Sonntag, 13. Januar 2008

Der J-Stempel - eine antischweizerische Hasspropaganda

Eine 40 Jahre lang verbreitete Lüge
wurde endlich dementiert

September 1998) Ein Kernsatz der antischweizerischen Hasspropaganda lautet, die Schweiz sei Initiantin des J-Stempels zur Kennzeichnung deutscher jüdischer Pässe gewesen. Diese Verleumdung der Schweiz geht auf verschiedene, in den Jahren 1954 und 1958 in der Zeitschrift Beobachter publizierte Artikel zurück. Darin wurde behauptet, der damalige Schweizer Polizeichef Heinrich Rothmund (1888–1961) habe 1938 der deutschen Regierung den J-Stempel vorgeschlagen. Die Schweiz habe sich dadurch zur „Vorreiterin der deutschen Rassenpolitik“ gemacht. Über die Selbstbezichtigungswut gewisser Kreise in der Schweiz kann man sich nur wundern. In Wahrheit war Rothmund ein erklärter Gegner des «J»-Stempels. Diese Lüge ist in die Geschichtsbücher eingegangen und wurde auch im „Eizenstat-Report“ gegen die Schweiz verwendet, der den jüdischen Sammelklägern in New York den Boden ebnete.

Erst jetzt dementiert der Beobachter (Ausgabe vom 4.9.1998; http://www.beobachter.ch) seine Lügen als „Halbwahrheiten“. Die Sicht müsse aufgrund einer „sorgfältigen Lektüre“ (sic!) des Ludwig-Berichtes korrigiert werden. Dieser Bericht zur schweizerischen Flüchtlingspolitik während des Zweiten Weltkriegs war bereits 1957 erschienen. Der Beobachter vollzog mit seinem Dementi nach, was Schweizerzeit und NZZ bereits Wochen zuvor gebracht haben. Eine differenzierte Darstellung der Rolle Rothmunds und der Schweiz bei der Einführung des «J»-Stempels durch die Deutschen.

Die „Enthüllungen“ des Beobachters 1954 waren eine Bombe. Der öffentliche Druck, der die Publikation erzeugte, zwang Rothmund, seit 1929 Chef der Polizeiabteilung im Eidgenössischen Justizdepartement, zum Rücktritt. Der Beobachter hatte Rothmund im Stile billigsten Boulevardjournalismus niedergemacht. Er erinnerte an den Judenstern, der die Verhaftung und die Deportation der „minderwertigen, andersrassigen Menschen“ in Deutschland erleichtert und direkt „zu den Gaskammern von Auschwitz“ geführt habe. „Dem Schweizer Rothmund kommt das schreckliche Verdienst zu, den Nationalsozialisten den Weg zu dieser amtlichen Kennzeichnung gebahnt zu haben.“ Rothmund wird also auch noch verantwortlich gemacht für den gelben Stern, den die Juden tragen mussten. 1958 schlugen die Hetzer vom Beobachter noch schrillere Töne an: „Im Jahr 1938 erklärte sich die Naziregierung auf Veranlassung der Schweizer Behörden mit dem niederträchtigen Kennzeichnen der Pässe jüdischer Staatsangehöriger (gemeint sind deutsche Juden) durch das entwürdigende ‘J’-Zeichen einverstanden.“ Die politische Linke und jüdische Organisationen protestierten heftig.

Die niederträchtige Kampagne des Beobachters gegen Rothmund ist ein Beispiel, wie eine verhängnisvolle Lüge entsteht, sich selbständig fortpflanzt und verstärkt. Auch Eizenstat griff in seinem berüchtigten „Report“ von 1997 die Lüge auf und behauptete: „Die Schweiz veranlasste die Nazis zum J-Stempel, der Zehntausende von Juden daran hinderte, in die Schweiz oder an andere potentielle Zufluchtsorte zu gelangen.“ Er verschweigt, dass die meisten Länder, und insbesondere die USA, keine jüdischen Flüchtlinge aufnehmen wollten.

Das Handeln Rothmunds kann nur aus Sicht der damaligen Zeit richtig beurteilt werden. Nach dem Anschluss Österreichs im März 1938 sah sich die Schweiz mit einem wachsenden Zustrom von – u.a. jüdischen – Flüchtlingen konfrontiert. Im Juli des gleichen Jahres scheiterte die internationale Flüchtlingskonferenz von Evian: Länder wie Holland, Belgien, England begannen ihre Grenzen zu schliessen. Selbst die USA, welche sich heute als Hauptankläger gegen die Schweiz aufspielen, weigerten sich, die vorgeschlagene Zahl von 27’000 Flüchtlingen aufzunehmen. Die kleine Schweiz hatte hingegen 10’000 bis 12’000 Flüchtlinge aufgenommen. In der Schweiz wurde eine Überfremdung und Belastung des Arbeitsmarktes befürchtet. Auch jüdische Organisationen in der Schweiz sahen die wachsenden Flüchtlingsströme sehr ungern.

Rothmund sorgte sich wegen der drohenden Überfremdung und sprach sich entsprechend dem damaligen Sprachgebrauch gegen eine „Verjudung“ der Schweiz aus, was ihm heute als Antisemitismus ausgelegt wird. Heutige Politiker würden sich etwa gegen eine drohende „Verbalkanisierung“ der Schweiz wehren, wenn sie nicht die „political correctness“ daran hindern würde. Trotzdem war Rothmund ein Gegner der Nationalsozialisten und beachtete bei seiner Tätigkeit rechtsstaatliche Grundsätze, auch wenn dies damals nicht so betont wurde.

Wegen des anhaltenden Flüchtlingsstromes forderte der Bundesrat zunächst eine Visumspflicht für österreichische und deutsche Staatsangehörige. Nur diejenigen sollten ein Visum erhalten, die in der Schweiz Verwandte oder Vermögen hätten oder in ein Drittland weiterreisen wollten. Die deutsche Regierung lehnte eine Visumspflicht ab, weil alle Deutschen, also auch die Nichtauswanderungswilligen betroffen worden wären. In dieser Situation schlug der Schweizer Gesandte Paul Dinichert vor, den Visumszwang auf die „nicht arischen“ deutschen Staatsangehörigen zu beschränken. Rothmund hingegen schlug eine Visumspflicht für alle Emigranten vor, also nicht nur für die Juden. Der Einwanderungsdruck war im August 1938 so gross geworden, dass die Schweiz fest entschlossen war, die Visumspflicht einzuführen. Als von deutscher Seite der Vorschlag kam, die Pässe der deutschen Juden mit einem «J» zu stempeln, meldete Rothmund sofort Bedenken an, da man aus Gründen der Gegenseitigkeit auch die Pässe der Schweizer Juden hätten stempeln müssen: „Eine Abmachung, wonach die schweizerischen Juden anders behandelt werden als nichtjüdische Schweizer, scheint mir nicht tragbar.“ Zudem betreffe das Ausreiseproblem nicht nur die Juden, sondern auch Kirchenvertreter und Deutschnationale, „Flüchtlinge, die in weit grösserem Mass den Stempel der ‘politischen’ auf sich tragen als die Juden“, so Rothmund. Der deutsche Vorschlag sei abzulehnen, weil die Schweiz riskiere, „die ganze zivilisierte Welt gegen uns zu haben.“ Aufgrund des Ludwig-Berichtes von 1957 stand somit klar fest, dass Rothmund ein erklärter Gegner des «J»-Stempels war. Trotzdem wurde wider besseres Wissen bis in die jüngste Zeit immer wieder die Lüge von der Erfindung des «J»-Stempels durch Rothmund verbreitet.

Dass die Deutschen den J-Stempel schliesslich doch einseitig einführten, d.h. unter Verzicht auf eine Stempelung der Pässe von Schweizer Juden, kann weder Rothmund noch der Schweiz angelastet werden. Diese hatte nur berechtigte Abwehrmassnahmen gegen unkontrollierte Flüchtlingsströme ergriffen. Heinrich Rothmund war alles andere als der finstere Geselle, als den ihn die linke Hasspropaganda hinstellt. Er hat die Interessen seines Landes und aller Schweizer in treuer Pflichterfüllung gewahrt und verdient unsere Anerkennung.

Trotz der Entlarvung der Judenstempel-Lüge wird am Bild der inhumanen Flüchtlingspolitik der Schweiz während des Zweiten Weltkrieges zäh festgehalten. Prof. Georg Kreis, Präsident der Eidg. Antirassismuskommission und Mitglied der Bergier-Kommission, räumt zwar ein, dass die Vorwürfe an Rothmund zu Recht „etwas relativiert“ werden. Er unterstellt aber „neunmalklugen Revisionisten“ (sic!) und „pseudopräzisen Differenzierern“, sie wollten „gleich auch die Schweiz insgesamt entlasten“ (den in seinen Kreisen üblichen Vorwurf der Pseudowissenschaftlichkeit vermeidet er um Haaresbreite). Nichts ist dem obersten Antirassisten der Schweiz offenbar unerträglicher als eine Entlastung seiner Heimat bei der gegenwärtigen „Vergangenheitsbewältigung“.

Keine Kommentare: