Die Verdammung des Mannes
von Gerhard Amendt
20.01.2008 - 17.42 Uhr
Dem Feminismus ist es gelungen, den Mann zu diffamieren. Nicht mehr Ausgleich zwischen den Geschlechtern zählt, sondern Verächtlichmachung und Feindseligkeit gegenüber allem Männlichen. Mann und Frau hatten schon im Paradies ein angespanntes Verhältnis, das sah auch Maler Gauguin. Der radikale Feminismus hat sie endgültig auseinander getrieben und voneinander entfremdet.
Die Friedensnobelpreisträgerin Doris Lessing gab 2001 auf die brisante Frage, die das „Time Magazin“ bereits vor Jahren seinen Lesern gestellt hatte, eine drastische Antwort. Die Frage selber war in ein vielsagendes Bild und einen harmlosen Text aufgeteilt, der orakelte: Sind Männer wirklich so? Das Cover zeigte einen eleganten Anzug, vervollständigt um Hemd mit ausgewählter Krawatte, aus dem zur Personifizierung der zeitgenössischen Männlichkeit der Kopf eines Schweins herausragte. Die Frage schien dringend und keineswegs abwegig. Denn in den USA hatte nicht nur eine Lorena Bobbitt ihrem schlafenden Mann den Penis abgeschnitten, weil er sie sexuell nicht beglückt hatte. Mehrere solcher „Schweine“ wurden damals wegen verfehlter Beglückung kastriert. Die amerikanische Feministin Barbara Ehrenreich fand das politisch durchaus korrekt und meinte, dass die meisten Frauen damit einverstanden seien.
Natürlich ließ auch Alice Schwarzer wissen, dass die deutsche Frau fürderhin die Messer nicht mehr nur zum Hacken von Petersilie verwenden werde. Damit war die Rückkehr zum archaischen Faustrecht als Lösung partnerschaftlicher Probleme verkündet. Und so kam es, dass sich das als friedfertig gepriesene Geschlecht zur Vergeltung, Rache, vor allem aber zur Herabsetzungen der Männer verleiten ließ. Ebenso wenig widersprach es, als in der Talkshow von Kerner das Urteil fiel, wonach Frauen, die Männer lieben, nur Verachtung verdienten. Zeitgleich wurde dem weiblichen Geschlecht die Bürde auferlegt, dass es ob der nachgesagten Friedfertigkeit allein die Zukunft der Menschheit verkörpern könne. Wenn man sich denn der Hoffnung hingeben könne, dass angesichts der herrschenden Männlichkeit eine solche Zukunft überhaupt noch eine Chance habe. Diesen Verkündigungen trat niemand entgegen. Und so mauserte sich der Widerspruch von weiblicher Friedfertigkeit und gleichzeitiger aggressiver Männermissachtung über die Jahre zu einer unwiderstehlichen Mode der Männerabwertung.
Das ist noch immer chic und lässt keinen Lebensbereich unberührt. Und ebenso ist kein Ende abzusehen. Obwohl vor allem in der jungen Generation allmählich Gereiztheit über die allgegenwärtigen Phantombilder von den bösen Männern und ihrem notwendigen Korrelat, den guten Frauen, aufkommt. Doris Lessings Empörung über die Schweinskopfmetapher gab den Ton vor, der sich zu verallgemeinern beginnt. Schockiert sei sie über die gedankenlose Abwertung von Männern, denn die dümmsten, ungebildetsten und scheußlichsten Frauen könnten die herzlichsten, freundlichsten und intelligentesten Männer niedermachen, ohne dass irgendjemand etwas dagegen tue. Die Abwertung des Männlichen sei so sehr Teil unserer Kultur geworden, dass sie kaum noch wahrgenommen werde. Ihr Verdikt über die „Emanzenkultur“ lautete: Denkfaulheit und Heimtücke.
Den Wandel, den sie in der Kultur verzeichnete, beschrieben andere als Gang in die Mysandrie, die tiefe Abneigung gegen das andere Geschlecht. Das führte dazu, dass in einigen Milieus, nicht zuletzt in universitären, der fundamentale Respekt vor Männern verloren ging. In Deutschland geschah es leise, in den USA als lautstarke Political Correctness. Nur, vom politisch organisierten Feminismus, geschweige denn einer feministischen Bewegung ist mittlerweile nichts übrig geblieben. Doris Lessings Verdikt und noch mehr die identitätspolitische Rückrufaktion der französischen Philosophin Julia Kristeva kamen spät. Gerade Kristeva hatte dem binär denkenden Feminismus, der die Differenzen zwischen Frauen so nachdrücklich verleugnet, wie er die feindselig polarisierte Welt von Männern und Frauen für die eigene Lebensorientierung braucht, viele Jahre unwidersprochen als Gewährsfrau gedient. Das Reden von der sexuellen Identität als einem unwandelbaren Gehäuse binärer Starre, all das hat die Feindseligkeit zwischen Männern und Frauen gefördert: Obendrein hat es den demokratischen Prozess geschwächt. Der Genderfeminismus hat die Männer gekränkt. Auch wenn sie dazu schweigen oder alles witzelnd verharmlosen. Nicht weniger schlimm, dass er Frauen daran gehindert hat, die Differenzen zu benennen, die sie voneinander trennen; die persönlichen, die kulturellen, sozialen wie ihre Vorlieben. Indem er Frauen ein Bewusstsein ihrer Differenz untersagte, stellte er sich gegen das Persönliche, den Kern, der die Individualisierung vorantreibt.
Diese lähmende Dynamik funktioniert nur, wenn ein Feind vorhanden ist, der den Frauen passt. Nicht viel anders funktionieren das Vorurteil und der Fremdenhass. Deshalb wurde Männlichkeit zum unterschiedlosen Einheitsfeind erkoren.
Was aber ist überhaupt noch vom Feminismus übrig geblieben außer der mysandrischen Stimmung? Keineswegs der lange Marsch durch die Institutionen, den die 68er eingeschlagen haben. Mithilfe des mitleidigen Sozialstaates wurden vielmehr bürokratische Strukturen für die Verwirklichung feministischer Ziele von der Bundesebene bis hinunter in die Kommunen eingerichtet. Für das Verbliebene ist typisch, dass es parallel oder ergänzend zu bestehenden Einrichtungen verläuft. Es führt ein Eigenleben, das vor Konkurrenz und vor allem vor Evaluation abgeschirmt ist. Also vor den Fragen, wem diese Politik nützt, ob sie überhaupt etwas nützt und ob sie möglicherweise sogar den gesellschaftlichen Prozess beschädigt. Im Wesentlichen erleben wir zwei Funktionen. Zum einen gibt man vor, Frauen zu fördern, und zum anderen muss die mysandrische Ideologie am Leben erhalten bleiben, die Frauen als Opfer ausgibt und Männer als deren geborene Täter. Der Schibboleth der Gewalt ist für die Ideologie des Feminismus, in deren eigenem Selbstverständnis, so konstitutiv wie die Arbeit für die marxschen Theorie des Kapitalismus. Mit dieser Ideologie ist auf jeden Fall die Diskriminierung alles Männlichen hinreichend zu rechtfertigen.
Im Dienste dieser Ideologie sind Bundesministerien, die seit Langem männliche Lebenswelten von der Erforschung ausschließen. Sie haben lediglich Frauen und Mädchen als Opfer im Blick. Deren Probleme erforschen sie, und Hilfsprojekte werden für sie ins Leben gerufen. Wenn Jungen und Männer hingegen nicht funktionieren, dann sind sie „out“. Sie werden nach archaisch anmutenden Männerbildern behandelt: Entweder sie funktionieren, oder sie sind untauglich. Allenfalls im Umfeld von Arbeitsmarktpolitik gibt es Aufmerksamkeit für deren Probleme. Denn an ihrer Rolle als Familienernährer soll nicht gerüttelt werden. Und trotzdem sind Männer für Forderungen immer noch gut. Etwa nach mehr gemeinsamer Zeit mit den Kindern.
Oft vom Unterton beherrscht, dass Arbeit für den Lebensunterhalt nicht als Sorge für die Kinder zähle. Und der Ruf nach mehr Väterlichkeit ist zweischneidig. Männer sollen sich den Kindern öfter direkt zuwenden, vorzugsweise aber doch nach den Vorstellungen der Mütter. Väterlichkeit innerhalb der häuslichen vier Wände wird ihnen somit vorgegeben. Der 12. Kinder- und Jugendbericht der rot-grünen Koalition ging einen gewaltigen Schritt weiter. Dort wird zeitgenössische Väterlichkeit als von männlicher Gewalt kontaminiert kurzerhand als schädlich für Kinder ausgegeben. Eine neue Väterlichkeit brauche das Land. Und weil in guter deutscher Tradition Mütter nur als die Besten imaginiert werden können, empfiehlt die Expertin, dass Väter so werden wie Mütter sind. Väterlichkeit soll sich in Mütterlichkeit verwandeln. Der Mann im Vater soll keine Rolle mehr spielen. Dann könne man die Kinder den Vätern wieder anvertrauen.
Während Lorena Bobbitt ihrem Ehemann den Penis abschnitt, hält es die Expertin mit einer symbolischen Kastration. Aber das ist nicht von weniger aggressivem Neid getrieben.
Solche Entwertungen sind zumeist kampagnenartig organisiert und zielen auf kollektive Umerziehung. Die SPD-Familienministerin hat 2001 eine solche Kampagne veranstaltet. Zurzeit versucht die Frauenministerin der SPÖ, alle Väter mit einer Plakatflut in Österreich zu diskriminieren. Unter dem Titel „Verliebt. Verlobt. Verprügelt“ wird auf Plakaten eine spielende Mutter mit Sohn gezeigt. Eigentümlicherweise tragen beide Kopfhelme und Schutzweste. Mit fragend ahnungsvollen Augen blicken sie zu einem Mann auf. Der schaut fast gesichtslos von oben auf beide herab. So als schwebe der Vater als dunkle Macht über Frauen und Kindern.
Ein Fortschritt: Diesmal hat die Vaterbeschimpfung die Kritik der hoch angesehenen Wiener Institute für Erziehungshilfe hervorgerufen. Sie haben sich gegen die Dämonisierung des Mannes und Vaters in den Familien gewandt. Solches ist neu, denn es setzt der Politik der Mysandrie ungewohnte Grenzen. Es scheint so, als kehre das Wissen um die bilaterale Komplizenschaft von Männern und Frauen allmählich wieder zurück. Denn im Gegensatz zur gleichheitsrechtlich orientierten Frauenbewegung hat der Genderfeminismus die Demokratisierung und Humanisierung der Beziehung zwischen Männern und Frauen aufgegeben. Er hat sie durch ein Freund-Feind-Verhältnis ersetzt.
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