Freitag, 4. Januar 2008

Frauen, Macht und Intrigen

Die Machiavelli-Frauen

Von Franziska K. Müller

Um als Frau Karriere zu machen, braucht es mehr als Fleiss und Talent. Wie man Mitarbeiter gegeneinander ausspielt, Chefs bezirzt und Untergebene abkanzelt.

Die Juristin Cécile Buchmann* wurde vor drei Jahren unfreiwillige Zeugin eines Gesprächs zwischen zwei Arbeitskollegen. «Es war mir sofort klar, dass eine Intrige im Gang war: Meine Beförderung stand schliesslich kurz bevor», erinnert sich die heute 36-Jährige. «Cécile will offenbar schwanger werden», sagte ein Kollege. «Ticktack, ticktack, die biologische Uhr bei älteren Frauen», antwortete der andere. Buchmann vereinbarte sofort einen Termin bei ihrem Vorgesetzten. Bei der Besprechung am nächsten Tag kam sie auf Kinder zu sprechen und erwähnte ihr Missfallen gegenüber Kindern, auch den eigenen Neffen und Nichten gegenüber. Beim Satz «Mir macht es nichts aus, dass ich keine Kinder bekommen kann» blickte sie dem Chef für einen kurzen Moment direkt in die Augen. Sie meinte, eine gewisse Erleichterung wahrzunehmen. Drei Monate später wurde sie – wie geplant – zur Abteilungsleiterin befördert. Wenig später war sie – wie geplant – schwanger.

Buchmann streicht eine helle Haarsträhne aus dem hübschen Gesicht und zupft das Kleid zurecht. Was geschah mit den beiden Kollegen, die der Chefin in spe nicht gut gesinnt waren? «Ich liess mir nichts anmerken. Als nach meiner Rückkehr aus dem Mutterschaftsurlaub Restrukturierungen anstanden, mussten sie weg.» Welchen Vorwurf kann man den Männern im Umgang mit Arbeitskolleginnen machen? «Sie meinen, wer nett aussieht, ist auch nett», antwortet Cécile Buchmann lächelnd.

Ihr bald zweijähriger Sohn sitzt auf den Knien ihrer besten Freundin. Mit ihr bespricht Buchmann seit Jahren die wichtigsten Karriereschritte. Greta Stark* sagt: «Auf dem Weg nach oben sind Talent und Ehrgeiz wichtig. Noch wichtiger ist die Bereitschaft, Grenzen zu überschreiten und Hilfe zu beanspruchen.» Die Übersetzung dieses Satzes: Während der Probezeit als Assistentin der Geschäftsleitung einer grossen Handelsfirma unterliefen ihr zwei grobe Fehler. Einer war inhaltlicher Natur und musste von ihrem Chef ausgebadet werden. Der andere betraf ein «eigentlich raffiniertes Manöver», wie sie es nennt, das ihr leider aus dem Ruder lief. Der Vorgesetzte zitierte sie, glücklicherweise informierte sie sich vor dem Gespräch bei der betriebsinternen Beauftragten für Gleichstellungsfragen, wie sie am besten vorgehen sollte, um eine Kündigung zu verhindern. Den Chef habe sie sodann auf genderspezifische Versäumnisse im Rahmen der firmeninternen Richtlinien hingewiesen und das Eidgenössische Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann erwähnt, das bei allfälligen Unklarheiten eventuell weiterhelfen könnte. Stark glaubt, dass sie ihre Kaderstelle mit grösster Wahrscheinlichkeit behalten konnte, weil der damalige Vorgesetzte einsah, dass alles andere eine frauenfeindliche Entscheidung gewesen wäre.

«Rangordnung kommt vor Inhalten»
Nicht jede Frau, die Karriere machen will, schlägt sich den Kopf an der berühmten gläsernen Decke blutig. Viele gehen bei der Umsetzung ihrer beruflichen Ziele weniger hilflos vor, als die Geschlechterdemokraten befürchten. Marion Knaths hält das für eine gesunde Entwicklung. Die 41-Jährige – Topmodelgrösse, burschikoser Haarschnitt – erkämpfte sich nach dem Wirtschaftsstudium eine Spitzenposition in einem grossen Hamburger Konzern und erhielt jüngst das Angebot, Vorstandsmitglied eines amerikanischen Grosskonzerns zu werden. Knaths führt eine Unternehmensberatung und organisiert Seminare für Berufsfrauen, denen es nicht so wichtig sei, ob man sie mag. Interessierte, die sich Gedanken darüber machen, ob ihr Machthunger sinnvoll oder ethisch vertretbar ist, müssen sich nicht bei ihr melden: weil die beim Thema Machtmissbrauch sofort zurückschrecken.

Auf dem Weg nach oben seien zwei Grundregeln zu beherzigen, schreibt Marion Knaths in ihrem Buch «Spiele mit der Macht». «Rangordnung kommt immer vor Inhalten» und: «Egal ob Amtsstube, universitärer Betrieb oder Grosskonzern: Anweisungen des Chefs sind ohne stundenlange Diskussionen hinzunehmen, und wer den direkten Vorgesetzten übergeht, muss wissen, dass mit Bestrafung zu rechnen ist.» Opportunismus? Unterwürfigkeit? «Männer sind beruhigt, wenn sich Frauen folgsam und einsichtig zeigen. Hinterher kann man dann ungestört machen, was man will», erklärt eine Kursteilnehmerin von Knaths.

Die Frau wollte einen Job, der einem anderen versprochen war. Es gelang ihr, sich bei diesem Kollegen einzuschmeicheln, worauf ein reger Mailkontakt entstand. Dabei machte sie beiläufig den Chef zum Thema. Ihr Kommentar war nicht sonderlich positiv, was – wie sie vermutet – den Konkurrenten zu ebenfalls unfreundlichen Worten animierte. Worauf ihr ein dummes Missgeschick unterlief, wie sie im Nachhinein beteuert. Das verfängliche Schreiben landete in der Mailbox des Vorgesetzten. Heute ist sie in leitender Position, und der Ex-Kollege wechselte in einen anderen Betrieb. Durchsetzungswille beinhalte die Bereitschaft, rangniedrige Kollegen – egal wie attraktiv die sind – von der Bettkante zu stossen und besser Qualifizierte über den Tisch zu ziehen. Networking bedeute auch: weibliche Reize ausschlachten, um die richtigen Kontakte zu knüpfen und das zu erreichen, was man will. «Eine gute Verhandlung hat immer etwas von einem Flirt. Daher ist in diesem Zusammenhang auch jedes Mittel recht», schreibt Knaths. Tief dekolletiert, geschminkt, High Heels? Kein Problem, wenn die Frau eine Dame bleibe.

Frauen sprechen nicht gerne darüber, aber viele tun es, wie eine aktuelle Umfrage bei gutausgebildeten Amerikanerinnen ergab: Die Hälfte von 164 Befragten gab an, am Arbeitsplatz mit sexuellen Reizen – hochgerutschten Jupes, freizügigen Ausschnitten, Wisperstimmen oder Rehblicken – zu spielen, um auf sich aufmerksam zu machen. Andere verschickten anzügliche Mails an den Vorgesetzten oder streuten gezielt Urlaubsfotos, die sie in knapper Bekleidung präsentierten. Wie steht es also mit sexuellen Aktionen als Karrierebeschleuniger? Die Antworten auf diese Frage sind verklausuliert und könnten frei übersetzt so lauten: Wenn sie der Laufbahn dienen – unbedingt. Sex sei schliesslich Macht, sagt eine der Frauen. Als Mittel zum schnellen Aufstieg lohne er sich aber nur, wenn der Verhandlungsausgang unmittelbar bevorstehe. Langdauernde Affären seien zu vermeiden, schnell müsse es wieder um Inhalte gehen und jede weitere Anzüglichkeit sei zu vermeiden.

Sind solche Frauen Verräterinnen am Feminismus, der erfolglose Geschlechtsgenossinnen am liebsten als Opfer patriarchalischer Strukturen sieht und die Gleichheit der Schwestern als höchstes Gut betrachtet? Der Feminismus basiere auf der Solidarität zwischen Frauen und wer aus der Reihe tanze – indem man erfolgreicher sei als andere oder sich nicht regelkonform verhalte –, mache sich unbeliebt, sagt die deutsche Sozialwissenschaftlerin Ulrike Ley. So behauptete die Frauenrechtlerin Alison Wolf in einem vieldiskutierten Essay, das vor einem Jahr im renommierten amerikanischen Politmagazin Prospect erschien: «Karrieristinnen sind die Totengräberinnen des Feminismus.» Wieso? «Früher litten alle Frauen unter ähnlichen Missständen. Heute klettern einige unbekümmert die Karriereleiter hoch und tun so, als gäbe es keine Diskriminierung mehr.» So gesehen sind die erfolgreichen Ausnahmen ein Affront für all jene, die sich nett, fleissig und körperlos allein über ihre Leistungen definieren und den Sprung nach oben doch nicht schaffen.

Von der lähmenden Solidarität unter Schwestern hält Harriet Rubin nichts. In ihrem umstrittenen Bestseller «Machiavelli für Frauen» bemängelt die Amerikanerin: «Frauen wissen, dass sie Macht wollen, kennen aber die Taktiken nicht, die zum Ziel führen.» In ihrem postfeministischen Buch rät sie, was bereits Niccolò Machiavelli Furcht und Ehre einbrachte: Moralvorstellungen sofort über Bord werfen, wenn die eigenen Interessen gefährdet sind. Grausamkeit kurz und heftig ausleben. Eigene Bereiche nicht nur verteidigen, sondern vergrössern. Die Bereitschaft, weibliche Vorteile auszuschlachten: Nicht erst seit deutsche SP-Frauen halbnackt für einen Wahlkalender posierten und sich die damalige CSU-Politikerin Gabriele Pauli – nach ihren erfolgreichen Attacken auf Edmund Stoiber – als Domina für ein Lifestyleheft inszenierte, gilt diese Gratwanderung als schwierig. Trotzdem sieht man mittlerweile auch in feministischen Kreisen ein, dass ehrgeizige Frauen neue Strategien anwenden dürfen, ohne dass ihnen Intelligenz und Professionalität abgesprochen werden. Wer das System unterlaufen wolle, müsse seine Strukturen genau kennen, heisst es sogar bei einem Schweizer Gleichstellungsbüro.

Machtspiele sind keine weibliche Stärke
Jens Weidner, Professor an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, führt deshalb Weiterbildungen für Berufsfrauen durch, die «auch bereit sind, über schlechte Taten und ebensolche Charakterzüge zu sprechen, und erkannt haben, dass Wut eine Chance sein kann». Vor zehn Jahren hätten sich kaum Interessierte gemeldet. Das Anforderungsprofil entsprach nicht dem weiblichen Selbstbild: «Frauen fanden es moralisch irritierend, sich mit Feindbildanalysen und raffinierten Manövern zu befassen.» Heute seien seine Kurse am Gottlieb-Duttweiler-Institut (GDI) ausgebucht, sagt der Kriminologe und Aggressionswissenschaftler. Seine Schülerinnen erweisen sich als sehr lernfähig: «Haben sie erkannt, wie viel Spass es machen kann, die Konkurrenz auszuschalten, gibt es meist kein Halten mehr.» Psychologisch seien Frauen zwar talentierter als Männer, aber das Durchschauen und Antizipieren von beruflichen Machtspielen gehöre nicht unbedingt zu den weiblichen Stärken: «Viele Frauen betrachten dies noch immer als reine Zeitverschwendung und stellen sich auf den Standpunkt, solche Spiele seien ihnen zu dumm.»

Das lässt auch ein Blick in die Statistiken erahnen: 85 Prozent aller Führungsjobs sind in der Schweiz männlich besetzt. Obwohl seit Jahren mehr junge Gymnasiastinnen die Matura bestehen als ihre Kollegen, gibt es in der Schweiz doppelt so viele Männer in sogenannten «Berufen mit hohen Qualitätsanforderungen». Wieso? Jedes Jahr brechen Tausende von Studentinnen ihr Studium ab, und von jenen Frauen, die Hochschule, Universität oder eine höhere Bildung beenden, arbeiten laut Bundesamt für Statistik später nur die Hälfte als Akademikerinnen oder in Kaderpositionen. Dabei sind die Karrierevoraussetzungen für Frauen in der Schweiz gut: Ihr Bildungsniveau war nie besser als heute, und im Bereich der Gleichstellungsbüros gehört die Schweiz zu den europäischen Spitzenreiterinnen. Aber an der kümmerlichen Erfolgsbilanz ändert sich seit Jahren wenig. Als Gründe für den Missstand werden gerne das mangelnde Betreuungsangebot für Kinder und grosse Lohnunterschiede angeführt, die den Mann automatisch zum Ernährer der Familie machten. Aber es gibt auch andere Erklärungen für das schleppende Vorankommen der Berufsfrauen.

Rita Baechler-Barth war Anfang der neunziger Jahre eine der ersten Headhunterinnen der Schweiz. Man darf die Selfmade-Frau als Feministin der frühen Stunde bezeichnen. Sünneli-Broschen, Kampfparolen: Hat sie alles mitgemacht. Heute ist die Geschäftsfrau eine elegante Erscheinung mit neuen Einsichten. Bei der Vermittlung von Topstellen in der Wirtschaft komme es heute häufig vor, dass der ambitionierte Anforderungskatalog mit dem Schlussvermerk ergänzt ist: Es darf auch eine Frau sein. «Das Problem ist, eine solche Frau zu finden», sagt Baechler-Barth. Dass ein grosser Anteil an Akademikerinnen in zweitrangigen Berufen arbeiten und Tausende von Studentinnen vor dem Zwischendiplom aufgeben, erstaunt die 60-Jährige nicht. «Die jüngeren Frauen wurden im Bewusstsein erzogen, alles mühelos erreichen zu können. In Wettbewerbssituationen reagieren viele erstaunlich schwächlich.» Andere, die über beste Ausbildungen und Diplome verfügten – immerhin ein paar hunderttausend in der Schweiz –, konzentrieren sich ausschliesslich auf ihre fachlichen Qualitäten. «Der Karrierekiller schlechthin», findet Baechler-Barth.

Die 44-jährige Professorin und Geschäftsfrau Jutta Franke setzt auf das Gegenteil von nonverbalen Aktionen. Sie ist nach eigenen Angaben als höflich und eher zurückhaltend bekannt. Doch Franke explodiert in Konferenzen gelegentlich gezielt. «Die Kollegen sind jeweils ein wenig verstört, ändern ihr Verhalten aber sofort.» Eine professionelle Analyse ihrer Umgebung brachte ihr jüngst neue Erkenntnisse: «Am mühsamsten sind nicht jene Gegner, die im Wettbewerb um Positionen erbarmungslos an die Limiten gehen. Sondern jene, die ihre Kapazitäten voll ausgeschöpft haben und andere aus Frustration behindern», sagt Franke. «Ich sah ein, dass ich die Vorstellungen von Fairness neu überdenken muss und meine Werte dennoch im Blick behalten kann.» Über laufende Angriffe will sie nur so viel verraten: Auf schwache, weil untergeordnete Mitarbeiter nehme sie keine Rücksicht mehr.

Konkreter äussert sich Cécile Buchmann: «Ein Foul, egal von wem, quittiere ich immer mit einem doppelten Foul. Alles andere wäre ein Freipass, um schlecht behandelt zu werden.» Illoyale Kollegen oder solche, die ihre Autorität torpedieren, hasst sie besonders. «Bei denen suche ich kleine Fehler, die ich vor versammelter Runde zu einem Problem mache, was die folgende Abreibung verständlich macht und meine Position natürlich stärkt.» Machtmissbrauch? «Nein», findet auch Jutta Franke, «Spass am Wettbewerb.»

Gleichstellungsbüro als Sprungbrett
Hat man keine Lust auf solche Kämpfe oder fehlt es an kreativen Ideen, um berufliche Ziele voranzutreiben, gibt es immer noch die vielen Gleichstellungsbüros und internen Kommissionen, die sich um die Chancengleichheit zwischen Mann und Frau bemühen. «Man muss sich einen kleinen Ruck geben, um vorstellig zu werden, aber dann können diese Institutionen Sprungbretter sein», sagt Greta Stark. Bei den Lohnverhandlungen versagt? Die Leistungen mittelprächtig? Unbeliebt? Je nach Auslegung kann es sich auch um Diskriminierung und Mobbing handeln. Beides wird in der Schweiz hart geahndet. Die objektive Abklärung ist manchmal schwierig, heisst es bei einem Gleichstellungsbüro.

In vielen Kantonen könnten doppelt so viele Fachleute beschäftigt werden, da die Klagen zahlreich und kompliziert seien. Von gezielten weiblichen Schwindelmanövern wisse man nichts, die Vorabklärungen seien zudem streng. Diffuse Anschuldigungen bei der Anstellungsdiskriminierung hätten selten Chancen auf weitere Behandlung, weil sich die Fakten nicht beweisen liessen, heisst es in Zürich. Beim Rest der Beanstandungen gilt: Sie stossen auf offene Ohren. Als eine Flight-Attendant ihren Arbeitgeber – vier Tage nach dem Stellenantritt – unterrichtete, sie sei im dritten Monat schwanger und für den Flugdienst untauglich, wurde ihr gekündigt. Sie hielt das für Diskriminierung und klagte. Das Transportunternehmen konnte seine Beteuerung, es sei ein Arbeitsersatz angeboten worden, nicht beweisen. Man einigte sich auf einen Vergleich. Ergebnis: Die Frau erhielt fünf Monatslöhne. Plus Schwangerschaftsgeld.
Die Art und Weise, wie sich unbeliebte Kollegen auf allen Hierarchiestufen verhalten, ist ebenfalls ein beliebtes Thema. «Bei unklarer Sachlage kann man sich aussergerichtlich einigen, da die Firmen Angst vor Imageschaden haben und nicht vor Gericht gehen wollen», sagt Greta Stark.

Das Mentoring, eine spezielle Form der Frauenförderung, geriet in Verruf, weil damit männliche Überlegenheit verbunden wurde. Marion Knaths schreibt, was ehrgeizige Kollegen schon lange begriffen haben: «Ein machtvoller Förderer ist der Lift nach oben.» Um den ranghöchsten Mann auf sich aufmerksam zu machen, gäbe es allerdings ein Problem, berichten Betroffene: andere talentierte Frauen, die als Schützlinge ebenfalls in Frage kommen wollen. «Viele ambitionierte Berufsfrauen sind emanzipiert und bringen es nicht fertig, sich dümmer zu stellen, als sie sind», erkannte die 35-jährige Delphine Weiss* bereits vor fünfzehn Jahren. Dabei ziehe die Unschuldsnummer gerade bei älteren Männern. Ein Verhältnis mit ihrem Professor – sie liess ihn fallen, als er sie heiraten wollte – verhalf der damaligen Kunststudentin zu einer Anstellung in einer renommierten Genfer Galerie. Drei Affären später – mit einem wichtigen Kurator und zwei grossen Sammlern – eröffnete sie einen eigenen Kunstraum in Paris. Sie verfüge heute über eine auserlesene Klientel, weil sie bestens vernetzt sei, stellt Weiss zufrieden fest.

Was hat es mit der Konkurrenz unter ambitionierten Frauen auf sich? Es gebe ein paar Regeln zu befolgen, findet Marion Knaths. Sitze eine weniger attraktive Kollegin in einer Geschäftsrunde, lobe man alles, was nicht völlig abwegig erscheine: schönes Kostüm, super Frisur, tolle Lippenstiftfarbe. «Signalisieren Sie: Du bist die Schönste hier.» Seit sie diesem Grundsatz Rechnung trage, arbeite sie hervorragend mit ihren Geschlechtsgenossinnen zusammen. Und der Mentorensuche steht auch nicht mehr viel im Weg. Der zweite Grundsatz im Umgang mit potenziellen Förderern laute: Die Leistungen des Schützlings müssen dem Mentor auch etwas bringen.

Diese Regel verinnerlichte Ljuba Manz vor vielen Jahren, wie sie der Schweizer Illustrierten erzählte. «Mein Geschäft war im Aufbau. Ich wusste, dass ich nur reüssieren werde, wenn ich die legendäre Hummerbar des ‹St. Gotthards› in Zürich beliefern kann», erinnerte sich die ehemalige Delikatessenhändlerin an den Grund für das erste Treffen mit Caspar E. Manz. Der mächtige Kopf der Schweizer Hoteldynastie Manz blieb nach dem Date mit der Russin mit einer Wagenladung Austern zum Dumpingpreis zurück sowie der bleibenden Erinnerung «an eine Dame, dieses zerbrechliche Wesen mit der Energie eines Mannes», wie er noch Jahre nach der Heirat schwärmte. Seine schöne und viel jüngere Frau gebar ihm Zwillingssöhne und widmete sich anschliessend erfolgreich den Geschäften. Das Hotelimperium vergrösserte sich unter ihrer Führung auf über zwanzig Häuser und 1600 Angestellte. «Natürlich stehe ich meiner Frau mit Rat und Tat zur Seite», meldete sich ihr Mentor und Ehemann vor einigen Jahren zu Wort: «Nur braucht sie den nicht mehr allzu oft.»


Quelle: www.weltwoche.ch

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