu, dass die Welt auf die Schlachtbank geführt wird! •
Wir warnen vor einem schleichenden Übergang vom Aufbaumandat zur Kriegspraxis in Afghanistan

Erklärung von Dr. Reinhard J. Voss, Generalsekretär der deutschen Sektion von Pax Christi
Der Einsatz der Bundeswehr im Norden Afghanistans steht vor einer Wende. Ab Sommer könnten rund 250 deutsche Soldaten der Internationalen Afghanistan-Schutztruppe (Isaf) nicht nur Aufbauarbeit leisten, sondern erstmals gezielt in Kampfeinsätze geschickt werden. Die Nato hat Deutschland und andere Truppen stellende Isaf-Nationen angefragt, ob sie ab dem Sommer eine Eingreifreserve im Norden Afghanistans stellen könnten. Im Laufe des Januars werde eine Antwort erwartet.
Mit den Beschlüssen zur Weiterführung der drei Mandate 2007 haben sich Regierung und Parlament über den mehrheitlichen Willen der Bevölkerung hinweggesetzt. Nun sehen wir die Folgen: Es gibt kein Halten mehr in Richtung Kampftruppen; es gibt keine erkennbare politische Strategie und kein Ausstiegsszenario. Es kommt einer Kapitulation von Politik gleich, immer mehr auf die Stärkung des Militärs zu setzen. Statt dessen sollte die Bundesregierung innerhalb der Nato endlich eine Debatte über den Strategiewechsel anstossen.*
Angesichts des schleichenden Übergangs von einem Aufbaumandat zur offenen Kriegs­praxis erneuert Pax Christi ihre Forderung nach einem Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan. Wir fordern die Rückkehr zur Politik und nicht den planlosen reaktiven Ausbau von Militär, d.h. einen neuen Dialog aller Konfliktparteien, eine konsequente Unterstützung von Alternativen der Konfliktregelung und des zivilen Aufbaus sowie eine ökonomische und entwicklungspolitische Zusammenarbeit, die dem Land Hilfen gibt beim Umstieg vom Drogen fördernden Mohnanbau zu einer nachhaltigen Wirtschaft.
Wir sehen immer deutlicher, dass der Truppeneinsatz der USA, ihrer Verbündeten und der Nato in Afghanistan sowie die Truppenstationierungen in anderen Ländern Mittelasiens strategisch begründet sind: Es geht um Geo- und Ressourcenpolitik. Die Rechtfertigung als «Bekämpfung des Terrorismus» dient – nicht nur hier – zur Legitimation von kriegerischer Intervention und machtpolitischer Dominanz.
Bad Vilbel, den 17. Januar 2008

*zf. Im April 1999, mitten im völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen Serbien, haben die Staats- und Regierungschefs der Nato-Staaten das strategische Konzept der Nato grundlegend geändert – ohne dass danach irgendein Parlament eines Nato-Staates darüber abgestimmt hat. Das neue strategische Konzept verlangt den Nato-Staaten auch eine Beteiligung an völkerrechtswidrigen Angriffskriegen ab. Mit dem Nato-Gipfel in Riga im November 2006 wurde zudem das Einsatzgebiet der Nato auf die ganze Welt ausgedehnt. Auch dies wieder ohne öffentliche Diskussion. Heute ist die Nato ein völkerrechtswidriges Kriegsbündnis für weltweite Kriegseinsätze. Eine intensive Debatte hierüber ist sehr dringend geboten.

Montag, 28. Januar 2008

Die Gleichschaltung der Massenmedien

Fünf Medienkonzerne versuchen die Weltmeinung zu beherrschen

Oft hält man sich für informiert und trumpft auf: «Ich habe in den Nachrichten gehört … im Fernsehen gesehen …» Doch die «Tagesschau» verbreitet nicht Informationen, sondern Vorgefiltertes aus fünf globalen Medienkonzernen. In wessen Interesse? Cui bono?

me. Kaum jemand ist sich klar, dass unsere Mediennahrung aus fünf Grundzutaten (Presseagenturen) besteht. Eine solche Küche wäre uns bald zu fad, und das sind auch die heutigen Medien. Es geht darum, möglichst unterschiedliche und eigenständig recherchierte Primärquellen zu beschaffen. Zeit-Fragen tut dies.
Doch zurück zum Thema: Wie geht jemand vor, der ein Land in Besitz nehmen will? Am Anfang besetzt er die Medien, um sie gleichzuschalten. Dann kann er sicher sein, dass nur Nachrichten in seinem Sinn verbreitet werden. Die fünf Presseagenturen Agence France Press (AFP), Reuters (GB), Associated Press (USA), Novosti (RUS) und Xinghua (China) haben diese Aufgabe. Afrika und Südamerika haben keine Presseagentur, in Arabien gibt es seit 1996 immerhin al-Jazira.
Wer sind die Verantwortlichen der westlichen Konzerne?

In der ganzen westlichen Welt gibt es nur noch fünf grosse Medienkonzerne: AOL Time Warner, NBC Universal, Bertelsmann, Murdoch und Viacom.
Diese Männer kontrollieren zusammen ABC, NBC, CBS, Tuner Broadcasting System, CNN, MTV, Universal Studios, MCA Records, Geffen Records usw.:
• Richard D. Parsons, CEO (Chief Executive Officer) bei AOL Time Warner und Protegé der Rockefeller-Familie. Mathias Döpfner, CEO Axel Springer, ist im Vorstand der Time Warner.
• Robert Inger, CEO Disney, ABC.
• Summer Redstone (Murray Rothstein), CEO Viacom, Paramount.
• Jeff Immelt, CEO General Electric NBC, Jeff Zucker, CEO Universal Studios.
• Rupert Murdoch, Chairman/Peter Chernin, President News Corp. Fox TV.
• Howard Stringer, CEO Sony Corp. (Colombia Pictures).
• Leslie Moonves, Präsident des TV-Senders CBS Television, Grossneffe des israelischen Staatsgründers Ben Gurion.
• Edgar Bronfman jun., CEO von UMG, dem weltweit grössten Musikunternehmen.
Deutsche Frauenkarrieren

In Deutschland existieren zwei Mediengruppen: Bertelsmann und Springer. Bertelsmann wird von einer Freundin von Frau Merkel geführt. Es handelt sich um Liz Mohn, die Witwe des Gründers Mohn, der mit ihr seine Telefonistin ehelichte.
Die andere Mediengruppe ist die Springer-Gruppe. Diese wird formell bestimmt von der ebenfalls Merkel nahestehenden «Friede» Springer, die Kindermädchen beim Gründer Axel Springer war. Merkwürdig, diese Frauenkarrieren …
Verpflichtungserklärung unterschrieben

Die Firma Springer ist bekannt dafür, dass jeder Arbeitnehmer fünf Unternehmensgrundsätze unterzeichnen muss. Der zweite Grundsatz fordert:
– «die Unterstützung der Lebensrechte des israelischen Volkes», und der dritte fordert
– «die Unterstützung des transatlantischen Bündnisses und die Solidarität in der freiheitlichen Wertegemeinschaft mit den Vereinigten Staaten von Amerika».
Zum Springer-Konzern gehört auch «Die Welt», welche eine Weile vom Schweizer Roger Köppel geleitet wurde, der heute in Zürich die Wochenzeitung Die Weltwoche herausgibt.
Wie sagte der Publizist und Filmproduzent Gerard Menuhin, Sohn des Violinisten Yehudi Menuhin, so zutreffend: «Es gibt in der Welt keine grössere Macht als die, die von den Beherrschern der öffentlichen Meinung ausgeübt wird.» •

Quelle: Nach Angaben von Inter Info, Internat. Hintergrundinformationsdienst für Politik, Wirtschaft und Wehrwesen, Nov. 2007

Sonntag, 27. Januar 2008

Reaktionen auf Blochers Albisgüetli-Rede

Die Entlarvten

Er habe, versuchten sie sich zu Hunderten einzureden, eigentlich gar nichts gesagt. Doch flugs rannten gleich vier Bundesräte vor die Medien, um das angebliche Blocher-Nichts vom Albisgüetli wortreichst zu kritisieren, zu verurteilen, als "pervers" zu beklagen. Selbst seine Hoheit, Brüssels Botschafter zu Bern, sah sich berufen, an die Adresse der Schweizer Öffentlichkeit sicht- und hörbar zu stämpfelen - nur weil Blochers Botschaft in der Schweiz verstanden wurde. Gleich fassweise forderten derweil die Journalisten Druckerschwärze an, um das Blocher angedichtete Nichts auf Hunderten von Seiten zu kontern. Die CVP- und FDP-Präsidenten, die gleichzeitig mit dem nichts verbreitenden Blocher angeblich Zukunftsweisendes von sich gegeben haben sollen, wurden zu kläglichem Aschenputtel-Dasein in hinteren Bünden und halben Randspalten verurteilt…

Blochers Nichts scheint also brisant zu sein. Weil seine Lagebeurteilung nicht nur stimmt, sondern - weit schlimmer für die Classe politique - auch verstanden wird: Es ist Brüssel, das der Schweiz den auf Rumänien und Bulgarien ausgedehnten freien Personenverkehr abluchsen will. Und es ist das gleiche Brüssel, das - in Soldatenstiefel-Manier - die Steuerhoheit der Schweiz zertreten will. Auf dass diese unabhängige, erfolgreiche Schweiz als schmerzhafter Stachel im wunden Fleisch der EU endlich ausgemerzt werde.

Blochers Botschaft dazu: Der EU darf die von Brüssel dringend gewünschte Personenfreizügigkeit nur dann gewährt werden, wenn dieses Brüssel von seinem gesetzlosen, allein von Machtwillkür diktierten Wirtschaftskrieg gegen die Schweizer Steuerhoheit endlich ablässt - verbindlich und auf Dauer.

Wer nur kann solch vorbehaltloses Eintreten für elementare Schweizer Interessen als "pervers" abtun? Fühlt sich der, der solch massloses Wort braucht, etwa in der Rolle des Ertappten? Hat sich die von Blocher befreite Classe politique zu Bern etwa insgeheim bereits mit Brüssels rechtswidrigem Ansinnen arrangiert? War Berns Elite bereit, die Schweizer Steuerhoheit demnächst preiszugeben, auf dass sie, die Classe politique, zu Brüssel weiterhin wohlgelitten sei? Wie anders lässt sich Berns schriller Aufschrei gegen Blochers unmissverständliches Eintreten für die Schweiz erklären, als dass Berns Classe politique sich als klammheimliche Ausverkäuferin überlebenswichtiger Schweizer Interessen peinlich entlarvt sieht?

Denn nur Entlarvte können es als "pervers" empfinden, dass von ihnen die Verteidigung elementarer Interessen des eigenen Landes erwartet wird.

Ulrich Schlüer

Samstag, 26. Januar 2008

Das FED - Eine gewaltige Inflationsmaschine

Das Ungeheuer der US-Kreditmaschinerie

Ein Geldungeheuer geht in der Welt um. Es handelt sich um eine enorme Kreditgeneration, die aus den USA stammt, wegen der zahlreichen Kreditgeber im US-Finanzsystem. Das kann man deutlich erkennen, wenn man den dritten Quartalsbericht des Fed [Federal Reserve System – Zentralbank-System der Vereinigten Staaten] mit dem Titel «Flow of Funds» aufmerksam liest. Darin informiert das Fed die Welt oder jedenfalls den Teil der Welt, der sich die Mühe macht, das zu lesen, so nebenbei, dass die gesamte Kreditvergabe im US-System auf einem Jahresbetrag von 4,99 Billionen [exakt: 4 988,5 Milliarden, S. 11 oben rechts des Berichts] US-Dollar für neu vergebene Kredite innerhalb einer US-Wirtschaft angekommen ist, deren Bruttosozialprodukt bei gerade einmal 14 Billionen US-Dollar liegt. Wenn diese gesamte völlig ausser Kontrolle geratene Kreditinflation plötzlich gestoppt würde, würde die US-Wirtschaft im Hinblick auf das Bruttosozialprodukt auf 64,2 Prozent ihres gegenwärtigen Nominalwertes schrumpfen. Die Bankkredite innerhalb der USA haben im letzten Jahr um fast 12 Prozent zugenommen. Anleihen von Handel und Industrie wurden um fast 21 Prozent aufgebläht. Kein Wunder, dass Amerikas Verbraucherpreisindex im November eine Inflation von 4,3 Prozent angezeigt hat. Die Preise für Nahrungsmittel und nicht­alkoholische Getränke sind in den USA seit Anfang 2007 bis zum November um 4,7 Prozent gestiegen. Das ist die Auswirkung der Inflation, von der behauptet wird, es handele sich um die Inflation selbst. Wenn die beiden zentralen vorgenannten wirtschaftlichen Fakten zusammengebracht werden, ist klar, dass die US-Wirtschaft auf eine inflatorische Depression zuläuft, hervorgerufen durch den falschen wirtschaftlichen Aufschwung, der durch die vorangegangene Kreditexpansion und die steigenden inländischen Preise verursacht wurde. Das Endresultat dieser Kreditausweitung ist der Verzehr des internen Kapitals der USA. Das ist das, was geschieht – und zwar genau jetzt.

Freitag, 25. Januar 2008

Sexuelle Belästigung - die neue Kampfwaffe der Feministinnen

Ein Witz zu viel

Von Beatrice Schlag

Die Hälfte der Schweizerinnen und Schweizer wittert am Arbeitsplatz sexuelle Belästigung. Das zumindest behauptet eine neue Studie.

Florierender Bewusstseinsmarkt: sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz.
«Jeder zweite Arbeitnehmer sexuell belästigt». Mit diesem und ähnlichen Titeln verstörten sämtliche Schweizer Zeitungen letzte Woche die Berufstätigen unter ihren Lesern. Eine Studie war erschienen, bestellt vom Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) und dem Eidgenössischen Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann (EGB), und sie besagt in der Tat Aufsehenerregendes: Mehr als die Hälfte der berufstätigen Schweizerinnen und Schweizer haben am Arbeitsplatz sexuell Ungehöriges oder Diskriminierendes beobachtet oder mitangehört und glauben deswegen, in ihrem Betrieb drohe das Risiko sexueller Belästigungen.

Die Studie erregt die Gemüter quer durch alle Berufe. Die vorherrschende Reaktion ist ungläubiges Kopfschütteln. Man versucht, sich an einen Fall von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz zu erinnern; es fällt einem nur ein Film mit Demi Moore ein. «Bin ich ein Depp, dass ich nichts merke?», fragt ein Bekannter aus der Elektrizitätsbranche, «vor kurzem beugte sich eine Kollegin mit ziemlich heftigem Ausschnitt am Pult über mich. Mein einziger Reflex war: ‹Jetzt ja nur kein Wort sagen.› Ist es das, was sie mit Risiko meinen? Und, wenn ja, bin ich der Belästigte, oder wäre sie es, falls ich etwas gesagt hätte?» Ein Ladenbesitzer sagt, er wisse, dass Belästigungen vorkommen, «aber Florierender Bewusstseinsmarkt: sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. Geschlechter Ein Witz zu viel Von Beatrice Schlag _ Die Hälfte der Schweizerinnen und Schweizer wittert am Arbeitsplatz sexuelle Belästigung. Das zumindest behauptet eine neue Studie.uns weiszumachen, die halbe Belegschaft aller Betriebe sei möglicherweise gefährdet, ist hysterisch. » Die NZZ formulierte ihre Zweifel vorsichtiger: «Eine Hinterfragung des Ausmasses weckt gleich den Verdacht, das Problem werde nicht ernst genommen. Doch lassen sich diese Schlüsse aus der telefonischen Befragung von gut 2000 Personen tatsächlich ziehen?»

Fast jeder ein Opfer

Telefoninterviews mit rund 1300 Frauen und 700 Männern aus der Deutschschweiz und der Romandie – erfahrungsgemäss werden Frauen am Arbeitsplatz weitaus häufiger belästigt als Männer – dienten der Psychologin Marianne Schär Moser und der Ökonomin Silvia Strub als Grundlage für ihre Studie. Gefragt hatten sie nach zwölf Verhaltensweisen, die laut Gleichstellungsgesetz als belästigend gelten: Sie reichen von allgemein abwertenden Sprüchen und Witzen über abfällige Bemerkungen an eine gezielte Person, obszöne E-Mails, Anrufe und Anstarren bis hin zum Begrapschen, zu sexueller Erpressung und Vergewaltigung. Die Interviewer wollten wissen, ob die Befragten sich je persönlich als Ziel solcher Verhaltensweisen belästigt oder gestört gefühlt hatten. Eine zweite Frage lautete, ob sie solch potenziell belästigendes Verhalten je18an ihrem Arbeitsplatz beobachtet hätten, ohne selber davon betroffen zu sein. Wer bejahte, im Büro schon einmal abfällige Sprüche über Blondinen, Schwule oder Dicke gehört oder ein lästiges E-Mail bekommen zu haben, fiel unter die 51 Prozent, die ihren Arbeitsplatz als Ort potenzieller sexueller Belästigung wahrnehmen.

«Ich bin erstaunt», spottete der Theologe und Sexualberater Pius Widmer in den St. Galler Nachrichten, «dass es bei dieser umfassenden Definition von sexueller Belästigung nicht 100 Prozent sind.» Wie Wimder weiss jeder Berufstätige, wovon die Rede ist: vom verbal korrekten und immer freundlichen Kollegen, dessen offensichtlich wehrloser Blick sich an jedem vorbeiwippenden Busen festsaugt; von Chefs, die in Sitzungen nach weiblichen Wortmeldungen aufjaulen, Frauen sollten sachlich bleiben und sie mit emotionalem Plunder verschonen; von Frauen, die Kollegen nicht ohne Bosheit ermuntern, doch einmal Jeans zu kaufen, in denen ihr Hintern nicht in der Nähe der Kniekehlen vermutet wird. So gefragt, wird fast jede und jeder am Arbeitsplatz zum potenziellen Belästigungsopfer. Oder zum potenziellen Belästiger. Oder beides.In den siebziger Jahren schrieb die amerikanische Feministin Susan Brownmiller in dem Bestseller «Gegen unseren Willen», dass jeder Mann ein potenzieller Vergewaltiger sei. Die Frauenbewegung rammte den Satz in den folgenden zwei Jahrzehnten in jedes Manifest und in jedes Männerhirn. Selbstkritische Feministinnen entschuldigen sich heute bei ihren Söhnen dafür. Seither misstraut man dem Wort potenziell im Zusammenhang mit Kategorisierungen. Ein potenziell belästigendes Arbeitsklima, weil jemand einen geschmacklosen Witz zu viel mitgehört hat? Solche Alltäglichkeit schreit nach mehr Augenmass und notfalls nach einem beherzten Anschiss, nicht nach einer Heerschar von Beratern, die Seco und EBG nun nach Zusatzausbildungen in den florierenden Bewusstseinsmarkt zu integrieren hoffen. In der Schweiz flächendeckenden Handlungsbedarf in Belästigungsprävention auszumachen, ist Hohn all jenen gegenüber, die realer Belästigung am Arbeitsplatz ausgesetzt sind.

Denn natürlich gibt es sexuelle Belästigung. Und wer zur Kündigung keine Alternative hat, sich dagegen zu wehren, ist elend dran. In einem leeren Lokal hinter dem Bahnhof in Zürich, es war ein kalter Nachmittag, wollte ein Grüppchen Journalisten Kaffee fertig bestellen. Die Kellnerin brachte die Karte.

Unter der Rubrik «Kaffee Schnaps» war ein «Kafi Tischhöchi» aufgelistet. Einer fragte, was das sei. Die Kellnerin stand immer noch am Tisch. Sie schwieg. «Jetzt schauen Sie doch einmal, was bei Ihnen grad auf Tischhöhe ist», rief der Wirt hinter der Bar hervor, «dasch en Kafi mit Pflümli.» Die Kellnerin schaute mit erfrorenem Gesicht über die Gäste hinweg. Sie hatte den Scherz schon hundert Mal ertragen. Aber sie war etwa sechzig. In ihrem Alter bekommt man keine Jobangebote mehr.

11,3 Prozent der im Rahmen der Studie Befragten gaben an, sich seit Beginn ihres Erwerbslebens schon einmal sexuell belästigt gefühlt zu haben. Bei der Frage, ob sie in den letzten zwölf Monaten am Arbeitsplatz sexuell belästigt worden seien, sank die Quote auf 1,2 Prozent; weitere 5,4 Prozent hatten sich im letzten Jahr durch Verhaltensweisen weniger belästigt als gestört gefühlt. Die Unterscheidung zwischen belästigt und gestört ist juristisch irrelevant: «Im Alltag versteht man unter sexueller Belästigung häufig eine direkt auf eine Person bezogene körperliche Verhaltensweise wie Betatschen oder sexuelle Erpressung», sagt Marianne Schär Moser, «aber der Gesetzesbegriff sieht anders aus. Als sexuelle Belästigung gilt, was von der belästigten Person als solche empfunden wird. Aber jemand kann sich auch sonst gestört fühlen, und es hat rechtliche Gültigkeit.»

Die Zahl real belästigter oder auch nur unangenehm irritierter Arbeitnehmer – 28,3 Prozent Frauen und 10 Prozent Männer – rechtfertigt zweifellos die Forderung nach geschäftsexternen Ansprechpartnern, an die sich Belästigte wenden können, ohne negative berufliche Konsequenzen fürchten zu müssen. Aber notwendig sind weder betriebseigene Anlaufstellen noch neue Verhaltens- und Bekleidungsvorschriften. Dass Chefs bei Gesprächen mit weiblichen Angestellten die Bürotür nicht mehr schliessen und in vielen Betrieben den Lift nur allein benutzen, darf gerne auch weiterhin ein US-Auswuchs sexueller Betriebskorrektheit bleiben. Entscheidend sind Vorgesetzte, die klarmachen, dass sie sexuelle Belästigung in ihrem Betrieb nicht hinnehmen und jede Beschwerde verfolgen werden. Im Übrigen ist es gut, daran zu erinnern, dass unter den Gründen, die Belästigte für ihr Malaise anführen, vor allem allgemeine, nicht an sie gerichtete Sprüche, Gesten und Blicke sind. Sexuelle Erpressung, Übergriffe und Vergewaltigung werden von 0,6 Prozent der Belästigten genannt. Nur hundert Fälle von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz wurden seit Inkrafttreten des Gleichstellungsgesetzes 1996 von Gerichten oder Schlichtungsstellen behandelt. Das ergibt ein deutlich anderes Signal als der 51-Prozent-Fanfarenstoss, der die Studie in die Medien blies. Studien-Mitverfasserin Marianne Schär Moser findet es dennoch richtig, der fragwürdigen Zahl Gewicht zu geben: «Es sind Verhaltensweisen, die das Risiko bergen, sexuelle Belästigungen zu werden. Man darf nicht sagen, nur gravierende Dinge wie Vergewaltigung oder sexuelle Erpressung seien schlimm. Ein sexuell belästigendes Arbeitsklima, in dem ‹nur› Sprüche, Witze, Gesten und Blicke stattfinden, kann sehr gravierend sein. Es hat Auswirkungen auf das Arbeitsklima und damit auf die Produktivität des Unternehmens. Man hat hier nicht etwas herzureden versucht, das es nicht gibt.»

Pascal Couchepin war ganz ihrer Meinung. Sexuelle Belästigung, sagte er, als er die Studie den Medien vorstellte, vergifte nicht nur das Leben Zehntausender Arbeitnehmer, es wirke sich auch negativ auf die Wirtschaft aus. Der Bundespräsident wusste nicht, wovon er redete. Er habe, sagte der 65-Jährige, persönlich in seinem ganzen Arbeitsleben nie einen Fall von sexueller Belästigung miterlebt.

Blochers Kampf gegen die Zerstörung der Schweiz

Auf der Seite des Volkes
Referat von Christoph Blocher, abgew. Bundesrat,
anlässlich der 20. Albisgüetli-Tagung am Freitag, 18. Januar 2008

Viele Bürger haben auch Erbarmen mit mir persönlich. Ich danke, aber dies ist wirklich nicht nötig. Sie wissen gar nicht, was für Vorteile mir als ehemaligem Mitglied des Bundesrates zustehen.

So wird mir zum Beispiel von der Bundesverwaltung Trost spendend mitgeteilt, dass - sollte ich als ehemaliges Mitglied des Bundesrates einmal sterben - ich das Anrecht habe, dass mindestens zwei Mitglieder des Bundesrates an meiner Beerdigung teilnehmen werden - mit zwei Weibeln. (Sie verstehen, dass ich unter diesen Umständen alles daran setzen werde, sicher erst nach dem Rücktritt der heutigen sieben Bundesräte zu sterben!)

Sollte meine Frau einmal sterben - wird mir weiter mitgeteilt - so wird bei der Abdankung meiner Frau ein Bundesrat teilnehmen - allerdings ohne Weibel. Sie sehen, wir können unserer Beerdigung getrost entgegen sehen.

Auch steht mir als abgewähltem Bundesrat gemäss Reglement ein Geschenk im Wert von 10'000 Franken zu. Ich dürfte - so liess man verlauten - auch ein Geschenk aus dem Magazin auslesen, wo die Gaben der ausländischen Staatschefs an die Eidgenossenschaft eingelagert sind. So habe ich mir überlegt, ich könnte mir beispielsweise das letzte Geschenk von China aussuchen und es dann Bundespräsident Couchepin - für die hohe Ehre des Präsidialamtes - als mein persönliches Geschenk überreichen. Weil er so gerne reist, wird er dieses Jahr sicher auch irgendwann in China aufkreuzen und könnte so das Geschenk den Chinesen zurückschenken, damit die Chinesen beim nächsten Staatsbesuch wiederum ihr Geschenk der Schweiz überreichen könnten. Viele könnten so schenken, alle haben eine grosse Freude und dieses "Perpetuum mobile" würde niemanden etwas kosten. Das wäre dann mein letzter direkter Beitrag zum Abbau von Kosten als Bundesrat gewesen.

Volkes Stimme nicht mehr im Bundesrat

Das Volk habe man aus dem Bundesrat geworfen. Volkes Seele sei tief verletzt, schreibt mir ein Sekundarlehrer aus dem Kanton Graubünden. Das Parlament habe sich vor laufender Kamera selbst entwürdigt, obwohl das gleiche Parlament bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit die "Würde des Parlamentes" und die "Würde der Institutionen" hochleben Hesse - schreibt eine Mutter mit fünf Kindern!

Wenn ich die zahllosen empörten Briefe aus der Bevölkerung lese, sehe ich die Leute vor mir, wie sie über die Festtage an ihren Stuben- und Küchentischen sitzen. Auch viele einfache Leute sind darunter! Sie schreiben - zwei-, dreiseitige Briefe. Viele von Hand. Mit tiefen und erwägenswerten Gedanken über unser Land - schöne Gedanken. Über die Politiker - weniger schöne Gedanken. Die Leute schämen sich über die Parlamentarier. Sie haben die Abwahl am Fernsehen mitverfolgen können. Hinterhältigkeit, Neid und Hass seien aus den Gesichtern der Parlamentarier gequollen.

Die Bürger merkten offenbar, dass es bei dieser Abwahl weder um das Volkswohl noch um das Wohl des Landes ging. Von der Leistung gar nicht zu reden.

Sieg oder Niederlage?

Mit steigender Abscheu gegenüber der Classe politique steigt die Sympathie gegenüber der Schweizerischen Volkspartei. Man wollte ja mit dieser Wegwahl nicht nur meine Person, sondern auch die erfolgreiche SVP abstrafen. Bis zehntausend Bürgerinnen und Bürger spontan einer Partei beitreten wollen, braucht es viel - aber das ist jetzt geschehen. Nun weiss ich plötzlich nicht mehr, ob die Wegwahl eine Niederlage oder einen Sieg bedeutet.

Es ist wieder fast wie vor den Wahlen: Unsere Gegner "sind Teil von jener Kraft, die stets das Böse will, und doch das Gute schafft!"

Die Mitte-Links-Regierung als Faktum

Damit ist die SVP - notabene die einzige bedeutende Kraft, welche sich für die Unabhängigkeit des Landes, für die dauernde Neutralität, gegen den EU-Beitritt, für Steuersenkungen, für sparsames Haushalten, gegen die Ausuferung des Staates, gegen die Missbräuche im Asylbereich, gegen die Jugend- und Ausländerkriminalität einsetzt - nicht mehr im Bundesrat vertreten. Also verfolgen wir diese Politik anderswo: Gezwungenermassen ausserhalb der Regierung! Eben in der Opposition.

Dauernd wird gefragt, ob die SVP in die Opposition gehen solle oder nicht. Nein, meine Damen und Herren, die SVP geht nicht in die Opposition. Die SVP ist seit dem 12. Dezember 2007 in der Opposition. Sie wurde von den verbliebenen drei Regierungsparteien in die Opposition gedrängt. Sie hat keine andere Wahl.

Die SVP muss so lange in der Opposition bleiben, bis das Parlament die von der SVP vorgeschlagenen und ihr genehmen Vertreter in die Regierung wählt. Die eigenen Vertreter kann man nur selbst bestimmen.

Die SVP in der Opposition

Opposition hat eine grosse Bedeutung: Wo alle miteinander regieren, ist die Gefahr gross, dass niemand mehr Licht in das Dunkel der Unfähigkeit und Misswirtschaft bringt. Wo dieses Licht fehlt, entsteht Vetternwirtschaft, Sauhäfeli-Saudeckeli-Mentalität, Misswirtschaft, Korruption.

Auch Opposition geht immer vom Auftrag aus. Auch die Oppositionsarbeit dient zu dessen Erfüllung.

Für eine unabhängige Schweiz

Wir wollen eine unabhängige Schweiz. Von einem grossen Teil des Parlamentes, von den heutigen Regierungsmitgliedern und von der Verwaltung wird die Unabhängigkeit missachtet oder nicht ernst genommen. Nicht mehr die Schweizer sollen ihre Zukunft selbst bestimmen können, sondern andere bestimmen, was in unserem Lande gelten soll.

Nein: Es ist dem Trend Einhalt zu gebieten, dass ausländische Staaten, ausländische Organisationen oder irgendwelche internationale Gremien - und seien sie noch so prominent bestückt - das Sagen haben. Es muss wieder klargestellt werden, wer eigentlich der Gesetzgeber ist in diesem Land: nämlich das Volk, wir, die Bürgerinnen und Bürger. Wir opponieren gegenüber allen Bestrebungen, welche dieser Selbstbestimmung zuwider laufen.

Die SVP in der Opposition hat diesen Kampf noch energischer als bisher zu führen.

Auch bei den bilateralen Verträgen lohnt es sich - angesichts des Geschwätzes und angesichts des hohen Liedes über den Bilateralismus - wieder einmal das Grundsätzliche zu sehen: Für die gegenwärtigen Beziehungen der Schweiz zur Europäischen Union sind insbesondere folgende Elemente von Bedeutung:

Eine erste Feststellung

Nach dem Nein zum EWR im Jahre 1992 wurde mit dem Volk der bilaterale Weg beschritten, so wie wir Gegner das damals vorgeschlagen haben. Die Abschlüsse verschiedenster Verträge mit der EU haben es sowohl der EU als auch der Schweiz ermöglicht, die wichtigsten Punkte zu regeln. Eine gründliche Analyse zeigt mir: Für die Wahrung der wesentlichen Interessen der Schweiz bestehen keine offenen Fragen mehr. Ein weiterer Handlungsbedarf zur Wahrung der schweizerischen Interessen ist nicht gegeben.

Eine zweite Feststellung

Keines der zurzeit in Verhandlung stehenden oder zur Verhandlung anstehenden Dossiers ist von grosser vitaler Bedeutung für unser Land. Es gibt gewisse angestrebte Abkommen, die sind vielleicht sowohl für die Schweiz als auch für die EU nützlich, aber nicht entscheidend oder zwingend.

Sie sind "nice to have". Doch gibt es eine Reihe von ausstehenden Abkommen, die vielleicht für die EU nützlich sind, für die Schweiz aber eher nachteilig.

Eine dritte Feststellung

Bei wichtigen Dossiers ist die Interessenlage klar und eindeutig zugunsten der EU. Die Verwaltung würde sagen: Die EU ist der "Demandeur". Sagen wir es deutsch und deutlich: In drei Fragen klopft die EU als Bittsteller an unsere Tür. Es sind dies: Das Abkommen über die Ausweitung der Personenfreizügigkeit auf die neuen EU-Mitglieder Rumänien und Bulgarien; das Abkommen für die Ausrichtung von finanziellen Leistungen an Rumänien und Bulgarien (sog. "Kohäsionszahlungen"); das bilaterale Abkommen im Elektrizitätsbereich.

Diese drei Abkommen braucht die EU. Nicht aber unbedingt die Schweiz. Doch, meine Damen und Herren, diese Dossiers stehen nicht im luftleeren Raum: Zusätzlich fordert die EU nämlich von der Schweiz, das heisst von einem unabhängigen, ausserhalb der EU liegenden Staat, in unanständiger und gefährlicher Weise die Änderung unserer innerstaatlichen Steuergesetze! Und da - meine Damen und Herren - gilt es endlich für die Schweiz hinzustehen und zu handeln und dies zu vermeiden.

Eine vierte Feststellung

Mit der Forderung der EU, der Schweiz und ihren Kantonen die volle Steuersouveränität abzusprechen, hat die EU eine ernsthafte und gefährliche Situation für die Schweiz geschaffen. Zwar stehen die EU-Länder nicht einstimmig hinter der Strategie der EU-Kommission, doch hat bisher kein Land gegen das Verhandlungsmandat gestimmt. Die Position der EU ist rechtlich unhaltbar. (Auch das Freihandelsabkommen ist keine juristische Grundlage). Trotzdem ist der politische Druck der EU hoch und die allfälligen wirtschaftlichen Folgen wären gravierend. Zudem ist der Konflikt grundsätzlicher Natur: Die Schweiz kann es nie zulassen, dass man jetzt auch noch ausserhalb der bilateralen Verträge in ihre Hoheit eingreift.

Wie der Bundesrat diesem Druck begegnen will, ist zurzeit völlig offen. Die jetzigen Kontakte zur EU in dieser Sache werden offiziell nicht als Verhandlungen bezeichnet. Der Bundesrat legt Wert darauf, dass es nur Konsultationen bzw. Gespräche, aber nicht Verhandlungen seien. Ich hoffe, jedermann kenne diesen Unterschied, vor allem auch die EU!

Dabei kann nicht genug betont werden: Im Interesse der Schweiz dürfen keine Kompromisse eingegangen werden. Diese Haltung hat der Bundesrat auch vor den Eidgenössischen Wahlen 2007 klar vertreten, weil er wohl erkannt hat, dass dies auch der Meinung der Bevölkerung entspricht.

Eine fünfte Feststellung

Im Kampf um ihre Steuersouveränität wird die Schweiz Druck auf die EU ausüben müssen, damit sie zu einem befriedigenden Ergebnis kommt. Wie dargelegt, liegen drei Dossiers vor, in denen die EU unbedingt ein Abkommen will, die für die Schweiz aber nicht lebensnotwendig sind, sondern eindeutig im Interesse der EU liegen.

Sowohl das Elektrizitätsabkommen als auch das Personenfreizügigkeitsabkommen werden verhandelt, ohne diese mit den Steuerverhandlungen zu verknüpfen. Das ist schlecht.

Auch bei den Kohäsionszahlungen für Rumänien und Bulgarien sind im Hintergrund Diskussionen im Gange, ohne dass bis jetzt Bedingungen zu den erhobenen Steuerforderungen gestellt wurden.

Bedingungen

Darum hat die SVP jetzt einzugreifen. Denn ohne Zustimmung - notfalls durch den Souverän - können die Verträge nicht in Kraft gesetzt werden. Die SVP wird das erweiterte Personenfreizügigkeitsabkommen auf jeden Fall bekämpfen, wenn nicht folgende klare Bedingungen erfüllt sind:

1. Für das Personenfreizügigkeitsabkommen mit Rumänien und Bulgarien ist die verlängerte Übergangsfrist von zusätzlich fünf Jahren unabdingbar.

2. In Bezug auf die Rücknahme krimineller oder illegal anwesender Staatsbürger, ist mit Rumänien und Bulgarien eine Regelung zu vereinbaren. Das gilt insbesondere für die rumänischen Roma, die zurzeit in Italien grosse Probleme bereiten. Dies muss auch für die Zeit nach der Übergangsfrist gelten.

3. Es werden keine weiteren Einschränkungen der schweizerischen Arbeitsmarktbedingungen hingenommen (sog. flankierende Massnahmen) wie dies die Gewerkschaften verlangen. Die freiheitlichen Arbeitsbedingungen in der Schweiz stellen einen grossen wirtschaftlichen Vorteil dar und sind dank fairer Arbeitgeber sozial. Eine Verrechtlichung will niemand. Lediglich bei den Gewerkschaften scheint es Missstände zu geben. Sonst wäre es nicht zu erklären, dass drei leitende Gewerkschaftsbosse der Unia wegen Mobbing verurteilt werden mussten! (Wegen Mobbing wird sehr selten jemand verurteilt!)

4. Als entscheidende Bedingung - auch wenn die Detailbedingungen zum Freizügigkeitsabkommen erfüllt sind - gilt aber:

Weder das Personen- noch das Elektrizitätsabkommen dürfen genehmigt werden, falls bis dann die EU nicht auf ihre Forderungen gegenüber der Schweiz betreffend die Änderungen unserer innerstaatlichen Steuergesetze ein für alle Mal verzichtet. Die schweizerische Steuerhoheit ist ein für alle Mal zu gewährleisten.

Ohne definitive Beseitigung der unhaltbaren Steuerforderungen wird die SVP sowohl das erweiterte Personenfreizügigkeitsabkommen als auch das Elektrizitätsabkommen parlamentarisch bekämpfen, das Referendum ergreifen, und in der Volksabstimmung gegen die beiden bilateralen Abkommen antreten.

Sie sehen, über Opposition schwadroniert man nicht. Man macht sie.

Auf der Seite des Volkes

Es liegt in der Natur der Sache, dass es beachtliche Interessensgegensätze zwischen den Interessen der Bürger und den direkten Interessen der Politiker gibt.

Politiker wollen Geld. Mit Geld können sie Tätigkeiten entfalten, Macht ausüben, sich die Bürger abhängig machen, eigenverantwortliche Bürger entmündigen, strafen und schwächen.

Höhere Geldmittel haben für die Politiker einen Doppeleffekt: Einerseits nimmt man dem Bürger das Geld. Damit wird der Bürger geschwächt. Der Politiker wird dagegen gestärkt. Andererseits verteilt der Politiker dieses Geld, so wird der Bürger vom Politiker abhängig. Die Bürger werden zu Untertanen. Sie werden geschwächt. Die Politiker werden gestärkt.

Aber auch beim EU-Beitritt klaffen Bürger- und Politikerinteressen weit auseinander. Politiker, die als Hauptinteresse nur ihr gut bezahltes Amt sehen, Politiker - und auch von diesen gibt es mehr als genug - die nur darauf aus sind, ihren Einfluss zu sichern, wollen mit aller Macht in die EU. Dort sind alle für alles verantwortlich, aber keiner für etwas. Die Entschädigungen sind fürstlich und das lästige Wahlvolk lässt diese Politiker in Ruhe. Die Bürger haben aber genau das gegenteilige Interesse. Die Bürger wollen ihre Zukunft selber bestimmen und nicht einen grossen teuren Apparat bezahlen.

Sie sehen, meine Damen und Herren, als Opposition kommen wir gar nicht in Versuchung, die Interessen der Classe politique zu vertreten. Es sind nicht die unsrigen. Wir stehen unzweifelhaft bei den Bürgern. Den Versuchungen der Classe politique können wir als Nichtregierungspartei auch leichter widerstehen.

Wir machen weiter. Die gleiche Politik. Einfach an einem anderen Ort. Und mit anderen Mitteln. Aber unsere politischen Ziele bleiben die gleichen. Der Vertrag mit dem Volk gilt.

Wir sind nicht aus Prinzip gegen alles. Aber wir werden aus Prinzip gegen alles Falsche sein.

Christoph Blocher

Donnerstag, 24. Januar 2008

Das Antirassismusgesetz - ein politisches Kampfinstrument

Antirassismusgesetz
«Das ist Chabis»

Von Alex Baur und Andreas Kunz

Die Weltwoche wird wegen eines Verstosses gegen das Antirassismusgesetz angeklagt. Daniel Jositsch, Strafrechtsprofessor und SP-Politiker, beobachtet kritisch, wie sich die Strafnorm zum politischen Kampfinstrument entwickelt hat.

«Auch die Ehrverletzung ist eine Eingrenzung der freien Rede»: Jurist und Nationalrat Jositsch.

Herr Jositsch, in der Debatte um den Völkermord an den Armeniern hat die Weltwoche neben der Genozid-Version einen Essay des vormaligen Oxford-Professors Norman Stone veröffentlicht, der die gegenteilige Ansicht der Türkei darlegt. Jetzt läuft ein Strafverfahren gegen unser Blatt wegen Verstoss gegen das Antirassismusgesetz (ARG). Was halten Sie davon?
Ich glaube nicht, dass das Vorgehen der Weltwoche tatsächlich strafbar ist. Strafbar ist das Leugnen von Völkermord.
Eine sachliche Berichterstattung über Ereignisse muss selbstverständlich möglich sein. Es kann nicht sein, dass man etwas faktisch nicht erwähnen darf. Das ARG muss sehr zurückhaltend angewendet werden, das war auch die ursprüngliche Idee des Gesetzgebers. Mir gefällt nicht, dass es sich in gewissen Kreisen zu einem politischen Kampfinstrument entwickelt hat.

Das ARG ist in seinem Wesen eine politische Strafnorm, die letztlich auf die Meinungsäusserungsfreiheit zielt.
Die Meinungsäusserungsfreiheit war bereits vorher nicht grenzenlos. Sie hört dort auf, wo der andere betroffen ist. Auch die Ehrverletzung ist eine Eingrenzung der freien Rede.

Der Vergleich hinkt. Ehrverletzung geschieht zwischen zwei Individuen, dahinter steckt ein Rechtsempfinden, das sich über Jahrhunderte entwickelt hat. Das ARG stellt die abstrakten Diffamierungen eines Kollektivs unter Strafe. Das ist eine völlig neue Dimension in unserem Rechtssystem.
Auch im ARG geht es um betroffene Individuen eines Kollektivs, die von rassistischen Äusserungen betroffen sind. Das Ziel des ARG war nie, den Rassismus aus der Welt zu schaffen. Es geht darum, das Ausmass einzuschränken und die öffentlichen Äusserungen zu verbieten, die eine gewisse Gefahr in sich bergen. Das wird auch von den Gerichten so angewendet. Das Problem ist, dass es sehr viel mehr Anklagen gibt als letztlich Verurteilungen, weil es Leute gibt, die das ARG gezielt missbrauchen.

Alle Experten bescheinigten der Weltwoche bislang, dass sie sich nicht strafbar gemacht habe. Doch allein die Tatsache, dass ein Verfahren läuft, stellt einen enormen Schaden dar, nicht zuletzt auch finanzieller Natur – die Verteidigung kostet Zeit und Geld.
Das sind genau diese Fälle, die gezielt lanciert werden und am Schluss nichts bringen. Deshalb plädiere ich ja dafür, dass vor der Eröffnung eines Verfahrens eine Vorprüfung stattfindet, um die politische Komponente herauszunehmen und solche Fälle zu verhindern. Eine Untersuchung wie jene gegen die Weltwoche bringt letztlich nach meiner Einschätzung das ganze Gesetz in Verruf.

Weil es ein gefährliches und nutzloses Gesetz ist. Auch wenn die Weltwoche vom Vorwurf entlastet werden sollte, ist es laut Bundesgericht immer noch verboten, den Völkermord an den Armeniern in Frage zu stellen. Aber es ist doch nicht Aufgabe der Justiz, über die Geschichtsschreibung zu urteilen, das sollten wir den Historikern überlassen.
Die Gerichtsurteile basieren auf Fakten der Historiker. Genozid ist genau definiert nach einer internationalen Konvention.
Mit Ausnahme von Armenien gibt es dabei keine Zweifel, weder beim Holocaust, in Ruanda, Jugoslawien ...

In der Geschichtsschreibung herrscht freier Wettbewerb, sie wird permanent revidiert, und wenn keine Erkenntnis mehr radikal hinterfragt werden darf, so ist dies das Ende der Geschichtsschreibung. Wenn die Armenierfrage nicht mehr gestellt werden darf, wird jede Forschung sinnlos – dann ist der Genozid keine historische Erkenntnis mehr, sondern ein Dogma.
Forschen und hinterfragen dürfen Sie weiterhin. Ihre öffentlichen Äusserungen müssen sich einfach auf Tatsachen abstützen.

Die Tatsachen, das Massaker an vielen Armeniern durch die Osmanen, ist ja unbestritten. Die Diskussion dreht sich um die Zahl der Toten, die Umstände und vor allem das Ziel und die Beweggründe der Osmanen.
Völkermord ist im Strafgesetzbuch definiert als Vorgehensweise, die darauf zielt, einer Bevölkerungsgruppe physisch die Existenzgrundlage zu entziehen. Das Gericht sieht sich nun die Fakten an und entscheidet, ob diese Definition zutrifft. Falls ja, darf dies nicht mehr geleugnet werden. Ob es jetzt 300 000 oder eine Million tote Armenier gibt, ist – auch wenn es zynisch tönt – für diese Frage unerheblich. Es geht um das Motiv.

Genau, darum geht es – und wenn türkische Historiker oder eben Stone behaupten, die Ausrottung der Armenier sei gar nicht das Ziel der Osmanen gewesen, handelt es sich um eine historische Einschätzung, nicht um ein Faktum.
Ich bin kein Historiker. Ich kann Ihnen nicht sagen, ob das Bundesgericht bei seiner Einschätzung des Völkermords an den Armeniern zu einem richtigen oder falschen Urteil gekommen ist. Ich kann nur erklären, wie es zum Urteil kommt. Es hat historische Fakten eingeschätzt und ein Urteil gesprochen. Das war die Aufgabe des Bundesgerichts. Auch bei klassischen Völkermorden wie im Zweiten Weltkrieg sind viele Hintergründe umstritten. Dass der Völkermord an sich stattgefunden hat, dürfen Sie aber nicht leugnen.

Es gibt zahlreiche Völkermorde und, wie bei jedem historischen Vorgang, viele Interpretationen. Nehmen wir zum Beispiel die Indianer. Der Schweizer Historiker Urs Bitterli kam zum Schluss, dass die Indianer vor allem durch Seuchen zugrunde gegangen und namentlich von den Spaniern relativ pfleglich behandelt worden seien. In Amerika ist dagegen die Meinung weitverbreitet, die Ausrottung der Indianer sei der grösste Genozid der Menschheitsgeschichte. Vielleicht muss das Bezirksgericht Lenzburg dereinst entscheiden, wer recht hat und wer was sagen darf.
Das ist jetzt sehr theoretisch. Es geht nicht um historische Diskussionen, sondern um Tatsachen, die von der Faktenlage her unbestritten sind. Nochmals, der Klassiker sind die Konzentrationslager im Zweiten Weltkrieg. Kein vernünftiger Mensch bestreitet diesen Völkermord. Ein Leugnen wäre eine Beleidigung der jüdischen Bevölkerung und birgt eine Gefahr für eine Legitimation extremistischer Gruppen und ihrer Ansichten.

Das Gesetz beschränkt sich nicht auf den Holocaust. Ein anderes Beispiel: Die Bombardierungen von Hiroshima oder Dresden, wo das Ziel die Vernichtung einer ganzen Stadt und ihrer Bevölkerung war – muss man da nicht auch von Genozid reden?
Nein, denn es fehlte an der Absicht, einen Völkermord zu begehen.

Jetzt kommt vielleicht irgendein Staatsanwalt und ist der Meinung, dass es doch ein Genozid war – und dass der Jositsch nun bestraft werden muss. Sie haben ein Verfahren am Hals und gelten bis zum Beweis des Gegenteils als Rassist.
Aber ich werde freigesprochen. Natürlich würde mich das Verfahren stören und mir vielleicht schlaflose Nächte bereiten. Wie gesagt: Das Gesetz muss zurückhaltend angewendet werden. Aber dafür kann ich natürlich keine Garantie abgeben. Jeder ist frei, eine Anzeige zu machen.

In der Türkei ist es den Historikern verboten, von einem Genozid an den Armeniern zu reden; und in der Schweiz ist es bei Strafe verboten, den Genozid zu verneinen. Ein Historiker wird je nachdem unter Strafandrohung verpflichtet, das eine oder das andere zu behaupten, und beide Seiten sind völlig überzeugt, recht zu haben. Das ist nicht nur absurd, das ist finsteres Mittelalter.
Ich bin kein Historiker und beurteile diesen Fall nicht. Die Justiz darf einen Fall nur beurteilen, wenn die Fakten ausser Frage stehen.

Wenn bei uns Politik und die Justiz festlegen, was historisch korrekt ist, dann machen wir genau das, was wir der Türkei vorwerfen.
Es gibt kein Land, wo Sie alles behaupten dürfen. Durch die Ehrverletzung wird die Redefreiheit bereits eingeschränkt.

Nach wie vor stellen weltweit nur wenige Länder das Verneinen eines Genozids unter Strafe, im angelsächsischen Raum wären solche Redeverbote schlicht undenkbar und im Internet sowieso.
Jeder Mensch und jede Gruppe hat das Recht, vor Meinungsäusserungen geschützt zu werden, die falsch und verletzend sind. Es gibt kein Recht auf Diffamierung.

Wenn wir eine Meinung nicht hören wollen, müssen wir nicht hinhören. Das Verbieten einer Überzeugung ist immer schlimmer als die Überzeugung an sich, und mag sie noch so idiotisch sein.
Ich kann mich nur wiederholen: Man muss das Verbot auf Extremfälle beschränken. Die Schwäche des ARG liegt in seiner Anwendung. Es werden Leute in Verfahren gezogen, die nicht dahin gehören, wie zum Beispiel nach meiner Einschätzung die Weltwoche. Das ist Chabis.

Wir haben uns alle 350 ARG-Anzeigen angeschaut, die in der Schweiz in den letzten zehn Jahren eingereicht wurden. In den meisten Fällen geht es um Lappalien – eine Schnitzelbank, ein mehrdeutiger Spruch in einer Politkampagne oder darum, ob ein Ausländer «Scheissschweizer» sagen darf (es gibt dazu zwei widersprüchliche Urteile). Es gibt lediglich ein halbes Dutzend Fälle, bei denen es um schwerwiegende Dinge wie eben Genozid geht. Die Relationen stimmen nicht.
Ich bekomme effektiv viele Mails von Leuten, die mir Beispiele von möglichen Verletzungen des ARG durch die üblichen rassistischen Beschimpfungen berichten. Ich rate den Leuten dann, die Sache fallenzulassen. Schwere Fälle sind tatsächlich selten, das stimmt, aber das ist ja gut so.

Und dafür soll die Weltwoche nun in Kauf nehmen, missbräuchlich des Rassismus bezichtigt zu werden, bloss weil wir in der Armenier-Debatte die offiziöse Position der Türkei neben der offiziösen Position der Schweiz dargestellt haben – damit die Leute wenigstens wissen, worüber gestritten wird. Tausende von Staatsanwälten hätten gegen uns ermitteln können, einer hat es nun getan – das ist doch reine Willkür.
Das ist selbstverständlich nicht das Ziel des ARG. Die Frage ist nun, wie wir das lösen wollen. Wenn im Keller ein Problem ist, sollten wir nicht das ganze Haus abbrechen. Das Problem ist nicht das Gesetz, sondern die vielen diffamierenden und letztlich erfolglosen Anklagen, denen man einen Riegel schieben muss.

Mittwoch, 23. Januar 2008

Das Leiden der Palästinenser

Hunderttausende Palästinenser stürmen Grenze

Gaza - Hunderttausende Palästinenser aus dem Gazastreifen haben die Grenze nach Ägypten überrannt. Sie wollten sich im Nachbarland mit Nahrung und anderen lebensnotwendigen Gütern eindecken.

dl / Quelle: sda / Mittwoch, 23. Januar 2008 / 17:01 h

Unbehelligt von ägyptischen Sicherheitskräften strömten die Menschen auf der Suche nach Brot, Milch und Medikamenten in den ägyptischen Teil von Rafah. Nach UNO-Angaben waren es rund 350'000 Grenzgänger, nach palästinensischen Schätzungen sogar etwa eine halbe Million. Ägyptens Präsident Husni Mubarak bestätigte, Grenztruppen sowie Bereitschaftspolizei hätten die Anweisung erhalten, die Leute passieren zu lassen, solange sie keine Waffen trügen. Die Palästinenser müssten aber anschliessend nach Hause zurückkehren. Sicherheitskräfte errichteten auf Landstrassen der Sinai-Halbinsel Strassensperren, um ein Weiterreisen der Menschen zu verhindern.

Militante durchbohrten Grenze
Vermummte Militante hatten in der Nacht 17 Löcher in die rund zehn Kilometer lange Grenzanlage in der geteilten Stadt Rafah gebombt. Hamas-Kämpfer rissen mit Bulldozern Metallwände und Stacheldrahtzäune nieder. Israel reagierte zurückhaltend. «Wir erwarten, dass Ägypten das Problem löst», sagte ein Sprecher des Aussenministeriums. Sowohl die palästinensische Autonomiebehörde als auch die Hamas machten jedoch Israel selbst für das Chaos verantwortlich.

Die «inakzeptable Abriegelung»
Die «inakzeptable Abriegelung» des Gazastreifens und der Druck auf die Bevölkerung hätten zu der Explosion geführt, sagte der Sprecher von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, Nabil Abu Rudeinah. Israel hatte die Grenze letzte Woche abgeriegelt, um dem Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen Einhalt zu gebieten. Die UNO hatte die Abriegelung des Gazastreifens als Kollektivstrafe kritisiert, unter der die Zivilbevölkerung leiden müsse. Sie lancierte in Genf einen Hilfsappell in der Höhe von 462 Millionen Dollar, um den Palästinensern zu helfen.

Die EU und die Zerstörung der schweizerischen Kultur

Cervelat-Krise
«Für die EM reichts»

Text: Gian Signorell
Bild: Wikimedia

Eine Euro 08 ohne Schweizer Nationalwurst? Das darf nicht sein, findet auch Balz Horber, Direktor des Fleischverbandes.
Beobachter: Droht eine Euro 08 ohne die schweizerische Nationalwurst, den Cervelat?
Balz Horber: In den Medien kursierte das Gerücht. Aber hier kann ich Entwarnung geben. Die Branche wird alles daransetzen, an der Euro 08 genügend Würste zu liefern: Niemand wird in den Spielpausen auf seinen Cervelat verzichten müssen.

Beobachter: Warum dann der ganze Wirbel?
Horber: Der Import von Rinderdärmen aus Brasilien wurde vor mehr als einem Jahr von der EU verboten, weil die Welttierorganisation Brasilien als BSE-Risikoland eingestuft hat, obschon in Südamerika noch nie BSE aufgetreten ist. Die Vorräte an brasilianischen Rinderdärmen reichen noch für die Euro, werden danach aber unweigerlich zur Neige gehen.

Beobachter: Därme haben ja eigentlich alle Rinder. Was ist denn so besonders am brasilianischen Rindsgedärm?
Horber: Die Därme der dortigen Zebu-Rinder erfüllen unsere Qualitätsansprüche am besten. Sie haben das richtige Darmkaliber, weisen keine Fetteinschlüsse oder Äderchen auf, sind im Griff geschmeidig und im Biss angenehm. Wir sind in der jetzigen Situation gewissermassen gefangen durch unseren eigenen Perfektionismus, wie ein Branchenkollege unlängst sagte.

Beobachter: Gibt es keine Alternativen?
Horber: Die Därme der Schweizer Rinder sind zu dick, jene der argentinischen auch. Paraguayische und uruguayische haben zu viele Fetteinschlüsse. In Frage käme eventuell Neuseeland. Dort gibt es aber zurzeit noch keinen Lieferanten.

Beobachter: Also keine Hoffnung auf ein Ende der Cervelat-Krise?
Horber: Der Fleischverband fordert in erster Linie die Wiederzulassung der brasilianischen Därme. Nur ein kleiner Teil des Darmes könnte theoretisch ein BSE-Risiko darstellen. Das ist wissenschaftlich unbestritten. Wenn man einen unbedenklichen Produktionsprozess findet, bei dem dieses Stück weggeschnitten werden kann, wird das Verbot hinfällig.

Beobachter: Und wenn nicht?
Horber: Dann müssen wir auf alternative Technologien setzen, etwa auf Schweine- oder Collagendärme.

Beobachter: Collagen? Damit werben die Antifaltencreme-Hersteller?
Horber: Collagen sind künstliche, aus der Rinderhaut gewonnene Wursthüllen. Collagendärme finden bereits bei anderen Würsten Verwendung. Die Herausforderung besteht nun darin, auch mit den künstlichen Därmen die alten Eigenschaften des Cervelats zu bewahren.

Montag, 21. Januar 2008

Der Feminismus und seine Auswirkungen

Die Verdammung des Mannes

von Gerhard Amendt
20.01.2008 - 17.42 Uhr

Dem Feminismus ist es gelungen, den Mann zu diffamieren. Nicht mehr Ausgleich zwischen den Geschlechtern zählt, sondern Verächtlichmachung und Feindseligkeit gegenüber allem Männlichen. Mann und Frau hatten schon im Paradies ein angespanntes Verhältnis, das sah auch Maler Gauguin. Der radikale Feminismus hat sie endgültig auseinander getrieben und voneinander entfremdet.

Die Friedensnobelpreisträgerin Doris Lessing gab 2001 auf die brisante Frage, die das „Time Magazin“ bereits vor Jahren seinen Lesern gestellt hatte, eine drastische Antwort. Die Frage selber war in ein vielsagendes Bild und einen harmlosen Text aufgeteilt, der orakelte: Sind Männer wirklich so? Das Cover zeigte einen eleganten Anzug, vervollständigt um Hemd mit ausgewählter Krawatte, aus dem zur Personifizierung der zeitgenössischen Männlichkeit der Kopf eines Schweins herausragte. Die Frage schien dringend und keineswegs abwegig. Denn in den USA hatte nicht nur eine Lorena Bobbitt ihrem schlafenden Mann den Penis abgeschnitten, weil er sie sexuell nicht beglückt hatte. Mehrere solcher „Schweine“ wurden damals wegen verfehlter Beglückung kastriert. Die amerikanische Feministin Barbara Ehrenreich fand das politisch durchaus korrekt und meinte, dass die meisten Frauen damit einverstanden seien.

Natürlich ließ auch Alice Schwarzer wissen, dass die deutsche Frau fürderhin die Messer nicht mehr nur zum Hacken von Petersilie verwenden werde. Damit war die Rückkehr zum archaischen Faustrecht als Lösung partnerschaftlicher Probleme verkündet. Und so kam es, dass sich das als friedfertig gepriesene Geschlecht zur Vergeltung, Rache, vor allem aber zur Herabsetzungen der Männer verleiten ließ. Ebenso wenig widersprach es, als in der Talkshow von Kerner das Urteil fiel, wonach Frauen, die Männer lieben, nur Verachtung verdienten. Zeitgleich wurde dem weiblichen Geschlecht die Bürde auferlegt, dass es ob der nachgesagten Friedfertigkeit allein die Zukunft der Menschheit verkörpern könne. Wenn man sich denn der Hoffnung hingeben könne, dass angesichts der herrschenden Männlichkeit eine solche Zukunft überhaupt noch eine Chance habe. Diesen Verkündigungen trat niemand entgegen. Und so mauserte sich der Widerspruch von weiblicher Friedfertigkeit und gleichzeitiger aggressiver Männermissachtung über die Jahre zu einer unwiderstehlichen Mode der Männerabwertung.

Das ist noch immer chic und lässt keinen Lebensbereich unberührt. Und ebenso ist kein Ende abzusehen. Obwohl vor allem in der jungen Generation allmählich Gereiztheit über die allgegenwärtigen Phantombilder von den bösen Männern und ihrem notwendigen Korrelat, den guten Frauen, aufkommt. Doris Lessings Empörung über die Schweinskopfmetapher gab den Ton vor, der sich zu verallgemeinern beginnt. Schockiert sei sie über die gedankenlose Abwertung von Männern, denn die dümmsten, ungebildetsten und scheußlichsten Frauen könnten die herzlichsten, freundlichsten und intelligentesten Männer niedermachen, ohne dass irgendjemand etwas dagegen tue. Die Abwertung des Männlichen sei so sehr Teil unserer Kultur geworden, dass sie kaum noch wahrgenommen werde. Ihr Verdikt über die „Emanzenkultur“ lautete: Denkfaulheit und Heimtücke.

Den Wandel, den sie in der Kultur verzeichnete, beschrieben andere als Gang in die Mysandrie, die tiefe Abneigung gegen das andere Geschlecht. Das führte dazu, dass in einigen Milieus, nicht zuletzt in universitären, der fundamentale Respekt vor Männern verloren ging. In Deutschland geschah es leise, in den USA als lautstarke Political Correctness. Nur, vom politisch organisierten Feminismus, geschweige denn einer feministischen Bewegung ist mittlerweile nichts übrig geblieben. Doris Lessings Verdikt und noch mehr die identitätspolitische Rückrufaktion der französischen Philosophin Julia Kristeva kamen spät. Gerade Kristeva hatte dem binär denkenden Feminismus, der die Differenzen zwischen Frauen so nachdrücklich verleugnet, wie er die feindselig polarisierte Welt von Männern und Frauen für die eigene Lebensorientierung braucht, viele Jahre unwidersprochen als Gewährsfrau gedient. Das Reden von der sexuellen Identität als einem unwandelbaren Gehäuse binärer Starre, all das hat die Feindseligkeit zwischen Männern und Frauen gefördert: Obendrein hat es den demokratischen Prozess geschwächt. Der Genderfeminismus hat die Männer gekränkt. Auch wenn sie dazu schweigen oder alles witzelnd verharmlosen. Nicht weniger schlimm, dass er Frauen daran gehindert hat, die Differenzen zu benennen, die sie voneinander trennen; die persönlichen, die kulturellen, sozialen wie ihre Vorlieben. Indem er Frauen ein Bewusstsein ihrer Differenz untersagte, stellte er sich gegen das Persönliche, den Kern, der die Individualisierung vorantreibt.

Diese lähmende Dynamik funktioniert nur, wenn ein Feind vorhanden ist, der den Frauen passt. Nicht viel anders funktionieren das Vorurteil und der Fremdenhass. Deshalb wurde Männlichkeit zum unterschiedlosen Einheitsfeind erkoren.

Was aber ist überhaupt noch vom Feminismus übrig geblieben außer der mysandrischen Stimmung? Keineswegs der lange Marsch durch die Institutionen, den die 68er eingeschlagen haben. Mithilfe des mitleidigen Sozialstaates wurden vielmehr bürokratische Strukturen für die Verwirklichung feministischer Ziele von der Bundesebene bis hinunter in die Kommunen eingerichtet. Für das Verbliebene ist typisch, dass es parallel oder ergänzend zu bestehenden Einrichtungen verläuft. Es führt ein Eigenleben, das vor Konkurrenz und vor allem vor Evaluation abgeschirmt ist. Also vor den Fragen, wem diese Politik nützt, ob sie überhaupt etwas nützt und ob sie möglicherweise sogar den gesellschaftlichen Prozess beschädigt. Im Wesentlichen erleben wir zwei Funktionen. Zum einen gibt man vor, Frauen zu fördern, und zum anderen muss die mysandrische Ideologie am Leben erhalten bleiben, die Frauen als Opfer ausgibt und Männer als deren geborene Täter. Der Schibboleth der Gewalt ist für die Ideologie des Feminismus, in deren eigenem Selbstverständnis, so konstitutiv wie die Arbeit für die marxschen Theorie des Kapitalismus. Mit dieser Ideologie ist auf jeden Fall die Diskriminierung alles Männlichen hinreichend zu rechtfertigen.

Im Dienste dieser Ideologie sind Bundesministerien, die seit Langem männliche Lebenswelten von der Erforschung ausschließen. Sie haben lediglich Frauen und Mädchen als Opfer im Blick. Deren Probleme erforschen sie, und Hilfsprojekte werden für sie ins Leben gerufen. Wenn Jungen und Männer hingegen nicht funktionieren, dann sind sie „out“. Sie werden nach archaisch anmutenden Männerbildern behandelt: Entweder sie funktionieren, oder sie sind untauglich. Allenfalls im Umfeld von Arbeitsmarktpolitik gibt es Aufmerksamkeit für deren Probleme. Denn an ihrer Rolle als Familienernährer soll nicht gerüttelt werden. Und trotzdem sind Männer für Forderungen immer noch gut. Etwa nach mehr gemeinsamer Zeit mit den Kindern.

Oft vom Unterton beherrscht, dass Arbeit für den Lebensunterhalt nicht als Sorge für die Kinder zähle. Und der Ruf nach mehr Väterlichkeit ist zweischneidig. Männer sollen sich den Kindern öfter direkt zuwenden, vorzugsweise aber doch nach den Vorstellungen der Mütter. Väterlichkeit innerhalb der häuslichen vier Wände wird ihnen somit vorgegeben. Der 12. Kinder- und Jugendbericht der rot-grünen Koalition ging einen gewaltigen Schritt weiter. Dort wird zeitgenössische Väterlichkeit als von männlicher Gewalt kontaminiert kurzerhand als schädlich für Kinder ausgegeben. Eine neue Väterlichkeit brauche das Land. Und weil in guter deutscher Tradition Mütter nur als die Besten imaginiert werden können, empfiehlt die Expertin, dass Väter so werden wie Mütter sind. Väterlichkeit soll sich in Mütterlichkeit verwandeln. Der Mann im Vater soll keine Rolle mehr spielen. Dann könne man die Kinder den Vätern wieder anvertrauen.

Während Lorena Bobbitt ihrem Ehemann den Penis abschnitt, hält es die Expertin mit einer symbolischen Kastration. Aber das ist nicht von weniger aggressivem Neid getrieben.

Solche Entwertungen sind zumeist kampagnenartig organisiert und zielen auf kollektive Umerziehung. Die SPD-Familienministerin hat 2001 eine solche Kampagne veranstaltet. Zurzeit versucht die Frauenministerin der SPÖ, alle Väter mit einer Plakatflut in Österreich zu diskriminieren. Unter dem Titel „Verliebt. Verlobt. Verprügelt“ wird auf Plakaten eine spielende Mutter mit Sohn gezeigt. Eigentümlicherweise tragen beide Kopfhelme und Schutzweste. Mit fragend ahnungsvollen Augen blicken sie zu einem Mann auf. Der schaut fast gesichtslos von oben auf beide herab. So als schwebe der Vater als dunkle Macht über Frauen und Kindern.

Ein Fortschritt: Diesmal hat die Vaterbeschimpfung die Kritik der hoch angesehenen Wiener Institute für Erziehungshilfe hervorgerufen. Sie haben sich gegen die Dämonisierung des Mannes und Vaters in den Familien gewandt. Solches ist neu, denn es setzt der Politik der Mysandrie ungewohnte Grenzen. Es scheint so, als kehre das Wissen um die bilaterale Komplizenschaft von Männern und Frauen allmählich wieder zurück. Denn im Gegensatz zur gleichheitsrechtlich orientierten Frauenbewegung hat der Genderfeminismus die Demokratisierung und Humanisierung der Beziehung zwischen Männern und Frauen aufgegeben. Er hat sie durch ein Freund-Feind-Verhältnis ersetzt.

Wem nützt die Rassismus-Keule?

Deutlich mehr Rassismus-Fälle verzeichnet

Bern - 2006 haben sich die Behörden insgesamt 49 Mal mit Rassismus-Fällen auseinandersetzen müssen. Das sind klar mehr als in den elf vorangegangenen Jahren, wie aus einer Zusammenstellung der Eidgenössische Kommission gegen Rassismus (EKR) hervorgeht.

fest / Quelle: sda / Montag, 21. Januar 2008 / 12:58 h

Bisheriges Rekordjahr seit Inkrafttreten der Rassismus-Strafnorm im Jahre 1995 war 2000 mit 40 Fällen gewesen. 2004 wurden 36 Fälle registriert, 2005 waren es 31. Insgesamt wurden zwischen 1995 und 2006 355 Fälle zur Anzeige gebracht. 183 oder 51,5 Prozent endeten mit rechtskräftigen Urteilen oder Freisprüchen. In den restlichen 172 Fällen oder 48,5 Prozent wurde kein Strafverfahren eröffnet. Juden und Jüdinnen waren zwischen 1995 und 2006 am häufigsten von Rassendiskriminierungen betroffen. Die 100 Personen entsprachen rund einem Viertel der total 393 Betroffenen. Bei einem weiteren Viertel machten die Behörden allerdings keine Angaben über die Herkunft der Opfer.

Bisheriges Rekordjahr seit Inkrafttreten der Rassismus-Strafnorm war 2000 mit 40 Fällen gewesen. /

Ein Drittel rechtsextreme Täter
In 21 der 49 Fälle von 2006 wurde die Sache ohne Strafverfahren erledigt. In den restlichen 28 Fällen kam es zu rechtskräftigen Urteilen. Die Täter stammten vor allem aus den Gruppen Rechtsextreme (12) und Privatpersonen (11). Zu 11 weiteren Tätern machten die Behörden keine Angaben. Knapp ein Viertel aller Opfer wurden als Ausländerinnen und Ausländer verschiedener Ethnien beschrieben. Je 12 der 61 Opfer waren Juden, Dunkelhäutige oder Personen, zu denen keine Angaben gemacht wurden. Die Rassismus-Strafnorm Art. 261bis StGB wurde vom Volk im September 1994 angenommen und trat Anfang 1995 in Kraft. Im gleichen Jahr setzte der Bundesrat die ERK ein, unter anderem mit dem Auftrag, die Rassendiskriminierung unter wissenschaftlichen und ethischen Gesichtspunkten sowie die Rechtsprechung zur neuen Strafnorm zu analysieren.

Die Medienhetze gegen die Schweiz

Akt. 21.01.08; 10:56 Pub. 21.01.08; 10:29
Schweiz stürzt wegen SVP-Schafen ab
Der Wahlerfolg der SVP und ihre aggressive Schäfchen-Kampagne lassen die Schweiz vor der Welt alt aussehen. In einem Ländervergleich in den USA wurde die Schweiz deshalb zurückgestuft.

Ein US-Thinktank ortet in der Schweiz zunehmende Hetze gegen Ausländer und nennt als Ursache den Polter-Stil der SVP.

Britische Presse: Die Schweiz, ein Hort des Rassismus
Die Schweiz steht gut da im Bericht des US-Thinktanks Freedom House. Sie kommt, mit anderen Staaten, auf dem ersten Platz der Rangliste der Freiheitsrechte zu stehen. Doch die Statistik des Jahres 2007 hat einen Makel: Neben «Switzerland» prangt ein hässlicher Pfeil, und der zeigt nach unten. Den Autoren der Studie stösst sauer auf, dass die SVP für eine feindliche Atmosphäre gegenüber ausländischen Mitmenschen sorge.

In den Kommentaren zur Schweiz heisst es im ausführlichen Bericht: «Die Schweiz erlitt wegen einer Steigerung von Hassverbrechen und einer feindlichen Atmosphäre gegenüber Ausländern, die von der SVP vorangetrieben wird, eine leichte Abstufung im Jahr 2007.» Und weiter: «Abwärtstrend wegen der Wahlgewinne der SVP, welche offen rassistische Appelle ausstösst und eine immigrationsfeindliche Politik verspricht.»

Die «Neue Zürcher Zeitung» hakte bei den Autoren der Studie nach. Das Kapitel über die Schweiz stammt von Lane Green. Green ortet die Probleme bei der fremdenfeindlichen Stimmung, die von der SVP geschürt werde. Er erwähnt etwa das Wahlvideo «Himmel oder Hölle», die Minarett-Initiative aus SVP-nahen Kreisen und das besagte Schäfchenplakat, das in mehreren europäischen Ländern Nachahmer fand.

Schon im September 2007 beklagte die britische Zeitung «The Independent» «finsteren neuen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Herzen einer der ältesten Demokratien der Welt» und fragte sich, ob die Schweiz das «Herz der Finsternis» in Europa sei.

Sonntag, 20. Januar 2008

Verschwörungen und ihre Auswirkungen

Ein Interview mit Wolfgang Eggert, 19.01.2008 18:26

politonline d.a. Wir veröffentlichen hier ein vom Muslim-Markt mit dem bekannten Autor Wolfgang Eggert geführtes Interview. Eggerts Ausführungen zeigen ein weiteres Mal, wie die der Öffentlichkeit vorenthaltene, sich ausnahmslos hinter den Kulissen zutragende Einflussnahme auf das Geschick der Nationen beschaffen ist. Es bleibt zu hoffen, dass Darlegungen dieser Art dazu beitragen, begreiflich zu machen, in welcher Weise die in erster Linie von unseren Volksvertretern ständig im Munde geführte Demokratie gerade hinsichtlich der Entscheidungsgewalt über Krieg und Frieden in Wahrheit nur als Schall und Rauch zu betrachten ist.

MM: Sehr geehrter Herr Eggert, schaut man sich die Liste Ihrer Veröffentlichungen an, so könnte man auf die Idee kommen, dass Sie ein sogenannter Verschwörungstheoretiker sind. Wie antworten Sie auf diesen Vorwurf?
Eggert: Mein Hauptforschungsgebiet ist das Wirken des organisierten Verbrechens, von Lobbygruppen, Geheimdiensten, Polit-Logen, Militärischen Under Cover Einrichtungen, apokalyptischen Sekten, geopolitischen Netzwerken. Alle diese häufig untereinander verwobenen Gruppen arbeiten vorsätzlich verdeckt und konspirativ. Ob Betrug oder Mord, Kauf oder Kompromittierung von Journalisten und Politikern, Organisierung von Putschen, Pogromen, Terroranschlägen und Kriegen: Verschwörung ist Teil ihres Tagesgeschäfts. Investigative Rechercheure müssen auf diesem Themengebiet Verschwörungstheoretiker sein, sonst sind sie lediglich Hofberichterstatter.
MM: Die weitaus überwiegende Mehrheit der Medien vertritt andere Ansichten.
Eggert: Dazu muss man den Einfluss kennen, den gerade die Geheimdienste auf die sogenannte Freie Presse ausüben. Ende der 40er Jahre startete die CIA ein regelrechtes Programm zur Infiltration und Steuerung der Medienlandschaft: »Operation Mockingbird«. Die Sonderbudgets zur Lenkung der öffentlichen Meinung betragen seitdem bei der Agency Dollarsummen in Milliardenhöhe - jährlich. Investiert wird am Markt über Rundfunk- bzw. Beteiligungsgesellschaften, seltener über Einzelspieler. Als solcher nahm Silvio Berlusconi seinen kometenhaften Aufstieg zum Global Player des Mediengeschäfts direkt aus der CIA-Loge P2 heraus. Der israelische Milliardär Haim Saban übernahm 2003 mit einem Schlag die Fernsehsender Pro7, Sat1, Kabel 1, N24 und die Nachrichtenagentur ddp. Sabans Entourage rühmte sich gern ihrer Verbindungen zum israelischen Geheimdienst Mossad. [Anmerkung von politonline: Nach der Insolvenz des deutschen »Fernsehmoguls« Leo Kirch hatte Saban dessen Fernsehimperium Pro Sieben, Sat. 1, Kabel Eins, N 24 zum Schnäppchenpreis von 850 Millionen € übernommen. Beim Weiterverkauf an den Springer-Verlag 1955 konnte er allerdings, nach nur wenigen Jahren, 2.4 Mrd. €, fast das 3fache, erzielen.]

Robert Maxwell, der europäische Pressezar, war ebenfalls bis kurz vor seinem Tod ein Mann des Mossad. Maxwell spielte eine einflussreiche Rolle in der Gründungsperiode des deutschen Springer-Konzerns. Die Firma Springer ist dafür bekannt, dass jeder Arbeitnehmer fünf Unternehmensgrundsätze unterzeichnen muss, deren zweiter »die Unterstützung der Lebensrechte des israelischen Volkes« fordert und deren dritter »die Unterstützung des transatlantischen Bündnisses und die Solidarität in der freiheitlichen Wertegemeinschaft mit den Vereinigten Staaten von Amerika« verlangt. Diese Worte könnten auch als Sinnspruch über dem Schreibtisch von Rupert Murdoch stehen. Der neokonservative Australier führte eine kleine Zeitung, als er sich mit dem CIA-Repräsentanten in Australien, Ted Shackley, befreundete. Von da an ging es im Handumdrehen steil bergauf. Zum Murdoch-Konzern gehören heute weltweit Hunderte von Zeitungen, sowie TV- und Radiostationen. ... Beresowski... Gussinski.... Die Liste liesse sich endlos fortsetzen. Soweit zur obersten Chefetage. Natürlich schüttet das immer prallgefüllte Füllhorn des Geheimdiensts auch ein wenig nach unten aus. Es gehen Gelder an Chefredakteure und Rundfunkräte, geheimdienstgesteuerte Stiftungen vergeben Stipendien, Think Tanks verteilen Einladungen und Reisegutscheine. Es gibt jede Menge Zuckerbrot.

MM: ... nur Zuckerbrot?
Eggert: ... und natürlich auch die Peitsche! Haben Sie sich nicht schon einmal gewundert, warum so viele altlinke Presse-Erzeugnisse heute in Amerikanismus machen? Dafür gibt es eine simple Erklärung: Als die CIA Bundeskanzler Kohl Anfang der 90er Jahre die brisanten Rosenholz-Dateien unter der Nase wegschnappte, hatte sie eine komplette Übersicht über die Stasi-Seilschaften in der BRD eingesackt. Darunter die zahlreichen MfS-Mitarbeiter in der westdeutschen Medienlandschaft. Um nicht ihren Ruf und ihre Rentenbezüge zu verlieren, arbeiten diese seitdem kostenlos für die CIA. Wer das nicht will, wird öffentlich gemacht. Dafür gibt es Beispiele. »Die CIA besitzt jeden von irgendeiner Bedeutung in den Massenmedien.« So sprach der ehemalige CIA-Chef William Colby zur Zeit des Mauerfalls. Als er einmal gefragt wurde, ob die CIA ihren Presse-V-Leuten jemals gesagt habe, was diese schreiben sollten, antwortete er: »Aber sicher, das wird ständig gemacht.« Kontrolle des Fussvolks ist Teil des politischen Spiels, gerade in Spannungszeiten wie diesen. Auch Kriegsfanfaren brauchen Mundstücke. Als solches dient die Medienlandschaft.

MM: Warum beschäftigen Sie sich schwerpunktmässig mit Geheimdiensten?
Eggert: Als studierter Historiker hatte ich es schon immer mit den grossen Eckpunkten unserer Geschichte zu tun. Die auffallendsten und physisch nachhaltigsten Umwälzungen sind zweifellos die Kriege. Wenn Sie sich intensiv genug mit dem Entstehen von Kriegen beschäftigen, werden Sie automatisch darauf kommen, dass diese nicht zufällig, quasi als Betriebsunfall »passieren« oder als Gottesstrafe vom Himmel gelassen werden. Wenn Sie ihre Forschung ernst nehmen, werden Sie feststellen, dass es immer eine kriegsführende Seite gibt, welche aus der gewaltsamen Auseinandersetzung Profit schlägt. Und die ist es dann auch meist, welche in entsprechenden Strategiezirkeln den Kampf lange im voraus geplant hat: bis hin zu einem kriegsauslösenden Ereignis, welches das eigene Vorgehen legitimieren und den Gegner in eine schlechte Anfangsposition bringen soll. Für diesen wichtigen Job sind die Geheimdienste zuständig. Sie legen und aktivieren die Zündschnur in den Krieg.

Das war immer und überall so: Der Thronfolgermord von Sarajewo als Auftaktakt des Ersten Weltkriegs; der Überfall auf den Sender Gleiwitz, der Hitlers Angriff auf Polen rechtfertigen sollte; die Lavon-Affäre, als israelische Agenten unter falscher Flagge amerikanische Einrichtungen in Ägypten bombardierten, um die USA im Vorfeld des Suezkanalkriegs auf die »richtige Seite« zu ziehen; der erlogene Tonkin-Zwischenfall, der Amerika das scheinbare Recht gab, in den Vietnamkrieg einzutreten; die Provokationen Kuwaits gegen den Irak und das grüne Licht des Pentagons an Saddam Hussein, mit dem Nachbarstaat militärisch abzurechnen, um Bush Seniors ersten Öl-Wüstensturm als »Befreiungsunternehmen« zu tarnen; die auf tschetschenische Extremisten geschobenen Hochhausbombardierungen in Russland, die Putin 1999 die Begründung für den Kaukasuseinsatz der Armee lieferten; die Entführung zweier Israelis zur Legitimierung des letzten Libanonkrieges. Jeder einzelne Vorfall ein geheimdienstgesteuerter Schachzug. Man muss die Geheimdienste und ihre Machinationen betrachten, um geschichtliche Dynamik in ihrem Kern zu begreifen.

MM: In einer Veröffentlichung von 2003 beschuldigen Sie die militärische Genforschung, am Ausbruch von Seuchen wie AIDS eine Mitschuld zu tragen. Was sollte die Motivation dafür sein, denn schliesslich leiden alle in der Welt an jenen Seuchen?
Eggert: Jahrzehnte unter Verschluss gehaltene Protokolle des amerikanischen Kongresses belegen, dass am 9. Juni 1969 Dr. McArthur, der stellvertretende Leiter der Forschungsabteilung beim US-Verteidigungsministerium, den Antrag auf die Bewilligung von 10 Millionen $ stellte. Mit diesem Geld sollte laut seiner Aussage ein neuartiges Virus entwickelt werden, das den Immunapparat des Infizierten zerstört und gegen therapeutische Abwehrmassnahmen unempfindlich macht. Das Geld wurde bewilligt und die Forschungsarbeit in streng geheimen Hochsicherheitslaboratorien aufgenommen. Die fähigsten Wissenschaftler ihrer Zeit, darunter der spätere »Entdecker« des Aids-Virus, Robert Gallo, arbeiteten dem Projekt zu, das laut Planung innerhalb von 10 Jahren zum Abschluss kommen sollte. Nach exakt dieser Zeitspanne tauchten die ersten HIV-Fälle in den USA auf. Die Beweiskette erscheint in mehrfacher Hinsicht bruchlos, auch was die genetischen Rekombination des Virus anbelangt. Das Ergebnis war die erste Genwaffe der Geschichte. Wenn auch eine unfertige, da sie anders als ihre heutigen Nachfolger nicht gebiets- oder rassenselektiv töten kann und sich wahllos verbreitet.

Deshalb würde ich für die Freisetzung des Virus keine US-Regierungsstelle verantwortlich machen, auch nicht den geheimdienstlich-militärischen Komplex. Da sind vielmehr über- oder nebenstaatliche Gruppen im Spiel, die zum Teil malthusianischen, zum Teil religiösen Antrieben folgen. Jüdische und christliche Messianisten vom Zuschnitt eines Shoko Asahara, der die japanischen U-Bahnen mit Giftgas flutete, weil er meinte, damit die Welt dem prophezeiten Ende näherzubringen. Es gibt da nur einen Unterschied: Asahara war ein weitgehend isolierter Sektenguru. Seine biblischen Gesinnungsgenossen stehen dagegen an den Pforten der Macht. In Amerika, in England, in Israel.

MM: Einen Monat vor dem 11. September 2001 veröffentlichten Sie ein Buch mit dem Titel » Im Namen Gottes - Israels Geheimvatikan als Vollstrecker biblischer Prophetie«. Wurde Ihr Buch schon einen Monat nach der Veröffentlichung »überholt«?
Eggert: Nein, da hatte ich den 11. September natürlich noch nicht im Blickfeld. Es geht in dem Buch um das Wesen überstaatlicher Gruppen und deren Einflüsse auf die Geschichte im allgemeinen. Auf Revolutionen, Kriege, den Kommunismus, den Faschismus, den Holocaust. Von der französischen Revolution angefangen bis zum Ende der Regierungszeit Clintons. »Israels Geheimvatikan« ist mehr ein Grundlagenwerk. Was ich voraussah, war die Tatsache, dass die endzeitlichen Gruppen in den Religionen durch ihre politischen Netzwerke an der Vorbereitung des 3. Weltkriegs arbeiteten. Und wie in jedem Krieg bedurfte es auch hierfür wieder eines konkreten Anlasses, und das war der 11. September 2001. Eigentlich passt 9/11 nahtlos in die Liste der Kriegsauslösekampagnen, die ich bereits genannt habe. Es ist daher nicht verwunderlich, dass man in der Vorbereitungszeit dieses Terrorcoups wieder allerorten auf die Spuren der Geheimdienste stösst.

MM: Ein Jahr später folgte Ihr Buch »Angriff der Falken«. Warum, glauben Sie, steht die deutsche Politik derzeit so extrem stark an der Seite jener Falken?
Eggert: Ich habe mich das zum ersten Mal gefragt, als der regierungsnahe US-Nachrichtenkanal Fox-News am 12. September 2007 meldete, die Deutschen sanktionierten Amerikas Irankriegspläne. Thema der Sendung war ein iranspezifisch zusammengesetztes Sicherheitsrattreffen in Berlin. Dort hätte die Bundesregierung erklärt, die antiiranische Sanktionsfront aus national-wirtschaftlichen Gründen zu verlassen - wobei sie gleichzeitig die Amerikaner zu einem Bombardierungsfeldzug gegen Irans nukleare Einrichtungen ermuntert haben soll. Fox beruft sich dabei auf Diplomaten aus verschiedenen Ländern. Wenn das keine vorsätzliche Lüge aus dem Hause Murdoch ist, sondern eine auf Tatsachen gründende Indiskretion, dann sehen wir hier in seiner krassesten Form den Schwenk unserer nach wie vor sozialdemokratisch bestimmten Aussenpolitik. Für mich erklärt sich dieses Verhalten mit dem Druck der Vereinigten Staaten, die Deutschland nur dann als ständiges Mitglied in den Weltsicherheitsrat aufnehmen werden, wenn es sich gegenüber seiner aktuellen Politik wohlgefällig zeigt.

MM: Wird das zum erwünschten Ziel für Deutschland führen?
Eggert: Ich bezweifele, ob die Rechnung aufgehen wird, durch Unterstützung des Imperialismus mit blutenden Händen in den Sicherheitsrat einzuziehen, um dann von dort - im Herzen rein geblieben - zur moralischen Erneuerung der Welt zu schreiten. Gerade kurzfristig ist dieses Spiel mit dem Feuer gefährlich: Berlin würde sich als antreibende Kraft für ein NATO-Terrorbombardement - bildhaft gesprochen - in George W. Bushs Kanonenboot setzen. Klassischer ist ein Motiv für einen islamistischen Provokationsanschlag gegen die Bundeshauptstadt kaum aufzubauen. Es ist meines Erachtens auch zu früh, darauf zu bauen, dass die neokonservative US-Regierung das Wahljahr 2008 nicht übersteht und Deutschland es dann schon mit einem neuen Partner im Sicherheitsrat zu tun haben wird.

MM: Ihr jüngstes Buch »Erst Manhattan, dann Berlin« geht von der Gefahr eines erfolgreichen Terroranschlages in Deutschland aus. Wie kommen Sie darauf?
Eggert: Als Antreiber der menschlichen Geschichte nehme ich unter anderem wie bereits erwähnt messianische Netzwerke wahr. Es gibt ganz zentrale Ereignisse, die ausschliesslich von diesen radikalen Sekten gesteuert waren, darunter die Ermordung des israelischen Staatschefs Rabin. Ihnen gelingt es, gerade auf die explosive Lage im Mittleren Osten, die sie zum prophezeiten Armageddon vorantreiben wollen, stärksten Einfluss auszuüben. Einerseits über die Schiene Israel, wo führende Politiker wie Benjamin Netanjahu vor schwerwiegenden Entscheidungen den Rat okkulter Rabbiner einholen. Auf der anderen Seite haben bekennende christliche Fundamentalisten in Amerika im Gefolge von George W. Bush das Weisse Haus erobert. Wöchentlich werden endzeitliche Schriftgelehrte hierher und ins Pentagon geladen, um in bizarren Bibelsitzungen Politiker und Militärs für das Tagesgeschäft zu instruieren. Wesentlich länger ist diese gefährliche Vision von der Auserwähltheit vor Gott in einflussreichen Kreisen des britischen Establishments verbreitet. Viele Freimaurerlogen, die das öffentliche Leben des Vereinigten Königreichs bekanntlich stark prägen, sind von der Idee des Britischen Israelismus befangen. Diese besagt, dass die Mission des Judentums, die Welt ihrem geoffenbarten Ende entgegenzuführen, mit der Kreuzigung Jesu beendet und auf die Briten übertragen worden sei.

MM: ... Sie nennen oft christliche und jüdische Gruppen in einem Atemzug ...?
Eggert: Den christlichen und jüdischen Gruppen gemein ist die Tatsache, dass sie sich auf die Bibel berufen, dass sie über Prophetien referieren, deren Inhalt sie sich als politischen Auftrag zu eigen machen, dass sie mittels Entschlüsselungscodes geheime Doppelbedeutungen aus der Heiligen Schrift herausarbeiten. Hier wie dort wird 9/11 anhand von Bibeltextstellen als erfüllte Prophetie betrachtet. Hier wie dort wird über das Kommen eines Parallelereignisses, nennen wir es 11/9, getuschelt. Immer wieder genannt wird ein atomarer Anschlag; und Berlin. Als mein Buch im November 2005 auf den Markt kam, schien dieses Schreckensbild noch in weiter Ferne zu liegen. Heute ist das anders, die Warnungen von neokonservativen Politikern und staatstragenden Medien erreichen uns nun auch wöchentlich in deutscher Sprache. Stil und Inhalt gleichen der Propaganda in der USA: Wenn es zu dem grossen Knall kommt, so lautet das »briefing« für den gutgläubigen Michel, werden die Täter Muslime sein. Das mag dann vielleicht wirklich stimmen, aber wer im Terror-Hintergrund die alles in Gang haltenden Strippen zieht, davon erfahren wir aus guten Gründen herzlich wenig.
MM: Unter anderem behaupten Sie, dass die Interessen von extremen Fanatikern, die im missbrauchten Namen des Islams agieren, sich erstaunlich oft mit den Interessen der Falken überschneiden. Wie erklären Sie das?
Eggert: Sie meinen die Symbiose zwischen radikalen Muslimen und Geheimdienstlern? Nehmen wir das bekannteste Beispiel: Osama bin Laden und Al Kaida. Beide sind Geschöpfe der amerikanischen Geopolitik. Als das Weisse Haus beschloss, noch in der Amtszeit Ronald Reagans den Kalten Krieg zu gewinnen, war ein zentraler Eckpfeiler dieses Unternehmens der Plan, den Russen in Afghanistan ein neues Vietnam zu bereiten. Zu diesem Zweck stampfte das Pentagon mit Milliardenbeträgen eine islamistische Bürgerkriegsarmee aus dem Boden, deren Aufgabe darin bestand, der moskautreuen Regierung in Kabul die Hölle heiss zu machen. Das gelang auch, und als die Russen » zu Hilfe« kamen, waren sie in die Falle getappt. Der verlustreiche Afghanistankrieg war ein dicker Nagel zum Sarg der Sowjetunion. Und die Totengräber dort, das waren die Mudschaheddin. Die Sammel- und Durchgangsstelle der muslimischen Afghanistankämpfer nannte man Al Kaida. Ihr Organisator war Osama bin Laden, der unter dem Namen Tim Osman auf den Gehaltslisten des CIA stand. Er und seine Leute wurden in Amerika ausgebildet, bezahlt, bewaffnet.

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion soll diese Zusammenarbeit durch eine Attentatsserie von Al Kaida gegen amerikanische Einrichtungen beendet worden sein. Mir scheint das ein vorgeschobenes Alibi zu sein, hinter dem die Zusammenarbeit fortdauerte. Fakt ist, dass Washington das kommunistische Riesenreich nicht deshalb niederrang, um die Menschen dort zu befreien, sondern dass es darum ging, sich die dortigen Märkte und Ressourcen zu erschliessen. Und die Hauptressource, auf die man es ganz besonders abgesehen hatte, war das Erdöl, das in den südlichen Teilrepubliken der alten UdSSR gefördert wird. Diese muslimisch geprägten Regionen suchte man nun durch Putsche, Bürgerkriege und bezahlte Aufstände vom russischen Einflusssystem wegzulösen. Wer taucht nun wieder als zentraler Aktivposten in diesen Kämpfen auf, die fast ausschliesslich den geopolitischen Erfordernissen der Amerikaner entgegenkamen? Richtig, die bärtigen Gotteskrieger bin Ladens. Die tummelten sich übrigens bald auch auf dem Balkan, als die USA dort seit Mitte der 90er Jahre geostrategische Interessen ausmachten. In diesem Zusammenhang - das belegen Untersuchungsberichte des US-Kongresses - arbeiteten die Amerikaner als echte Verbündete mit Al Kaida; Hand in Hand - obwohl die Regierung Clinton nach aussen hin Osama bin Laden als »Most wanted Terrorist« zur Fahndung ausgeschrieben hatte und dafür astronomische Ergreifungssummen bot. Was hinter all diesem Tamtam steckte, durften verschiedene islamisch regierte Staaten erfahren, als sie in Washington mit der Nachricht vorstellig wurden, »Der Gesuchte befindet sich gerade in unserem Land. Wollen Sie ihn tot oder lebend?« In jedem dieser Fälle wurde die Auslieferung seitens der amerikanischen Regierung hintertrieben. Der besonders hartnäckig auf eine Auslieferung drängende Sudan erhielt als Denkzettel sogar ein Luftbombardement; mit der herausfordernden Begründung, das Land unterstütze den Terrorismus. Währenddessen unterhielt Osama - alias Tim - unter den Augen der amerikanischen und englischen Agentenwelt offizielle Büro- und Wohnadressen in London. 1996 war er Gast des Britischen Auslandsgeheimdienstes MI6, der den umtriebigen Hansdampf als Subunternehmer für ein Attentat der Al Kaida Zelle »Libyan Islamic Fighting Group« auf Muammar Gaddafi anstellte. Der libysche Staatschef hatte gerade seinerseits eine stattliche Summe auf die Ergreifung bin Ladens ausgesetzt.

Ich könnte die Koalitionsgeschichte zwischen Al Kaida und dem geheimdienstlich-militärischen Komplex des Westens noch lange fortführen. Sie reicht bis in die Zeit des 11. Septembers. So enthüllten in Frankreich die regierungskontrollierte Radiostation »Radio France International« und die Tagszeitung »Le Figaro«, dass sich Osama bin Laden noch im Juli 2001 im Amerikanischen Krankenhaus von Dubai einer Nierenbehandlung unterzog - wobei er vom örtlichen CIA-Kontaktmann am Krankenbett besucht wurde. Nachschlag gefällig? Anfang Juli 2002, also nach den Terrorflügen von New York und Washington, meldete das amerikanische »Time Magazine« mit Bezug auf hochrangige europäische Geheimdienstkreise, dass der spirituelle Kopf des Al Kaida Netzwerkes, Abu Qatada, mit seiner Frau und seinen Kindern im Norden Englands lebt. In einem abgesicherten Haus, das ihm - zusammen mit einer ansehnlichen Bezahlung - der britische Geheimdienst zu Verfügung stellt.

Bin Laden, Al Kaida, die Mudschaheddin sind allesamt Kinder der USA. Die Taliban sind eine direkte Folge. Und wenn man es genau nimmt, haben diese Gruppen vom Anfang bis zum Ende im Interesse der USA gearbeitet. Sie tun es heute noch, wenn man der Pentagon-Story Glauben schenkt, dass bin Laden-Leute hinter dem 11. September stecken. Warum? Nun, das neokonservative Machtzentrum in Washington hatte die Eroberungsfeldzüge gegen Afghanistan und den Irak fest auf ihrem Plan, als Bush die Macht ergriff. Sie wussten aber, dass so ein offenkundig imperiales Unternehmen nur dann international durchsetzbar war, wenn es vorher - so schreiben es die Neokonservativen im Jahr 2000 - zu einem neuen Pearl Harbor käme. Begreifen Sie? Die Truppen standen bereit und 9/11 war der Türöffner in den Krieg. Nun will man den Iran aufrollen. Der amerikanische Geheimdienstapparat ist finanziell reich aber schwerfällig und geistig arm - die wiederholen sich gern. Die Welt darf sich also schon mal auf den nächsten Türöffner vorbereiten.

MM: Warum gab es nicht schon eine Terrorprovokation vor Beginn des Irakkriegs?
Eggert: Weil der Irakeinsatz gefühlsmässig noch dem 11. September zugeschlagen wurde. Die Erinnerung an die Gewalt des 11. Septembers war damals noch sehr präsent. Sie hatte dem Weissen Haus ein übervolles Emotionskonto beschert, von dem Bush nach wie vor abbuchen konnte. So zog das Schreckensbild, dass »der Massenmörder amerikanischer Zivilisten, Osama bin Laden, tatsächlich oder zumindest sinnbildlich in der Nähe von Bagdad lauern würde«. Der Wortlaut stammt übrigens von dem amerikanischen Exsenator Gary Hart, der heute selbst vor einem durch die CIA provozierten oder gar fabrizierten Terroranschlag warnt. Der zweite Teil der zum Krieg hinleitenden Propagandalügen war den Massenvernichtungsmitteln gewidmet, mit denen Saddam angeblich das westliche Bündnis - und Israel - bedrohte.

Das wiederholt sich jetzt. Die Massenvernichtungskampagne läuft bereits auf vollen Touren. Die Al Kaida Kampagne bezeichnenderweise nicht. Sie hätte es auch schwer. Die »Wir-fangen-Bin«-Eroberungsfeldzüge beginnen nach Afghanistan und Irak langsam durchsichtig zu werden. Hierzulande wirkt ausserdem die Kampagne der rot-grünen Schröderregierung gegen den Irakkrieg nach, die auch Zweifel an der Authentizität des 11. Septembers gesät hat. Trotz allem Engagement gelten wir in den Vereinigten Staaten nach wie vor als unsicherer Kantonist. Das ist es, was mir Sorge bereitet. Eine Anschlagsserie mit schmutzigen Atombomben in Amerika und Deutschland, deren Spuren man in den Iran legte, würde den Falken im Weissen Haus augenblicklich sehr zupass kommen: Erstens würde die deutsche Öffentlichkeit, die Regierung, ja selbst die Opposition, langfristig an die US-Politik gebunden werden. Zweitens liefert ein Angriff mit ABC-Waffen Cheney & Co. genau jene rauchenden Colts, nach denen sie im Irak vergebens suchten; und noch dazu den Kriegsgrund, um ihre Kriegspläne gegen Teheran in die Tat umzusetzen. Drittens bietet eine solche Tat an, die US-Verfassung ausser Kraft zu setzen - wodurch die Neokonservativen 2008 ihrer sicheren Abwahl entgingen...

MM: Sie schreiben ja nicht nur über die Gegenwart, sondern auch über die Vergangenheit und behaupten, dass es bestimmte Interessen gab, die Hitler - einfach ausgedrückt - am Leben hielten. Gibt es Ihrer Meinung nach einen Roten Faden durch jene Geschichte bis heute?
Eggert: Es gibt einen roten Faden - ganz konkret was das politische Schicksal bestimmter Führer anbelangt. Nehmen wir, wie vorgeschlagen, Hitler. In den 20er Jahren hatten die späteren Siegermächte und mit ihnen ein ganzer Sack voll Eliten Interesse am Aufstieg einer Person, die das nationalsozialistische Programm ausfüllte. Sie müssen sich in die damalige Zeit zurückversetzen: Im Kreml war Lenin zur Macht gekommen. Sein Verstaatlichungsregime stellte für die Kapitalisten dieser Welt das Schreckgespenst schlechthin dar. Führende Unternehmen wie der Mineralölkonzern Shell hatten in Russland Unsummen investiert, die nun mit einem Schlag verloren waren. Wie der amerikanische Automobilkönig Ford gab auch der Chef der Shell grosse Summen an Hitler, in der Hoffnung, dass dieser an die Macht kommen und die Sowjets in einem Krieg niederringen würde. Auf die gleiche Karte setzten einflussreiche Teile der britischen Konservativen, denen die Wirksamkeit von Lenins antikolonialistischer Kampagne ein Dorn im Auge war. Indien, Ägypten, Irland, das halbe Empire, befand sich in Aufruhr, weil die Roten die Schätze des Zaren zur Finanzierung der Weltrevolution einsetzten.

So fand, wie gesagt, Hitler auch Unterstützung von englischer Seite. Und schliesslich gab es noch die Karte, die »stechen« sollte: den unausgesprochenen Common Sense zwischen Roosevelt und Stalin, dass ein im Herzen Europas entzündeter Krieg letzten Endes nur jenen Mächten helfen würde, die über das grösste Hinterland verfügten: Amerika und Russland. Wenn sie zusammenhielten, das war klar, würden sie einen neuen Weltkrieg gewinnen und sich in der Mitte eines abgekämpften und ruinierten Europas die Hände reichen. Genau das passierte auch. Die Mittel, mit denen Roosevelt das zusammenbrechende Sowjetregime nach 1941 am Leben erhielt sind atemberaubend. Aber sie haben sich verzinst, denn die USA haben ihre Stützpunkte in alle Welt getragen und England als Weltmacht abgelöst. Das ist der Grund, warum Hitler so grundlegend wichtig für dieses Spiel war. Sein Autarkieprogramm, welches auf die Eroberung der Sowjet-Ukraine setzte, garantierte den Krieg, während die politische Physiognomie des Nationalsozialismus dessen Drahtziehern ein entwickeltes Feindbild bot, eine sich ständig neu aufbauende Argumentationsplattform »zum-Krieg-führen-müssen«. Und so lange Hitler lebte, blieb der Krieg in Gang. Nach Pearl Harbor brachte jeder neue Tag in Hitlers Amtszeit die Amerikaner und Russen einen Kilometer weiter in das Herz Europas.

MM: ... und heute ...?
Eggert: Amerika verfolgt in seiner imperialen Strategie heute gegenüber dem Iran die gleiche Politik wie damals gegenüber Deutschland. Wie soll das Weisse Haus einen Krieg gegen einen saturierten, sich dem Westen zuwendenden Staat begründen? So etwas geht nicht, und das war die Situation in Deutschland in den 20er Jahren, so wie es auf die iranische Entwicklung vor der Präsidentschaft Ahmadinedschad zutraf. Von dessen Aufstieg versprachen sich die US-Geopolitiker das, was ihnen schon das Emporkommen des »Führers«
frei Haus geliefert hatte: Ein funktionelles Feindbild. Aufrüstung ... Antisemitismus ... Antimodernismus ... Eroberungsgelüste. Ob stimmig oder nicht, die Parolen muten vertraut an. Auch manches Ziel: Shell finanzierte die NSDAP, weil man durch Hitler an die Ölquellen Russlands kommen wollte. Und heute? Nach dem »World Factbook« der CIA besitzt Iran mit 133 Gigabarrels weltweit die zweitgrössten Reserven an konventionellem Rohöl. Es gibt genügend Strategiepapiere der Neokonservativen, die zeigen, dass man es genau auf diese Ressource abgesehen hat. George W. Bush ist selbst im Ölgeschäft, so wie ein Gutteil seiner Administration über Öllobbyverbände erst in die Politik gefunden hat; sie alle können den Wert dieser bereits seit Jahren mit amerikanischen Fahnen abgesteckten Claims sehr gut ermessen.

Das ist der Grund, warum das Weisse Haus die Präsidentschaftswahl Ahmadinedschads so behende unterstützte. Im Vorfeld dieser schicksalhaften Abstimmung lancierte man über Wochen die Meldung, das Pentagon schicke von Irak und Afghanistan aus amerikanische Kampfflugzeuge in den iranischen Luftraum, um für einen künftigen Krieg die Standorte von Radarabwehrsystemen auszutesten. Es liegt auf der Hand, dass der Entrüstungssturm im Iran die anstehende Abstimmung zuungunsten der aufstrebenden prowestlichen Reformer beeinflusste. Ebenso wie die Tatsache, dass die Perser in einer merkwürdigen Koalition, die vom Weissen Haus bis in linke europäische Kreise reichte, massiv zum Wahlboykott aufgerufen wurden. Viele Linke und Liberale hielten sich daran. Die Traditionalisten auf der anderen Seite hatten wenig Grund, diesen Aufrufen Folge zu leisten. Heraus kam der Sieg der Rechten. Was mir als Zweck der Übung erscheint.

MM: Ist der iranische Staatschef damit ein Agent des amerikanischen Imperialismus?
Eggert: Nein, er ist es genauso wenig wie Hitler. Aber ohne es zu wollen, spielt er ihr Spiel. Vielleicht, das wäre in der Tat fatal, aus einer Perspektive des »Gott mit uns«. Während Hitler und sein Umfeld weitgehend frei von religiösem Empfinden waren, ist Ahmadinedschad wie Olmert in Israel oder Bush in den USA der Führer einer Nation, die sich als integraler Bestandteil göttlicher Vorhersehung versteht. Und so wie die Evangelikalen in der amerikanischen Regierung fest von der zweiten Wiederkunft Christi überzeugt sind, so wie das konservative politische Establishment Israels vom Kommen des Messias träumt, so erwarten die schiitischen Ayatollahs den himmlischen Herabstieg ihres eigenen Verkünders, des Mahdi. Das Problem liegt im Kleingedruckten: Die irdische Geburt jeder dieser Heilsgestalten ist auf einer Welle von Blut verkündet. Erst die globale Vernichtung verheisst die Erlösung. Erst das Ende bringt den Anfang.

MM: So ganz schlüssig ist das aber nicht, denn nach jener Logik müsste der Iran den Atomwaffensperrvertrag kündigen, die Juden aus dem eigenen Land vertreiben und auch sonst alles tun, was den Krieg beschleunigt.
Eggert: Dass Teheran sich im Vergleich zu Washington eher passiv verhält, steht ausser Frage. Das widerspricht nicht einer angenommenen Mahdi-Observanz, da die muslimische Überlieferung ihrer Anhängerschaft einem breiten Verständnis nach das kriegerische Vorpreschen verbietet. Nichtsdestoweniger wird sein Kommen erwartet und mit Freude aufgenommen. Das lässt gefühlsmässig wenig Raum, der sich abzeichnenden Katastrophe, die mit seinem Erscheinen ja verbunden ist, mit aller Macht entgegenzuarbeiten.

MM: Kann es nicht sein, dass die USA - wie jede Grossmacht in der Geschichte der Grossmächte - mit dem Iran erstmalig auf einen Gegner gestossen ist, den zu besiegen zumindest ideologisch nicht so einfach ist, denn die Sympathien für Ahmadinedschad sind selbst in Deutschland - natürlich nur hinter vorgehaltener Hand - nicht gering, und das trotz »Bild-Zeitung«?
Eggert: Die Entscheidung fällt leider auf den Schlachtfeldern und nicht wie im alten Indien an den Pforten der Universitäten. So wird Amerika für den Fall, dass Armageddon noch aufgehalten werden kann, allenfalls irgendwann an China scheitern. Aber das ist Zukunftsmusik. Im militärischen Sinne hat der Iran für sich alleine genommen nicht den Hauch einer Chance gegen die USA. Vielleicht würden sie es in offener Feldschlacht, in einem Kampf Mann gegen Mann schaffen, wer weiss. Aber solch einem Kampf stellen sich die Amerikaner seit Dutzenden von Jahren nicht mehr. Warum auch? Wenn es sein muss, bombardieren sie ihren Gegner aus 10 oder 20 Kilometern unerreichbarer Höhe so lange, bis sich das Land unter ihnen in ein einziges Dresden oder Hiroshima verwandelt hat. Dann erst erscheinen die mutigen »Befreiungstruppen« auf der Bildfläche. Die einzige Chance des Irans ist die Einschaltung Russlands. Aber selbst dieser Eventualfall wird den Krieg nicht gewinnen helfen, denn ein Kräftemessen Washington-Moskau führt mittelfristig zum biblischen Endzeitszenario Gog gegen Magog. Das Ergebnis ist dann ein globaler nuklearen Holocaust. Ohne Sieger.

MM: Und einen Rettungsanker sehen Sie nicht?
Eggert: Es gehört zu den Widersprüchlichkeiten der Demokratien, dass hier die Medien den Staat (also das Gemeinwohl) lenken, und nicht umgekehrt. So kann ein einzelner wohlhabender Investor Wahlen beeinflussen, Entscheidungen steuern, Abstimmungen entscheiden, politische Karrieren zu Fall bringen, und braucht dafür noch nicht einmal Bürger dieses Landes zu sein. Die neokonservative Kabale aus England, Amerika und Israel nutzt diese strategische Nische intensiv. Die muslimische Welt, die zum Teil sehr reich ist, sollte sie vielleicht nicht ihren entschiedendsten Gegnern überlassen.

MM: Sehr geehrter Herr Eggert, wir danken für das Interview.

Wolfgang Eggert, Jahrgang 1962, im Ruhrgebiet aufgewachsen, studierte nach Absolvierung des Wehrdienstes an den Universitäten von Berlin (FU) und München (LMU) Geschichte, Politologie und Journalistik. Nach redaktioneller Ausbildung bei SAT1 und einer für VOX arbeitenden Produktionsgesellschaft beschäftigt er sich nun seit über 17 Jahren intensiv mit politischen Übergriffen von Geheimdiensten und Messianischen Sekten. »Erst Manhattan, dann Berlin« - seine letzte Veröffentlichung - ist sein achtes Buch zum Thema. »Wer wissen will, wie sich extremer Fundamentalismus mit der laufenden US-Politik überschneidet, sollte dieses Buch lesen«, schreibt Emmypreisträger Saul Landau, Professor an der California State Polytechnic University.

Quelle: http://www.wahrheitssuche.org/eggert.html und http://www.muslim-markt.de/interview/2007/eggert.htm

Wolfgang Eggert »Im Namen Gottes - Israels Geheimvatikan als Vollstrecker biblischer Prophetie« 3 Bände ISBN-3-935845-01-4 / 3-935845-02-2 / 3-935845-03-0; Gesamtausgabe: ISBN-3-9358-00-6; 3. Auflage Mai 2004 - Chronos Medien Vertrieb GmbH München Tel.: 089 / 26215774: Internet: beimpropheten@hotmail.com
Wolfgang Eggert »Erst Manhattan - Dann Berlin. Messianisten-Netzwerke treiben zum Weltenende« Chronos Medien Verlag, München 2005, ISBN 3-935845-09-X
Wolfgang Eggert Die geplanten Seuchen - AIDS, SARS und die militärische Genforschung
Mit Fachbeiträgen internationaler Autoren, z.T. in englischem Originaltext. Chronos Medien Verlag, München 2003; ISBN-10- 3-935845-08-1