Angriff ist die schlechteste Verteidigung
Der ehemalige SIG-Funktionär Ekkehard Stegemann blitzt mit einer Klage gegen BaZ-Verleger Matthias Hagemann vor Gericht ab und entlarvt ein System der Intransparenz, das er selbst mitbegründet hatte...
Von Yves Kugelmann, tachles v. 07. Dezember 2007
Im Sommer 2006 kritisierte Matthias Hagemann, Verleger der Basler Zeitung (BaZ) und Verwaltungsrat der tachles-Herausgeberin JM Jüdische Medien AG, die verdeckte Lobbyarbeit von Pro-Israel-Gruppierungen und deren intransparente Versuche, Druck auf Redaktionen auszuüben. Hagemann schrieb: «Was nun die aggressive Lobbyarbeit jener informellen vernetzten Gruppe betrifft, zu der an vorderster Front ein in Basel lehrender christlicher Theologieprofessor gehört, so gilt es, hier in aller Deutlichkeit ein Stoppsignal zu setzen. Dies nicht etwa aus antisemitischen Gründen, im Gegenteil. Solche Eiferer schaden der jüdischen Sache, der die Basler Zeitung und vorher die National Zeitung traditionell zugetan war und ist. Es handelt sich um unzulässige Versuche, durch moralischen Druck die redaktionelle Freiheit zu beschränken.»
Klage wegen Persönlichkeitsverletzung
Der nicht namentlich genannte, aber wohl auch gemeinte Basler Theologe Ekkehard Stegemann outete sich im Lokalfernsehen Telebasel und verglich Hagemanns Kritik mit der antisemitischen Verschwörungstheorie der «Protokolle der Weisen von Zion». Kurz darauf klagte Stegemann gegen Hagemann vor dem Basler Zivilgericht wegen Persönlichkeitsverletzung. Das Gericht hat nun die Klage vor einer Woche deutlich abgewiesen und festgehalten, dass Hagemanns Kommentar in keiner Weise die Persönlichkeit Stegemanns verletzte. Stegemann selbst bestritt anfänglich in der Öffentlichkeit gar seine Tätigkeit für Media Watch.
Die Fakten allerdings, auf die sich auch das Gericht stützte, waren unmissverständlich. Stegemann fungierte bis ins Jahr 2004 als Präsident des Jüdischen Medienforums Schweiz. Danach wurde die Institution wegen zu hoher Kosten, interner Kritik und Misserfolgs aufgelöst und Media Watch gegründet. Kernaufgabe von Media Watch war das Verfassen von Leserbriefen sowie von Briefen an Redaktionen. Dies geschah jeweils persönlich ohne Deklarierung einer Mitgliedschaft bei der Gruppe Media Watch des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebunds (SIG). Ekkehard Stegemann war Mitglied von Media Watch, der SIG bezeichnete seine Tätigkeit als Berater und bezahlte ihm eine Entschädigung. Weitere Mitglieder wollten jeweils nicht genannt werden, bezogen teilweise ebenfalls Entschädigungen und agierten in der von Geschäftsleitungsmitglied Josef Bollag verantworteten Truppe hinter den Kulisse als Lobbyisten hauptsächlich für Israel, intervenierten bei Medien und verfassten interne Papiere zu Händen der SIG-Geschäftsleitung. Gemäss Auskunft des SIG fungierte Stegemann bis Sommer 2006 als Berater für den Dachverband. Im August 2006 wurde Media Watch abgeschafft.
Destruktiver Einsatz für Israel
Mit dem Rücken zur Wand steht nunmehr der SIG. Er hat über Jahre hinweg ein System der Intransparenz und eine eigenartige Israel-Lobby unter Verantwortung von Josef Bollag etabliert. Auch tachles bekam regelmässig die Exzesse dieser Arbeit zu spüren. Media Watch agierte zwar für den SIG hinter den Kulissen, zum Teil an den SIG-Gremien vorbei, deklarierte aber die Lobbyarbeit nach aussen nicht. Dieses Vorgehen kritisierte nicht nur Hagemann, es führte auch im Dachverband zu Diskussionen. Dass ausgerechnet ein selbsternannter Antisemitismusexperte in SIG-Funktion öffentlich mit Antisemitismusvorwürfen an die Adresse von Kritikern um sich wirft, schadet der Glaubwürdigkeit des ganzen Verbands. Gegenüber tachles bestätigte Präsident Alfred Donath, dass der SIG sich nicht finanziell am Verfahren beteiligen werde, das vollumfänglich zu Lasten des Klägers geht. Donath hatte im Sommer 2006 Media Watch abgeschafft und den Bereich Kommunikation übernommen.
Matthias Hagemann misst dem Urteil hohe Bedeutung zu, wie er gegenüber tachles sagt. Das Gericht habe die Pressefreiheit geschüzt. Es sei damit geklärt, dass man die Intransparenz und die teilweise überbordende Aggressivität dieser Lobbyarbeit darstellen und werten dürfe. Hagemann hofft, dass diesbezüglich nun ein Umdenken stattfindet. Gegen Lobbying, so Hagemann, sei an sich nichts einzuwenden, solange es transparent und vernünftig erfolge.
© 2001 - 2007 tachles Jüdisches Wochenmagazin
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