Montag, 21. Februar 2011

Die Revolutionen in der arabischen Welt

Die “Revolutionen” in der arabischen Welt gehen weiter und enden mit - unveränderten Militärdiktaturen wie vorher, nur mit einem anderen General oder einem Freund eines Generals am Ruder. In Tunesien haben die Menschen aufgehört zu jubeln und verlassen in großer Zahl das Land, um in das gelobte Land, Europa, zu segeln. Europäische Politiker versprachen ihnen freien Eintritt durch die Mittelmeer-Union, die noch nie etwas anderes als ein NWO-Schreibtischmachwerk wurde, weil der Islam und die westliche Kultur ebenso unvereinbar wie Feuer und Wasser sind. In Ägypten jubeln sie noch - ein paar Monate, obwohl nichts geändert wurde, ausser dass Mubarak nun im Koma liegt, wie auch Tunesiens Ben Ali. Die Insel Lampedusa ist mit frustrierten Tunesiern überbevölkert. Die EU will sie natürlich nicht zurückschicken, weil die EU unter dem Vorwand eines Mangels an Arbeitskräften 56 Millionen (ungelernte) muslimische Afrikaner + ihrer Familien bis 2050 rekruttiert - ungeachtet der Tatsache, dass in Dänemark jeder undankbarer muslimischer Einwanderer 3,973 Euro pro Jahr im Durchschnitt kostet - und im Jahr 2001 sogar 10% der dänischen und schwedischen Staatshaushalte. Es ist seit langem autoritativ offen gelegt, dass der wahre Grund ist, “unsere” Politiker wollen im Dienst der neuen Weltordnung unsere christliche Kultur und Religion radikal zerstören. Für die EU ist das Einwandererchaos willkommen: Es wird als Argument verwendet, um alle Flüchtlingspolitik in Brüssel, das einfach ein Verteilungszentrum für Muslime sein soll, zu zentralisieren.

Nun beginnen scheinbar neue Winde zu wehen: Sarkozy, David Cameron, Angela Merkel und einige andere Spitzen-Politiker erklären den Multikulturalismus für einen Misserfolg und wollen Muslime besser in die westlichen Gesellschaften integrieren, was seit 40 Jahren vergeblich versucht worden ist. Man muss solche Reden für heiße Luft halten, denn die gleichen Politiker tun nichts, um die uneingeschränkte muslimische Einwanderung zu stoppen. Sicherlich werden sie Frontex im Mittelmeer patrouillieren lassen - aber sowohl der EU Gerichtshof als auch die Vereinten Nationen verbieten das Zurücksenden der Einwanderer!
Die euromediterrane Barcelona Erklärung im Jahr 1995 wollte den EU / Nordafrika / Nahost Bereich in eine Zone der geteilten Stabilität, Demokratie, des Wohlstands, der kulturellen Identität, religiösen Toleranz und einer Freihandelszone bis zum Jahr 2010 verwandeln. Heute ist die Mittelmeer-Union ist ein totaler Scherbenhaufen, und die EU ist um viele Milliarden ärmer. Da aber keine Europäer von der Existenz des Euromed-Projekts weiss, ist das Unglück nicht so groß: Die EU wird der NWO weiterhin treu dienen und uns das Geld aus unseren Taschen für zukünftige militärische und Scharia-Diktaturen sowie für unzählige muslimische Einwanderer ziehen. Die EU hat ihre Hausaufgaben gemacht: Es wird das christliche Erbe Europas in ihren Dokumenten nicht erwähnt - auch nicht in einem Schultagebuch, in dem allerlei heidnische Feiertage erwähnt werden - aber keine Christlichen.

Die Türkei, EU-Kandidatin, wird immer nationalistischer und islamischer, so jeden Tag zwingt sie alle Kinder einen Eid, dass mit den Worten: “Glücklich sind diejenigen, die sich selbst Türkisch nennen können” endet, zu schwören. Die EU bringt ihre Unzufriedenheit - in der Tat mit der mangelnden Unterstützung des Islam für die iluministische Neue Weltordnung – zum Ausdruck. Die Türkei hat andere Pläne: die Welt in ein osmanisches Weltkalifat zu integrieren. Die Mittelmeer-Union - seinen Bewohnern noch unbekannt - wird nun auf das, was sie immer war - eine kostspielige und destabilisierende Manipulation / Illusion mit nur einem Ergebnis: muslimische Masseneinwanderung nach Europa, heruntergenommen.
Aber hat die EU genug? Wohl kaum. Die EU ist ein NWO-Lakai, der alle anderen Erwägungen, um zu ihrem Ziel, dem illuministischen Eine-Weltstaat, zu gelangen, beiseite schiebt - und die EU war das Modell. Jedoch, das Euromed-Projekt zeigt, dass es nicht friedlich zugehen wird, was auch nicht beabsichtigt ist. Der Illuministenguru, Albert Pike, hat 3 Weltkriege, um dieses Ziel zu erreichen, vorhergesagt.

Wie jeder denkende Mensch bereits im Jahr 1995 voraussagen konnte: Es wird ein böses Ende nehmen. Diese Katastrophe ist schon lange in Form von muslimischer Einwanderung und muslimischer Weigerung, sich anzupassen, viel weniger die Kulturen des Gastlandes zu respektieren, offenbar. Aber die nächste Phase kommt durch Hungersnot, wegen der Nahrungsmittelspekulationen der Bankerkreise, die hinter der EU und Euromediterranien / der Neuen Weltordnung stehen. Die anschließenden Ausschreitungen werden gem. Beobachtern und Aussagen von Revolutionären, zu Bürger- und regionalen Kriegen führen - und von dort zum 3. Weltkrieg. Man muss sagen, dass die EU dem Plan genaustens folgt.

Samstag, 12. Februar 2011

Kehrt die Inflation zurück?

Geldpolitik der Notenbanken im Zwielicht

von Dr. rer. publ. Werner Wüthrich

Die Bürger haben sich lange Zeit viel zu wenig mit den Fragen des Geld-, Währungs- und Bankwesens beschäftigt. Dies ist eine der mannigfaltigen Ursachen der Finanzkrise, die nach und nach zuerst die Manager der Bankkolosse, dann die Regierungen und nun auch die Verantwortlichen der ­Notenbanken entzaubert hat. Das hat sich nun geändert. Nicht nur Politiker und Verbände, sondern auch viele Bürgerinnen und Bürger treffen sich, machen sich Gedanken und debattieren über die Frage des Geldwesens – öffentlich oder im privaten Kreise – , wie es zu einer mündigen Zivilgesellschaft gehört. Das ist gut so. Der folgende Bericht soll dazu einen Beitrag leisten.

Die bedeutendste Wirtschaftsorganisation der Schweiz, économiesuisse, hat vor kurzem ein Thesen-Papier mit dem Titel «Kehrt die Inflation zurück?» veröffentlicht. Die beiden Autoren der Universität St. Gallen äussern sich kritisch zur aktuellen Geldpolitik der Notenbanken. Zentrale Aussagen aus dieser Studie sollen hier – etwas vereinfacht – wiedergegeben und mit aktuellen Ereignissen veranschaulicht werden. Die Autoren der Studie haben die Form des Thesenpapiers gewählt, weil zuverlässige Voraussagen wegen der komplexen Zusammenhänge schwierig sind.

«Quantitative Easing» 1 und 2
Früher sprach man noch von der Gelddruckmaschine, die Politiker in Zusammenarbeit mit der Notenbank einsetzten, wenn sie überfordert waren, nicht mehr weiterwussten oder wenn sie gerade Krieg führten oder neue Kriege planten. Um diese Sachverhalte zu verschleiern, bezeichnet man das Gelddrucken heute als «Quantitative Easing» oder übersetzt als «Quantitative Lockerung». FED-Chef Bernanke hat es vorgemacht. Im November 2008 verkündete er das Programm QE1. Er kaufte damals mit neu kreierten Dollars zahlreiche Wertpapiere: für 175 Milliarden Anleihen der beiden Hypothekenfinanzierer Fanny Mae und Freddie Mac (die beide in der Immobilienkrise der USA eine zentrale Rolle spielen), für 300 Milliarden US-Staatsanleihen und für 1250 Milliarden problematische Hypothekenpapiere. Diese Politik sollte angeblich den Immobilienmarkt stabilisieren.
Dieses Ziel wurde nicht erreicht. Die Finanzmärkte haben sich zwar aus verschiedenen Gründen etwas beruhigt. Der Immobilienmarkt ist noch nicht beruhigt und noch keineswegs saniert.
Vor wenigen Wochen hat die amerikanische Notenbank das Programm QE2 angekündigt. Der Umfang ist etwas bescheidener. Während QE1 mit 1750 Milliarden noch fast dreimal so gross dimensioniert war, fällt QE2 mit 600 Milliarden Dollar etwas geringer aus.
Andere Notenbanken haben sich angeschlossen. Die Bank of England BoE betreibt ebenfalls «Quantitative Easing», indem sie für 200 Milliarden neukreierte englische Pfund Staatsanleihen der eigenen Regierung kaufte. Weitere Programme sind auch in London bereits angekündigt. Japan beschreitet den gleichen Weg. Die Europäische Zentralbank EZB hat sich ebenfalls der Politik der FED angeschlossen. Sie lässt keine Zweifel offen, dass die «Geldruckmaschine» (bzw. ihr elektronisches Äquivalent) noch stärker zum Einsatz kommen wird – insbesondere zum Kauf maroder Staatsanleihen. Das Eigenkapital der EZB soll in Kürze mit neuen Beiträgen ihrer Mitglieder verdoppelt werden, um die kommenden Verluste abdecken zu können.

Wie kam es dazu?
In vielen Ländern wird die Politik der ­Notenbanken heute begleitet durch rekordhohe Konjunktur- und Bankrettungsprogramme der Regierungen, die die Staatsverschuldung dramatisch haben ansteigen lassen. Damit allein kann die heutige Situation nicht erklärt werden. Die Schuldenorgie von heute folgt auf rund vier Jahrzehnte ständig wachsender Schuldenberge, die bereits vor der Krise ein bedenkliches Niveau erreicht hatten. Die Schulden der US-Regierung zum Beispiel haben sich in den letzten fünf Jahren fast verdoppelt und werden in diesen Wochen 14 Billionen Dollar übersteigen. Die zum Teil ebenfalls prekäre Verschuldung der Kommunen und Bundesstaaten sind darin nicht enthalten.

Ist die Geldpolitik der Notenbanken realistisch?
Im normalen Leben muss jemand eine Leistung erbringen, bevor er dafür Geld erhält. Im Unterschied zu früheren Zeiten handeln Notenbanken heute umgekehrt: Sie schaffen Geld aus dem Nichts, wofür der Begünstigte (der dieses Geld erhält) sich Güter und Dienstleistungen verschaffen kann, für die andere hart arbeiten müssen. Ist dies gesund? Wer profitiert? Wer ist benachteiligt? Was will diese Politik erreichen?
Ben Bernanke, Chef der FED, will mit neugeschaffenem, billigem Geld die Wirtschaft beleben und vor allem die Arbeitslosigkeit senken. Das Geld fliesst den Banken zu, so dass diese günstige Kredite gewähren, mit denen neue Arbeitsplätze geschaffen werden sollten. Die Arbeitslosigkeit in den USA – heute etwas weniger als 10 Prozent – soll auf «normale» 5 Prozent gedrückt werden.
Funktioniert dieser Plan? Noch 2009 haben die US-Banken im Vergleich zum Vorjahr für 1000 Milliarden Dollar zusätzliche Kredite gewährt. 2010 war die Situation anders. Vielen Amerikanern ist bewusst geworden, dass sie lange Zeit über ihre Verhältnisse gelebt haben. Sie haben begonnen, Schulden zurückzubezahlen, was an sich erfreulich ist (und über viele Jahre fortgesetzt werden müsste). Per saldo sind so in diesem Jahr mehr Kredite zurückbezahlt als neue beansprucht worden. Die sogenannte «Deliverance», die Befreiung von Schulden, hat begonnen – zumindest bei Unternehmen und Privaten. Damit entstehen jedoch kaum neue Arbeitsplätze. Insgesamt sind seit Beginn der Krise in den USA 7,5 Millionen Arbeitsplätze verlorengegangen, die bisher nicht wieder neu geschaffen wurden.
Die Arbeitslosigkeit verharrt nach neuester Zählung zwischen 9 und 10 Prozent. Misst man die Arbeitslosigkeit nach der Methode der 1930er Jahre, so beträgt sie über 20 Prozent der arbeitswilligen Bevölkerung. Heute werden in der Statistik nur diejenigen erfasst, die Taggelder von der Arbeitslosenversicherung beziehen. – Was heisst das konkret? Ein Millionenheer von US-Amerikanern leistet heute keinen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung des Landes, obwohl sich die Konjunktur etwas aufgehellt hat und in bescheidenem Ausmasse wieder Arbeitsplätze geschaffen werden. Die Erwerbsquote – der Anteil der Erwerbstätigen an der Gesamtbevölkerung – sinkt weiter und war noch nie so tief wie heute. Die Zahl der Bezüger von Lebensmittelmarken (Supplemental Nutrition Assistance Program) ist mit 43 Millionen auf ein Rekordhoch gestiegen.

Geld per Knopfdruck als Zaubermittel?
Heute können Notenbanken zwar per Knopfdruck neues Geld schaffen. Sie können jedoch nicht wirklich steuern, wie und wofür dieses Geld verwendet wird. Die USA und andere Länder haben in den letzten Jahren sehr grosse Teile des Produktionsapparates ins Ausland verlagert – in Länder wie China, die Philippinen, Korea, Indonesien und auch nach Südamerika, wo die Löhne deutlich niedriger sind. Die technischen «Wundergeräte» von Apple zum Beispiel werden rund um den Globus gekauft, weil man damit so gut telefonieren, spielen, fernsehen, im Internet «surfen» und noch manches mehr machen kann. Das US-Unternehmen erzielt damit Rekordgewinne, schafft in den USA jedoch nur wenige Arbeitsplätze, weil diese Geräte in Asien produziert werden. «Designed in California and produced in China», heisst es aus der Firmenzentrale.
Es fehlen heute riesige Wirtschaftsbereiche, die notwendig wären, um die hohe Arbeitslosigkeit wirklich abzubauen. Nach der Theorie sollten die verlorenen Arbeitsplätze der Industrie im Dienstleistungsbereich neu geschaffen werden. Ist dieses Vorhaben realistisch? Können hier wirklich viele Millionen von Arbeitssuchenden zusätzlich beschäftigt werden? Es zeigt sich heute mehr und mehr, dass strukturelle Probleme wie die konstant hohe Arbeitslosigkeit mit neu gedrucktem Geld nicht lösbar sind.

«Vagabundierendes Geld»
Was geschieht mit dem neukreierten Geld, das nicht oder nicht so zirkuliert, wie es sollte? Es «wandert» um die Welt und erzeugt in anderen Teilen der Welt Wachstum und Wohlstand. – Ist dies wirklich so? Die Autoren der économiesuisse-Studie sprechen in ihren Thesen von «vagabundierendem Geld», das vor allem in Länder fliesst, die dem Anleger eine hohe Rendite versprechen, weil sie prosperieren, keine Immobilienkrise durchgemacht haben und von der Finanzkrise nur am Rande betroffen sind.
Ein Beispiel: Brasilien befindet sich in einer Hochkonjunktur. Allein im August sind 242 000 neue Arbeitsplätze geschaffen worden. Die Löhne, die Inflation und auch die Zinsen steigen. Der Autoabsatz erreichte Rekorde. Neue Häuser werden in grosser Zahl gebaut. Die Arbeitslosigkeit ist so tief wie noch nie in der Geschichte Brasiliens. Auf den ersten Blick ist dies alles sehr erfreulich.
Auf den zweiten Blick ergeben sich Zweifel. Die ausländischen Spekulationsgelder heizen die Konjunktur künstlich an und führen zu ungesunden, nicht tragfähigen Strukturen. Es gibt bereits Anzeichen einer Überhitzung, eines Baubooms und einer sogenannten Immobilienblase. Die steigenden Zinsen könnten die Konjunktur in Kürze einbrechen lassen – vor allem weil die Hausbesitzer die Hypothekarzinsen nicht mehr aufbringen oder die Konsumenten ihre leichtfertig aufgenommenen Kredite nicht zurückzahlen können. – Das alles tönt sehr bekannt. Die US-Amerikaner, die Spanier, die Iren und andere mehr könnten manches dazu erzählen.
Ein weiterer Punkt kommt dazu: Die ausländischen Spekulationsgelder werden jeweils schnell wieder abgezogen, wenn sich der «Wirtschaftshimmel» einzutrüben beginnt. In der Asienkrise vor zehn Jahren haben viele Länder diese schmerzliche Erfahrung gemacht. Vor allem ausländische Hedge Funds haben diese Länder in massive finanzielle Schwierigkeiten gebracht, als sie mit ihrem Geld zuerst die Konjunktur künstlich anheizten und danach ihre Investments schnell wieder abzogen, als sich ihre Erwartungen nicht erfüllten.
Viele asiatische und vor allem südamerikanische Länder ergreifen heute Massnahmen, um den gefährlichen, übertriebenen Dollarzustrom abzuwehren. So hat Südkorea bereits Gesetze erlassen, um ausländische Kapitalzuflüsse zu verringern. Indonesien schränkt den Kapitalzufluss ebenfalls ein. Brasilien hat die Steuern für Ausländer erhöht, die in diesem Land Wertpapiere kaufen. Thailand hat ebenfalls solche Massnahmen ergriffen.

Warum ist bisher noch kaum Inflation in Sicht?
économiesuisse greift in ihren Thesen eine weitere zentrale Frage auf: Warum hat das «Quantitative Easing» bzw. die Verdopplung und Verdreifachung der Geldmenge in vielen Staaten nicht schon längst zur Geldentwertung geführt?
Die Autoren der Studie geben verschiedene Gründe an: Zum einen besteht ein «time lag», das heisst, es vergehen erfahrungsgemäss etwa 3 bis 4 Jahre, bis sich die aufgeblähte Geldmenge in höheren Preisen auswirkt. Bestimmte Faktoren verzögern diesen Vorgang, andere beschleunigen ihn:
Preisdämpfend wirkt zum Beispiel die fortschreitende Automatisierung der Produktion. Sie hat dazu geführt, dass die industriellen Kapazitäten heute vielerorts nicht ausgelastet sind. Man könnte mit dem heutigen Produktionsapparat noch mehr produzieren – oder anders ausgedrückt: das potentielle Angebot ist grösser als die Nachfrage.
Ähnlich wirkt der globale Wettbewerb. Auch dazu ein Beispiel: Wenn der Autokonzern VW seine Preise um 10 Prozent erhöhen würde, dann würden viele Leute auf der ganzen Welt ausweichen und vielleicht Autos aus Frankreich oder aus Japan kaufen, deren Fabriken nicht ausgelastet sind und die froh sind, ihre Autos zu den alten Preisen verkaufen zu können.
Das viele neukreierte Geld der Notenbanken steht zwar bereit, um in den westlichen Krisenländern eine zusätzliche Nachfrage zu schaffen. Das geschieht jedoch im Moment zu wenig. Die US-Bürger zum Beispiel konsumieren weniger, haben trotz der tiefen Zinsen zu sparen begonnen und bezahlen ihre Schulden zurück. Das neue Geld sucht eine andere Verwendung und beginnt zu «vagabundieren», wie es die Autoren der économiesuisse-Studie bezeichnen. Es fliesst an die Wertpapier- und Rohstoffbörsen, die zum Teil bereits wieder Höchststände erreicht haben. Oder es fliesst – wie oben dargelegt – in asiatische oder südamerikanische Länder, die von der Krise weniger betroffen sind und wo die ausländischen Investoren für ihre Geldanlagen eine hohe Rendite erwarten.

Die Inflation meldet sich zurück
Die ultra-expansive Geldpolitik von heute weitet die zirkulierende Geldmenge massiv aus. Diese wirkt jedoch auf die Preise mit einer erheblichen Zeitverzögerung. «Die heutige Geldpolitik bestimmt die Inflationsrate von übermorgen.» (économiesuisse-Studie). Die Verantwortlichen der Notenbanken beteuern zwar heute, dass sich die Teuerung in den westlichen Ländern in Grenzen hält und sie achtsam sein werden. Sie hüten sich aber Prognosen abzugeben für die nächsten Jahre.
Ein aktuelles Beispiel: Am 3. Februar hat der EZB-Rat beschlossen, trotz der anziehenden Teuerung an der expansiven Geld­politik festzuhalten und den Leitzins bei 1 Prozent zu belassen. EZB-Chef Trichet betonte, dass er keine Gefahr für die Preisstabilität sehe und die EZB keine Veranlassung habe, ihre Geldpolitik zu ändern. Dabei gibt es nicht nur Faktoren, die die Entstehung von Inflation verzögern. Es gibt auch solche, die sie beschleunigen:
1. Die Preise für Rohstoffe, Energie und Lebensmittel steigen auf dem Weltmarkt massiv. Das Öl kostet wieder um 100 Dollar, der Preis für Eisenerz hat sich fast verdoppelt, Energie wie Gas und Strom sind zum Beispiel in Deutschland um einen Viertel teurer geworden, die Getreidepreise an den Rohstoffbörsen sind um fast die Hälfte gestiegen, der Preis für Baumwolle hat sich verdoppelt usw. Wie schon so oft verstärken spekulative Geschäfte diesen Trend.
2. China, Brasilien, Indien und andere Schwellenländer haben Hochkonjunktur. Sie leiden bereits unter einer starken Teuerung und haben rigorose Massnahmen ergriffen. So müssen Banken deutlich mehr Reserven halten und sich in ihrer Kreditgewährung zurückhalten. Die chinesische Zentralbank hat die Zinsen bereits zum zweiten Mal erhöht. Südkorea und Thailand haben sich angeschlossen. – Die westlichen Länder beziehen einen erheblichen Teil der industriell hergestellten Güter aus asiatischen und südamerikanischen Ländern. Die konjunkturelle Überhitzung und die rasant steigende Inflation in diesen Ländern verteuern die Güter, die wir importieren. Wir werden dies in Kürze beim Einkaufen zu spüren bekommen.
3. Ein Währungskrieg zeichnet sich ab: Während in der Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre die einzelnen Länder ihre Wirtschaft mit Zöllen schützten, ist heute etwas Ähnliches im Gang über die Währungen. Ein Beispiel: Die USA schwächen den Dollar über die Notenpresse, so dass ihre Unternehmen die Produkte und Dienstleistungen auf dem Weltmarkt auf Kosten anderer billiger anbieten können. Gleichzeitig stopft die FED mit dem neugeschaffenen Geld die «Löcher» im Staatshaushalt und entwertet längerfristig den über viele Jahrzehnte angehäuften, unbezahlbar gewordenen Schuldenberg.

Diese Politik bleibt nicht unbemerkt. Andere Notenbanken tun es den USA gleich und machen deren Vorteil im globalen Handel wieder zunichte. So füllt die EZB über die Notenpresse die leeren Kassen ihrer Krisenländer, entwertet ihre Währung und ihren eigenen Schuldenberg. Japan und andere Länder machen es ebenso usw. Was sind die Folgen?
Das Vertrauen in die Währungsbehörden schwindet ganz allgemein. Die Autoren der Studie von économiesuisse kommen zum Schluss, dass ein eigentlicher «Währungskrieg» droht, der weltweit eine «Geldschwemme» in Bewegung setzt und mit hoher Wahrscheinlichkeit global eine Inflation auslösen wird – mit verheerenden Folgen für die Bevölkerung. Gibt es bereits Anzeichen? Wer bezahlt die Zeche?
Die Inflationsrate ist in England bereits um mehr als 3 Prozent und im Euroraum um mehr als 2 Prozent gestiegen. Der Trend hält auch in diesem Jahr an, wobei die offizielle Statistik nicht unumstritten ist. Ein Professor der Universität Freiburg hat die «gefühlte» Inflation mit einer Methode berechnet, die den Preisanstieg der alltäglichen Güter stärker gewichtet. Er ist so für Deutschland zu einem fast dreimal so hohen Teuerungswert gekommen wie die amtliche Statistik.
Ich verweise hier zusammenfassend auf einen Artikel in der «Neuen Zürcher Zeitung» vom 18.1.2011 mit dem Titel «Das Leiden der kleinen Leute – Selbst geringe Inflation reduziert die Kaufkraft des Geldes auf lange Sicht dramatisch». Der Autor weist unter anderem auf eine Berechnung der deutschen Bundesbank hin, wonach der US-Dollar seit August 1973, als die heutige Währungsordnung geschaffen wurde, unglaubliche 86,6 Prozent an Kaufkraft verloren hat. (http://www.nzz.ch/finanzen/nachrichten/das_leiden_der_kleinen_leute_1.9130923.html)


Die Notenbanken am Gängelband der Politik?
Die Notenbanken könnten zwar ihre ultra-expansive Geldpolitik beenden und die Zinsen anheben. Technisch wäre dies kein Problem. Es würde allerdings für die überschuldeten Staaten hohe Kosten verursachen, weil die höheren Zinsen den Staatshaushalt belasten und die Wirtschaft bremsen würden. Ein Zinsanstieg von 1 Prozent würde im Euroraum bewirken, dass die Zinskosten um 70 Milliarden Euro steigen würden. Zweifel sind berechtigt – so die Studie von économiesuisse – ob die Notenbanken stark und willens genug sind, dem politischen und wirtschaftlichen Druck der Regierungen zu widerstehen, das «Quantitative Easing» auch in diesem Jahr fortzusetzen und auszuweiten. Das Programm «Quantitative Easing 2» endet am 30.6.2011. Tom Hoenig, Präsident der FED von Kansas City und Mitglied des Offenmarkt-Ausschusses, hat in den letzten Monaten gegen die offizielle Politik der amerikanischen Notenbank opponiert. Heute berichtet er, dass die FED über «Quantitative Easing Nr. 3» beraten wird, falls die Konjunkturdaten weiterhin enttäuschen.
Ein weiterer Faktor kommt hinzu: Es fällt auf, dass die wichtigsten Notenbanken wie die FED, die Bank of England, die EZB, die Bank of Japan und auch die SNB ihre Geldpolitik aufeinander abstimmen. Zwar bestehen Unterschiede. Die Notenbanken gestalten ihre Geldpolitik trotzdem synchron, wobei die FED mit ihrem Chef Ben Bernanke den Takt angibt. Dieser ist von der trügerischen Vorstellung geleitet: Um die Krise zu beenden, müsse die «Notenpresse» schnell und aggressiv eingesetzt werden, und diese Politik dürfe nicht zu schnell wieder beendet werden. Für eine einzelne Notenbank ist es deshalb nicht einfach, einen eigenen Weg zu gehen. Die kommende Inflation – so folgern die Autoren der économiesuisse-Studie – wird deshalb mit hoher Wahrscheinlichkeit global sein.

Alles nicht so schlimm?
«In der langen Frist sind wir alle tot». Mit diesem «Argument» ist der Ökonom der 1930er Jahre, John Maynard Keynes, seinen Kritikern entgegengetreten, die darauf hingewiesen haben, dass die über die Notenpresse ­finanzierte Schuldenpolitik längerfristig in eine Sackgasse führen würde. – Die Studie der économiesuisse stellt dazu treffend fest: «Nun, die lange Frist wird trotzdem eintreffen. Dann werden wir nicht alle tot sein, aber mit entsprechenden Aufräumarbeiten der heutigen weltweiten Geldpolitik beschäftigt sein.»

Fazit
Die Autoren der économiesuisse-Studie kommen zusammenfassend zu folgendem Schluss:
«Die Wirtschaftsakteure passen ihre Inflationserwartungen bei neuen Informationen heute wesentlich schneller an als in den 1970er und 1980er Jahren. Der Anstieg der Inflationsrate kann somit rasch erfolgen. In der Folge wollen Anleger für den Inflationsverlust auch durch höhere Zinsen entschädigt werden. Die Reputation der Notenbanken, für Preisstabilität sorgen zu wollen und zu können, leidet und erhöht die Inflationserwartungen weiter. Dies hat zur Folge, dass die Wirtschaftssubjekte von permanent hohen Inflationsraten ausgehen. Steigende Rohstoffpreise heizen die Preisentwicklung weiter an. Die Lohn-Preis-Spirale, für die es bis dato keine Anzeichen gibt, sorgt daher nicht nur für höhere, sondern auch für persistente Inflationsraten.»
«Es spricht leider vieles für dieses globale Inflationsszenario. Entsprechend würde eine restriktive Geldpolitik der Notenbanken, die eine Rückkehr zur Preisstabilität bezweckt, zu einer Weltrezession führen. Der gigantische globale Geldüberhang wird nicht ohne grosse Kosten abzubauen sein. Je länger zugewartet wird, desto grösser werden die gesamtwirtschaftlichen Folgen sein.»

EU-Länder plündern die Altersvorsorge ihrer Bürger
EU: Fünf EU-Länder wollen Teile oder gleich die gesamte private Altersvorsorge ihrer Bürger beschlagnahmen, um ihre Staatsschulden zu verringern: Bulgarien, Polen, Irland, Frankreich und Ungarn. In Brüssel erwartet eine überwältigende Mehrheit, dass der EU-Hilfsfonds für Pleite-Länder von derzeit 440 Milliarden. Euro bis zum Sommer 2011 zumindest verdoppelt wird. Zudem haben die europäischen Staaten, Banken und Unternehmen in diesem Jahr den gigantischen Finanzierungsbedarf von 2,4 Billionen Euro. Die Rettung des Euro, soweit überhaupt noch möglich, wird den Steuerzahler wesentlich mehr kosten, als ihnen bisher vorgegaukelt wird – um sie nicht zu «verunsichern».


Quelle: Interinfo, Februar 2011, Folge 386

Dienstag, 8. Februar 2011

Das globale politische Erwachen

Erleben wir den Beginn einer weltweiten Revolution? Nordafrika und das globale politische Erwachen, Teil 1

Andrew Gavin Marshall

Es scheint, als erlebe die Welt den Beginn einer neuen revolutionären Ära: das Zeitalter des »Globalen Politischen Erwachens«. Dieses »Erwachen« manifestiert sich zwar in verschiedenen Regionen und Ländern und unter unterschiedlichen Umständen, wird jedoch in hohem Maße durch die globalen Bedingungen bestimmt. Die weltweite Dominanz durch die westlichen Führungsmächte, allen voran die Vereinigten Staaten, in den vergangenen 65 Jahren, eigentlich schon seit Jahrhunderten, ist an einen Wendepunkt gekommen.

»Zum ersten Mal in der Geschichte ist fast die gesamte Menschheit politisch aktiviert, legt politisches Bewusstsein an den Tag und beeinflusst sich gegenseitig politisch … Der daraus resultierende weltweite politische Aktivismus führt dazu, dass der Drang nach persönlicher Würde, kulturellem Respekt und wirtschaftlichen Chancen steigt in einer Welt, die von der schmerzlichen Erinnerung an jahrhundertelange fremde Kolonialherrschaft oder imperialistische Dominanz gezeichnet ist … Das weltweite Verlangen nach Menschenwürde ist die zentrale Herausforderung bei dem Phänomen des globalen politischen Erwachens … Dieses Erwachen erfasst die Gesellschaft ganz massiv und radikalisiert sie politisch … Der fast überall verfügbare Zugang zu Radio, Fernsehen und zunehmend zum Internet erzeugt eine Gemeinschaft gemeinsamer Wahrnehmung und von Neid, die von demagogischer politischer oder religiöser Leidenschaft elektrisiert und kanalisiert werden kann. Diese Energien reichen über Landesgrenzen hinweg und stellen sowohl für die bestehenden Staaten als auch für die bestehende globale Hierarchie, in der Amerika noch immer eine Spitzenposition einnimmt, eine Herausforderung dar …

Die Jugend in der Dritten Welt zeigt sich besonders unruhig und gereizt. Die demografische Umwälzung, die sie verkörpert, wird somit auch zu einer politischen Zeitbombe … Ihre potenziell revolutionäre Führung wird sich mit hoher Wahrscheinlichkeit aus den Reihen der Millionen von Studenten rekrutieren, die sich in den intellektuell häufig fragwürdigen ›Hochschul‹-Bildungseinrichtungen der Entwicklungsländer sammeln. Je nachdem, was man als Hochschul-Bildungsebene definiert, gibt es heute weltweit zwischen 80 und 130 Millionen ›College‹-Studenten. Diese Millionen Studenten, die typischerweise aus der sozial unsicheren unteren Mittelschicht kommen und von Wut über die gesellschaftlichen Zustände entbrennen, sind Revolutionäre im Wartestand, sie sind bereits in großen Gruppen teilweise mobilisiert, stehen über das Internet miteinander in Verbindung und sind bereit, das, was vor Jahren in Mexiko City oder auf dem Tiananmen-Platz geschehen ist, zu wiederholen. Ihre physische Energie und emotionale Frustration warten praktisch nur darauf, von einem Anlass, Glauben oder Hass gezündet zu werden …

Die neuen und alten großen Weltmächte sind mit einer neuartigen Realität konfrontiert: einerseits ist ihre Militärmacht größer und tödlicher denn je zuvor, andererseits waren sie nie zuvor so schwach, wenn es darum geht, die politisch erwachten Massen auf der Welt unter Kontrolle zu halten. Um es ganz klar zu sagen: Früher war es einfacher, eine Million Menschen unter Kontrolle zu halten, als eine Million Menschen umzubringen; heute ist es unendlich viel einfacher, eine Million Menschen umzubringen, als eine Million Menschen zu kontrollieren.« (1)

Zbigniew Brzezinski (ehemaliger Nationaler Sicherheitsberater der USA,

Mitbegründer der Trilateralen Kommission, Mitglied des Kuratoriums, Center for Strategic and International Studies)

In Tunesien hat ein Aufstand zum Sturz der seit 23 Jahren bestehenden Diktatur von Präsident Ben Ali geführt. Trotz Bildung einer neuen »Übergangs«-Regierung haben die Proteste nicht aufgehört, bei denen eine völlig neue Regierung gefordert wird, die frei ist von den Relikten der früheren Tyrannei. Seit Wochen gibt es Demonstrationen in Algerien, dort steigt die Wut über steigende Lebensmittelpreise, Korruption und staatliche Unterdrückung. Angesichts von Protesten in Jordanien sah sich der König gezwungen, das Militär einzusetzen, im Umkreis der Städte Panzer aufziehen zu lassen und Kontrollpunkte zu errichten. Zehntausende Demonstranten marschierten in Kairo und verlangten ein Ende der 30-jährigen Diktatur von Hosni Mubarak. Tausende Aktivisten, Oppositionsführer und Studenten demonstrierten in der Hauptstadt des Jemen gegen die korrupte Diktatur von Präsident Saleh, der seit 1978 an der Macht ist. Saleh versucht mit amerikanischer Militärhilfe, eine Rebellenbewegung im Norden zu zerschlagen und ebenso eine massive Abtrünnigen-Bewegung namens »Bewegung des Südens«, die im Süden des Landes immer mehr Anhänger gewinnt. Proteste in Bolivien gegen steigende Nahrungsmittelpreise zwangen die populistische Regierung von Evo Morales, eine geplante Kürzung von Subventionen zurückzunehmen. In Chile brachen Unruhen aus, als Demonstranten gegen steigende Benzinpreise auf die Straße gingen. In Albanien kamen mehrere Demonstranten bei Protesten gegen die Regierung ums Leben.

Es scheint, als erlebe die Welt den Beginn einer neuen revolutionären Ära: Das Zeitalter des »Globalen Politischen Erwachens«. Dieses »Erwachen« manifestiert sich zwar in verschiedenen Regionen und Ländern und unter unterschiedlichen Umständen, wird jedoch in hohem Maße durch die globalen Bedingungen bestimmt. Die weltweite Dominanz durch die westlichen Führungsmächte, allen voran die Vereinigten Staaten, in den vergangenen 65 Jahren, eigentlich schon seit Jahrhunderten, ist an einen Wendepunkt gekommen. Die Menschen auf der Welt sind unruhig, aufgebracht und voller Wut. Veränderung liegt, so scheint es, in der Luft. Wie die Zitate von Brzezinski zeigen, bedeutet diese Entwicklung auf der Weltbühne die radikalste und potenziell gefährlichste Bedrohung für globale Macht- und Weltreichs-Strukturen. Sie ist nicht nur eine Bedrohung für die Länder, in denen sich die Proteste erheben und nach Veränderung gerufen wird, sondern sie bedroht, vielleicht sogar in weit höherem Maße, die imperialen Mächte des Westens, internationale Institutionen, multinationale Konzerne und Banken, die weltweit diese unterdrückerischen Regimes einerseits finanziell stützen, bewaffnen und protegieren, und andererseits von ihnen profitieren. Amerika und der Westen stehen somit vor einer kolossalen strategischen Herausforderung: Was ist zu tun, um diesem globalen politischen Erwachen Einhalt zu gebieten? Zbigniew Brzezinski zählt zu den wichtigsten Architekten der amerikanischen Außenpolitik und ist vermutlich einer der geistigen Pioniere des Systems der Globalisierung. Deshalb beziehen sich seine Warnungen vor dem »Globalen Politischen Erwachen« direkt darauf, dass es von seiner Natur her eine Bedrohung für die herrschende weltweite Hierarchie darstellt. In diesem Sinne müssen wir das »Erwachen« als die größte Hoffnung für die Menschheit betrachten. Gewiss, manches wird scheitern, es wird Probleme und Rückschläge geben. Doch das »Erwachen« hat begonnen, es ist im Gang, und kann nicht so einfach vereinnahmt oder unter Kontrolle gebracht werden, wie viele vielleicht denken.

Reflexartig neigen die imperialen Mächte dazu, die unterdrückerischen Regimes weiter zu bewaffnen und zu unterstützen oder möglicherweise eine Destabilisierung durch verdeckte Operationen oder offene Kriegsführung (wie im Jemen) zu organisieren. Als Alternative kommt für sie eine Strategie der »Demokratisierung« infrage, bei der westliche NGOs, Hilfswerke und Organisationen der Zivilgesellschaft enge Kontakte und Beziehungen zur Zivilgesellschaft in diesen Regionen und Ländern entwickeln. Das Ziel dieser Strategie besteht darin, die jeweilige Zivilgesellschaft zu organisieren, zu finanzieren und in die Lage zu versetzen, ein demokratisches System nach westlichem Vorbild aufzubauen und dadurch die Kontinuität in der internationalen Hierarchie zu wahren. Im Wesentlichen beinhaltet das System der »Demokratisierung« die Schaffung der äußeren Merkmale eines demokratischen Staats (Wahlen unter Beteiligung von mehreren Parteien, aktive Zivilgesellschaft, »unabhängige« Medien usw.), wobei jedoch die Abhängigkeit von Weltbank, IWF, multinationalen Konzernen und westlichen Mächte aufrecht erhalten wird.

Wie es aussieht, werden in der arabischen Welt beide Strategien gleichzeitig eingesetzt: die Durchsetzung und Unterstützung staatlicher Repression und der Aufbau von Verbindungen zu zivilgesellschaftlichen Organisationen. Der Westen steht dabei jedoch vor dem Problem, dass bisher in weiten Teilen der Region noch keine starken Bindungen an zivilgesellschaftliche Organisationen und eine entsprechende Abhängigkeit aufgebaut werden konnte, da sich die von ihm unterstützten unterdrückerischen Regimes – kaum überraschend – gegen solche Maßnahmen zur Wehr setzen. In diesem Lichte dürfen wir diese Proteste und Aufstände nicht als vom Westen angezettelt abtun, sondern müssen davon ausgehen, dass sie organisch entstanden sind, wobei der Westen anschließend versucht, die entstehenden Bewegungen zu vereinnahmen und zu kontrollieren.

Teil eins dieses Aufsatzes konzentriert sich auf die Entstehung dieser Protestbewegungen und Aufstände und stellt sie in den Zusammenhang des Globalen Politischen Erwachens. In Teil zwei wird dann die westliche Strategie des »demokratischen Imperialismus« untersucht als Methode, das »Erwachen« für sich zu vereinnahmen und »freundliche« Regierungen einzusetzen.

Zündfunke Tunesien
In einer internen Mitteilung der US-Botschaft in Tunis vom Juli 2009 hieß es: »… viele Tunesier sind frustriert über die fehlende politische Freiheit und wütend über Korruption in der Präsidentenfamilie, hohe Arbeitslosigkeit und regionale Ungleichgewichte. Extremismus stellt auch weiterhin eine Bedrohung dar« und »… die Risiken für die langfristige Stabilität des Regimes wachsen.« (2)

Am Freitag, den 14. Januar 2011, endete nach 23 Jahren die Diktatur des tunesischen Präsidenten Ben Ali. Zuvor hatten die Menschen in Tunesien wochenlang gegen steigende Lebensmittelpreise protestiert, geschürt wurden die Unruhen durch wachsenden Zorn über die politische Repression sowie durch die von WikiLeaks veröffentlichten Telegramme, die bestätigten, was man in Tunesien ohnehin vermutete, nämlich umfassende Korruption aufseiten der Herrscherfamilie. Wie es aussieht, sprang der Funke nach der Selbstverbrennung eines 26-jährigen Arbeitslosen am 17. Dezember über.

Auf die Protestwelle, die der Tod des 26-Jährigen auslöste, antwortete die tunesische Regierung mit hartem Durchgreifen gegen die Demonstranten. Die Schätzungen schwanken, doch rund 100 Menschen fanden bei den Zusammenstößen den Tod. Mehr als die Hälfte der zehn Millionen Einwohner Tunesiens sind jünger als 25, kennen also gar kein Leben ohne diesen Diktator. Seit der Unabhängigkeit von der Imperialmacht Frankreich im Jahr 1956 hat es in Tunesien nur zwei Herrscher gegeben: Habib Bourguiba und Ben Ali. (3) Jetzt brachte eine Vielzahl von Auslösern die Menschen auf die Straße: die Unterdrückung durch eine Diktatur, die Medien und Internet einer strengen Zensur unterworfen hatte, steigende Lebensmittelpreise und Inflation, eine korrupte Herrscherfamilie, fehlende Arbeitsplätze für qualifizierte Jugendliche und das allgemeine Gefühl oder die reale Erfahrung von Ausbeutung, Unterwerfung und fehlender Achtung der Menschenwürde.

Nach dem Sturz Ben Alis übernahm Premierminister Mohamed Ghannouchi das Amt des Präsidenten und formierte eine »Übergangsregierung«. Doch das führte nur zu weiteren Protesten, bei denen auch sein Rücktritt und der der gesamten Regierung gefordert wurde. Es ist bezeichnend, dass die Gewerkschaftsbewegung bei der Mobilisierung für diese Proteste eine wichtige Rolle spielte, dabei war in der ersten Phase der Proteste eine Gewerkschaft von Rechtsanwälten besonders aktiv. (4)

Auch wenn soziale Netzwerke und das Internet wesentlich dazu beigetragen haben, die Menschen in Tunesien für den Aufstand zu mobilisieren, so haben doch letztlich direkte Proteste und Aktionen zu Ben Alis Rücktritt geführt. Somit entspricht es nicht der Wahrheit, wenn im Fall Tunesien von einer »Twitter-Revolution« gesprochen wird.

In der Tat haben Twitter, WikiLeaks, Facebook, YouTube, Foren und Blogs eine wichtige Rolle gespielt. Sie sind Ausdruck der Fähigkeit, »kollektiv das arabische Informationsumfeld zu verändern und die Fähigkeit autoritärer Regimes zu erschüttern, den Fluss von Informationen, Bildern, Ideen und Meinungen zu kontrollieren« (5). [Anmerkung des Herausgebers von Global Research: Die in den USA ansässige Stiftung Freedom House war im Nahen Osten und Nordafrika an der Förderung und Ausbildung einiger Facebook- und Twitter-Blogger beteiligt (siehe auch Freedom House), M. C.]

Wir sollten ebenfalls nicht vergessen, dass soziale Netzwerke im Internet inzwischen nicht nur zu einer wichtigen Quelle für Mobilisierung und Information an der Basis geworden sind, sondern auch zu einem Instrument, dessen sich Regierungen und verschiedene Machtstrukturen zur Manipulation des Informationsflusses bedienen. Das zeigte sich 2009 an den Protesten im Iran, wo westliche Länder soziale Netzwerke im Rahmen ihrer Strategie der Unterstützung der sogenannten »Grünen Revolution« zur Destabilisierung der iranischen Regierung benutzten. Soziale Netzwerke sind also eine neue Form der Macht, weder schwarz noch weiß, die in beide Richtungen genutzt werden kann: den Prozess des »Erwachens« zu fördern oder seine Ausrichtung zu kontrollieren.

Während Amerika im Sommer 2009 den Iran öffentlich wegen der Blockade (oder versuchten Blockade) sozialer Netzwerke angeprangert hatte, schwieg man wie auch im gesamten Westen in den ersten Wochen der Proteste in Tunesien (die von den westlichen Medien weitgehend ignoriert wurden) über die dort geübte Zensur. (6) Steven Cook, der für den Council on Foreign Relations, die Denkfabrik der US-Elite, schreibt, kommentierte, dass den Protesten in Tunesien in den ersten Wochen des Widerstands vor dem Rücktritt Ben Alis keine Aufmerksamkeit gewidmet wurde.

Auch wenn viele davon ausgingen, so erklärte er, dass die Regimes der »starken Männer« in der arabischen Welt im Amt bleiben würden, wie es in der Vergangenheit stets der Fall gewesen sei, so könnten sie sich im Irrtum befinden. Es seien »vielleicht nicht die letzten Tage von Ben Ali, Mubarak oder einem anderen starken Mann im Nahen Osten, doch es ist eindeutig, dass in der Region etwas im Gange ist«. Doch es war das Ende von Ben Ali und in der Tat »ist in der Region etwas im Gange« (7)

Frankreichs Präsident Sarkozy musste sogar einräumen, er habe »die Wut der Menschen in Tunesien und die Protestbewegung, die zum Sturz von Präsident Zine a-Abidine Ben Ali führte, unterschätzt«. In den ersten Wochen des Protests in Tunesien hatten mehrere französische Regierungsvertreter öffentlich die Diktatur unterstützt, wobei die französische Außenministerin so weit ging zu sagen, Frankreich werde das Polizei-»Knowhow« zur Verfügung stellen, um Ben Ali dabei zu helfen, die Ordnung aufrechtzuerhalten. (8)

Wenige Tage vor dem Sturz Ben Alis erklärte Hillary Clinton in einem Interview, Amerika sei besorgt »über die Unruhe und Instabilität«. Und weiter: »… ohne eine Position zu beziehen, sagen wir, dass wir auf eine friedliche Lösung hoffen. Ich hoffe, dass die tunesische Regierung eine friedliche Lösung herbeiführen kann.« Clinton lamentierte: »Größte Sorgen bereiten mir die vielen jungen Menschen in der gesamten Region, denen ihre Heimatländer keine wirtschaftlichen Chancen bieten.« (9) Ihre Besorgnis entspringt jedoch nicht etwa humanitären, sondern vielmehr inhärenten imperialistischen Erwägungen: Es ist ganz einfach schwieriger, eine Region unter Kontrolle zu haben, die von Aktivismus, Aufständen und Revolution geprägt ist.

Der Funke entzündet eine Flamme
Mit Tunesien ist die Messlatte für die Menschen in der gesamten arabischen Welt höher gehängt geworden, Gerechtigkeit, Demokratie, Verantwortlichkeit, wirtschaftliche Stabilität und Freiheit zu fordern. In dem Moment, wo die Proteste in Tunesien in vollem Gange waren, erlebte auch Algerien Massenproteste, hauptsächlich wegen der gestiegenen Lebensmittelpreise, doch auch in Reaktion auf dieselben Anliegen, die schon die Demonstranten in Tunesien auf die Straße getrieben hatten: demokratische Verantwortung, Korruption, Freiheit. Ein ehemaliger Diplomat aus Algerien erklärte Anfang Januar gegenüber Al Jazeera: »Es ist eine Revolte, wenn nicht gar eine Revolution unterdrückter Menschen, die seit 50 Jahren auf Wohnungen, Beschäftigung und ein gutes anständiges Leben warten – in einem sehr reichen Land.« (10)

Mitte Januar brachen in Jordanien ähnliche Proteste aus; mit Slogans gegen die Regierung gingen Tausende auf die Straße und protestierten gegen steigende Lebensmittelpreise und Arbeitslosigkeit. König Abdullah II. hatte »in dem Versuch, eine Eskalation der Proteste zu verhindern, im Palast eine Sondereinheit gebildet, zu der Offiziere von Militär und Geheimdienst gehörten«; an den Rändern der großen Städte zogen Panzer auf, Barrieren und Kontrollpunkte wurden errichtet. (11)

Im Jemen, dem ärmsten Land in der arabischen Welt, das in einem von den USA unterstützten Krieg gegen das eigene Volk versinkt und das seit 1978 von einem Diktator beherrscht wird, demonstrierten Tausende gegen die Regierung, sie forderten den Rücktritt des Diktators Ali Abdullah Saleh. In der Hauptstadt Sanaa ertönten Sprechchöre von Tausenden Studenten, Aktivisten und oppositionellen Gruppen: »Hau ab, hau ab, Ali. Folg’ deinem Freund Ben Ali.« (12) Der Jemen ist in den vergangenen Jahren kaum zur Ruhe gekommen; im Norden kämpft eine 2004 gegründete Rebellenbewegung gegen die Regierung; im Süden kämpft seit 2007 eine starke Abtrünnigen-Bewegung namens »Bewegung des Südens« für die Befreiung. Die Financial Times erklärte:

»Viele Beobachter im Jemen betrachten die Wut und die Stimmung für eine Sezession, die sich jetzt im Süden breitmacht, als größere Bedrohung für die Stabilität des Landes, als den weit stärker publizierten Kampf mit al-Qaida; die Spannungen werden durch die sich verschlechternde wirtschaftliche Lage noch weiter erhöht.

Die Arbeitslosigkeit steigt rasant, vor allem unter der Jugend. Selbst das statistische Büro der Regierung in Aden beziffert sie für Männer zwischen 20 und 24 Jahren auf fast 40 Prozent.« (13)

Mobilisiert von der sozialistischen Opposition, gingen in Albanien am 21. Januar Tausende Demonstranten auf die Straße. Die Proteste endeten in gewalttätigen Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten, von denen drei getötet wurden. In Albanien war es seit der hart umkämpften Wahl von 2009 bereits sporadisch zu Protesten gekommen, inspiriert durch Tunesien nehmen sie jetzt an Intensivität zu. (14)

Israels Vize-Ministerpräsident Silvan Shalom brachte seine Besorgnis über die revolutionäre Stimmungslage in der arabischen Welt mit den Worten zum Ausdruck: »Ich befürchte, dass wir gegenwärtig vor einer neuen und äußerst kritischen Phase in der arabischen Welt stehen.« Er fürchtet, Tunesien könne »einen Präzedenzfall bilden, der sich in anderen Ländern wiederholt und sich möglicherweise auf die Stabilität unseres Systems auswirkt.« (15) Die israelische Führung fürchtet Demokratie in der arabischen Welt, denn es besteht eine Sicherheitsallianz mit den großen arabischen Ländern, die, wie Israel selbst, amerikanische Stellvertreterstaaten in der Region sind. Israel unterhält zivile – wenn auch nicht störungsfreie – Beziehungen zu den arabischen Monarchen und Diktatoren. Öffentlich üben die arabischen Staaten Kritik an Israel, doch hinter geschlossenen Türen sind sie gezwungen, Israels Militarismus und Kriegshetze stillschweigend zu akzeptieren, wenn sie sich nicht gegen die Supermacht, Amerika, erheben wollen. Die öffentliche Meinung in der arabischen Welt ist hingegen extrem israel- und amerikafeindlich, dem Iran ist man freundlich gesonnen.

Im Juli 2010 wurden die Ergebnisse einer großen internationalen Meinungsumfrage in der arabischen Welt veröffentlicht. Befragt wurden Menschen in Ägypten, Saudi-Arabien, Marokko, Jordanien, im Libanon und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Es gab einige bemerkenswerte Erkenntnisse, zum Beispiel: War Obama zu Beginn seiner Präsidentschaft noch begrüßt worden – zeigten sich im Frühjahr 2009 noch 51 Prozent der Befragten optimistisch in Bezug auf die Politik der USA –, so waren es im Sommer 2010 nur noch 16 Prozent. 2009 sagten 29 Prozent der Befragten, ein atomar bewaffneter Iran wäre gut für die Region, 2010 erreichte dieser Wert 57 Prozent. Die Meinungen wichen also deutlich von der Haltung der jeweiligen Regierung ab. (16)

Während die USA, Israel und die Führer der arabischen Länder behaupten, der Iran stelle die größte Bedrohung für Frieden und Stabilität im Nahen Osten dar, teilen die Menschen in den arabischen Ländern diese Meinung nicht. Auf eine offene Frage, welche zwei Länder die größte Bedrohung für die Region darstellten, antworteten 88 Prozent mit »Israel«, 77 Prozent mit »Amerika« und zehn Prozent mit »Iran«. (17)

Beim arabischen Wirtschaftsgipfel kurz nach dem Rücktritt Ben Alis, der zum ersten Mal nicht an dem Treffen teilnahm, war das Klima vom Aufstand in Tunesien bestimmt. Amr Moussa, der Vorsitzende der Arabischen Liga, erklärte in der Eröffnungsrede des Gipfeltreffens: »Die tunesische Revolution ist nicht weit weg«, und »der Bürger in der arabischen Welt hat ein bisher nie erlebtes Maß von Wut und Frustration erreicht.« Er betonte: »Die arabische Seele ist durch Armut, Arbeitslosigkeit und eine allgemeine Rezession gebrochen.« Die Bedeutung dieser »Bedrohung« für die arabische Führung sollte nicht unterschätzt werden. Von rund 352 Millionen Arabern sind 190 Millionen unter 24 Jahre alt, davon sind fast drei Viertel arbeitslos. Oftmals »haben die jungen Menschen nichts von ihrer Ausbildung, weil es in dem Bereich, für den sie ausgebildet sind, keine Arbeit gibt« (18).

Selbst die israelische Zeitung Ha’aretz brachte einen Artikel, in dem die Behauptung aufgestellt wurde, Israel stehe »möglicherweise am Vorabend einer Revolution«. Zur Erklärung führte der Autor aus:

»Zivilgesellschaftliche Organisationen in Israel haben im Laufe der Zeit erhebliche Macht gewonnen; nicht nur die sogenannten linksgerichteten Organisationen, sondern auch die, die sich mit Fragen wie Armut, Rechte der Arbeiter, Gewalt gegen Frauen und Kinder beschäftigen. Sie alle wurden gegründet, um die Lücken zu füllen, die der Staat offengelassen hat, der seinerseits nur allzu gern auch weiter den Problemen aus dem Weg ging, um die sich jemand anders kümmern konnte. Die Versäumnisse nehmen solche Ausmaße an, dass der tertiäre Sektor – NGOs, Wohltätigkeits- und Freiwilligenorganisationen – mittlerweile einer der größten der Welt ist. Als solcher verfügt er über ansehnliche Macht. (18)

Jetzt wollen Knesset und Parlament in Israel diese Macht zurückhaben; doch, so postuliert der Autor, sie »übersehen dabei geflissentlich die Ursachen dafür, dass diese Gruppen so mächtig geworden sind« (19):

»Die Quelle ihrer Macht ist das Vakuum, die kriminelle Politik der israelischen Regierungen der vergangenen 40 Jahre. Die Quelle ihrer Macht ist eine Regierung, die ihre Pflicht vernachlässigt, für die Bürger zu sorgen und die Besatzung zu beenden, und eine Knesset, die die Regierung unterstützt, anstatt sie in die Schranken zu weisen.« (20)

Die israelische Knesset hat eine Untersuchung der Finanzierung israelischer Menschenrechtsorganisationen in die Wege geleitet – ein politisches Manöver gegen diese Gruppen. Doch wie in einem Artikel eines israelischen Professors in Ha’aretz betont wurde, spielen diese Gruppen, wenn auch unabsichtlich, eine Rolle dabei, dass sich die »Besatzung festsetzt«. Der Autor erklärte:

»Auch wenn es das Ziel der linksgerichteten Gruppen ist, die Rechte der Palästinenser zu wahren, so ist es doch das unbeabsichtigte Resultat ihrer Aktivitäten, dass die Besatzung aufrechterhalten wird. Das Vorgehen der Armee abzumildern und zu beschränken, verschafft ihr eine menschlichere und legale äußere Fassade. Den Druck der internationalen Organisationen zu mindern und gleichzeitig das Widerstandspotenzial der palästinensischen Bevölkerung zu zügeln, erlaubt es der Armee, dieses Modell der Kontrolle über einen längeren Zeitraum zu erhalten.« (21)

Wenn es der israelischen Knesset somit gelingt, diese mächtigen NGOs loszuwerden, so legt sie damit die Saat dafür, dass das Druckventil in den besetzten Gebieten aufgeht. Das Potenzial für massive Proteste der Linken in Israel selbst und die Möglichkeit einer neuen Intifada – eines Aufstands – in den besetzten Gebieten erschiene dramatisch gestiegen. Israel und der Westen haben ihre Abneigung gegen Demokratie in der Region erkennen lassen. Als 2006 in Gaza demokratische Wahlen abgehalten wurden und die Hamas diese Wahlen gewann – was Israel und Amerika als die »falsche« Wahl betrachteten –, verhängte Israel eine gnadenlose Blockade gegen Gaza. Richard Falk, der ehemalige Menschenrechts-Beauftragte der Vereinten Nationen für die Palästinensergebiete, schrieb einen Artikel für Al Jazeera, in welchem er erklärte, durch die Blockade sei

»der Zufluss von Lebensmitteln, Arzneimitteln und Benzin widerrechtlich auf das Existenzminimum oder darunter eingeschränkt worden. Diese Blockade dauert bis heute an, die gesamte Bevölkerung von Gaza wird im größten Freiluftgefängnis der Welt festgehalten und ist Opfer einer der schlimmsten Formen kriegerischer Besatzung in der Geschichte der Kriegsführung.« (22)

Die Lage in den besetzten Gebieten wird durch die jüngste Veröffentlichung der »Palästina-Papiere« noch weiter angespannt. Sie enthalten Berichte über zwei Jahrzehnte geheimer israelisch-palästinensischer Vereinbarungen, die die schwache Verhandlungsposition der Palästinenserbehörde belegen. Die Dokumente bestehen zu großen Teilen aus weitreichenden Konzessionen, die die Palästinenserbehörde »in der Frage des Rückkehrrechts der palästinensischen Flüchtlinge, territorialer Zugeständnisse und der Anerkennung Israels« zu machen bereit war. Dabei wurde auch enthüllt, dass palästinensische Verhandlungsführer insgeheim zugestimmt hatten, fast ganz Ost-Jerusalem an Israel zu übergeben. Weiterhin wurde Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas (den Israel und Amerika der Hamas vorziehen) von einem hochrangigen israelischen Vertreter am Vorabend der Operation »Gegossenes Blei«, dem israelischen Angriff auf Gaza von Dezember 2008 und Januar 2009, bei dem mehr als 1.000 Palästinenser den Tod fanden, persönlich informiert: »Israelische und palästinensische Vertreter sollen über die gezielte Tötung von Aktivisten der Hamas und der Islamischen Jihad in Gaza gesprochen haben.« (23)

Daraufhin hat die Hamas die palästinensischen Flüchtlinge zu Protesten gegen diese Zugeständnisse hinsichtlich des »Rückkehrrechts« aufgerufen; die Verhandlungsführer hatten eingewilligt, dass nur 100.000 von fünf Millionen Flüchtlingen die Rückkehr nach Israel erlaubt werden sollte. (24) Ein ehemaliger US-Botschafter in Israel und Ägypten klagte: »Es besteht die Besorgnis, dass dadurch zusätzliche Probleme für ein Vorankommen entstehen.« (25). Auch wenn der Vorwurf erhoben wird, die Papiere könnten den Fortschritt des »Friedensprozesses« behindern, so zeigen sie doch deutlich, dass dieser »Friedensprozess« selbst ein Witz ist. Die Macht der Palästinenserbehörde reicht nur so weit, wie Israel ihr zugesteht, sie wurde eingerichtet als Methode des Umgangs mit einer internen palästinensischen Elite – nach dem Muster aller Kolonialmächte. Die Papiere enthüllen weiter, wie die sogenannte Palästinenser-»Behörde« nicht wirklich im Interesse des palästinensischen Volkes spricht oder arbeitet. Dies wird mit Sicherheit die Palästinenserbehörde (PA) und die Hamas weiter entzweien, doch das waren sie ja bereits. Gewiss, dies wird Probleme für den »Friedensprozess« bedeuten, aber dabei setzt man ja bereits voraus, dass es überhaupt ein »friedlicher« Prozess ist.

Steht Ägypten am Rande der Revolution?
Unruhe verbreitet sich selbst in Ägypten, dem persönlichen Tummelplatz des von den USA unterstützten und bewaffneten Diktators Hosni Mubarak, der seit 1981 regiert. Ägypten ist der wichtigste Verbündete der USA in Nordafrika und gehört seit Jahrhunderten zu den bedeutendsten Juwelen verschiedener Weltreiche, zunächst der Osmanen, dann der Briten und später der Amerikaner. Mit einer Bevölkerung, von denen 60 Prozent unter 30 sind, die 90 Prozent der Arbeitslosen in Ägypten stellen, sind die Bedingungen reif für eine Wiederholung der Ereignisse von Tunesien. (26)

Am 25. Januar 2011 erlebte Ägypten seinen »Tag des Zorns«, bei dem Tausende Demonstranten auf die Straße gingen, um gegen steigende Lebensmittelpreise, Korruption und die Unterdrückung von 30 Jahren Diktatur zu protestieren. Die Demonstrationen wurden mithilfe sozialer Netzwerke wie Twitter und Facebook vorbereitet. Als die Proteste begannen, sperrte die Regierung den Zugang zu diesen sozialen Netzwerken im Internet, genauso wie es die Regierung in Tunesien in den ersten Tagen des Protests, die zum Zusammenbruch der Diktatur führten, getan hatte. Ein Kommentator schrieb im Guardian:

»Ägypten ist nicht Tunesien. Es ist viel größer. 80 Millionen Menschen, im Vergleich zu zehn Millionen. Geografisch, politisch, strategisch gehört es in eine andere Liga – es ist die natürliche Führungsmacht der arabischen Welt und das bevölkerungsreichste Land. Doch viele der Missstände sind dieselben. Tunis und Kairo unterscheiden sich lediglich in der Größe. Wenn Ägypten explodiert, dann wird diese Explosion auch viel größer sein.« (27)

In Ägypten hat »eine Ad-hoc-Koalition aus Studenten, arbeitslosen Jugendlichen, Industriearbeitern, Intellektuellen, Fußballfans und Frauen, die über soziale Netzwerke wie Twitter und Facebook verbunden waren, eine Reihe von sich sehr schnell bewegenden, rasch den Standort wechselnden Demonstrationen in mindestens einem halben Dutzend ägyptischen Städten in Gang gesetzt.« Die Polizei griff gewaltsam durch, drei Demonstranten kamen ums Leben. Mit Zehntausenden Demonstranten auf den Straßen erlebte Ägypten die größten Demonstrationen seit Jahrzehnten, wenn nicht gar in der gesamten Amtszeit von Präsident Mubarak. Steht Ägypten am Rande der Revolution? Diese Frage zu beantworten, erscheint verfrüht. Man darf nicht vergessen, dass Ägypten (nach Israel) das zweitgrößte Empfängerland amerikanischer Militärhilfe ist und dass der Polizeistaats- und Militärapparat deshalb weit besser entwickelt ist und sicherer im Sattel sitzt als in Tunesien. Eindeutig regt sich jedoch etwas. Hillary Clinton sagte in der Nacht der Proteste: »Unserer Einschätzung nach ist die ägyptische Regierung stabil, sie sucht nach Wegen, die legitimen Bedürfnisse und Interessen des ägyptischen Volkes zu befriedigen.« (28) Mit anderen Worten: »Wir werden Tyrannei und Diktatur auch in Zukunft den Vorzug vor Demokratie und Befreiung geben.« Was gibt’s also sonst Neues?

Einigen Schätzungen zufolge gingen in Kairo, Alexandria, Suez und anderen ägyptischen Städten bis zu 50.000 Demonstranten auf die Straße. (29) Den Protesten wurde mit der üblichen Brutalität begegnet: Demonstranten wurden geschlagen, Tränengas und Wasserwerfer eingesetzt, um sie auseinanderzutreiben. Bilder und Filme aus Ägypten »zeigten Demonstranten, die Polizisten die Straße hinab jagten. Ein Demonstrant stieg auf ein Feuerwehrauto und fuhr es weg.« (30) Spät am Abend der Proteste kursierten Gerüchte, die First Lady von Ägypten, Suzanne Mubarak, sei möglicherweise nach London geflohen; schon zuvor hatte es geheißen, Mubaraks Sohn und möglicher Nachfolger sei ebenfalls nach London geflohen. (31)

Steht uns eine globale Revolution bevor?
In der ersten Phase der weltweiten Wirtschaftskrise, im Dezember 2008, warnte der IWF die Regierungen vor der Aussicht »gewalttätiger Unruhen auf den Straßen«. Der Chef des IWF warnte, dass »gewalttätige Demonstrationen in Ländern auf der ganzen Welt ausbrechen könnten, wenn das Finanzsystem nicht dahingehend reorganisiert würde, dass es der Allgemeinheit und nicht nur einer kleinen Elite nützt.« (32)

Im Januar 2009 erklärte Dennis Blair, damals Obamas Geheimdienstkoordinator, vor dem Geheimdienstausschuss des US-Senats, die größte Bedrohung für die nationale Sicherheit der USA sei nicht der Terrorismus, sondern die weltweite Wirtschaftskrise:

»Ich möchte mit der weltweiten Wirtschaftskrise beginnen, denn sie bahnt sich bereits als die schwerste seit Jahrzehnten, wenn nicht Jahrhunderten, an … Wirtschaftskrisen erhöhen das Risiko von Regime-bedrohender Instabilität, wenn sie sich ein oder zwei Jahre hinziehen … Und Instabilität kann die ohnehin brüchige Kontrolle über Gesetz und Ordnung in den Entwicklungsländern lockern, was dann in gefährlicher Weise auf die internationale Gemeinschaft überschwappen kann.« (33)

2007 wurde ein Bericht des britischen Verteidigungsministeriums veröffentlicht, eine Einschätzung der globalen Trends für die kommenden drei Jahrzehnte. Zur Einschätzung des »Globalen Ungleichgewichts« hieß es in dem Bericht, in den kommenden 30 Jahren werde

»die Kluft zwischen Reich und Arm aller Voraussicht nach breiter werden, absolute Armut bleibt eine weltweite Herausforderung … Ungleichgewichte bei Reichtum und Vorteilen werden deshalb stärker sichtbar, einschließlich der damit einhergehenden Unzufriedenheit und Verbitterung, selbst bei der wachsenden Zahl derer, denen es wahrscheinlich materiell besser geht als ihren Eltern und Großeltern. Absolute Armut und vergleichbare Benachteiligung werden das Gefühl von Ungerechtigkeit bei denen wecken, deren Erwartungen nicht erfüllt werden, was zu wachsenden Spannungen und Instabilität führen wird, sowohl innerhalb einer Gesellschaft als auch zwischen Gesellschaften; sie werden sich gewaltsam in Unruhen, Kriminalität, Terrorismus und Aufständen Luft machen. Möglicherweise führen sie auch zum Wiederaufleben nicht nur anti-kapitalistischer Ideologien, vielleicht in Verbindung mit religiösen, anarchistischen oder nihilistischen Bewegungen, sondern auch des Populismus und zur Wiederbelebung des Marxismus.« (34)

Weiterhin wurde in dem Bericht vor den Gefahren gewarnt, die den etablierten Mächten von einer Revolution durch eine unzufriedene Mittelschicht drohen:

»Die Mittelschicht könnte zu einer revolutionären Klasse werden, welche die Rolle einnimmt, die Marx dem Proletariat zugedacht hatte. Die Globalisierung des Arbeitsmarkts und der Rückgang bei staatlichen Wohlfahrtsleistungen und Beschäftigung könnte das Verbundenheitsgefühl der Menschen mit ihrem jeweiligen Staat mindern. Die wachsende Kluft zwischen ihnen und einer kleinen Anzahl sichtbar auftretender Superreicher könnte der Enttäuschung über die Leistungsgesellschaft Auftrieb geben, während die wachsende städtische Unterschicht zunehmend zu einer Bedrohung für gesellschaftliche Ordnung und Stabilität wird, wenn spürbar wird, welche Belastung durch die aufgelaufenen Schulden entsteht, und Renten nicht gezahlt werden können. Angesichts dieser doppelten Herausforderung könnte sich die Mittelschicht der Welt zusammenschließen, den Zugang zu Wissen, Ressourcen und Kenntnissen nutzen, um im eigenen Klasseninteresse länderübergreifende Prozesse zu gestalten.« (35)

Wir haben jetzt den Punkt erreicht, an dem die weltweite Wirtschaftskrise sich bereits länger als zwei Jahre hinzieht. Die gesellschaftlichen Auswirkungen werden allmählich – weltweit – spürbar, als Resultat der Krise und der koordinierten Antwort darauf. Da die weltweite Wirtschaftskrise die Länder der sogenannten Dritten Welt am schwersten getroffen hat, werden die gesellschaftlichen und politischen Folgen dort ebenfalls zuerst spürbar werden. Im Rahmen des heutigen rekordverdächtigen Anstiegs der Lebensmittelpreise werden sich, wie schon 2007 und 2008, umgehend weitweit Hungeraufstände ausbreiten. Dieses Mal ist die Lage jedoch wirtschaftlich viel schlechter und gesellschaftlich viel verzweifelter; es herrscht weit mehr politische Unterdrückung.

Dieses steigende Missbehagen wird sich von den Entwicklungsländern bis in unsere gemütlichen Wohnungen im Westen ausdehnen. Wenn sich erst die raue Erkenntnis durchsetzt, dass es in der Wirtschaft keinen »Aufschwung«, sondern vielmehr eine Depression gibt, und wenn unsere Regierungen im Westen weiter ihre demokratische Fassade fallenlassen und Rechte und Freiheiten außer Kraft setzen, Überwachung und »Kontrolle« verstärken und gleichzeitig weltweit eine zunehmend militaristische und kriegshetzerische Außenpolitik betreiben (vornehmlich in dem Bemühen, das Globale Erwachen auf der ganzen Welt zu unterdrücken oder niederzuschlagen), dann werden wir im Westen erkennen: »Wir sind alle Tunesier.«

1967 sagte Martin Luther King in seiner berühmten Rede »Jenseits von Vietnam«:

»Ich bin davon überzeugt, dass wir als Nation eine radikale Revolution unserer Werte brauchen, wenn wir auf der richtigen Seite der Weltrevolution stehen wollen. Wir müssen schleunigst den Wandel vollziehen von einer Gesellschaft, die sich auf ›Sachen orientiert‹ zu einer Gesellschaft, die sich auf ›Personen orientiert‹. Wenn Maschinen und Computer, Profitstreben und Eigentumsrechte wichtiger sind als die Menschen, dann lässt sich der gewaltige Dreibund von Rassismus, Materialismus und Militarismus nicht bezwingen.« (36)

Das war Teil 1 des Aufsatzes »Nordafrika und das Globale Politische Erwachen«, der das Entstehen von Protestbewegungen vornehmlich in Nordafrika und der arabischen Welt zum Thema hat, diese jedoch in den Rahmen eines breiteren Globalen Erwachens stellt.

Teil 2 wird sich mit der Reaktion des Westens auf das »Erwachen« in dieser Region beschäftigen; nämlich in der zweigleisigen Strategie von Unterstützung für unterdrückerische Regimes und gleichzeitiger Werbung für eine »Demokratisierung« in einem großen neuen Projekt von »demokratischem Imperialismus«.

Samstag, 5. Februar 2011

Wem gehorchen Diktatoren?

Die ägyptische Protestbewegung: »Diktatoren« herrschen nicht uneingeschränkt, sie gehorchen Befehlen

Prof. Michel Chossudovsky

Das Mubarak-Regime könnte angesichts der landesweiten Protestbewegung zusammenbrechen. Welche Chancen böte das für Ägypten und die arabische Welt? – »Diktatoren« herrschen nicht uneingeschränkt, sie gehorchen Befehlen – das gilt gleichermaßen für Ägypten, Tunesien und Algerien. Diktatoren sind ausnahmslos politische Marionetten. Diktatoren entscheiden nicht. Präsident Hosni Mubarak war ebenso wie Ben Ali ein gewissenhafter Diener westlicher Wirtschaftsinteressen. Die Protestbewegung richtet sich gegen die Regierung des Landes. Ziel ist es eher, die Marionette abzusetzen, als den Puppenspieler.

Die Slogans in Ägypten lauten »Nieder mit Mubarak, nieder mit dem Regime«. Bisher wurde nicht über antiamerikanische Transparente berichtet … Der überragende und zerstörerische Einfluss der USA in Ägypten und im ganzen Nahen und Mittleren Osten wird öffentlich nicht diskutiert.

Die ausländischen Mächte, die hinter der Szene agieren, werden von der Protestbewegung ausgeblendet. Es wird keine einschneidende politische Veränderung geben, solange das Problem der Einmischung aus dem Ausland von der Protestbewegung nicht sinnvoll angegangen wird. Die amerikanische Botschaft in Kairo ist ein wichtiger politischer Faktor und überschattet die Regierung des Landes. Die Botschaft ist kein Ziel der Protestbewegung.

Auf dem Höhepunkt des Golfkrieges 1991 wurde Ägypten vom Internationalen Währungsfonds (IWF) ein verheerendes Wirtschaftsprogramm aufgezwungen. Im Gegenzug erließen die USA Ägypten mehrere Milliarden Dollar Schulden für militärische Güter, und Ägypten erklärte sich bereit, sich am Krieg zu beteiligen. Die daraus folgende Deregulierung der Nahrungsmittelpreise, die umfassende Privatisierung und eine drakonische Sparpolitik ließen das ägyptische Volk verarmen und destabilisierten die Wirtschaft des Landes. Aber die Regierung Mubarak wurde als »Musterschüler« des IWF gelobt.

In Tunesien war die Regierung Ben Ali dazu ausersehen, die tödliche Medizin des IWF durchzusetzen, die über einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren die Volkswirtschaft destabilisierte und das tunesische Volk in bittere Armut trieb. In den vergangenen 23 Jahren wurde die Wirtschafts- und Sozialpolitik vom »Washingtoner Konsens« (ein vom IWF und Weltbank propagiertes Programm von »Strukturanpassungsmaßnahmen«) diktiert.

Hosni Mubarak und Ben Ali wurden an der Macht gehalten, weil ihre Regierungen dem Diktat des IWF gehorchten und es umsetzten. Von Pinochet und Videla, über Baby Doc bis hin zu Ben Ali und Mubarak wurden Diktatoren von Washington an die Macht gebracht. Geschichtlich gesehen wurden in Lateinamerika Diktatoren mit zahlreichen von den USA unterstützten Militärputschen an die Macht gebracht. In der heutigen Welt werden sie über »freie und demokratische Wahlen« unter den Augen der »internationalen Gemeinschaft« an die Macht gehievt.

Meine Botschaft an die Protestbewegung:

Die tatsächlichen Entscheidungen fallen in Washington, im amerikanischen Außenministerium, im Pentagon, im CIA-Hauptquartier in Langley, in H Street NW, dem Sitz der Weltbank und des IWF. Die Beziehung des »Diktators« zu ausländischen Interessen muss zur Sprache gebracht werden. Verjagt die politischen Marionetten, aber vergesst nicht, die »wirklichen Diktatoren« ins Visier zu nehmen. Die Protestbewegung sollte sich auf den tatsächlichen Sitz der politischen Macht konzentrieren; sie sollte sich gegen die amerikanische Botschaft und die Büros des IWF und der Weltbank im Lande wenden.

Ein tatsächlicher politischer Wandel kann nur sichergestellt werden, wenn die neoliberale Wirtschaftspolitik aufgegeben wird.

Austausch eines Regimes
Sollte die Protestbewegung die Rolle der ausländischen Mächte, einschließlich des von »Investoren«, ausländischen Gläubigern und internationalen Finanzinstitutionen ausgeübten Drucks, nicht thematisieren, wird man das Ziel einer nationalen Souveränität verfehlen. In diesem Fall würde es nur zu einem oberflächlichen »Regimeaustausch« kommen, der die politische Kontinuität absichert.

Diktatoren kommen und gehen. Wenn sie politisch diskreditiert sind und nicht länger den Interessen ihrer amerikanischen Unterstützer dienen, werden sie durch neue »Führer« ersetzt, die oft aus den Kreisen der politischen Opposition stammen.

In Tunesien hat sich die Regierung Obama bereits in Szene gesetzt. Sie will eine Schlüsselrolle im »Demokratisierungsprozess« (das heißt es sollen sogenannte faire Wahlen stattfinden) übernehmen. Darüber hinaus will die amerikanische Regierung die politische Krise dazu nutzen, Frankreich zu schwächen und die eigene amerikanische Position in Nordafrika zu festigen:

»Die Vereinigten Staaten haben rasch die Grundströmung der Proteste in den Straßen Tunesiens eingeschätzt und versuchen nun, ihren Vorteil zu nutzen und auf demokratische Reformen im Land und darüber hinaus zu drängen. Der führende amerikanische Gesandte für den Nahen- und Mittleren Osten, Jeffrey Feltman, kam als erster hochrangiger Vertreter des Auslands nach Tunesien, nachdem Präsident Zine El Abidine Ben Ali am 14. Januar gestürzt worden war, und forderte prompt Reformen.

Am 18. Januar erklärte er, nur freie und faire Wahlen könnten der umkämpften Führung des nordafrikanischen Staates Stärke und Glaubwürdigkeit verleihen. ›Ich bin überzeugt, dass wir das tunesische Beispiel in den Gesprächen mit anderen arabischen Regierungen benutzen werden‹, fügte der stellvertretende Außenminister Feltman hinzu. Er wird nun in das nordafrikanische Land entsandt, um in der turbulenten Phase der Machtübergabe amerikanische Hilfe anzubieten und sich mit tunesischen Ministern und Vertretern der Zivilgesellschaft zu treffen.

Am Mittwoch [, den 26. Januar,] reiste Feltman nach Paris, um die Krise mit der französischen Führung zu erörtern, womit er auch den Eindruck verstärken wollte, die USA seien die führende internationale Schutzmacht für ein neues Tunesien, zum Nachteil des früheren Kolonialherrn Frankreich …

Die Länder des Westens hatten die gestürzte Regierung Tunesiens lange unterstützt, weil sie sie als Bollwerk gegen islamistische Extremisten in Nordafrika sahen. So pries etwa der damalige amerikanische Verteidigungsminister Donald Rumsfeld 2006 in einer Rede in Tunis die Entwicklung des Landes. Und die amtierende amerikanische Außenministerin Hillary Clinton schaltete sich rasch mit einer Rede in Doha am 13. Januar ein, in der sie die arabischen Führer aufforderte, ihren jeweiligen Bürgern größere Freiheiten einzuräumen oder zu riskieren, dass Extremisten von der Situation profitierten. ›Ohne Zweifel versuchen die USA, sich rasch auf der guten Seite zu positionieren …‹.«

AFP unter der Überschrift: »USA wollen Ergebnis der tunesischen Aufstände beeinflussen« (Hervorhebung vom Verfasser).

Wird es Washington gelingen, ein neues Marionettenregime an die Macht zu bringen? Das hängt in großem Maße davon ab, inwieweit es der Protestbewegung gelingt, die heimtückische Rolle der USA in den inneren Angelegenheiten des Landes zum Thema zu machen und dagegen zu mobilisieren. Bisher blieb der überragende Einfluss des Weltmacht unerwähnt und unangetastet. Zynisch hat Präsident Obama sogar noch seine Unterstützung für die Protestbewegung zum Ausdruck gebracht. Viele Menschen aus der Protestbewegung soll glauben gemacht werden, dass Präsident Obama entschlossen für Demokratie und Menschenrechte eintritt und dass er die Entschlossenheit der Opposition, den Diktator abzusetzen, der immerhin in aller erster Linie von den USA eingesetzt wurde, unterstützt.

Die Einvernahme von Oppositionsführern
Die Einvernahme führender Vertreter größerer Oppositionsparteien und der Bürgergesellschaft in Vorwegnahme des Zusammenbruchs eines autoritären Marionettenregimes ist Teil der Washingtoner Strategie, die in unterschiedlichen Weltregionen zum Einsatz kommt. Dieser Prozess wird von Stiftungen mit Sitz in den USA wie der National Endowment for Democracy (NED) und dem Freedom House (FH) gesteuert und finanziert. Beide Organisationen stehen in enger Verbindung mit dem amerikanischen Kongress, und beide sind für ihre Beziehungen zur CIA berüchtigt. Die NED ist in Tunesien, Ägypten und Algerien an den Geschehnissen beteiligt. Freedom House seinerseits unterstützt verschiedene zivilgesellschaftliche Organisationen in Ägypten.

»Das NED wurde von der Regierung Reagan aufgebaut, nachdem die Rolle der CIA bei der verdeckten Finanzierung von Umsturzversuchen ausländischer Regierungen ans Licht gekommen war, was diejenigen Parteien, Bewegungen, Zeitschriften, Bücher, Zeitungen und Persönlichkeiten in Misskredit brachte, die Gelder von der CIA erhalten hatten … Als überparteiliche Stiftung unter Beteiligung der beiden großen Parteien, aber auch des [Gewerkschaftsdachverbandes] AFL-CIO und der amerikanischen Handelskammer übernahm das NED die Finanzierung von Bewegungen, die ausländische Regierungen stürzen wollten, tat dies aber offen und unter dem Deckmantel der ›Verbreitung von Demokratie‹«,

schrieb Stephen Gowans im Januar 2011 unter der Überschrift »Was bleibt?«.

Während die USA die Regierung Mubarak in den vergangenen 30 Jahren unterstützte, standen amerikanische Stiftungen mit Verbindungen zum Außenministerium und dem Pentagon der politischen Opposition und der Bewegung für eine Bürgergesellschaft aktiv zur Seite. Originalton Freedom House: »Die ägyptische Zivilgesellschaft ist lebhaft und zugleich eingedämmt. Es gibt Hunderte Nichtregierungsorganisationen, die sich der Ausweitung der Bürger- und politischen Rechte verschrieben haben und in einem stark kontrollierten Umfeld tätig sind.« (Presseerklärung des Freedom House)

Es ist schon zynisch, wenn Washington die Diktatur Mubaraks an der Macht hält und dessen Grausamkeiten duldet, während es zugleich seine Kritiker über die Aktivitäten des Freedom House, der NED und anderer Organisationen unterstützt und finanziert. Unter der Schirmherrschaft des Freedom House wurden ägyptische Dissidenten und Mubarak-Gegner im Mai 2008 von Condoleezza Rice im amerikanischen Außenministerium und dem Kongress empfangen. Sie trafen auch mit dem Nationalen Sicherheitsberater des Weißen Hauses, Stephen Hadley, zusammen, der der wichtigste außenpolitische Berater George W. Bushs in dessen zweiter Amtszeit war.

Die Bemühungen von Freedom House, eine neue Generation von »Fürsprechern der Demokratie« hervorzubringen, zeitigten greifbare Resultate, und das Programm »Neue Generation« in Ägypten wurde im in- und Ausland berühmt. Ägyptische Gaststipendiaten aus allen zivilgesellschaftlichen Gruppen wurden [im Mai 2008] mit großer Aufmerksamkeit und Anerkennung empfangen und trafen in Washington mit der amerikanischen Außenministerin, dem Nationalen Sicherheitsberater und bekannten Kongressvertretern zusammen, Condoleezza Rice bezeichnet die Stipendiaten als »die Hoffnung für die Zukunft Ägyptens«. (Hervorhebungen vom Autor) (http://www.freedomhouse.org/template.cfm?page=66&program=84)

Doppelzüngig: Chatten mit »Diktatoren«, Verbrüderung mit »Dissidenten«

Im Mai 2009 traf Hillary Clinton mit einer Delegation ägyptischer Dissidenten zusammen, von denen einige schon beim Treffen mit ihrer Amtsvorgängerin Condoleezza Rice im Jahr zuvor dabei gewesen waren. Diese hochrangigen Treffen erfolgten eine Woche vor Obamas Besuch in Ägypten:

Die amerikanische Außenministerin Hillary Clinton lobte die Arbeit einer Gruppe von Aktivisten für eine ägyptische Bürgergesellschaft, mit der sie am gleichen Tag zusammengetroffen war und erklärte, es liege im ägyptischen Interesse, sich in Richtung Demokratie zu bewegen und stärker auf die Einhaltung der Menschenrechte zu achten. Die 16 Aktivisten trafen in Washington mit Clinton und dem amtierenden stellvertretenden Außenminister für Nahost-Angelegenheiten, Jeffrey Feltman, am Ende ihres zweimonatigen Stipendiums, das vom dem Programm »Neue Generation« des Freedom House finanziert und organisiert worden war, zusammen.

Die Stipendiaten äußerten sich über die, wie sie es sahen, Distanzierung der amerikanischen Regierung von der ägyptischen Zivilgesellschaft besorgt und forderten Präsident Obama auf, bei seinem Kairo-Besuch in der nächsten Woche auch mit jungen, unabhängigen Aktivisten für eine Zivilgesellschaft zusammenzukommen. Darüber hinaus forderten sie die Regierung Obama auf, an der politischen und finanziellen Unterstützung für ägyptische Zivilgesellschaft festzuhalten und dazu beizutragen, Nichtregierungsorganisationen die Arbeit in Ägypten zu erleichtern, was unter dem immer noch geltenden Notstandgesetzen extrem schwierig ist.

Die Stipendiaten erklärten Clinton, in Ägypten wachse bereits die Bewegung für größere Bürger- und Menschenrechte. Amerikanische Unterstützung sei dringend erforderlich. Sie betonten, die Zivilgesellschaft stelle einen gemäßigten und friedlichen »dritten Weg« für Ägypten dar, eine Alternative zu den autoritären Elementen in der Regierung und den nach einem islamischen Gottesstaat strebenden Kreisen (Freedom House, 2009, Hervorhebungen vom Autor).

Während ihres Stipendiums verbrachten die Aktivisten eine Woche in Washington, wo sie an einem Training teilnahmen, in dem man geschult wird, für etwas einzutreten und Entscheidungsprozesse zu beeinflussen, und erhielten Einblicke in die Funktionsweise der amerikanischen Demokratie. Nach ihrem Training erhielten sie Gelegenheit, sich mit Vertretern zivilgesellschaftlicher Organisationen aus dem ganzen Land zu treffen und Erfahrungen auszutauschen. Die Aktivisten werden ihr Programm mit Treffen mit amerikanischen Regierungsvertretern, Kongressmitgliedern, und Besuchen bei Medienunternehmen und Denkfabriken abschließen.

(Freedom House, Mai 2009, Hervorhebungen vom Autor)

Diese zivilgesellschaftlichen Oppositionsgruppen, die derzeit in der Protestbewegung eine wichtige Rolle spielen, werden von den USA unterstützt und finanziert. Sie dienen dauerhaft amerikanischen Interessen. Die Einladung ägyptischer Dissidenten in das Außenministerium und den amerikanischen Kongress dient auch dazu, in ihnen ein Gefühl des Engagements und der Loyalität zu den amerikanischen demokratischen Werten wecken. Amerika wird als Modell für Freiheit und Gerechtigkeit dargestellt. Und Obama wird als Vorbild hochgehalten.

Die »Strippenzieher« unterstützen die Protestbewegung gegen ihre eigenen Marionetten
Die Strippenzieher im Hintergrund unterstützen Dissidenten gegen ihre eigenen Marionetten? Das nennt man »politisches Aushebeln« oder »Manipulation abweichender Meinungen«. Man unterstützt den Diktator ebenso wie die Gegner des Diktators, um so die politische Opposition kontrollieren zu können.

Das Vorgehen von Freedom House und der National Endowment for Democracy im Interesse der Regierungen von Bush und Obama garantiert, dass sich die von den USA finanzierte zivilgesellschaftliche Opposition ihre Kräfte nicht gegen die Drahtzieher hinter dem Mubarak-Regime – und zwar die amerikanische Regierung – richtet.

Diese fremdfinanzierten, zivilgesellschaftlichen Organisationen handeln wie ein »Trojanisches Pferd«, das sich in die Protestbewegung integriert. Sie schützen die Interessen ihrer Hintermänner. Sie stellen sicher, dass die vom Volk getragene Protestbewegung sich nicht mit dem tiefergehenden Problem der ausländischen Einmischung in die Angelegenheiten eines souveränen Staates auseinandersetzt.

Die Twitter- und Facebook-Blogger: unterstützt und finanziert von Washington
Im Zusammenhang mit der Protestbewegung in Ägypten haben sich einige zivilgesellschaftliche Gruppen, die von Stiftungen mit Sitz in den USA finanziert werden, an die Spitze des Protestes bei Twitter und Facebook gesetzt:

»Aktivisten der ägyptischen Kifaya (›Genug‹) –Bewegung – eine Koalition aus Regierungsgegnern –m und der Jugendbewegung »6. April« organisierten die Proteste auf den Internetseiten der sozialen Netzwerke Facebook und Twitter. Westlichen Nachrichtensendungen zufolge scheint Twitter in Ägypten später blockiert worden zu sein.«

(Voice of America, »Proteste gegen die Regierung mit Toten erschüttert Ägypten«)

Die Kifaya-Bewegung, die Ende 2004 einen der ersten Proteste gegen das Mubarak-Regime organisierte, wird vom amerikanischen International Center for Non-Violent Conflict unterstützt. Kifaya ist eine Bewegung mit einer breiten Basis und hat sich bereits auch mit Palästina und dem amerikanischen Interventionismus in der Region auseinandergesetzt.

Freedom House seinerseits war an der Förderung und Ausbildung der Facebook- und Twitter-Blogs im Nahen Osten und Nordafrika beteiligt:

»Freedom-House-Stipendiaten setzen sich intensiv mit den Möglichkeiten sozialer Netzwerke über die Zusammenarbeit mit Spendern aus Washington, internationalen Organisationen und den Medien auseinander. Nach ihrer Rückkehr nach Ägypten erhalten die Stipendiaten kleine Beihilfen, um innovative Initiativen wie den Einsatz für politische Reformen durch Facebook und SMS-Benachrichtigungen anzustoßen.« (http://www.freedomhouse.org/template.cfm?page=66&program=84)

»Vom 27. Februar bis zum 13. März [2010] waren bei Freedom House elf Blogger [von verschiedenen zivilgesellschaftlichen Organisationen] aus dem Nahen Osten und Nordafrika zu einer zweiwöchigen ›Advanced New Media Study Tour‹ zu Gast, in deren Rahmen sich die Blogger intensiv mit den Problemen digitaler Sicherheit, digitaler Videobearbeitung, Entwicklung von Kernbotschaften und digitaler Kartografie beschäftigten. Während ihres Aufenthaltes in Washington und Umgebung nahmen die Stipendiaten auch an Beratungen des Senats teil und trafen mit hochrangigen Vertretern von USAID, des Außenministeriums und des Kongresses sowie Mitarbeitern internationaler Medien wie Al-Dschasira und der Washington Post zusammen.« (http://www.freedomhouse.org/template.cfm?page=115&program=84&item=87)

Angesichts der Vielzahl hochrangiger Treffen im Senat, dem Repräsentantenhaus, dem Außenministerium usw. lässt sich leicht die Bedeutung ermessen, die die amerikanische Regierung diesem »Trainingsprogramm« für Blogger zuerkennt. Die Rolle der sozialen Netzwerke Facebook und Twitter als Ausdruck oppositioneller Ansichten muss im Lichte der Verbindungen verschiedener ägyptischer zivilgesellschaftlicher Organisationen zu Einrichtungen wie Freedom House, der National Endowment for Democracy und zum amerikanischen Außenministerium sorgfältig beurteilt werden.

Die Nachrichtensendung BBC News World (die im Nahen und Mittleren Osten ausgestrahlt wird) berichtete unter Berufung auf Zitate aus ägyptischen Internet-Meldungen, »die USA unterstützten prodemokratische Gruppen finanziell«. Und in einem geheimen Dokument der amerikanischen Botschaft heißt es laut einem Bericht des Daily Telegraph:

»Die Proteste in Ägypten wurden von der Jugendbewegung 6. April gesteuert, einer Facebook-Gruppe, die vor allem junge und gebildete Mubarak-Gegner anzieht. Die Gruppe verfügt über schätzungsweise 70.000 Mitglieder und benutzt die Internetseiten sozialer Netzwerke, um Proteste zu organisieren und über ihre Aktivitäten zu berichten.

Die von WikiLeaks veröffentlichten Dokumente enthüllen, dass offizielle Vertreter der amerikanischen Botschaft [in Kairo] 2008 und 2009 regelmäßig in Kontakt mit dem Aktivisten standen, den sie als eine ihrer vertrauenswürdigsten Quellen für Informationen über Menschenrechtsverletzungen ansahen.« (Hervorhebungen vom Verfasser)

Die Moslembruderschaft
Die Moslembruderschaft in Ägypten bildet das größte Teilstück der Opposition zu Präsident Mubarak. Berichten zufolge soll die Moslembruderschaft die Protestbewegung weitegehend kontrollieren. Religiöse Parteien sind zwar laut Verfassung verboten, aber Mitglieder der Moslembruderschaft lassen sich als »Unabhängige« ins Parlament wählen, in dem sie die größte parlamentarische »Fraktion« stellen.

Diese Bruderschaft stellt dennoch keine unmittelbare Gefahr für die wirtschaftlichen und strategischen Interessen Washingtons in der Region dar. Westliche Geheimdienste arbeiten seit Langem mit der Bruderschaft zusammen. Die britische Unterstützung für die Bruderschaft über den britischen Geheimdienst geht bis auf die 40er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts zurück. Seit den 1950er-Jahren, berichtet der frühere Geheimdienstbeamte William Baer, »ließ die CIA der Moslembruderschaft Unterstützung zukommen, weil die Bruderschaft über beachtliche Möglichkeiten zum Sturz Nassers verfügte«. (»1954–1970: Die CIA und die Moslembruderschaft verbünden sich gegen den ägyptischen Präsidenten Nasser«.) Diese verdeckten Verbindungen zur CIA wurden auch in der Zeit nach Nasser beibehalten.

Abschließende Bemerkungen
Der Sturz von Hosni Mubarak war schon seit einigen Jahren als Option Bestandteil der außenpolitischen Planungen der USA. Der Austausch von Regimen dient der Sicherung der Kontinuität, weil er [für Öffentlichkeit und Bevölkerung] die Illusion erzeugt, es habe wirklichen politischen Wandel gegeben.

In Bezug auf Ägypten will Washington die Protestbewegung für seine Zwecke manipulieren und Präsident Mubarak durch eine neue gefügige Marionette ersetzen. Washington will die Interessen ausländischer Mächte schützen und die neoliberale Wirtschaftspolitik fortsetzen, die die ägyptische Bevölkerung in bittere Armut getrieben hat.

Aus Sicht Washingtons ist bei der Auswechselung eines Regimes die Installation eines autoritären Militärregimes wie in den Glanztagen des amerikanischen Imperialismus nicht länger die einzige Option. Ein neues Regime kann auch durch die Einvernahme politischer Parteien, auch der linken, durch die Finanzierung zivilgesellschaftlicher Gruppen und die Infiltration der Protestbewegung und nicht zuletzt die Manipulation von Wahlen eingesetzt werden.

Unter Bezug auf die Protestbewegung in Ägypten erklärte Präsident Obama am 28. Januar in einer Videosendung, die auch über YouTube verbreitet wurde: »Die Regierung sollte nicht zu Gewalt Zuflucht nehmen.« Es stellt sich aber die grundlegendere Frage, was ist die Quelle dieser Gewalt? Ägypten ist nach Israel der zweitgrößte Empfänger amerikanischer Militärhilfe. Und das ägyptische Militär gilt als Machtbasis des Mubarak-Regimes: »Die Streitkräfte des Landes und die Polizeieinheiten sind aufgrund der mehr als eine Milliarde Dollar umfassenden jährlichen Militärhilfe aus Washington bis an die Zähne bewaffnet … Wenn die USA Ägypten offiziell als ›einen wichtigen Verbündeten‹ bezeichnen, bezieht sich das ungewollt auf die Bedeutung Mubaraks als Vorposten amerikanischer Militäroperationen und schmutziger Kriegstaktiken im Nahen und Mittleren Osten und darüber hinaus. Internationale Menschenrechtsgruppen haben klare Beweise dafür vorgelegt, dass zahllose ›Verdächtige‹ von amerikanischen Kräften in ihren verschiedenen (kriminellen) Operationsgebieten gefangen und dann heimlich nach Ägypten geschafft werden, wo sie dann ›robust‹ verhört werden. Das Land dient als gigantisches ›Guantanamo‹ des Nahen Ostens, das angenehmerweise der amerikanischen Öffentlichkeit verborgen ist und wo man von legalen Feinheiten in Bezug auf Menschenrechte befreit ist.« (Finian Cunningham, »Egypt: US-Backed Repression is Insight for American Public«, Global Research, 28.Januar 2010)

Amerika ist kein Vorbild für die Demokratisierung des Nahen und Mittleren Ostens. Die amerikanische Militärpräsenz, die Ägypten und der arabischen Welt seit mehr als 20 Jahren aufgezwungen wird, ist in Kombination mit den »freimarktwirtschaftlichen« Reformen der eigentliche Grund staatlicher Gewalt.

Amerika will die Protestbewegung benutzen, um ein neues Regime an die Macht zu bringen.

Die Bewegung des Volkes sollte ihren Energien eine neue Richtung geben: Die Beziehungen zwischen Amerika und »dem Diktator« müssen klar herausgestellt werden. Setzt die Marionette Amerikas ab, aber vergesst dabei nicht die »wirklichen Diktatoren«.

Schiebt den Regimewechsel erst einmal auf.

Beendet die neoliberalen Wirtschaftsreformen.

Schließt alle amerikanischen Militärstützpunkte in der arabischen Welt.

Bildet eine wahrhaft souveräne Regierung.



Quelle: GlobalResearch

Dienstag, 1. Februar 2011

Hütet Euch vor den Medien

Widerstand gegen die Preisgabe der Schweiz

Von Dr. Christoph Blocher, Herrliberg
(Auszüge aus der Albisgüetli-Rede vom 21. Januar 2011)

Die Kunst der Rede und Gegenrede, der Argumente und der Gegenargumente wird immer seltener. Darauf verzichtet nun auch das Schweizer Fernsehen mit dem neuen De-Weck-Konzept in der «Arena».

Aber, aber, lieber Herr de Weck, liebes Staatsfernsehen: Warum diese Angst vor den Bürgern?

Natürlich wissen wir, dass Sie, Herr de Weck, dem «Club Hélvetique» angehörten, der die direkte Demokratie nicht sehr hoch schätzt und der missliebige Volksentscheide verbieten möchte. Aber es gibt doch auch Menschen ausserhalb ihres «Clubs». Echte Demokraten eben.

Natürlich wissen wir, Herr de Weck, dass man – besonders im Wahljahr 2011 – die SVP ausschalten will. Etwas anderes haben wir von Ihnen als Euro-Turbo, Demokratiefeind und SVP-Hasser auch nicht erwartet. Mit Ihrem neuen Chef von Radio und Fernsehen, Rudolf Matter, können Sie sehr zufrieden sein. Er verkündet bereits, dass in der «Arena» von der SVP keine «differenzierte, lösungsorientierte Ansätze» zu erwarten seien.

Wenn im Wahljahr 2011 eine «Arena» ohne echte Diskussion und ohne Auseinandersetzungen stattfindet, dürfen wir uns auf ein heuchlerisches Jahr vorbereiten. Eine «Arena» als «Sternstunde Philosophie», wie Toni Brunner dies treffend bezeichnete, brauchen wir nicht.

Heuchlerische, verlogene Harmonie schadet der politischen Kultur und bringt keine guten Lösungen. Wir dürfen dies von unserem Staatsfernsehen nicht schulterzuckend und resigniert hinnehmen.

Gegengewicht setzen!
Ich rufe dazu auf, dass wir eine eigene «Arena» organisieren, mit echten Duellen unter profilierten politischen Köpfen verschiedener Parteien. Leute, die um Meinungen ringen und sich nicht in der Harmonie suhlen. Vielleicht auch jeden Freitagabend, auf einem schweizweit zu empfangenden Privatsender. Aber man müsste natürlich mit dem mächtigen, gebührenfinanzierten Monopolfernsehen nett und anständig sein. Darum darf diese echte «Arena» nicht gleichzeitig zur besten Sendezeit von 22.30 bis 24.00 Uhr senden, sondern bereits von 20.30 bis 22.00 Uhr. Danach haben die Zuschauer eine halbe Stunde Zeit, um sich vor der langweiligen SRG-Arena schon einmal das Pyjama anzuziehen.

Verzerrungen im Radio
In der deutschen Zeitung «Die Zeit», die einmal in der Woche eine von linken Journalisten betreute Schweizer Seite herausbringt, erschien ein Interview mit dem Chef der Euro-Staaten, dem luxemburgischen Ministerpräsidenten Jean-Claude Juncker. Dabei legte dieser offen dar, wie das Grossreich EU über den selbständigen, demokratischen, stabilen, friedliebenden und neutralen Kleinstaat Schweiz denkt. Die Schweiz sei, so sagte er, kein «aufstrebendes Projekt». Junckers Euro-Staaten mit Junckers Euro-Währung sind offenbar ein besonders «aufstrebendes Projekt»!

Weiter führte er aus: «Es bleibt nämlich ein geostrategisches Unding, dass wir» – er sprach von der Schweiz – «diesen weissen Fleck auf der Landkarte haben.»

Ich kommentierte diese Ungeheuerlichkeit auf Tele-Blocher und erwähnte, dass ich eine solche Sprache aus der Geschichte kenne. So habe auch Hitler über die Schweiz gesprochen.

Später traf ich mich zu einem Streitgespräch mit Herrn Juncker im ausverkauften Zürcher Schauspielhaus. Am Morgen danach berichteten Radio DRS 1 und DRS 4 News: Hintergrund der Kontroverse sei eine frühere Aussage Junckers, dass es für die EU geostrategisch «wenig Sinn» mache, dass die Schweiz nicht Mitglied sei. Das Wort «Unding» wurde flugs zum «wenig Sinn machen».

Und DRS weiter: Blocher habe geantwortet: Das seien solche Aussagen, «die an die Zeit Hitlers erinnern würden.»

Ich erfuhr davon durch empörte Radiohörer, die am Vortag an der Veranstaltung gewesen waren.

Sie rieten mir dringend, eine Beschwerde einzureichen. Doch wir sind gebrannte Kinder! Eine kürzlich eingereichte Beschwerde gegen das Schweizer Fernsehen, das in die Sendung «Club» nach der erfolgreichen Abstimmung über die Ausschaffungsinitiative zu einer Diskussion neben fünf Initiativgegnern einen einzigen Befürworter eingeladen hatte, wurde abgelehnt. Die Beschwerde-Instanz fand, das sei eine «ausgewogene Zusammensetzung» gewesen.

Anpassung oder Widerstand
Aber Sie müssen auch wissen: Die Auseinandersetzung zwischen Freiheit und Unfreiheit geht weiter und ist nie abgeschlossen! Der imperialistische Ausdruck Junckers vom «weissen Fleck Schweiz» auf der Landkarte und vom «geostrategischen Unding» erinnert uns daran und rüttelt hoffentlich auf.

Immer wieder wird von Aussen eine Anpassung an die grossen, die Freiheit beengenden oder abbauenden Systeme verlangt. Dass die Anpasser in den führenden Schichten sind, ist begreiflich. Wenn die Freiheit des Volkes beschnitten wird, bekommen die Amtsträger mehr Freiraum und Macht. Sie gewinnen an Bedeutung, erhalten Posten und Pöstchen und viel, viel Pekuniäres.

Als es 1992 um den EWR ging, war die Anpassung und der Wille zur Preisgabe der Freiheit und Unabhängigkeit der Schweiz wohl am ausgeprägtesten. Alle, die gesamte politische, wirtschaftliche und akademische Elite – mit Ausnahme einzelner Rufer in der Wüste – schlossen sich zusammen, um die Schweiz in den EWR und anschliessend in die EU zu führen!

Aber, meine Damen und Herren, es ist doch tröstlich: Auch das ist nicht gelungen!

Widerstand oder Anpassung war auch damals wie stets in der 700-jährigen Geschichte der Schweiz die Grundfrage. Die Schweiz – diesmal das Schweizer Volk und zwei Drittel der Kantone – sind der Ablehnung der SVP gefolgt und haben sich für die Freiheit und damit für die Schweiz entschieden!

Die Kräfte des Widerstands
Dankbar dürfen wir feststellen: Bis heute haben sich nicht die Anpasser, sondern die Freiheitskämpfer durchgesetzt. Mindestens bei den Hauptangriffen auf die Schweiz. Aber wir wissen auch: Den Kampf für die Freiheit gewinnt man nicht umsonst. Wer nicht die Mühsal dieses Freiheitskampfes auf sich nimmt, wer nicht Verunglimpfungen, Drohungen und Ausgrenzungen erträgt, kann sich nicht auf den Weg zur Erringung der Freiheit machen. Das ist seit siebenhundert Jahren so und insbesondere heute wieder.

Wie steht es heute mit dem Druck aus dem Ausland? Wie mit dem Anpassen? Wie mit dem Widerstand gegen diesen Druck?

Der Druck sei gewaltig – wird 2010 im Bundeshaus repetiert. Von «Peitschen», von aufmarschierender «Kavallerie», von der Schweiz als «geostrategischem Unding», von Drohungen, die EU schliesse keine bilateralen Verträge mehr ab, vom Zwang zur Übernahme von EU-Recht und vielem mehr wird geredet, geschwafelt, gemunkelt, geschrieben, gesendet.

Aber nicht nur dieser Druck aus dem Ausland bedeutet die Fortsetzung der Geschichte. Leider sind auch die Anpasser wieder – wie so oft in der Geschichte – weit verbreitet. Schon übernimmt man die Argumente und die Sprache der Angreifer, anstatt ihnen entschieden entgegenzutreten. Man faselt von multilateralen Konstruktionen, von Rahmenverträgen, von institutionellen Bindungen und vielerlei mehr, lauter intelligent tönende Vorhaben, die niemand richtig versteht, die aber im Grunde nichts anderes wollen, als die Unabhängigkeit der Schweiz zu unterwandern und diese abzuschaffen, um letztlich die Schweiz in die EU zu führen.

Leider wollen mit Ausnahme der SVP alle Parteien – SP, CVP und FDP – die Unabhängigkeit des Landes preisgegeben. Sie predigen Widerstand und trinken Anpassung. Die Bundesverwaltung an vorderster Front: Ihr Ziel ist der EU-Beitritt!

Das gilt leider auch für den Bundesrat selber. Natürlich will man dies im Wahljahr 2011 nicht mehr so offen sagen. So soll Frau Bundesrätin Leuthard am CSU-Parteitag in Deutschland erklärt haben, «die Schweiz werde wegen der Schwäche des Euro derzeit keine Beitrittsdiskussion anzetteln». Man weiss schliesslich: Das Schweizer Volk hängt an der Unabhängigkeit des Landes. Alle Umfragen beweisen es:

Das Volk will nicht
75 Prozent wollen nicht, dass die Schweiz der EU beitritt, über 80 Prozent – es sei ein Spitzenresultat – seien für das Festhalten an der dauernden Neutralität.

Die Verteidigung schweizerischer Werte nimmt – gerade auch bei den Jungen – zu. Darum reden die Anpasser genau so. Sie wollen glauben machen, man wolle das Gegenteil von dem, was sie tatsächlich wollen. Statt vom strategischen Ziel der Aussenpolitik zu reden, plappert man von «Bilateralismus», spricht von der «aktiven Neutralität» und tut so, als nähme man die Neutralität ernst. Gleichzeitig sendet man Truppen ins Ausland, will in den UNO-Sicherheitsrat, wo über Krieg und Frieden entschieden wird, mischt sich in Grosshändel ein.

Und Frau Bundesrätin Leuthard schiebt am CSU-Parteitag nach: «Die Landesregierung plant aber Schritte zur Integration».

Frau Bundespräsidentin! Sehen Sie, die alten Eidgenossen ersetzten das Wort Neutralität mit «Stillesitzen». Aktive Neutralität ist dazu ein Widerspruch, ein Widerspruch in sich selbst.

Das ist fast, wie wenn Sie sagen würden: ein «sparsamer Sozialdemokrat». Oder ein «gradliniger Christdemokrat». Es heisst nicht zufällig: «Ich bin nicht krumm, ich bin nicht grad, ich bin ein Christlichdemokrat.»

Der Druck aus dem Ausland ist da, die Anpasser auch – leider bis in die eigene Regierung, bis zur Mehrheit im Parlament und leider auch einzelne wenige Wirtschaftsleute, wie der Chef der Credit Suisse, Walter Kielholz. Auch auffallend viele Lehrstuhlinhaber sind unter den Angepassten zu finden.

Doch bleiben wir nüchtern:

Der Widerstand gegen die Preisgabe der Schweiz,
der Widerstand gegen den Druck von aussen – es handelt sich bestenfalls um «Drücklein»
der Widerstand gegen den EU-Beitritt,
der Widerstand gegen die Ausschaltung der direkten Demokratie,
der Widerstand gegen die Missachtung der Neutralität,
der Widerstand gegen Larifari in der Ausländer-, Asyl- und Sanspapier-Politik,
der Widerstand gegen die Aushöhlung der schweizerischen Staatssäulen,
der Widerstand gegen die Unterwanderung der Unabhängigkeit
wird seit 20 Jahren durch die SVP – als einziger Partei – konkret verkörpert. Diese Widerstandsbewegung weicht nicht. Die SVP ist nicht umsonst die stärkste Partei geworden.

Gerade heute ist Widerstand erste Pflicht. Wer die Schweiz retten will, wird 2011 die SVP wählen müssen! Weil sie noch zur Schweiz steht!

Nur wenn die SVP die Wahlen gewinnt, wird das Einstehen für die Schweiz auch in Bern wieder salonfähig.

Christoph Blocher