Donnerstag, 18. November 2010

Die Naturpark-Strategie

Naturpärke – ein neoliberales EU-Projekt

von Erika Vögeli

Naturpärke sind kein Schweizer Produkt, sondern ein EU-Importartikel. Sie reihen sich nahtlos in alle Strategien der neoliberalen Globalisierer zur Auflösung der Nationalstaaten ein. Privatisierung ist hier ein Stichwort, unter dem Ressourcen und Land der öffentlich-rechtlichen Kontrolle von Staaten bzw. Gemeinden entzogen werden. Entbürgerlichung der Bürger müsste ein zweites lauten, denn Privatisierung einerseits und supranationale Strukturen andererseits schaffen neue privatwirtschaftliche Einfluss- und Entscheidungsgremien jenseits der staatlich garantierten politischen Rechte, welche dadurch auf immer kleinere Einflussbereiche zusammengestutzt werden sollen.
Die EU selbst ist dafür ein Paradebeispiel: Immer weniger Gesetze werden von den gewählten Parlamenten der Nationalstaaten erlassen, statt dessen werden diese von 27 nicht vom Volk gewählten Kommissaren kreiert – unter dem Einfluss von 15 000 gutbezahlten Lobbyisten der Wirtschafts- und Finanzkonzerne, die dafür in Brüssel ihre Büros unterhalten.
Angesiedelt ist die Naturpark-Strategie unter anderem in einem Programm der Europäischen Union zur «Entwicklung des ländlichen Raums», denn auch die Länder der EU sind weitflächig mit derartigen Projekten überzogen. Und genau wie bei den Naturpärken in der Schweiz werden sie auch hier mit Umweltschutz, wirtschaftlicher Entwicklung, Förderung von Labels zur besseren Vermarktung lokaler Produkte, Tourismusförderung, Schaffung von Arbeitsplätzen usw. PR-mässig angepriesen.

Wenn «von unten nach oben» von oben gesteuert wird
Tatsache ist, dass die Naturpärke auf einer Website der Europäischen Kommission ­figurieren, als Beispiele sogenannter Local Action Groups – lokaler Aktionsgruppen. Diese bilden, man lese genau, «die Hauptstützen zur Implementierung des Leader Konzepts.»1 Diese ganz und gar nicht lokale, sondern von der EU-Zentrale entwickelte Herangehensweise werde von den Aktionsgruppen genutzt, «um ihre Entwicklungsstrategie zu implementieren und zu finanzieren. Diese Strategien sind auf die Förderung von Public Private Sector Partnerships angelegt und setzen eine multisektorielle, von unten nach oben angesetzte Herangehensweise ein, welche lokale Kooperation und lokales Netzwerken fördert.»2
Die Aktionsgruppen wiederum sind Teil nationaler Netzwerke, die alles einbinden, was an dieser Entwicklung beteiligt ist. Zusammengeführt wird alles im Europäischen Netzwerk für die Entwicklung des ländlichen Raums (European Network for Rural Development ENRD), dessen Aufgabe die effiziente Umsetzung der EU-Entwicklungsprogramme für den ländlichen Raum ist.

Appetit auf Nutzung ländlicher Ressourcen
Das Interesse der EU ist nicht unbegründet, schliesslich entsprächen ländliche Gebiete in der EU «90% des Territoriums, und die ländliche Entwicklung ist ein lebenswichtiger Bereich der Politik. Land- und Forstwirtschaft bleiben entscheidend für die Landnutzung und das Management von natürlichen Ressourcen in den ländlichen Gebieten der EU …»3
Allein die Tatsache, dass die sogenannten lokalen Aktionsgruppen über verschiedene Strukturen (Leader, Nationale Netzwerke, Europäisches Netzwerk) schliesslich an die Politik der EU-Kommission gekoppelt sind, straft die ganze Darstellung Lügen. Was auf der Ebene der Gemeinden als lokale Aktionsgruppe daherkommt, die sich als Strategie von unten nach oben ausgibt, erweist sich als letztes Glied einer von Brüssel inszenierten Strategie, die sich als Förderung lokaler Anliegen präsentiert, um Bürgernähe zu suggerieren, in Wirklichkeit aber an Brüsseler Vorgaben und Vorschriften hängt, welche sich zu einem Netz von Fallstricken und teuren Gerichtsverfahren für die lokale Wirtschaft erweisen können.

«Harmonisierung» – Deckbegriff für Ausschaltung der Bürger und Zentralisierung
Wie die Auflösung nationalstaatlicher Grenzen vorangetrieben wird, präsentiert sich etwas konkreter auf der Seite «Regional­politik Europäische Union» unter «Naturparks ohne Hindernisse». Weil die Landschaft eine «geographische Einheit» bilde, müsse diese «Trennung» durch Auflösung der Grenzen – und damit nationalstaatlicher Strukturen, die «harmonisiert» werden müssten – rückgängig gemacht werden.4 Harmonisierung – ein typischer Spin – bedeutet konkret: Was bisher der Gesetzgebung von Gemeinden, Bezirken, Kantonen und Staaten unterstellt war, soll da herausgelöst und im Beispiel der Naturpärke den Entscheiden solcher überstaatlicher – privater – Aktionsgruppen und Vereine zugeordnet werden, die über die entsprechenden Netzwerke bzw. finanzielle Abhängigkeit an EU-Vorgaben angebunden werden.

Demokratieabbau – kein Schweizer Weg
Betrachtet man die Entstehung der Naturpärke in der Schweiz, stellt man fest, dass das Vorgehen praktisch analog erfolgt. Der – leere – Brüsseler Tropf fehlt zwar, ersetzt wird er durch Mittel aus der Bundeskasse. Und genau analog der Leader-Strategie werden öffentlich-rechtliche Gemeinden in einen privaten Verein eingebunden, der dann eine neue Ebene bildet, die sich – und das ist für die Schweiz entscheidend – der direkt­demokratischen Einflussnahme entzieht, man schafft Strukturen, die letztlich der politischen Kontrolle der Bevölkerung entzogen sind. Wohl können im Fall der Naturpärke die Stimmberechtigten der jeweils betroffenen Gemeinden über den Beitritt zum Parkvertrag abstimmen – das war dann allerdings das letzte Mal. Der Vorgang verläuft ansonsten analog zu demjenigen in den demokratisch nicht legitimierten Metropolitankonferenzen und -vereinen in den städtischen Gebieten des Mittellandes: Dort beschliessen Exekutivmitglieder der beteiligten Städte und Gemeinden über Programme für diese Region – obwohl dies verfassungsmässig festgelegte Kompetenz der Bund und Kanton konstituierenden politischen Körperschaften ist, die als solche den politischen Rechten – Referendum und Initiative – unterliegen. Man schafft mit solchen Gremien eine weitere, verfassungsmässig nicht definierte, staatsrechtlich nicht erfasste Ebene, die sich Entscheidungsbefugnisse zuschreibt, welche von Bund- und Kantonsverfassungen klar zugeordnet und nicht verfügbar sind. Diese demokratisch nicht kontrollierte Zwischenebene produziert oder kopiert dann – in Verbund mit anderen solchen Gremien und manchmal mit einzelnen Abteilungen in Bundesämtern, die solche Initiativen fördern, im Falle der Naturparks im zuständigen Bundesamt für Umwelt BAFU – Richtlinien, Bestimmungen, Verordnungen usw., ganz analog dem Vorgang in der EU.
Das Konzept, dass private «parastaatliche Organisationen» staatliche Aufgaben übernehmen, drängt den Staat zurück und leitet seine schleichende Privatisierung ein. Hier wird – ohne formelle EU-Mitgliedschaft – auf verschiedenen Ebenen an Strukturen gebastelt, die sich genauso wie andernorts in neoliberale Konzepte einpassen liessen. Etwa dann, wenn der Appetit an «Landnutzung und Management der natürlichen Ressourcen» sich auf die finanziellen Möglichkeiten privatisierter Verkehrswege oder Wasserressourcen richtet.

Finanzielle Verlockungen aus euphorischen Zeiten
Die Schweiz jedenfalls braucht solche Konzepte nicht. Schon gar nicht in Zeiten wirtschaftlicher Anspannung, denn bei der Entwicklung solcher Strukturen soll auch Geld fliessen, manchmal viel Geld, etwa für Machbarkeitsstudien oder ähnliches. Dabei wurden diese Projekte in einer Zeit entwickelt, als noch reichlich Geld in die Bundeskasse floss. Mittlerweile zeigen die Erschütterungen der Finanz- und Wirtschaftskrise ihre Folgen: Die aktuellen Bundeseinnahmen werden wesentlich geringer ausfallen. Und vermutlich sind die Kapazitäten für diese Parkprojekte nach Finanzierung teurer Konzeptions- und Machbarkeitsstudien auch schon erschöpft, so dass weitere Kosten von den Gemeinden und Kantonen zu übernehmen wären.

Zurück zur Vernunft
Natur und Landschaft sind bei uns seit Jahrzehnten gepflegt und geschützt. Wenn es wirklich um die Förderung der ländlichen Gebiete geht: Wie wäre es da statt dessen mit einer Erinnerung zum Beispiel an den Investitionshilfefond für Berggebiete? Dieser Fond hatte zuletzt rund 1,5 Milliarden Franken geäufnet. Daraus wurden unzählige zinslose Darlehen für Infrastrukturbauten finanziert und von den Gemeinden immer wieder zuverlässig zurückgezahlt. Dieser Fond ist nun im Zuge der neuen Regionalpolitik aufgelöst worden – werden die Zahlungen des Bundes für die Naturpark-Projekte nun daraus finanziert? Diesmal allerdings ohne Rückzahlung. Bis die Kasse leer ist? Und dann? Werden die Gemeinden in die Pflicht genommen? Oder verscherbeln wir dann unseren Lebensraum an private Investoren?
Besinnen wir uns wieder auf uns selber, auf die eigenen Werte und Erfahrungen. Lösen wir uns von dem Irrglauben, alles Neue sei per se auch besser. Die Schweiz hat mit dem Investitionshilfefond beste Erfahrungen gemacht. Wie wäre es anstelle demokratiezerstörender EU-Projekte mit einer Wiederbelebung dieser echt schweizerischen und wirklich nachhaltigen Lösung?
Und übrigens: Uri zum Beispiel hätte mit seinen Volkstheatern, an denen vom Schulkind bis zum Landammann das ganze Tal mitwirkte und die bei den Besuchern auf begeisterten Beifall stiessen, etwas Eigenständigeres und Sinnvolleres zu bieten, als EU-kopierte Parkverordnungen und weitere Ergänzungen für den unüberschaubaren Label-Salat. Nebenbei geben solche Initiativen auch Gelegenheit, die Jugend mit sinnvolleren Aktivitäten vertraut zu machen, ihnen neben Geschichte und Allgemeinwissen auch ihre Bedeutung für die Gemeinde und das Gemeinwohl zu vermitteln, anstatt sie dem hirnlosen Kulturabbau des American way of life zu überlassen.

1 Leader steht dabei für «Liaison Entre Actions de Développement de l’Économie Rurale», was soviel heisst wie «Bindeglieder zwischen ländlicher Wirtschaft und Entwicklungsaktionen.»
2 http://enrd.ec.europa.eu/rural-development-policy/leader/en/leader_home_en.cfm)
3 http://enrd.ec.europa.eu/rural-development-policy/introduction/en/introduction_home_en.cfm
4 Europäische Kommission. Regionalpolitik Europäische Union. Naturparks ohne Hindernisse (pdf.)

Samstag, 6. November 2010

Naturparks - Enteignung auf Raten

«Keine weiteren Einschränkungen unserer Freiheit»
Verschiedene Gemeinden erteilen «Naturpärken» eine Absage
thk. Der Schutz der und die Sorge um die Natur sind den verantwortungsbewussten Menschen in der Schweiz selbstverständlich. Man wird kaum jemanden finden, der nicht dieser Meinung ist, und deshalb sieht es in unserem Land so aus, wie es aussieht: Eine gehegte und gepflegte Umwelt und ein hohes Bewusstsein darüber, dass diese Landschaft die Grundlage unseres Lebens bildet. Für die in der Landwirtschaft tätigen Menschen ist es klar, dass man auf keinen Fall die eigene Lebensgrundlage, den Grund und Boden, zerstören darf, sondern dessen Erhalt auf Generationen hinaus gesichert werden muss. Kein Bauer treibt Raubbau an seinem Land, schliesslich ist das sein grösstes Kapital.

Direkte Demokratie braucht keinen «Naturpark»
Um so absurder ist es, wenn quer über die Schweiz sogenannte Naturpärke entstehen sollen, die den Schutz einer bereits durch Natur- und Landschaftsschutz stark kontrollierten Landschaft gewährleisten sollen. Mit positiven Begriffen wie «Schutz unserer Umwelt», «Gemeinsam leben», «Parkgemeinden verbinden», «Zukunft selber gestalten» und ähnlichem – die ganze Ausdrucksweise erinnert an den Jargon der Zukunftswerkstatt – soll beim Bürger eine positive Grundeinstellung gegenüber den «Naturpärken» hervorgerufen werden.
Bei genauerer Betrachtung fällt aber auf, dass dies bei uns bereits alles ohne «Naturpärke» erfüllt ist, besonders in den Gemeinden: Der Schutz unserer Natur ist allen ein grosses Anliegen, das Zusammenleben gestalten wir Bürger schon immer gemeinsam, einzelne Gemeinden haben sich von jeher zusammengetan, um Sachfragen und anstehende Probleme gemeinsam zu lösen, und ein freier Bürger in einem Land mit direkter Demokratie gestaltet seine Zukunft im Verbund mit seinen Mitmenschen immer selbst.

Wollen wir unser Land dem Tourismus verkaufen?
In den Gebieten, die zu einem sogenannten Naturpark gehören, leben Menschen in Dörfern oder kleineren Städten, üben ihren Beruf dort aus, betreiben ein Gewerbe und gehen täglich zur Arbeit. Die Bezeichnung Park ist hier völlig fehl am Platz und suggeriert etwas ganz anderes. Seit wann bezeichnet man den Lebensraum von Menschen als Park oder gar Naturpark?
Als Argument wird immer wieder der Tourismus bemüht und die Verteilung irgendwelcher Label, die angeblich für wirtschaftlichen Aufschwung in den Gemeinden sorgen sollen. Wollen wir unsere Gemeinden wirklich nur noch auf eine Tourismusblase ausrichten und somit unser Land an einen wie auch immer gearteten Tourismus verkaufen? Es ist unser Lebensraum, und zuallererst müssen wir darin zufrieden leben können. Wohlgemerkt, die Labelvergabe obliegt dem Bund. Das sind die Vorgaben aus der EU, denen wir uns unterwerfen sollen. Die in einem Park zusammengeschlossenen Gemeinden können so besser ans Gängelband genommen werden. Nichts von «Zukunft selber gestalten». Das Gegenteil wird der Fall sein, man will den Menschen vorschreiben, wie sie in Zukunft ihre Umgebung zu gestalten und vor allem nicht zu gestalten haben.

«… sich nicht von schönen Worten einseifen lassen»
In verschiedenen Gemeinden, die innerhalb eines sogenannten Naturparkperimeters liegen, kam es in letzter Zeit zu Abstimmungen. Dabei müssen die Bürger der betroffenen Gemeinden entscheiden, ob sie dem sogenannten Parkverein beitreten und somit das Naturparkkonzept mittragen wollen.
Im Oberhalbsteingebiet und im Albulatal in Graubünden wurde in einigen Gemeinden über den Parc Ela abgestimmt. Zwei der 21 Gemeinden, die den Parc Ela bilden sollen, stimmten bisher gegen einen Beitritt, noch weitere Abstimmungen stehen aus.
Wenn man mit einzelnen Bürgern dort ins Gespräch kam, waren verschiedene Argumente zu hören. Doch überwogen meistens die Bedenken, dass nicht klar ist, wie gross die Einschränkungen im Baurecht und in der landwirtschaftlichen Nutzung des ­Bodens sind. Die Argumentation der Befürworter, dass sich durch den Beitritt nichts ändere und deshalb bedenkenlos zugestimmt werden könne, konnte in den Gemeinden Riom-Parsonz und Tinizong nicht überzeugen. Ein Bewohner meinte daher auch: «Wozu brauchen wir denn einen Park, wenn alles so bleibt, wie es ist?» Die Einschränkung der Gemeindeautonomie, verbunden mit dem Verlust an direkter Mitbestimmung, beschäftigt die Bürger. «Warum sollen wir einem Vertrag zustimmen, in dem noch nicht mal klar festgelegt ist, was man nachher noch darf und was nicht. Man darf sich nicht von den schönen Worten einseifen lassen, sonst haben wir unsere Freiheit verloren.»

Ernste Bedenken und kritische Einwände
In den Kantonen Uri sowie Nid- und Obwalden geht es um die Konstituierung des «Naturparks Urschweiz». Auch dort wird es in den nächsten Wochen zu weiteren Abstimmungen in einzelnen Gemeinden kommen. Die Gemeinde Engelberg ist aus dem Projekt ausgestiegen, bevor man den «Parkvertrag» zur Abstimmung vorgelegt hat. Wie von der Gemeindeverwaltung zu vernehmen war, gab es in Engelberg von der Mehrheit der betroffenen Interessenvertreter und touristischen Organisationen «Bedenken und kritische Einwände». In einer Mitteilung des Gemeinderats heisst es unter anderem: «Weitere Bedenken gab es vor allem im Bereich von allfälligen zukünftigen Schutzbestimmungen sowie bei der Abgrenzungsfrage des Park-Perimeters in Engelberg.» Auf Nachfrage erfuhr man, dass durch den Parkvertrag auch hier nicht klar ist, welche Auswirkungen er auf das Baurecht und den Landschaftsschutz habe, der heute bereits sehr streng sei und vor kurzem die Erstellung einer neuen Ski-Piste verhindert habe. Nach Aussagen der Gemeindeverwaltung habe die Bevölkerung den Entscheid über den Austritt aus dem «Naturparkprojekt» unterstützt, und das Thema sei heute vom Tisch.

«Der Naturpark Urschweiz ist nicht greifbar»
Hoffnung auf die Rückkehr zur Vernunft gibt nicht nur das Beispiel der beiden Gemeinden im Oberhalbsteingebiet und in Engelberg, sondern auch das Abstimmungsergebnis der Gemeinde Gurtnellen im Kanton Uri. Obwohl der Gemeinderat für einen Beitritt zum «Naturpark Urschweiz» plädiert hatte, stimmte die Mehrheit der Gemeinde gegen den finanziellen Beitrag von 11 000 Franken und verhinderte somit die Mitgliedschaft in diesem Parkverein. An der Gemeindeversammlung selbst sah es nicht nach diesem Ergebnis aus. Es gab kaum Voten dagegen, sondern es wurden vor allem Fragen gestellt. Dass am Schluss die Mehrheit dagegen war, zeigt, dass die Fragen wohl kaum befriedigend beantwortet worden sind. Sich weiteren Einschränkungen unterwerfen zu müssen, war für die Bürger von Gurtnellen nicht vorstellbar. Gleiche Abneigung hegt auch der Gemeinderat von Beckenried, der für eine Ablehnung des Park-Projekts plädiert. In einer Erklärung hält er fest, dass sich der Gemeinderat «nochmals eingehend mit dem Parkprojekt auseinandergesetzt» habe. Dabei kam er zum Schluss, dass «der Naturpark Urschweiz nicht greifbar» sei. «Es ist weiterhin unklar, welche zusätzlichen Auflagen und Einschränkungen ein solcher Naturpark mit sich bringen wird.»
Weiter heisst es, «die Politische Gemeinde möchte auch in Zukunft frei sein von zusätzlichen Einschränkungen und Auflagen». Der Gemeindepräsident präzisierte: «Es ist für jede Gemeinde eine andere Situation, man kann nicht für andere entscheiden, das muss jede Gemeinde für sich selbst überlegen, ob sie das will. Wir können es aber für unsere Gemeinde nicht befürworten.» Die hier ge­äusserten Bedenken sind absolut berechtigt. So steht zum Beispiel nach der Parkverordnung des Bundes unter Artikel 20, Abs. d: «Bestehende Beeinträchtigungen des Landschafts- und Ortsbildes durch Bauten, Anlagen und Nutzungen [sind] bei bietender Gelegenheit zu vermindern oder zu beheben.»
Damit ist klar, wieviel Entscheidungsfreiheit eine einzelne Gemeinde dann noch besitzt.

Sind «Parkvereine» staatsrechtlich zulässig?
Die Gemeindeautonomie und die umfassende politische Mitsprache, die zentrale Merkmale der Schweizer Demokratie sind, dürfen nicht einer Vereinsverordnung geopfert werden, die am Schluss dem Bürger keine Mitsprache mehr erlaubt. Nach einem Beitritt der Gemeinde in diesen Verein liegt die Entscheidungshoheit nicht mehr bei den Gemeindebewohnern, sondern bei einem übergeordneten Verein, in dem die Exekutivmitglieder ohne Mitsprache der Gemeindebewohner die Entscheidungen treffen. Es stellt sich ernsthaft die Frage, ob das staatsrechtlich überhaupt zulässig ist. Ein verantwortungsvoller Umgang mit unserem Land und unserer Landschaft ist im Interesse aller, dazu braucht es sicher keine «Naturpärke» à la EU, sondern freie und selbstbestimmte Bürger.