Freitag, 30. April 2010

Climategate und das Staatsfernsehen SF

Beschwerde gegen die Berichterstattung des Schweizer Fernsehens SF zu Climategate und zur Kritik am Uno-Klimarat IPCC

Dazu legitimiert bin ich generell als Staatsbürger, der bei diesem Thema mit seinen weitreichenden politischen, ökonomischen und sozialen Implikationen eine ausgewogene Berichterstattung und Meinungsbildung erwartet, und speziell als Journalist, der selber unter der Befangenheit und dem Widerstand der Klima(politik)experten in den Redaktionen der führenden Schweizer Medien litt und diese Problematik in einem Artikel für das Medienmagazin „Schweizer Journalist" (02+03/2010) aufzeigte.

Ich reichte in dieser Sache am 20. Februar 2010 beim Ombudsmann Beschwerde ein. Seinen abschlägigen Bescheid, datiert vom 1. April 2010, erhielt ich am 6. April 2010. Die Beschwerdefrist ist also eingehalten.

Meine Beschwerde begründe ich wie folgt:

1.
Bei den Recherchen zu meinem Artikel für den „Schweizer Journalist" im Februar 2010 stellte ich fest, dass das Schweizer Fernsehen SF seit dem Ausbruch von „Climategate" Mitte November 2009 in seinen Informationssendungen - also „Tagesschau", „10 vor 10", „Rundschau" und (da es um Wissenschaft ging) „Einstein" - keinen einzigen Beitrag zur Kritik an der Klimaforschung gebracht hatte, auch nicht zur Debatte um den Weltklimarat IPCC und seinen Chef Rajendra Pachauri, die Anfang Jahr weltweit grosses Aufsehen erregte und über die jedes ernstzunehmende Medium berichtete. (Die Relevanz dieser Kritik ist spätestens dadurch belegt, dass die Uno die Arbeit des IPCC aufwendig untersuchen lässt.)

Deshalb bat ich SF um eine Stellungnahme von Chefredaktor Hansruedi Schoch. Stattdessen erhielt ich eine nichtssagende, gedanklich und sprachlich schludrige Antwort von Nachrichtenchef Diego Yanez (im Bericht des Ombudsmanns gnädigerweise redigiert), die mich einmal mehr mit ihrer Arroganz ärgerte: SF pflegt gegenüber den Printmedien einen Kommunikationsstil, den seine Journalisten von niemandem akzeptieren würden.

Grundsätzlich wollte ich die Debatte, wie über die Kritik an der Klimaforschung zu berichten sei, medienintern führen. Angesichts der Unmöglichkeit, von SF eine ernsthafte Stellungnahme zu erhalten, blieb mir aber nur die Beschwerde beim Ombudsmann.

2.
Mir war das Problem bewusst, dass ich nicht - wie im Beschwerdeverfahren vorgesehen - eine einzelne Sendung bemängelte, sondern das Unterlassen oder gar Verweigern der Berichterstattung über ein für das gesamte Publikum relevantes Thema beanstandete. Auch der Ombudsmann fragte sich, wie er meine Beschwerde behandeln müsse. Er schrieb mir aber in einem Zwischenbericht: „Auf Grund der Grundsätze der UBI gelange ich zur Auffassung, dass ihre Beanstandung, bis auf den von ihnen angegebenen Zeitraum (November 2009 bis Mitte Februar 2010), die Voraussetzungen einer Zeitraumbeanstandung erfüllt." Dieser Einschätzung schloss ich mich gerne an; der gesetzlich vorgegebene Zeitraum von drei Monaten deckte sich zufällig mit dem Beobachtungszeitraum, da „Climategate" Mitte November 2009 ausgebrochen war.

Der Ombudsmann liess den Rechtsdienst von SF zu seiner Beurteilung Stellung nehmen. Dieser hatte offensichtlich keine Einwände.

3.
Zuhanden des Ombudsmanns nahm für SF wieder Nachrichtenchef Diego Yanez Stellung. (Eigentlich nimmt der durchschnittliche Staatsbürger und Gebührenzahler an, dass SF einen Chefredaktor hat, um solche Kritik an seinem Programm zu behandeln und damit auch den Nachrichtenchef zu beaufsichtigen.) Die Stellungnahme zeugt von derselben Überheblichkeit und Oberflächlichkeit, die mich schon bei der Antwort auf meine Anfrage ärgerte: Auf den Anlass für meine Beschwerde, dass „die Informations­sendungen von SF, also ‚Tagesschau', ‚10 vor 10', ‚Rundschau' und ‚Einstein', von November 2009 bis Mitte Februar 2010 keinen einzigen Beitrag zur globalen Kritik an der Klimaforschung brachten", geht Yanez überhaupt nicht ein. Insbesondere findet sich - wie in der Antwort auf meine erste Anfrage, in der ich explizit um Auskunft bat - keinerlei Information dazu, wer aus welchen Gründen und aufgrund welcher Einschätzung entschied, über dieses Thema nicht zu berichten, und vor allem keinerlei Reflexion, wie die Führung von SF diese mittlerweile als solche erkennbare Fehlleistung beurteilt.

4.
Gleich zu Beginn seiner Stellungnahme schreibt Yanez: „Konkret kritisiert Herr Schär eine Club-Sendung, zwei Beiträge in der Tagesschau, einen in 10vor10." Das ist falsch; Yanez belegt mit dieser Behauptung, auf der seine ganze Stellungnahme beruht, dass er sich gar nie ernsthaft mit meiner Beschwerde auseinandersetzte: Der Anlass dafür war, wie deutlich ausgeführt, nicht die Kritik an einzelnen Beiträgen, sondern der unbestrittene Fakt, dass es keinen einzigen Beitrag zur Kritik an der Klimaforschung gab. Weil sich Yanez nicht dazu äussern wollte, setzt er sich umso weitschweifiger mit meinen Randbemerkungen ausein­ander, mit denen ich belegte, dass SF bei der Frage des Klimawandels grundsätzlich zum Alarmismus neigt.

Um in aller Kürze nochmals darauf einzugehen: Der Begriff „Klimakollaps" kam, wie die SMD zeigt, zwar auch in Printmedien vor; ich halte ihn für eine „Tagesschau"-Moderation aber für besonders ungeeignet, da - wie schon in der Beschwerde ausgeführt - ja keine Zeit zur Verfügung steht, diesen unsinnigen Begriff zu erklären. Und beim Interview in der „Rundschau" vom 18. November 2009 sprach Prof. Thomas Stocker ausschliesslich von Extremszenarien: Das journalistische Handwerk hätte es erfordert, ihm im Interview nicht nur Stichworte zu liefern, sondern ihm auch zurückhaltendere Stimmen und Standpunkte entgegenzuhalten. Aber es sei zuhanden von begriffsstutzigen Kollegen betont: Selbst­verständlich richtete sich meine Beschwerde nicht gegen diese lässlichen Fehlleistungen.

Gar nichts auszusetzen gab es schliesslich am „10vor10"-Beitrag mit Thomas Stocker und Björn Lomborg - abgesehen davon, dass es vom November 2009 bis zur „Club"-Sendung von Mitte Februar 2010 der einzige Beitrag war, in dem ein Kritiker der offiziellen Klimapolitik wenigstens mit drei Statements zu Wort kam. Die herablassende Bemerkung von Yanez („Was an diesem Bericht falsch sein könnte, erschliesst sich uns nicht") zeugt also nur davon, wie unsorgfältig er meine Beschwerde las. Ich erwähnte diesen Beitrag einzig, weil er nicht als Gegenbeispiel gegen meine Kritik dient, da Lomborg - wie in der Beschwerde ausgeführt - „die IPCC-These von der menschengemachten Klimaerwärmung nicht anzweifelt". Um diese „Klimawahrheit" und die Kritik daran aber ging es mir bei meiner Beschwerde. Es sei nochmals wiederholt: SF brachte in allen seinen Informationssendungen keinen einzigen Beitrag dazu.

Im „Club" vom 16. Februar 2010 kam mit Hans Rentsch tatsächlich ein ernstzunehmender Kritiker des IPCC zu Wort (während sich bei den anderen beiden „Gegnern" gnädiges Schweigen empfiehlt). Diese Sendung wurde aber nach meiner ersten Anfrage ausgestrahlt. Sie war - wie mir Yanez in seiner Antwort darauf mitteilte - ursprünglich für den 12. Januar 2010 geplant; der Anlass dafür war also nicht die Kritik am IPCC, die damals noch nicht bekannt war, sondern vermutlich die bevorstehende Debatte im Parlament, in der es nur um die Reaktion der Schweiz auf ein nicht angezweifeltes Klimaszenario ging. Um die Grundsatzkritik drehte sich denn auch nur die erste halbe Stunde, und der „Club" erwies sich dafür als völlig ungeeignet. Dies nicht, weil sich „die Kontrahenten Fakten und Vorwürfe an den Kopf warfen", wie ich gemäss Yanez, der nicht lesen kann, angeblich schrieb. Sondern weil - wie in der Beschwerde erklärt - „sich die Kontrahenten Fakten und Argumente an den Kopf warfen, von denen die Zuschauer von SF nichts wissen konnten, sodass Moderator Röbi Koller sogar den Himalaya-Skandal erklären musste". Die „Club"-Sendung misslang also gerade, weil SF - wie in meiner Beschwerde beanstandet - in seinen Informationssendungen nie einen Beitrag zu diesem Thema gebracht hatte.

5.
Dieselbe Spiegelfechterei betreibt Yanez mit seinen ausufernden Äusserungen zu den Beiträgen der „Tagesschau" vom 12. Dezember 2009 und von „Einstein" vom 4. Februar 2010. Nochmals: Meine Beschwerde richtete sich nicht gegen einzelne Beiträge, sondern dagegen, dass es keinen einzigen Beitrag zur Kritik an der Klimaforschung gab. Meine nachträglichen Recherchen zu diesen beiden Beiträgen zeigten aber, dass die Informationen höchst fragwürdig und die Ausführungen von Yanez wahrheitswidrig sind - dass also diese Beiträge allein beschwerde­würdig wären. Ich erlaube mir deshalb, näher darauf einzugehen.

Zum „Tagesschau"-Beitrag des Grossbritannien-Korrespondenten Peter Balzli schreibt Yanez: „Der Bericht behauptet nicht, die Ereignisse in Happisburgh hätten ausschliesslich mit dem Klimawandel zu tun. Im Bericht wird thematisiert, dass der Klimawandel einer von mehreren Faktoren sei - und nicht der wichtigste, der zum Abbrechen der Küste in Norfolk führt." In seiner Anmoderation sagte Urs Gredig allerdings, der Beitrag zeige „das beste Beispiel, dass der Klimawandel auch in Europa seine Spuren hinterlässt". Und auf der Website von SF lautet der Titel des Beitrags: „Klimawandel bedroht Ostküste Englands". Auf der von Yanez angegebenen Website mit dem angeblichen „offiziellen Klima-Bericht der britischen Regierung" findet sich die Aussage: „Global sea-level rise has accelerated and is now about 3mm per year." Eine Tabelle stellt denn auch zwischen 1990 und 2000 einen Anstieg des Meeresspiegels um 3 Zentimeter fest und sagt bis 2095 einen weiteren Anstieg zwischen 37 und 53 („very unlikely") Zentimeter voraus. Im Beitrag ging es aber nur um den bisherigen Anstieg - als „bestes Beispiel für den Klimawandel in Europa"! - von wenigen Zentimetern: Es ist im besseren Fall stupid und im schlechteren bewusst manipulativ, das Erodieren einer mehrere Meter hohen Küste aus weichem Sedimentgestein damit zu erklären.

Den „Einstein"-Beitrag erwähnt Yanez von sich aus, als einziges Beispiel, dass SF auf die Kritik am IPCC-Bericht einging. Tatsächlich hiess es in der Anmoderation: „Die Gletscher im Himalaya schmelzen - diese Tatsache ist unbestritten. Wie schnell das geschieht, darüber aber streiten sich die Experten ziemlich heftig. Es geht sicher nicht nur noch Jahrzehnte, wie der Weltklimarat IPCC fälschlicherweise verlauten liess, sondern viel länger, bis ein grosser Teil des Himalaya-Eises weg ist." (Der IPCC-Bericht verwechselte bekanntlich die Jahres­zahlen 2035 und 2350 als Zeitpunkt, bis wann die Himalaya-Gletscher abgeschmolzen sein sollen; „viel länger" bedeutet also: 350 Jahre.) Der Bericht danach bebilderte aber nur das zu diesem Zeitpunkt bereits völlig diskreditierte Schreckensszenario des IPCC-Berichts, gemäss dem das rasche Abschmelzen „Gefahr für Millionen von Menschen" bedeute. So stellte der Kommentar fest: „Indien drohen Hunger und Dürre." Die indische Regierung sei deswegen alarmiert, behauptete der Beitrag, liess aber als Beleg dafür nicht einen Repräsentanten der Regierung zu Wort kommen, sondern einen Vertreter des privaten Instituts Teri von IPCC-Chef Rajendra Pachauri. Dabei war bei der Ausstrahlung des Beitrags am 4. Februar 2010 längst bekannt: Der peinliche Fehler im IPCC-Bericht flog gerade wegen einer kritischen Studie der indischen Regierung auf - Pachauri, der mit den Schreckensszenarien privat Geschäfte machte, diffamierte sie als „Voodoo-Wissenschaft".

Weshalb der von der Aktualität völlig überholte Beitrag so ausgestrahlt wurde, erklärte erst der Hinweis auf den Autor am Schluss: Der deutsche Fernsehjournalist Jörg Denzer gestaltete den Bericht schon Ende November 2009 - also vor der Debatte um die Himalaya-Gletscher - für das ZDF. Unter dem Titel „Die Lage ist grimmig. Vom Rückgang der Himalaya-Gletscher" (keineswegs aller, wie die Kritiker des IPCC-Berichts belegen) sagte er da gemäss Website: „Ich wusste nicht, dass so legendäre Flüsse wie der Ganges aus den Schmelzwassern der Himalaya-Gletscher bestehen. Bis mir die Wissenschaftler an den Universitäten Indiens Zahlen um die Ohren warfen, die einfach unerhört sind: In vielleicht schon zwei Jahrzehnten - genau will sich da niemand festlegen - werden die Eismassen des Himalaya weggeschmolzen sein, und dann fliesst kein Wasser mehr den Ganges hinab. Dann werden die Felder vertrocknen, auf denen die Nahrung von 500 Millionen Menschen angebaut wird. Das gleiche in China, Pakistan oder Bangladesh: 2,5 Milliarden Menschen werden ohne Trinkwasser sein." „Einstein" zeigte also, wider besseres Wissen, einen Beitrag, dessen Alarmismus zu diesem Zeitpunkt bis zur Lächerlichkeit widerlegt war - nur die vage Formulierung in der Anmoderation sollte das vertuschen.

6.
Das Fazit: Die Stellungnahme von Yanez geht gar nicht auf den eigentlichen Grund für meine Beschwerde ein, stellt meine Kritik (bewusst?) verzerrt oder verfälscht dar, macht wahrheitswidrige Angaben, redet sich mit unhaltbaren Behauptungen heraus und führt ungefragt Beispiele an, die für sich allein eine Beschwerde rechtfertigen würden. Der Ombudsmann nahm diese pitoyable Stellungnahme aber kritiklos an und wies darauf gestützt meine Beschwerde ab, obwohl er selber feststellt, „dass das Schweizer Fernsehen zur globalen Kritik an der Klimaforschung keinen einzigen Beitrag gesendet hat", und bedauert, „dass dem so genannten ‚Climategate' sowie auch der ‚Kritik am Uno-Klimarat IPCC' an sich keine Sondersendung gewidmet wurde". (Ein einziger handwerklich sauberer Beitrag von „Tagesschau" oder „10vor10" hätte genügt.) Der Bericht des Ombudsmanns ist also objektiv ungenügend und für mich subjektiv nicht annehmbar. Ich bin nicht bereit, dieses skandalöse Verhalten - sowohl beim (Nicht-)Berichten über ein höchst relevantes Thema wie beim Beantworten meiner Beschwerde - auf sich beruhen zu lassen. Deshalb bleibt mir nur der Weg einer Beschwerde bei der UBI.

Yanez stellt selber fest: „Während in den USA, Grossbritannien und Indien Climategate tatsächlich grosse Wellen warf, war der eigentliche Climategate-Skandal in der Schweiz kein dominierendes Thema. Dies im Gegensatz zur allgemeinen Kritik am UNO-Klimarat IPCC und dessen Klimapolitik." Die Aussage ist für einen Chef von SF von einer bemerkenswerten intellektuellen Schlichtheit. Der Climategate-Skandal war in der Schweiz „kein dominierendes Thema", weil SF (wie übrigens auch SR DRS) als wichtigstes Medium nie darüber berichtete, während die führenden Zeitungen wie NZZ und TA bei allem Widerwillen ihrer Wissenschafts-Redaktoren seit November 2009 mehrere Artikel dazu veröffentlichten und sich gegenüber dem IPCC immer kritischer zeigten. Und die Kritik am IPCC im Januar und Februar 2010 richtete sich - wie der Nachrichtenchef von SF wissen müsste - nicht gegen dessen Klimapolitik: Der IPCC, betont beispielsweise Thomas Stocker immer, berät die Politiker, schreibt aber selber keine Politik vor. In die Kritik geriet die Klimaforschung: Meine Beschwerde, die offensichtlich von SF überhaupt nicht verstanden worden ist, beanstandete das Verweigern jeglicher Berichterstattung über diese Kritik in den dafür zuständigen Informationssendungen. Ein Thema war sie nur eine halbe Stunde lang in einer konfusen, völlig misslungenen Diskussionssendung.

Wie wichtig die Berichterstattung über die Kritik an der Klimaforschung war, beweist der Meinungsumschwung in vielen Ländern, so in den USA und in Grossbritannien, wo eine Mehrheit nicht mehr an den menschengemachten Klimawandel mit katastrophalen Folgen glaubt. Für Deutschland - wo die Medien ähnlich zurückhaltend berichteten wie in der Schweiz - veröffentlichte der „Spiegel" am 27. März 2010, zusammen mit einer umfassenden Geschichte über Climategate und die Folgen, eine eigene Umfrage: „Die Deutschen haben keine Angst mehr vor dem Klimawandel. Das hat eine Umfrage im Auftrag des Spiegel ergeben. Nur noch eine Minderheit von 42 Prozent fürchtet sich vor der globalen Erwärmung. Im Herbst 2006 fürchtete noch eine klare Mehrheit von 62 Prozent der Deutschen die Folgen des Klimawandels. Das hat sich mittlerweile deutlich verändert - obwohl die fundamentalen wissenschaftlichen Erkenntnisse zum menschlichen Einfluss auf die Erwärmung der Erde weiter Bestand haben. Heute hält jeder dritte Deutsche die Prognose der Klimaforscher, nach der es langfristig immer wärmer wird, nicht für zuverlässig. Das belegt eine repräsentative Infratest-Umfrage im Auftrag des Spiegel. Jeder Vierte glaubt, dass Deutschland von dem Klimawandel sogar eher profitieren wird. Auch in Grossbritannien hatte es bereits ähnliche Umfrageergebnisse gegeben. Das schmelzende Vertrauen in die Klimaforschung hat möglicherweise auch mit den jüngst bekannt­gewordenen Fehlern und Übertreibungen im Bericht des Weltklimarates IPCC zu tun."

Über diese „Fehler und Übertreibungen im Bericht des Weltklimarates IPCC" (wie über Climategate) berichtete SF in seinen Informationssendungen nie. Es verstiess deshalb grob gegen Art. 4RTVG, der in Absatz 2 verlangt, redaktionelle Sendungen mit Informationsgehalt müssten „Tatsachen und Ereignisse sachgerecht darstellen, so dass sich das Publikum eine eigene Meinung bilden kann", und in Absatz 4 fordert, die Programme müssten „in der Gesamtheit ihrer redaktionellen Sendungen die Vielfalt der Ereignisse und Ansichten angemessen zum Ausdruck bringen". Ich bitte Sie, dies festzustellen.

Donnerstag, 29. April 2010

Die Schweiz im Widerstand

Ein selbstbewusstes Volk lässt sich nicht so leicht unterjochen

Zu den wahren Absichten hinter den Angriffen auf die Schweiz und ihre Geschichte – unter Einbezug der Guisan-Biographie von Markus Somm

von Tobias Salander, Historiker

Die Schweiz befindet sich zurzeit in einer komplexen Lage: umringt von einer sich immer totalitärer gebärdenden Lissabon-EU, einem neoliberalen Projekt mit engster Anbindung an die angelsächsische Kriegs­allianz; darin ein Deutschland, welches immer unverhohlener völkerrechtswidrige Angriffskriege führt, das den Begriff Krieg wieder, ohne zu erröten, in den Mund nimmt, seine Jugend in den Tod schickt und dann Totenkult an Ehrenmalen zelebriert. Dazu kommt die masslose Gier ausländischer Finanzzentren, welche die im Rechtsstaat Schweiz unter strengsten Geldwäschereiparagraphen verwalteten Vermögen in die eigenen Hände bekommen möchten – und die dazu eine breitgefächerte Kampagne der Verächtlichmachung gegen die Schweiz lanciert haben. In dieser Situation an der eigenen Tradition der Souveränität, der Ehrlichkeit, der Weltoffenheit, der Neutralität und der Guten Dienste festzuhalten bedingt einen klaren Kopf und eine unverstellte Sicht auf die Vergangenheit. Der aufrechte Gang, den sich die Schweizer trotz Übergriffen und Übergriffsversuchen durch angrenzende Grossmächte in ihrer Geschichte nicht haben nehmen lassen, braucht auch heute und besonders heute Mut und Entschlossenheit. Rechtzeitig und unterstützend sind dazu Publikationen erschienen, die Sachfragen klären, verzerrt Dargestelltes wieder ins richtige Licht rücken und Manipulanten beim Namen nennen. Ein grosses Verdienst kommt dabei der neuen Guisan-Biographie des Journalisten Markus Somm zu.

50 Jahre ist es nun her, dass General Henri Guisan am 7. April 1960 im Alter von 85 Jahren in einem Staatsbegräbnis, wie es die Schweiz noch nie gesehen hatte, in Lausanne zu Grabe getragen wurde. Mit ihm ging ein Mann von uns, der die Schweiz in bedrängter Situation mit ruhiger Hand durch die schwere Zeit des Zweiten Weltkrieges geleitet hatte. Obwohl jedem Personenkult abhold, liess es sich die Schweizer Bevölkerung nicht nehmen, diesem Vorbild an eidgenössischer Umsicht, Tapferkeit und Ausdauer in grossen Scharen die letzte Ehre zu erweisen. Sein Andenken wurde in hohen Ehren gehalten, und dies über Jahrzehnte. Selbst die ehemaligen Kriegsgegner USA und Deutschland brachten seinem Durchhaltevermögen und seiner Konzeption der Alpenfestung, des Reduits, noch während des Krieges grossen Respekt entgegen.

Erst der sogenannte Bonjour-Bericht, welchen der Basler Historiker Edgar Bonjour im Auftrag des Bundesrates verfasst hatte, brachte mit dem vierten Band der Neutralitätsgeschichte der Schweiz im Jahre 1970 die eine oder andere bisher unbekannte Seite des Wesens und der Tätigkeit des Generals an die Öffentlichkeit, was seinem guten Ruf jedoch keinen Abbruch zu tun imstande war.
Ende der 80er und Mitte der 90er Jahre begann dann eine eigentliche Herabminderungs­kampagne gegen die grösste Persönlichkeit der Schweizer Geschichte des 20. Jahrhunderts.

Geld und EU-Anschluss
Dies kam nicht von ungefähr: War es zuerst die Initiative der GSoA, der Gesellschaft für eine Schweiz ohne Armee, welche an der Staatsmaxime der immerwährenden bewaffneten Neutralität rüttelte und zu diesem Zweck die Geschichte des Zweiten Weltkrieges umzudefinieren begann und damit natürlich auch die Rolle des Generals herabwürdigte, so wurde die zweite Welle der Attacken gegen die Erinnerungen der Bevölkerung mittels der äusserst fragwürdigen Ergebnisse der Bergier-Kommission geführt. Hatte die GSoA-Kampagne auf die Entwaffnung der Schweiz abgezielt, die zu der Zeit immer noch über eines der grössten Landheere des Kontinents verfügte, so standen hinter der Demolierung des guten Rufes der Schweiz als neutralem Staat und Garant des Humanitären Völkerrechts, der Genfer Konventionen und der Guten Dienste zwei nur vordergründig nicht zusammenhängende Kräftegruppen: Einerseits der WJC, der World Jewish Congress, eine private Vereinigung, welche europaweit ein Land nach dem anderen und deren Banken und Industriebetriebe zu Zahlungen in Milliardenhöhe zwang. Es hätte eine Wiedergutmachung für die Opfer des Holocaust sein sollen, skandalöserweise ging aber nur wenig Geld wirklich an Holocaust-Überlebende. Der Löwenanteil landete bei heute zum Teil rechtskräftig verurteilten Anwälten oder bei Organisationen in Israel und ging von dort auf vielen Wegen wohl in deren Kriegskasse. Andererseits agierte innerhalb der Schweiz eine Gruppe von Leuten, die die Schweiz lieber gestern als heute in die EU geführt hätte. Doch dabei bestand ein Problem: Das Schweizer Volk war selbstbewusst aus dem Zweiten Weltkrieg in die Nachkriegszeit getreten, eingedenk der Situation der totalen Umzingelung durch die Achsenmächte, alleingestellt auf sich selber, und war nun mitnichten gewillt, Souveränität an ein Machtgebilde abzutreten, welches nach der Demokratie-Definition von Montes­quieu nur als Despotie zu bezeichnen war und ist. Wie also diese Schweiz in die von US-Machtstratege Zbigniew Brzezinski so stark gepuschte EU als Vasall und Brückenkopf der einzig verbliebenen Weltmacht USA einspuren? Indem man sich an die Verächtlichmachung und Verhöhnung von Geschichte, Tradition und Herkunft des Schweizer Volkes machte. Dies war das zweite Mal, dass der General unter Verdacht gestellt wie auch die ganze Aktivdienst-Generation verunglimpft wurde. Die Akteure der Kampagne, einerseits die sogenannte «US-Ostküste» und andererseits die einheimische Neolinke, liessen sich mit der gleichen Zielsetzung eine Ablehnung des souveränen Nationalstaates einreden.
Die Bekämpfer einer angeblichen auf Mythen und Dogmen aufgebauten Vergangenheitskultur erwiesen sich nun als neue Orthodoxie, die auf Kritik unwirsch und höchst gereizt reagierte und mit der Faschismus-Verdachts-Keule all jene traktierte, die sich das freie Denken und die historische Realität nicht nehmen lassen wollten.
Nun aber, zum 50. Todestag des Generals, beginnt sich die Vernunft doch wieder ihren Platz zu erkämpfen, und breite Kreise der Bevölkerung fangen an, sich des aufoktroyierten «Geschichtsbildes» einer unheiligen Allianz von WJC, neoliberalen und neolinken EU-Adepten zu entledigen und davon zu emanzipieren.
War dies schon deutlich geworden durch die 2009 vom Schweizer Fernsehen ausgestrahlte Fernsehserie über das Leben im ­Reduit und in der Anbauschlacht nach Plan Wahlen, welche auf breite Anteilnahme und Zustimmung gestossen war, legt nun der Historiker und Journalist Markus Somm, nicht ohne professionelle Fachberatung durch den Direktor der Bibliothek am Guisanplatz, Jürg Stüssi-Lauterburg, eine Biographie über General Guisan vor, welche ihren Platz im Bücherregal jeder Schweizer Familie und in jeder Bibliothek erhalten wird.
Somm gibt seinem Leser einen Einblick in die Überlegungen im Armeehauptquartier der 40er Jahre und nimmt ihn an der Hand, die Bedrohungslage und mögliche Abwehrkonzepte zu besichtigen und selber durchzudenken.
Was hätten wir Nachgeborenen getan angesichts der Niederlage der damals stärksten Armee, der französischen, angesichts des Schulterschlusses der Diktaturen im Norden und Süden, angesichts der blockadeverhängenden Westmächte und einer kollaborationswilligen, deutschfreundlichen Gruppe in der Armee und einem nicht immer ganz standfesten Bundesrat? Wir wären an einem Coca-Cola nuckeln gegangen. Wer brächte heutzutage den Mumm auf, eine kollaborationswillige Anschlusselite dingfest zu machen und damit Kopf und Kragen zu riskieren, sollte die Entwicklung ungünstig verlaufen? In den Sand hocken und alles «hinterfragen», an allem herumkritteln und sich dabei noch gescheit vorkommen, das haben viele Geschichtslehrer der 90er Jahre uns beigebracht. Und wie steht es mit dem Abwehrwillen gegen fremde Bevormundung und der Bereitschaft, sich für das Ganze einzusetzen? Und erst noch umsäuselt von Schalmeienklängen, die aufrufen, sich doch dem «Fortschritt» nicht zu verschliessen, dem «progressiven neuen Europa» zu folgen, welches eine «Grossraumwirtschaft» verspricht und «verkrustete Strukturen» aufbrechen will. Nein, die Rede ist hier nicht von der heutigen EU-Propaganda, obwohl fast identisch. Das megalomane Bestreben und das Lächerlichmachen von kleinstrukturierten Gebilden wie der Schweiz sind identisch. Die deutsche Kavallerie lässt grüssen. Die eben zitierten Begriffe entstammen der Nazi-Propaganda und wurden von einer, wenn auch kleinen, 5. Kolonne in der Schweiz willfährig kolportiert.

An wessen Wesen soll die Welt genesen? EU-getarntes Grossdeutschland?
Am EU-Wesen soll die Welt genesen, oder doch wieder am deutschen? So jedenfalls der französische Professor für Internationale Beziehungen an der ESCE, der Ecole Supérieure du Commerce Extérieur, in Paris, Pierre Hillard, der in mehreren Werken akribisch aufzeigt, wie heute unter der Schirmherrschaft der US-Israel-Kriegsallianz Deutschland unter dem Deckmantel der EU seine Einflusssphäre wieder derjenigen von 1937 und danach auszudehnen im Begriffe ist. Wozu? Erstrebte Hitler nichts Geringeres als die Weltherrschaft, und zwar nach geplanter Niederringung der Sowjetunion, so soll gemäss Hillard eine Weltregierung geschaffen werden durch die Bildung von kontinentalen Machtblöcken wie der EU. Das ergäbe dann eine transatlantische Union US-Europa-Israel mit einer Währung, um gegen Asien anzutreten. Machtphantasien? In die Pläne eines Brzezinski würde dies allemal passen. Und die Rolle der Schweiz darin? Umgeben von der Zentralmacht EU? Als Insel den Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit, der direkten Demokratie und dem Humanitären Völkerrecht verpflichtet, muss das kleine Alpenland Grossmacht­allüren im Wege stehen. Deswegen derzeit die Kampagne gegen die Schweiz, deswegen das Madigmachen der Schweizer Grundlagen.

Was lässt die Linke nach der EU schielen?
Desto wertvoller ist nun das längst nötige Freilegen der wahren Abläufe im Zweiten Weltkrieg, die sachliche Darstellung des Lebens und Wirkens des Generals. Bei der Lektüre von Somms Biographie kehrt ein ruhiges Selbstverständnis zurück. Erinnerung und Darstellung der Zeit stimmen wieder überein.
Weder Reduit als Demutsgeste noch verlängerter Arm der deutschen Rüstungsindustrie: Somm legt frei, wie sich der General lange gegen den Rückzug in die Alpenfestung verwahrte, wie er erst im Sommer 1940, nach der Kapitulation der französischen Armee, als die Panzertruppen Guderians an der Westgrenze standen und bereit waren einzufallen, wie er erst dann als Notlösung die Reduit-Idee aufgriff.
Aber was denn sonst? Kapitulation? Die von der Bergier-Kommission immerhin anerkannten 60 000 Flüchtlinge, darunter 30 000 Juden, den Nazis preisgeben? Die Linken ab in die KZs ins «Grossdeutsche Reich»? Nein, es waren auch die Linken, die auf Hans Oprecht gehört hatten, denselben Oprecht, der mit anderen Aufrechten der Offiziersverschwörung gar den Bundesrat arretiert hätte, hätte der denn kapituliert. Unverständlich, dass in den 90er Jahren Linke die Schweizer Geschichte dekonstruieren, wären sie doch als erste von der SS abgeholt worden. Und dass gerade diese Linke in die Lissabon-EU drängt, ein vom European Round Table und der amerikanischen Handelskammer geführtes neoliberales Projekt, welches nun auch die Todesstrafe wieder eingeführt hat, eben gerade bei Unruhen gegen die Auswüchse des Neoliberalismus. Es wäre an der Zeit, dass die Linke in der Schweiz wieder eine Persönlichkeit mit dem Format eines Oprecht bekäme.
Was ist es, was die Linke nach der EU schielen lässt? Ist es die Wut über das Erfolgsmodell Schweiz, welches halt nicht nur, obwohl auch, ein linkes Projekt ist? Oder gibt es der Stolz von Nachgeborenen nicht zu, wie Somm mutmasst, dass es eine bürgerliche Regierung war, die die Schweiz durch den Weltkrieg führte, mit Erfolg, wenn natürlich auch mit viel Glück. Oder ist es die pure Lust an der Dekonstruktion? Warum dann nicht den Mythos des sogenannten «Friedensprojekts» EU dekonstruieren? Die Hintergründe von Jean Monnet erhellen – um bei der Wallstreet zu landen? Angst, sich selber eine ­historische Fehleinschätzung grösserer Dimension eingestehen zu müssen? EU als heilige Kuh, jeglicher Kritik enthoben? Mythenverblendet? Die Literatur wäre zuhauf vorhanden, warum die Scheu?
Wo jetzt sogar einer der am meisten sakrosankten Mythen in Frage gestellt, pardon, «dekonstruiert» wird: Wer brachte es über Wochen auf die französische Bestsellerliste? Und vor allem auf die israelische? Shlomo Sand mit seinem epochalen Werk: «Die Erfindung des jüdischen Volkes – Israels Gründunsgmythos auf dem Prüfstand.»
Allein der Klappentext elektrisiert: «Shlomo Sand gehört einer Gruppe israelischer Historiker an, die sich kritisch mit der Geschichte Israels und des Zionismus befassen. Nicht das Existenzrecht Israels stellen sie in Frage, sondern den auf Legenden beruhenden Alleinanspruch auf das Gelobte Land. Das Judentum, so Sand, ist eine religiöse, keine ethnische Gemeinschaft. Wenn überhaupt, sind eher die Palästinenser als die aus Europa eingewanderten Juden ethnische Nachkommen der biblischen Israeliten.» Deswegen trete der Autor, heisst es da weiter, auch für eine offenere Politik Israels gegenüber seinen arabischen Nachbarn auf … Wenn heute schon die Israeli in ihrer schwierigen Lage den eigenen Gründungsmythos entblättern, warum dann nicht auch im Wohlstand lebende Schweizer Linke bezüglich der EU?

Plan B für die Schweiz heute?
Somms Guisan-Biographie, so sie denn gelesen wird, kann hier unschätzbare Dienste leisten: Unaufgeregt, sachlich, zitatenreich. Geeignet, das Selbstbewusstsein zu stärken, und zwar durch differenzierte Darlegung komplexer Sachverhalte. Warum der General mit französischen Offizieren verhandeln liess, warum er einen Gesandten nach Berlin schicken wollte, warum er mal demobilisierte, mal mobilisierte, all dies bringt Somm dem Leser näher. Wohltuend auch die Zitate der Angelsachsen, die damals mit der Schweiz zu tun hatten und ihre klare antideutsche Haltung, das wehrhafte Reduit und den felsenfesten Freiheitswillen in Depeschen an ihre Regierungen kundtaten.
Spannend wäre sicher auch gewesen – wobei dies den Rahmen der Schrift wohl gesprengt hätte –, das Verhältnis des Generals zur geheimen Widerstandsvorbereitung, später «P-26» genannt, zu beleuchten. Bereits 1940 wurde nämlich umsichtig ein Plan B entwickelt, wie, falls die Divisionen der Wehrmacht die Schweiz nach monatelangem Aushungern des Reduits dennoch eingenommen hätten, ein Partisanen- oder Guerilla­krieg hätte aufgebaut werden können. Ziele wären nicht deutsche Soldaten gewesen, im Wissen um die darauf folgenden grauenhaften Repressalien gegen die Zivilbevölkerung, sondern die gezielte Sabotage und Zerstörung der Infrastruktur der Besetzer. Es war der gleiche Plan B, der bis zum Fichenskandal und zur PUK EMD von 1989/1990, welche die Enttarnung und Auflösung der P-26 zur Folge hatte, auch gegen eine allfällige Besetzung durch die Rote Armee der Sowjetunion zum Tragen gekommen wäre.
Doch wie sieht das heute aus? Ist die Schweiz gewappnet angesichts der von unseren Gründervätern beschworenen «Arglist der Zeit», die sich auch nach der Niederlage der Nationalsozialisten, der Auflösung der Sowjetunion und der Roten Armee und nach dem Ende des kalten Krieges nicht weniger arglistig gebärdet? Kann die Lösung für die Unabhängigkeit der Schweiz wirklich darin bestehen, die Armee derart zu verkleinern, dass sie allenfalls noch als Modul für die Kooperation mit anderen Armeen taugt? Stichwort «Sicherheit durch Kooperation»? Was sich allerdings nur auf die Nato beziehen kann.
Kann die Lösung die PfP sein, die sogenannte Partnerschaft für den Frieden, die sich bei der neuen strategischen Ausrichtung der Nato von 1999 und 2009 wohl eher «Partnerschaft im Krieg» nennen lassen muss, die in zentralasiatischen Staaten offen als Trainings- und Vorbereitungsgelände für einen etwaigen Vollbeitritt gilt? Ist das die Traditionslinie eines Guisan? Gebärdet sich nach dem Fall des Ostblocks nicht die einzig verbliebene Weltmacht bzw. ein Teil ihrer Elite so, dass ungute Erinnerungen an andere Staaten mit Hegemonialanspruch wach werden? Und dass man, sicher in der eigenen Geschichte verankert, sich auch heute besser fernhält von Eroberungskriegen und Grossmannssucht?

Unesco: Den Frieden im Geist der Menschen verankern
Nicht auszudenken, was mit unserem Land nach dem Zweiten Weltkrieg geschehen wäre, hätten zuvor die kollaborationswilligen Quislinge in der Schweiz obsiegt und die Schweiz dem NS-Reich angeschlossen. Sicher wäre das Land besetzt worden und heute genauso williger Vasall der Siegermacht USA. Was, wenn später – und Grossreiche können in der Geschichte recht schnell untergehen oder auseinanderbrechen, siehe Sowjetunion, wieso nicht auch bald die EU? –, was also, wenn die Völker dann zur Abrechnung mit dem Westen schreiten, eine Neuauflage der Nürnberger Prozesse erwirken, um unter anderem die masslose Gier als eine der wesentlichen Ursachen für völkerrechtswidrige Angriffskriege unter Strafe zu stellen? Der International Criminal Court ICC steht ja bereits jetzt zur Verfügung.
Die Schweiz ist auch heute gut beraten, sich auf ihre Kernkompetenzen zu konzentrieren, Hüterin des Humanitären Völkerrechts und neutrale Vermittlerin bei Konflikten zwischen Staaten zu sein – sich also aus fremden Händeln herauszuhalten und den Zaun nicht zu weit zu machen, wie einst Bruder Klaus in weiser Voraussicht geraten hatte …
Aus der Geschichte lernen heisst, sich für die Zukunft vorzubereiten, indem die Gegenwart bewusst gestaltet wird. Und dies muss zuallererst in den Köpfen und unserer Erinnerung beginnen. Es geht um ein Ausräumen ideologischer und machtpolitisch induzierter Geschichtsklitterung jedweder Provenienz. Oder wie es in der Präambel der Verfassung der Unesco, der Uno-Organisation für Erziehung, Wissenschaft und Kultur, heisst: «Da Kriege im Geist der Menschen entstehen, muss auch der Frieden im Geist der Menschen verankert werden.» Dazu braucht es aber zuallererst eine Klärung und Reinigung des Geistes. Und diese beginnt mit der Darstellung der historischen Wahrheit. Markus Somm, Pierre Hillard und Shlomo Sand haben wichtige Beiträge dazu geleistet.

Montag, 26. April 2010

Wie die USA Europa kontrolliert

Wie souverän ist Europa?

Von Prof. Dr. Eberhard Hamer, 25.04.2010 22:45

Seit der Vertrag von Lissabon in Kraft getreten ist, sind die meisten Souveränitätsrechte der früher 27 selbständigen Nationen an das Politkommissariat in Brüssel abgegeben worden. Der Vertrag bestimmt, dass es keine Nationen und keine Nationalbürger mehr gibt, sondern nur noch Europa und europäische Bürger. Wir haben geglaubt, dass dies ein Fortschritt in Richtung Freiheit, Demokratie und Sicherheit sei. Schon einen Tag vor dem Inkrafttreten des Lissabon-Vertrages mussten die in der EU zusammengeschlossenen Staaten mit tatkräftiger Hilfe des deutschen Innenministers de Maiziere ein von den USA diktiertes Abkommen beschliessen, welches den USA freien Zugang zu den Bankdaten des zentralen europäischen Finanzdienstleisters Swift sichert. Washington hatte dies mit dem Kommissionspräsidenten Barroso geregelt. Das europäische Parlament wurde einen Tag vor seiner Zuständigkeit ausgebremst, wodurch ihm das Mitspracherecht verweigert wurde.

Der Finanzdienstleister Swift sitzt in Belgien und wickelt täglich etwa 15 Millionen Finanztransaktionen zwischen weltweit 8300 Banken ab. Mit der Unterwerfung der EU unter die amerikanische Hoheit werden nun alle Finanzströme Europas von der CIA und allen anderen amerikanischen und israelischen Geheimdiensten kontrolliert. Europa-Politiker bezeichneten deshalb mit Recht Barroso als ›Handlanger der USA‹ gegen jeden europäischen Datenschutz. Seitdem haben die Amerikaner jeglichen Zugriff nicht nur auf Daten, die entstehen, wenn Finanzüberweisungen etwa aus Deutschland nach Übersee, China oder Südamerika gehen, sondern auch auf jede Überweisung innerhalb Deutschlands, etwa von Hamburg nach Köln oder innerhalb von Hamburg. 5 Jahre sollen die Daten selbst unbescholtener Bürger gespeichert werden, natürlich auf Kosten der Banken und ihrer Kunden.

Datenschützer haben die Bundesregierung und insbesondere den Innenminister gewarnt, diese datenschutzwidrige Unterwerfung der EU unter das Diktat der USA mitzubeschliessen. Der Innenminister hat zwar seine Zustimmung nicht gegeben, aber den Datenzugriff durch seine Enthaltung vorsätzlich zustande kommen lassen. Was nützt uns Datenschutz in Deutschland, wenn die amerikanische Regierung und ihre Agentennetze über die EU frei über unsere Finanzdaten verfügen dürfen? Begründet wird dies alles mit Terrorismusbekämpfung, wie immer, wenn die USA ihre Satellitenstaaten zu Geld-, Sach- oder Dienstleistungen heranziehen. Angebliche Terrorismusbekämpfung war auch der Grund dafür, dass Deutschland mit Geld und Soldaten in den von der amerikanischen Rüstungs-, Drogen- und Öllobby inszenierten Krieg in Afghanistan eingebunden wurde. Lange wurde dies als angeblicher Friedenseinsatz hingelogen. Erst der neue Verteidigungsminister sagte die Wahrheit und schockierte damit alle Parteien, einschliesslich SPD und Grünen, die den Krieg akzeptiert hatten; dies hat nun die Diskussion über die Frage ausgelöst, ob das Grundgesetz überhaupt deutsche Kriegsführung erlaubt, insbesondere dort, wo wir gar nichts zu suchen haben und unsere Interessen nicht betroffen sind. Angeblicher Terrorismusbekämpfung dienen auch die immer schärferen Einreisebestimmungen in die USA. Schon bisher mussten die Fluggesellschaften alle persönlichen Daten der Fluggäste vor Eintreffen in den USA dort gemeldet haben, so dass sie entsprechend kontrolliert werden konnten. Nun reicht plötzlich auch diese Totalkontrolle nicht mehr aus und die Fluggäste sollen auf den Heimatflughäfen mit Nackt-Scannern durchleuchtet werden. Eine weitere Steigerung wäre, dass diese Nacktfotos dann ebenfalls in den USA den Agentenbehörden der CIA und anderen zur Verfügung stehen. Der deutsche Innenminister de Maiziere und sein Parteifreund Bosbach haben bereits Zustimmung der Regierung zu solchem grundgesetzwidrigem, die Intimsphäre verletzendem Nackt-Scannen der Fluggäste geäussert. Sie wollen auch den Widerstand der Liberalen gegen diese Menschenrechtsverletzung überwinden. Erstaunlich, dass in den deutschen Medien dagegen nicht ein Aufschrei der Entrüstung kommt - offenbar sind sie auch schon gleichgeschaltet.

Der Autor gehört einer Generation an, welche nach dem letzten Weltkrieg und nach der Diktatur die persönliche Freiheit und die Demokratie als die wertvollsten politischen Errungenschaften unseres Jahrhunderts betrachtet und immer verteidigt haben. Nun müssen wir erkennen, dass es unser deutsches Volk, für das wir uns einsetzten, gar nicht mehr gibt, sondern nur noch eine bunte Bevölkerung in Deutschland, und dass es auch eine deutsche Nation und ein deutsches Vaterland nicht mehr gibt. Beide sind durch den Vertrag von Lissabon förmlich beendet und zu einer ›europäischen Bürgerschaft‹ umgemünzt worden, was immer dies auch sei.

Dafür wurde durch Konzentration und neue hierarchische Strukturen (EU) die politische Mitbestimmung der Bürger im Sinne der Demokratie immer stärker abgebaut. Von den noch vor 20 Jahren bestehenden Kommunalparlamenten sind inzwischen 60 % durch Konzentration gestrichen, ist die Mitbestimmung der Bürger immer indirekter, immer schwächer, immer undemokratischer geworden. Inzwischen wird von oben nach unten durchregiert, statt von unten nach oben. Auch im wirtschaftlichen Sinne haben wir die meiste Freiheit verloren. Nicht nur schreiben inzwischen jedem Unternehmer Dutzende von Behörden vor, was er im einzelnen zu tun und zu lassen hat; auch den Ertrag seiner Leistung hat er zu über 60 % abzugeben, so dass sogar für viele Arbeitnehmer bereits Sozialleistung günstiger als Eigenleistung ist. Bei den drei vorgenannten Beispielen wird nun massiv in unsere persönliche Freiheit, Unversehrtheit und Menschenrechte eingegriffen, weil dies »der grosse Bruder über dem Teich« so will. Wir führen auf Befehl der USA einen grundgesetzwidrigen Krieg, lassen unsere gesamte Telekommunikation von der CIA kontrollieren (Echolon-System), müssen unsere Überweisungen den amerikanischen Agenten und Organisationen offenlegen (Swift) und sollen uns künftig sogar den amerikanischen Behörden nackt präsentieren. Unsere Politiker sollten sich nicht wundern, wenn es zu drastischen Reaktionen der betrogenen Bevölkerung kommt, sobald diese die derzeitigen Grundgesetz- und Datenschutzverletzungen sowie die Persönlichkeitsrechtsverletzungen endlich kapiert.

Anmerkung d.a.: Was das Swift-Abkommen betrifft, so drängt die USA einem Bericht von Ulla Jelpke zufolge die EU-Innenminister zu einer Neuauflage des ›Schnüffelabkommens‹, so dass inzwischen im Streit um die von der USA geforderte Herausgabe von Daten für Banküberweisungen eine neue Verhandlungsrunde eingeläutet ist. Das Europäische Parlament hatte den Vertrag am 11. Februar 2010 mit grosser Mehrheit gestoppt. Seither drängt die Obama-Administration auf ein neues Abkommen. Statt ein solches kategorisch abzulehnen, ist die EU zu Verhandlungen bereit. Wie es heisst, wird allgemein damit gerechnet, dass die Minister ihr Einverständnis erklären. Auch der deutsche Ressortchef Thomas de Maizière, der das ursprüngliche Swift-Abkommen am 30. 11. 2009 im EU-Rat passieren liess, obwohl im Bundestag sowohl der Koalitionspartner FDP als auch die gesamte Opposition aus Datenschutzgründen dagegen waren. Wo hier noch eine demokratische Mitbestimmung eingreifen kann, sollten uns all diejenigen, die behaupten, dass der Lissabon-Vertrag eine erweiterte Mitsprache der Bürger ermögliche, einmal erklären. Kernforderungen des EP sind beispielsweise: Anfragen der USA müssen auf einem konkreten Verdacht beruhen, und es darf keinen direkten Zugriff der Amerikaner auf die Daten geben. Sie sollen einer europäischen Justizbehörde übergeben werden. Übermittelt werden sollen nur die benötigten Informationen, keine ganzen »Pakete«, und gespeichert wird nur solange, wie die Daten für die Aufklärung des Verdachts gebraucht werden. Ferner wird verlangt, dass die Betroffenen einen Auskunftsanspruch erhalten und ein Rechtsschutz vor unabhängigen Gerichten garantiert wird. Für die Speicherung ist eine Höchstfrist vorzuschreiben. Die Einhaltung der Kriterien soll durch Datenschutzbeauftragte der EU überprüfbar sein. Schliesslich müsste ein neues Swift-Abkommen kündbar sein. Welches Ergebnis am Ende der Gespräche mit den US-Vertretern stehen wird, bleibt abzuwarten. »Bei allen ähnlichen Abkommen«, schreibt Jelpke, »wie etwa demjenigen über die Weitergabe von Flugpassagierdaten oder über die Zusammenarbeit in Strafsachen, sind die Europäer stets eingeknickt.« [2]

Von der Möglichkeit eines europäischen Zugriffs der genannten Art auf US-Bankdaten war noch mit keiner Silbe je die Rede.

Kriegstreiberei gegen den Iran

Sanktionen gegen den Iran sind kriegerischer Akt

Ron Paul, 23.04.2010

Stellungnahme des Abgeordneten Ron Pauls vor dem US-Kongress v. 22.04.2010 bezüglich des Antrags zur Ernennung von Teilnehmern einer gemeinsamen Konferenz des Senats und Kongresses zum Gesetzentwurf HR2194 (Gesetzentwurf zu umfassenden Sanktionen gegenüber dem Iran)

Herr Vorsitzender, ich bringe meinen Widerstand gegen den Antrag auf Ernennung von Konferenzteilnehmern des Hauses bezüglich des Gesetzentwurfs HR2194, Comprehensive Iran Sanctions, den Accountability and Divestment Act, zum Ausdruck und spreche mich absolut gegen den diesem zugrunde liegenden Gesetzentwurf aus, ebenso wie gegen seine Senatsversion. Ich bin gegen den ganzen Vorstoß eines Kriegs gegen den Iran, wie auch immer dieser maskiert sein mag. Als ich mir die Debatte des Hauses zu diesem Antrag und dem dazugehörigen Gesetzesentwurf anhörte, kam es mir ganz und gar so vor, als wären wir wieder im Jahre 2002: Dieselben Unwahrheiten und Verfälschungen, die auch verwendet wurden um die Vereinigten Staaten in einen desaströsen und sinnlosen USD 1 Billionen Krieg gegen den Irak zu drängen, werden uns jetzt wieder aufgetischt um uns in etwas zu führen, was wahrscheinlich sogar ein noch desaströserer und teurerer Krieg gegen den Iran sein wird. Die Parallelen sind erstaunlich.

Wir hören, wie die Kriegsverfechter hier heute im Haus mit Berichten Angsttreiberei praktizieren, dass der Iran in einem Jahr Raketen haben wird, welche die Vereinigten Staaten treffen können. Wo haben wir diesen Schwulst schon einmal gehört? Kann sich Irgendjemand an die Behauptungen erinnern, dass irakische Drohnen über den Vereinigten Staaten fliegen würden um uns anzugreifen? Es stellte sich heraus, dass diese „Drohnen“ reine Propaganda waren – der oberste Waffeninspekteur der Vereinten Nationen kam 2004 zu dem Schluss, dass es keine Beweise dafür gab, Saddam Hussein habe jemals unbemannte Drohnen für den Angriff auf feindliche Ziele entwickelt. Natürlich hatten die Propagandisten bis dahin schon ihren Krieg bekommen, so dass die Wahrheit nicht mehr viel ausmachte.

Heute hören wir von den Kriegsverfechtern hier im Haus, dass wir es uns nicht leisten können herumzusitzen und zu warten, dass der Iran eine Atombombe zündet. Wo haben wir dies schon einmal gehört? Kann sich Irgendjemand an die von der damaligen Außenministerin Condoleeza Rice oft wiederholte Stichelei gegenüber dem Irak erinnern: Das wir nicht auf den entscheidenden Beweis warten können, bis dieser in Form einer Pilzwolke auftaucht?

Wir müssen das alles, als das erkennen, was es ist: Propaganda um uns zum Wohle von Sonderinteressen in einen Krieg gegen den Iran zu treiben.

Erinnern wir uns an ein paar wichtige Dinge. Der Iran ist ein Unterzeichnerstaat des Atomwaffensperrvertrags und man konnte ihm niemals einen Bruch dieses Vertrages nachweisen. Der Iran ist nicht in der Lage Uran bis zu dem notwendigen Grad anzureichern um Atomwaffen zu produzieren. Laut der gesamten US-Geheimdienstgemeinde arbeitet der Iran gegenwärtig nicht an einem Atomwaffenprogramm. Das sind Tatsachen und darauf aufmerksam zu machen, macht einen nicht zu einem Unterstützer oder Fan des iranischen Regimes. Diejenigen, die auf einen Krieg mit dem Iran drängen, werden diese Tatsachen ignorieren und verfälschen um ihrer Agenda Vorschub zu leisten – daher ist es wichtig und notwendig darauf aufmerksam zu machen.

Einige meiner Kollegen mit wohlmeinenden Absichten könnten versucht sein für Sanktionen gegen den Iran zu stimmen, weil sie der Meinung sind auf diese Weise einen Krieg mit dem Iran vermeiden zu können. Ich werde sie fragen, ob die Sanktionen gegen den Irak zu jener Zeit die Kriegstreiber zufrieden stellten. Oder ob die Einführung immer stärkerer Sanktionen nicht vielmehr dabei half den Kriegstreibern ihre Argumente für den Krieg gegen den Irak zu liefern: Jede neue Runde von Sanktionen verfehlte ihren „Zweck“ – einen Regimewechsel herbeizuführen – und Krieg wurde zur einzig verbleibenden Option des Regimewechsels.

Diese Gesetzgebung, ob die Version des Kongresses oder des Senats, wird uns in einen Krieg mit dem Iran führen. Die Sanktionen in diesem Gesetzentwurf und die Blockade gegen den Iran, die notwendig ist um sie voll durchzusetzen, sind laut internationalem Recht an sich schon kriegerische Handlungen. Für Sanktionen gegen den Iran zu stimmen, ist für einen Krieg gegen den Iran zu stimmen. Ich bitte meine Kollegen inständig und auf deutlichste Art von diesem sinnlosen und kontraproduktiven Marsch in Richtung Krieg abzulassen.

Freitag, 16. April 2010

WEF-Sicherheitschef entzog sich mit Selbstmord der Amtsenthebung

«Er hätte nicht sagen können, dass es ihm nicht gut gehe»

Die Bündner Regierung hat im Umgang mit dem Alkoholproblem des Polizeikommandanten Markus Reinhardt zu wenig konsequent gehandelt. Dies gab der Sonderausschuss der Geschäftsprüfungskommission bekannt.

Markus Reinhardt gab von sich nach aussen das Bild des perfekten Polizeikommandanten ab. Wie stark er tatsächlich dem Alkohol verfallen war, lässt sich nur erahnen. Gemäss dem GPK-Untersuchungsbericht stand Reinhardt zum Zeitpunkt des Suizids in den frühen Morgenstunden des 26. Januar in seinem Hotelzimmer in Davos unter Einfluss von Alkohol. Medikamente konnten nicht nachgewiesen werden.

Dass er aber ansonsten alternativ oder kumulativ Medikamente eingenommen habe, um sich «aufzuputschen», könne nicht ausgeschlossen werden, schreibt die GPK. Wer war dieser Mann, der 26 Jahre die Bündner Kantonspolizei kommandierte und während dieser Zeit auch für die Sicherheit am Davoser WEF verantwortlich war?

Im GPK-Bericht wird Reinhardt, gestützt auf Angaben aus seinem beruflichen Umfeld, so beschrieben: «(...) Er wollte alles perfekt machen. Er war Perfektionist, diszipliniert und hatte sich durch dies vermutlich auch unter Druck gesetzt. (...) Für ihn war es wichtig, sich keine Blösse zu geben, sich immer unter Kontrolle zu haben. Darüber ist er schlussendlich wohl gestolpert. (...) Er hätte nicht hinstehen und sagen können, dass es ihm nicht gut gehe. Das war unmöglich für ihn. Er war der perfekte Polizeikommandant. Da konnte sein, was wolle. Für ihn gab es keine Kratzer an seinem Bild.»

Die Tragweite der Sucht des Kommandanten und WEF-Sicherheitschefs, der sich im Januar in Davos erschoss, wurde nicht erkannt. Wie der Sonderausschuss der Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Bündner Grossen Rates nach Abschluss seiner Untersuchungen am Freitag in Chur weiter bekannt gab, ist das Handeln der Regierung und der direkten Vorgesetzten des Polizeikommandanten in vielen Belangen nachvollziehbar und nicht zu beanstanden.

Insgesamt jedoch hat die Regierung die Tragweite der Suchtproblematik des obersten Bündner Polizeichefs nicht erkannt. Regierungsrat Martin Schmid, der frühere Vorgesetzte Reinhardts, handelte zwar richtig, als er 2004 von der Alkoholproblematik erfuhr. Als sich die Gerüchte über die Alkoholsucht hartnäckig hielten, nahm Schmid im Jahr 2007 seine Führungsverantwortung aber zu wenig wahr.

Der Justizdirektorin Barbara Janom Steiner, der Nachfolgerin Schmids im Justizdepartement, attestiert die GPK, in einer schwierigen Situation weitgehend in nachvollziehbarer Weise reagiert zu haben. Zu wenig Entschlusskraft legte Janom Steiner an den Tag, weil sie im Zusammenhang mit der Alkoholproblematik nicht auf einer schriftlichen Festlegung von Zielen bestand.

Entschlossen handelte die Justizdirektorin dann wieder im Vorfeld des diesjährigen World Economic Forum (WEF), nachdem sie erfahren hatte, dass der 61-jährige Kommandant betrunken auf der WEF- Einsatzzentrale erschienen war.

Am Montag im Grossen Rat

Die Justizdirektorin hätte Reinhardt an jenem Morgen des 26. Januar das Kommando der Kantonspolizei entzogen und als WEF- Sicherheitschef abgesetzt. Dazu kam es nicht. Markus Reinhardt, der 26 Jahre lang die Bündner Kantonspolizei kommandierte, erschoss sich einen Tag vor der Eröffnung des WEF 2010 in seinem Hotelzimmer in Davos.

Der fünfköpfige Sonderausschuss der GPK hatte die Aufgabe, die Haltung der Regierung im Umgang mit der Suchtproblematik des Polizeikommandanten abzuklären. Als auswärtige Fachperson wurde der frühere Zürcher SVP-Regierungsrat Christian Huber beigezogen.

Der 26 Seiten umfassende Schlussbericht wird am Montag im Bündner Grossen Rat diskutiert. Der Bericht enthält auch Empfehlungen. Im Fall Reinhardt habe sich gezeigt, dass es in der Verwaltung für Mitarbeitende schwierig sei, Probleme dem zuständigen Departementsvorsteher ohne Gefahr eines Loyalitätskonfliktes vorzutragen, schreibt die GPK.

Regierung akzeptiert Schlussfolgerungen

Die Bündner Kantonsregierung akzeptiert die Schlussfolgerungen des GPK-Berichts, wie es in einer dem Bericht beigefügten Stellungnahme heisst. Rückblickend gesehen zeige sich, dass gegenüber dem verstorbenen Polizeikommandanten auch ein härteres Vorgehen möglich gewesen wäre.

Die Regierung und die zuständigen Departementsvorstehenden hätten sich damals für ein Vorgehen entschieden, das von Vertrauen, Respekt und sozialer Verantwortung gegenüber einem sehr kompetenten Mitarbeiter getragen gewesen sei. Nachträglich zeige sich, dass dieser Weg nicht zielführend gewesen sei. Die Regierung werde die notwendigen Schlussfolgerungen daraus ziehen.

Weiter wird betont, dass sich aus der Untersuchung keine rechtlichen Verfehlungen ergaben. Es seien weder konkrete Sicherheitsmängel allgemeiner Natur noch im Zusammenhang mit dem World Economic Forum festgestellt worden. Auch die Erfüllung des polizeilichen Auftrages sei nie in Frage gestanden.

(sam/sda)

Donnerstag, 15. April 2010

Integration in Basel-Stadt

«Niedriger als ein Tier»

Ein Imam hetzt in Basel gegen Ungläubige. Die Stadt und ihre Integrationschefin reagieren höchst seltsam.

Von Daniel Glaus

Basler Innenstadt, 4. Dezember 2009, «Schweigemarsch» nach der Annahme des Minarettverbots: Karin Bauer, Journalistin des Schweizer Fernsehens (SF), befragt muslimische Demonstrantinnen zu Kopftuch und Integration. Ein älterer Migrant erklärt, weshalb seine Frau nach vierzig Jahren in der Schweiz kaum Deutsch spricht. Plötzlich drängt sich Lilo Roost Vischer zwischen das Paar und vor die Kamera: «Was filmen Sie? Entschuldigung! Ich bin von der Integration Basel, ich frage offiziell, ich frage als Begleiterin: Für was machen Sie einen Sprachtest?» Die Stimme der Ethnologin und Religionswissenschaftlerin droht zu überschlagen. Roost Vischer schwankt zwischen süffisantem Lächeln und aggressivem Blick. Sie drängt die SF-Reporterin ab, diese sagt, das sei Zensur. Was Roost Vischer einfällt, ist wirr: «Ja, das ist . . . Ja hören Sie, das ist Tabu-Brüchlein Numero eins.» Schnitt.

Karin Bauers Dokumentar-Film «Hinter dem Schleier» entlarvte weit mehr als das Verhalten der Lilo Roost Vischer: Islamische Hassprediger gibt es – ausgerechnet in Basel. Und das Vorgehen der Integrationsfrau ist symptomatisch dafür, wie eine Maschinerie aus Behörden, Politik und Medien offensichtliche Probleme unter den Teppich kehren will.

Bauers Film belegt die Predigt des Imams Ridha Ammari aus Tunesien in der Basler Arrahma-Moschee: «Ohne die Botschaft Mohammeds [. . .] ist die ganze Menschheit auf dem Irrweg. Sie ist niedriger als ein Tier. Ja doch, meine Glaubensbrüder, niedriger als ein Tier. Weil: Ein Tier anerkennt Allah und dient ihm.» Auch in einer Genfer und einer Bieler Moschee stiess Bauer auf extremistische Predigten. Doch nur in Basel waren die Reaktionen derart absurd.

Georg Kreis, Präsident der Eidgenössischen Antirassismuskommission, liess dem lokalen Newsportal Onlinereports.ch ausrichten, er wolle sich «in diesem Fall an der von Fernsehen und SVP betriebenen Medienaufmerksamkeit nicht beteiligen». Tags darauf konnte er der Aufmerksamkeit nicht widerstehen und dozierte, «dass ‹Andersgläubige› oder der ‹Mensch› keine rechtliche Schutzkategorie» sei. Das SF habe nur «die anstössigen Passagen herausgepickt». Die Muslime stünden «einmal mehr» unter «Generalverdacht».

Die Basler Zeitung titelte: «Die ‹Hasspredigt› zerfällt». Im Interview durfte Imam Ammari, als «R. A.» verschleiert, sagen, wie traurig er sei und dass er «Toleranz, Integration und ein friedliches Leben» predige. Das SF habe unsauber recherchiert, implizierte die Baz. «DOK»-Chef Christoph Müller sagte: «Die Aussage des Imams ist beweisbar und verlässlich.» Bauer konnte das der Weltwoche belegen.

Die meisten Basler waren beruhigt, als Regierungspräsident Guy Morin (Grüne) den Imam der Arrahma-Moschee empfing und ihn an «seine Vorbildfunktion erinnerte». Die Abschrift der Predigt enthalte diskriminierende Äusserungen, sagt Morin der Weltwoche. Die Stadt müsse den «interreligiösen Dialog verstärken», um solchen Predigten vorzubeugen. Und Basel werde eine Selbstkontrolle in den Moscheen verlangen. Aber auch in anderen fundamentalistischen Gemeinschaften werde so gepredigt, relativierte Morin.

Auf Druck der SVP und der Liberalen musste sich Morin gestern im Grossen Rat äussern. Zur Rolle von Roost Vischer sagt Morin, ihr Vorgehen sei «ungeschickt» gewesen. Aber sie habe Konfrontationen verhindern wollen – was nicht unbedingt von der Friedfertigkeit aller Basler Muslime zeugt.

Erschienen in der Weltwoche Ausgabe 15/10

Mittwoch, 14. April 2010

Angela Merkels Rolle in der "Neuen Weltordnung"

Der fatalen «Staatsräson» der deutschen Kanzlerin gilt es eine das Leben schützende ethische Orientierung entgegenzusetzen

von Karl Müller

Die These, dass die deutsche Regierung und insbesondere ihre Kanzlerin Angela Merkel eine finstere Rolle innerhalb der Pläne für eine «neue Weltordnung» spielen, verdichtet sich.
Diese «neue Weltordnung» läuft auf einen radikalen Bruch mit den Errungenschaften der Zivilisation hinaus. Ein Kernpunkt dieses Bruches ist – jenseits aller Rhetorik – der Angriff auf Menschenwürde und Menschenrechte und ihre Ersetzung durch eine hierarchisch gegliederte Welt, die nach den Nützlichkeitserwägungen von ein paar wenigen aufgebaut sein soll. In dieser «neuen Weltordnung» soll die Mehrheit der Menschen Verfügungsmasse sein, die je nach Bedarf eingesetzt oder aber auch bei Seite geschoben wird.
Selbstverständlich wird dies kaum einer offen so sagen, aber man kann diese Politik voraussehen, wenn man auf die heutigen Taten der «neuen Weltordner» schaut.
Zu den Taten der Regierungen Merkel gehören:
• Die Fortsetzung und die Eskalation der rot-grünen Kriegspolitik und der fortgesetzte Verfassungs- und Völkerrechtsbruch: Dafür steht vor allem der neue Verteidigungsminister von und zu Guttenberg, der in den USA sein Rüstzeug erhielt und – gedeckt von seiner Kanzlerin – gegen den Willen von 80 Prozent der Deutschen nicht nur an der deutschen Kriegspolitik festhält, sondern seit seinem Amtsantritt auch immer offener auf «Krieg» und weitere Kriege einstimmt. Beobachtungen vor Ort vertiefen das Bild. Oder wie ist es sonst zu verstehen, wenn der bei der Nato in Brüssel tätige deutsche Vier-Sterne-General Karl-Heinz Lather in einem «Festvortrag» bei der «Gemeinschaft Katholischer Soldaten» von der Notwendigkeit deutscher Kriegseinsätze spricht und dabei nicht nur Jugoslawien und Afghanistan erwähnt, sondern auch noch hinzufügt, bald könnten deutsche Soldaten vielleicht auch in Iran zum Einsatz kommen?
Zu dieser Kriegspolitik gehört der massive Einsatz von Manipulationsstrategien. Manchmal dringen die Dokumente solcher strategischen Überlegungen an die Öffentlichkeit. So wie jetzt eine Analyse der CIA samt Empfehlungen, wie man die grosse Ablehnung des Afghanistan-Krieges durch die deutsche und französische Bevölkerung in Zustimmung wandeln könnte; nämlich mit einer stärkeren Ausrichtung auf den in Europa «beliebten» US-Präsidenten Obama und mit einer wieder stärkeren Fokussierung auf die «Frauenfrage». («Afghanistan: Sustaining West European Support for the Nato-led Mission – Why Counting on Apathy Might Not Be Enough» vom 11. März 2010, zu finden bei www.wikileaks.org/file/cia-afghanistan.org)
• Die ideologische und praktische Forcierung eines angelsächsischen Wirtschaftskurses: Ideologisch mit Vereinen wie die von der Kanzlerin unterstützte «Initiative für eine neue soziale Marktwirtschaft», die in Tat und Wahrheit nichts mehr mit den Ideen der sozialen Marktwirtschaft zu tun hat, und praktisch zum Beispiel mit Plänen für eine transatlantische Wirtschaftsgemeinschaft oder der Einschaltung des von der US-Regierung dominierten IWF zur «Behandlung» europäischer Haushaltsprobleme. Was dazu führen wird, dass Wall Street und City of London noch mehr Einfluss auf die europäische Wirtschafts- und Finanzpolitik erhalten.
• Der herrische Umgang mit anderen Völkern und Staaten: Die deutschen Angriffe auf die Schweiz, die gegen den Willen der deutschen Bevölkerung vorangetrieben werden, sind nur ein Beispiel dafür. Die deutsche Politik stösst auch innerhalb anderer EU-Staaten, ganz zu schweigen von den Ländern Afrikas oder des Nahen Ostens (Israel ausgenommen), auf immer mehr Skepsis.
• Die zunehmende Ausrichtung auf einen schwarz-grünen und transatlantischen «Green New Deal». Der hat wenig mit dem Schutz von Natur und Umwelt und noch weniger mit dem Schutz der Menschen zu tun. Aber viel mit nach Geld und Macht drängenden Ideologen, die den Schutz von Natur und Umwelt vorschieben, um in Tat und Wahrheit gegen Menschen vorzugehen. Angefangen hat es mit plagenden Freiheitsbeschränkungen, von denen viele Natur und Umwelt wenig genutzt haben. Und wo können die Taten von Ideologen enden, wenn für sie Menschen nur noch «Störfaktoren» sind?
• Kampagnenartige Angriffe auf Persönlichkeiten und Einrichtungen, welche die Werte der Zivilisation hochhalten: Kampagnen, die niemand als solche erkennen soll. Wer weiss schon zum Beispiel, dass der 1998 aus dem Amt gedrängte Kanzler Helmut Kohl gegen einen erneuten Krieg gegen Jugoslawien war und auf eine politische Lösung des Konfliktes drängte? Und dass er nach dem Krieg gegen Jugoslawien plante, Belgrad zu besuchen. Und dass dies verunmöglicht wurde, als Kohl mit tatkräftiger Unterstützung Angela Merkels in der sogenannten Parteispendenaffäre ins Abseits geschoben wurde.
Wer weiss schon, dass Angela Merkel ganz wesentlich an der derzeitigen Kampagne gegen die katholische Kirche und den Papst beteiligt ist? Der ehemalige deutsche Staatssekretär und langjährige Bundestagsabgeordnete der CDU, Willy Wimmer, wurde von der Katholischen Nachrichtenagentur (KNA) schon am 29. Januar 2010 mit den Worten zitiert, es sei «heute üblich, dass das politische Berlin [der CDU] mit Häme und völlig grundlos über das ‹katholische Milieu› herziehe». Weiter heisst es bei der KNA: «Wimmer bekräftigte seine Kritik an der Äusserung der Parteivorsitzenden Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) über Papst Benedikt XVI. vor einem Jahr. Die ‹infame Unterstellung›, die Haltung des Kirchenoberhauptes zum Antisemitismus sei nicht eindeutig, habe eine innere Spaltung der Partei vorangetrieben. Mit ihrer Kritik am Papst habe Merkel ‹bewusst spalterische Kräfte freigesetzt›.»
Wimmer forderte: «Nach den Pendelausschlägen der vergangenen Jahre muss die CDU wieder gesamtdeutscher, christlicher und westeuropäischer werden.» Er meint damit, dass die CDU wieder wirkliche «Volkspartei» sein, sich wieder an christlichen Werten orientieren soll, dass sie sich ans Recht halten und als Wirtschaftsordnung wieder die aus der christlichen Soziallehre entwickelte Konzeption der sozialen Marktwirtschaft zur Leitlinie machen soll, dass sie sich an den kontinentaleuropäischen Errungenschaften und nicht weiterhin wie unter Merkel am angloamerikanischen Utilitarismus, nicht weiter an einem das Recht verachtenden Machiavellismus und Raubtierkapitalismus orientieren soll.
Könnte es sein, dass die aktuelle Kampagne gegen die katholische Kirche eine weltweit bedeutende Stimme für Frieden und Gerechtigkeit zum Schweigen bringen soll, um neue Kriege – zum Beispiel gegen Iran – ungehindert führen und die «neue Weltordnung» ungestört installieren zu können?
• Die Ablenkung von den wesentlichen nationalen und internationalen Fragen: Welche politischen, wirtschaftlichen und sozialen Aufgaben stehen an? Wie können diese Aufgaben demokratisch und auf der Grundlage des Rechts gelöst werden? Welche Ethik soll die Leitlinie für die anstehenden Lösungen sein?
Ein Zitat verweist auf das natürliche Gefühl des Menschen für die Unverfügbarkeit des menschlichen Lebens: «Selbst in Schwierigkeiten und Unsicherheiten vermag jeder Mensch, der in ehrlicher Weise für die Wahrheit und das Gute offen ist, im Licht der Vernunft und nicht ohne den geheimnisvollen Einfluss der Gnade im ins Herz geschriebenen Naturgesetz den heiligen Wert des menschlichen Lebens vom ersten Augenblick bis zu seinem Ende zu erkennen und das Recht jedes Menschen zu bejahen, dass dieses sein wichtigstes Gut in höchstem Masse geachtet wird. Auf der Anerkennung dieses Rechtes beruht das menschliche Zusammenleben und das politische Gemeinwesen.» (Enzyklika «Evangelium vitae»)
Eine am Wohl des Menschen orientierte Ethik gibt lebensbejahende Antworten auf die zentralen Fragen des Lebens: auf die Frage nach Ehe und Familie; auf die Frage nach der Erziehung und Bildung unserer Kinder; auf die Frage nach der Würde des Menschen und der Bedeutung der Menschenrechte; auf die Frage nach den Völkerbeziehungen und dem Frieden in der Welt; auf die Frage nach der sozialen Gerechtigkeit und der Bekämpfung von Hunger, Krankheit und Armut in der Welt; auf die Frage nach der angemessenen Wirtschaftsordnung; auf die Frage nach der Gestaltung des politischen Gemeinwesen; auf die Frage nach Wissenschaft und Technik; auf die Frage nach dem Miteinander von Mensch und Natur.
Die «neue Weltordnung» aber ist eine Ordnung der Lebensverachtung. Ihre Ideologie breitet sich aus wie ein übles Geschwür. Die Feuilletons der Massenmedien sind voll davon.
Dem stehen, seit es Menschen gibt, die Nächstenliebe, die Mitmenschlichkeit und der Humanismus gegenüber, die alleine der Natur des Menschen entsprechen. Deshalb können wir sehr gut der Ideologie der Lebensverachtung die Ethik der Menschlichkeit entgegensetzen. Wir tun das für unsere Kinder, für unsere ältere Generation und für uns selbst. Und es ist der Grundstein für ein würdiges Leben kommender Generationen.

Mittwoch, 7. April 2010

Integrationspolitik im Kanton Basel-Stadt

Dieses Dauer-Schweigen kann gefährlich werden

Verdacht auf radikalislamische Gebete und Sprachdefizite relativiert die Basler Integrations-Erfolgsgeschichte

Von Beat Stauffer und Peter Knechtli

Dem Kanton Basel-Stadt widmete das Schweizer Fernsehen einen beträchtlichen Teil seiner DOK-Sendung "Hinter dem Schleier – Muslim-Report Schweiz". Nicht ohne Grund: Mit einem Ausländeranteil von über 31 Prozent (2006) sieht sich Basel-Stadt mit höchsten Integrationsanforderungen konfrontiert. Fast jeder zehnte Bewohner beziehungsweise Bewohnerin ist mittlerweile muslimischen Glaubens.

In ihrer Dokumentation zeigte Autorin Karin Bauer unter anderem Szenen aus dem Schweigemarsch im Anschluss an die Minarettverbots-Abstimmung, aus dem Umfeld von Moscheen und aus den Sprachkursen mit türkischen Migrantinnen. Der bleibende Eindruck des Reports deckt sich mit der Wahrnehmung einer wachsenden Zahl an Beobachtenden: So erfolgreich und so vorbildlich, wie es seit Jahres landesweit dargestellt wird, ist die Umsetzung des Basler Integrationsleitbildes und des "schärfsten Integrationsgesetzes der Schweiz" (so Regierungspräsident Guy Morin) nicht.

Der Film beschränkte sich akzentweise darauf, Schlaglichter auf einzelne muslimische Gemeinschaften und einige ihrer Exponenten zu werfen: Hier die fast vollständig verschleierte junge Türkin und ihr traditionell ausgerichteter Ehemann – dort die offen auftretende, in Discos tanzende muslimische Sachbearbeiterin einer Privatbank. Dies mag auf den ersten Blick irritieren, doch es scheint viel eher die Absicht des Films gewesen zu sein, einige authentische Ausschnitte aus dem muslimischen Leben in der Schweiz zu vermitteln. Dabei werden gewissermassen nur die beiden "extremen Pole" muslimischen Lebens gezeigt; das grosse Mittelfeld nicht oder nur sehr beschränkt praktizierender Muslime fällt dabei aus dem Blickfeld, was eine gewisse Verzerrung zur Folge hat.

Behörden kamen dabei nicht zu Wort. Nur einmal trat – unbeabsichtigt – eine offizielle Stimme auf, in eher unvorteilhaftem Zusammenhang: Als die Autorin am Schweigemarsch eine ältere muslimische Frau interviewte, die sich seit vierzig Jahren in der Schweiz aufhält, aber Deutsch weder spricht noch versteht, fuhr Lilo Roost Vischer, für Religionsfragen zuständig bei der Abteilung Integration und Gleichstellung, rigoros dazwischen und unterband abrupt die journalistische Arbeit.

"Das enge Islam-Verständnis
der Arrahma-Moschee ist seit Jahren bekannt."

Vor allem zwei Themen-Aspekte gaben zumindest ernsthafte Hinweise darauf, dass die Integrationspolitik in Basel weniger erfolgreich ist als offiziell verbreitet. Im Kleinbasel mit einem Ausländeranteil von 41 Prozent, davon 13 Prozent Türken, verlassen "viele Frauen mit Kopftuch die Häuser nur, um einzukaufen". Rund 40 Prozent der türkischen Frauen gelten, so der Report, als "schlecht integriert". Sprachkurse führen nicht in jedem Fall zur Integration. Muslimischen Frauen, bildungsmässig "mit 47 Jahren auf Kindergartenniveau", wird mühsam das Alphabet beigebracht. Daraus resultiert das Erfolgserlebnis, einen Buchstabentest bestanden zu haben. Eine bessere Integration ist damit allerdings kaum garantiert.

In einer weiteren Sequenz wird eine Szene vor der Arrahma-Moschee an der Elsässerstrasse dokumentiert, die mit einem umstrittenen Ausschnitt aus einem Freitagsgebet des tunesischen Imams unterlegt ist. Kernaussage: "Andersgläubige sind niedriger als Tiere." Daraus lässt sich die Vermutung ableiten, dass auch in Basler Moscheen Imame das Gedankengut des fundamentalistischen Islams verbreiten.

Die Arrahma-Moschee ist seit ihrer Gründung vor acht Jahren dafür bekannt, dass ihre Mitlieder einen sehr eng verstandenen, konservativen, rigiden Islam vertreten. Die Strömung, der sie nahe steht, ist zwar klar gegen die Anwendung von Gewalt zur Erreichung ihrer Ziele, zumindest in Europa. Vermutlich wird in dieser Moschee auch nicht zum "Dschihad" in Afghanistan oder in Palästina aufgerufen und es werden auch keine "Kämpfer" rekrutiert. In diesem Sinn sind sicherheitspolitische Bedenken und Ängste wohl unangebracht. Doch ihr enges Islam-Verständnis führt die dortigen Gläubigen tendenziell zu einer Haltung, die mit Abgrenzung, ja Segregation umschrieben werden kann.

Dass der Arrahma-Imam bei einer seiner Freitagpredigten die von der Fernsehjournalistin dokumentierten Aussagen gemacht hat, scheint unter diesen Umständen sehr wohl möglich zu sein. Zu ganz ähnlichen Aussagen haben sich auch Imame in anderen Schweizer Moscheen hinreissen lassen; dabei muss davon ausgegangen werden, dass immer nur einzelne Vorfälle nach aussen sickern und dass die intelligenteren Imame tunlichst Reizwörter wie "Scharia" oder "Dschihad" meiden, welche die Schweizer Öffentlichkeit aufschrecken könnten.

Der von SF dokumentierte Vorfall wirft aber auch Fragen grundsätzlicher Art auf. Noch vor wenigen Jahren erklärte Thomas Kessler, der damalige Basler Integrationsbeauftragte, sinngemäss, Hassprediger hätten in Basel keine Chance, weil sie von den Gläubigen der betreffenden Moscheen zurechtgewiesen würden, und weil diese anschliessend die Behörden über problematische Imame ins Bild setzten. Das schien schon damals eine eher gewagte Hypothese, besuchen doch Gläubige konservative Moscheevereine gerade wegen derer Ausrichtung und Grundhaltung. Die Frage muss heute diskutiert werden, welche Mittel die Behörden einsetzen können und dürfen, um solchen "Predigern" zu Leibe zu rücken und so zu verhindern, dass integrationsfeindliche Haltungen auf Basler Boden propagiert werden.

"Staatliche Integration muss immer wieder
erklärt und relativiert werden."

Die höchst problematischen Aussagen der beiden im SF-DOK-Film porträtierten Basler Muslime sind – wen wunderts? – eine Steilvorlage an die Basler SVP. Sie reicht denn auch gegen den betreffenden Imam und den fundamentalistischen Sekretär einer muslimischen Gemeinde, dessen Familie von der Sozialhilfe lebt, Strafanzeige ein. Pikant: Die SVP beruft sich nun ausgerechnet auf die Antirassismus-Strafnorm, deren Abschaffung sie unter Berufung auf die Meinungsäusserungfreiheit seit Jahren fordert. Anderseits schweigen die links-grünen Parteien zur Herabsetzung Andersgläubiger; genau die Parteien, die das Anti-Minarett-Plakat unter Hinweis auf den Antirassismus-Artikel verbieten wollten.

Aktiv wurden in diesen Tagen Politiker der SVP und der Liberalen. Auch prüft die Staatsanwaltschaft, ob der Tier-Vergleich – so er denn in diesem Wortlaut gefallen ist – gegen das Antirassismusgesetz verstösst. Aber das offizielle Basel gibt sich sehr zurückhaltend – genau zu jenem Zeitpunkt, in dem die Öffentlichkeit nun gern gewusst hätte, wie es die Behörden mit dem allfälligen Rassismus halten, der sich auf der "andern Seite" abspielt. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Regierung und die Abteilung für Integration und Gleichstellung nicht sogleich mit einer Verlautbarung zur den behaupteten umstrittenen Äusserungen des Imams proaktiv Stellung nahmen.

Aber auch die links-grünen Parteien schweigen. Und Professor Georg Kreis, der Präsident der Eidgenössischen Antrassismus-Kommission, will sich, wie er OnlineReports beschied, "in diesem Fall an der von den Fernsehen und SVP betriebenen Medienaufmerksamkeit nicht beteiligen".

Doch so einfach ist es nicht: Wer jetzt schweigt und die Öffentlichkeit darüber im Unklaren lässt, wo die Grenzen des Tolerierbaren liegen und wo sie überschritten sind, fördert die Entstehung von Parallelgesellschaften und eine emotionale Distanz zu Migranten.

Im Gegensatz zur SVP halten wir die Antirassismus-Strafnorm für gerechtfertigt, so lange sie nicht zur Privat-Schnüffelei verkommt. Hochproblematisch ist aber die kommunikative Absenz der Behörden, wenn der Verdacht auftaucht, dass es an Respekt an der einheimischen Glaubensmehrheit mangelt. Die Mehrheitsgesellschaft hat dasselbe Recht auf Toleranz und Respekt wie die Angehörigen anderer Glaubensgemeinschaften. Aber dieses Dauer-Schweigen ist unverständlich – und gefährlich. Schon fordern sämtliche bürgerliche Parteien und die Grünliberalen, die in ihrer Gesamtheit eine parlamentarische Mehr stellen, mit massiv verschärften Einbürgerungen und Integrationsvereinbarungen eine "Richtungsänderung" der Basler Integrationspolitik.

Auch gehört die Basler Abteilung für Integration und Gleichstellung nicht abgeschafft, wie es Rechts-Parteien fordern. Vielmehr ist zu anerkennen, dass sie im Interesse der Integration wertvolle Arbeit leistet. Aber wenn sie sich der Kommunikation über Werte, Toleranz und ihre Grenzen weiterhin so beharrlich verschliesst wie bisher, fördert sie das Infragestellen ihrer Existenzberechtigung. Gefordert ist nicht die sofortige Anrufung des Richters, sondern eine fortlaufende ungeschminkte Darstellung der Möglichkeiten und Grenzen staatlich geförderter Integration.

Donnerstag, 1. April 2010

Die Strafanzeige - Wunderwaffe für die Frau

Die Strafanzeige wegen sexueller Übergriffe ist eine ungemein effiziente und beliebte Kampfmassnahme für Frauen in der Trennung. Es gilt allerdings ein paar Regeln zu beachten.

Von Alex Baur

1 - Dass Frauen im Zuge einer Trennung oder Scheidung angebliche sexuelle Übergriffe ihres Lebenspartners ins Spiel bringen, gilt seit Jahren als gerichtsnotorisch. Richter und Staatsanwälte wissen das und reagieren bisweilen mit Skepsis. Deshalb ist eine sorgfältige Vorbereitung angezeigt: Ihr Vorwurf sollte plausibel sein, am besten ist es, wenn Sie selber daran glauben; das ist nicht einmal so schwierig, wenn man sich lange genug und bildhaft überlegt und vorstellt, was der elende Kerl alles angerichtet haben könnte und wozu Männer generell fähig sind.
2 - Verurteilungen sind in solchen Fällen relativ selten, in der Regel steht Aussage gegen Aussage. Doch das Urteil ist gar nicht Ihr Ziel, sondern das Verfahren. Ihn völlig zu zerstören, wäre unklug, zumal wenn Sie noch Geld von ihm erwarten. Allein der Vorwurf des sexuellen Übergriffes wird Ihren Ex aus der Bahn werfen und in die Defensive zwingen. Wenn Kinder im Spiel sind, ist das Besuchsrecht damit vorläufig geregelt: Man wird es ihm verweigern oder nur unter strenger Bewachung zulassen (die ihm jede Freude am Treffen mit den Kleinen nehmen wird). Solange der Übergriffsvorwurf im Raum steht, sind Sie Opfer – und Opfer haben bei uns immer recht.
3 - Sind Sie als Ausländerin erst kürzlich in die Schweiz zu Ihrem Mann gezogen und riskieren Sie mit der Scheidung den Verlust der Aufenthaltsbewilligung, ist die Missbrauchsanzeige schon fast ein Muss – diese hält Ihnen die Fremdenpolizei vom Hals und garantiert Ihnen erst noch die Unterstützung von kampferprobten Frauenorganisationen. Die Anzeige kann sich auch finanziell lohnen: Opfer haben nicht nur Anspruch auf einen unentgeltlichen Rechtsbeistand, bisweilen bezahlt die Opferhilfe auch ohne Verurteilung Schadenersatz und Genugtuung.
4 - Weil die Verurteilung nicht das Ziel ist, müssen Sie sich auch nicht gross um Beweise kümmern. Im Gegenteil: Wenn die Faktenlage klar ist, besteht die Gefahr, dass die Justiz zu einem schnellen Entscheid gelangt. Sind die Vorwürfe diffus und schwer fassbar, werden die Strafverfolger das Dossier vor sich herschieben. Denn niemand mag die Aussage eines Opfers in Frage stellen. Das kann Jahre dauern. Die Zeit spielt für Sie.
5 - Männliche Polizisten, Staatsanwälte und Richter sind in der Regel von Vorteil. Zeigen Sie sich von Ihrer femininen und verletzlichen Seite, appellieren Sie ungeniert an männliche Beschützerinstinkte (etwas Schminke und das richtige Parfüm schaden nicht– aber bitte diskret!). Bei den zentralen Vorwürfen reichen Andeutungen aus, die männliche Fantasie der Strafverfolger erledigt den Rest. Frauen gehen oft kritischer mit ihren Geschlechtsgenossinnen ins Gericht. Ihnen gegenüber müssen Sie sich auf Konfrontationen gefasst machen.
6 - Detailbeschreibungen erhöhen zwar die Glaubwürdigkeit, bergen aber die Gefahr von Widersprüchen in sich. Merken Sie sich ein paar scheinbar belanglose Details, auf die Sie immer wieder zurückkommen (zum Beispiel: «Er roch immer so komisch nach Knoblauch»). Das sind gemäss Lehrbuch «Wahrheitssignale». Verstricken Sie sich in Widersprüche, lassen Sie Ihren Emotionen freien Lauf. Geben Sie zu verstehen, dass nun alles wieder hochkommt und dass es Ihnen Mühe bereitet, über das Thema zu reden. Der Befrager wird Ihnen für jede Ausrede dankbar sein.
7 - Wenn man Sie beim Lügen ertappt, schweigen Sie einfach – aber nehmen Sie niemals einen Vorwurf zurück. Obwohl man Ihnen («Ich muss Ihnen das sagen, weil es das Gesetz so vorschreibt») am Anfang der Einvernahme vorgehalten hat, dass falsche Zeugnisse mit Gefängnis bestraft werden können, sind in Sexualstraffällen Anklagen und erst recht Verurteilungen wegen falscher Anschuldigung extrem selten. Falls Ihnen die Sache über den Kopf wächst, verweigern Sie einfach jede weitere Aussage. Sie sind und bleiben das Opfer, egal, ob der Täter verurteilt wird oder nicht, und die Opferrolle darf nicht hinterfragt werden. Die Strafverfolger werden froh sein, dass sie den diffizilen Fall aus formalen Gründen oder mangels Beweisen einstellen können.
8 - Selbst wenn das Verfahren eingestellt oder Ihr Ex-Partner sogar freigesprochen wird, haben Sie gewonnen. Wer recht hat, bleibt offen. Irgendetwas wird immer hängenbleiben – denn wo Rauch ist, ist bekanntlich ein Feuer. Auch wenn Sie nicht wissen, was der Kerl alles angestellt hat, er selber wird es schon wissen (irgendetwas hat jeder normale Mann auf dem Kerbholz). Er wird heilfroh sein, das Verfahren halbwegs unversehrt überstanden zu haben, und danach trachten, die Affäre möglichst schnell zu vergessen.
9 - Und nun zum Ratschlag für ihn: Den gibt es leider nicht. Ein Angeschuldigter kann sich in solchen Fällen prinzipiell nie richtig verhalten. Gibt er sich ungezwungen und locker, ja lacht er vielleicht sogar in die laufenden Kameras (wie neulich Wetterfrosch Jörg Kachelmann), wird dies als Zeichen besonderer Skrupellosigkeit gedeutet. Gibt er sich verzweifelt, zerknirscht oder weinerlich, wird dies als indirektes Geständnis aufgefasst. Zeigt er sich indifferent, beweist dies nur mehr einen herzlosen Charakter. Sorry – dies ist ein Kampf, bei dem die Verlierer von Anfang an feststehen. Zu diesen gehören leider auch echte Opfer von sexueller Gewalt, die damit rechnen müssen, dass ihnen niemand glaubt, auch wenn es kaum einer offen sagt.