Couchepin vergleicht Mörgeli mit Nazi-Mörder
Bundespräsident Pascal Couchepin ist auf dem Verbal-Parkett ausgerutscht. In einer Kommissionssitzung nannte er SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli in einem Atemzug mit dem Nazi-Arzt Josef Mengele.
Josef Mengele war ein KZ-Arzt im Vernichtungslager Auschwitz und berüchtigt für seine Menschenversuche. Er nahm Selektionen unter den Neuankömmlingen für die Gaskammern vor, wobei er die Ermordung von ca. 40 000 Menschen anordnete. In erster Linie steht der Name Mengele heute jedoch für grausame pseudo-wissenschaftliche Experimente an den Häftlingen. Das besondere Interesse des ehrgeizigen Anthropologen und Genetikers galt der Zwillingsforschung. Er erkannte und nutzte die Möglichkeiten, die sich ihm in Auschwitz boten, hemmungs- und skrupellos: Hunderte Zwillingspärchen, vor allem Kinder, waren ihm hilflos ausgeliefert. Daneben führte Mengele an vielen anderen Personen pseudowissenschaftliche Versuche durch, die von medizinisch sinnlosen, ohne Betäubung durchgeführten «Übungsoperationen» bis zur bewussten Infektion seiner Opfer mit tödlich verlaufenden Krankheiten reichten. Nach dem Krieg floh er aus Deutschland, wurde weltweit verfolgt, aber nie gefasst. Er starb 1979 in Brasilien.
Die Zeitung «Südostschweiz» spricht von einer «Entgleisung, wie man sie in Bundesbern zuvor wohl noch nicht gehört hat». Am letzten Freitag diskutierte die Wissenschaftskommission des Nationalrats über die Forschung am Menschen. Wie mehrere Nationalräte gegenüber der «Südostschweiz» wie auch der «Tagesschau» des Schweizer Fernsehens bestätigten, habe Bundespräsident und Bildungsminister Couchepin erklärt, es brauche in diesem Bereich eine klare Gesetzgebung, sonst könne es zu Szenen kommen wie im Dritten Reich, als ein SS-Arzt sein Unwesen trieb - «fast hätte ich Doktor Mörgele gesagt, natürlich meine ich aber Mengele».
Allen Anwesenden sei klar gewesen, dass dies ein Seitenhieb gegen Mörgeli war, sagte ein Parlamentarier der «Südostschweiz». Immerhin sei er Leiter des Medizinhistorischen Museums der Universität Zürich und damit an medizinischen Experimenten selber interessiert. Dies sollte wohl den Witz von Couchepins Spruch ausmachen, so der Nationalrat.
«Nicht mehr tragbar»
Christoph Mörgeli ist bekanntlich selber kein Freund subtiler Formulierungen. Gegenüber der «Tagesschau» erklärte er jedoch, Couchepins Spruch sei eine «ungeheure Beleidigung» und eine «Verharmlosung des Holocaust». Als Bundespräsident müsse Pascal Couchepin die Schweiz dieses Jahr gegen aussen vertreten. «So ist er in diesem Amt nicht tragbar.»
Aus Couchepins Departement war vorerst keine Stellungnahme zu erhalten. Sicher ist, dass er rechtlich kaum belangt werden kann. Bundesräte geniessen für Aussagen in den Kommissionen absolute Immunität. Bereits im letzten Herbst hatte er mit einem fragwürdigen Vergleich für Aufsehen gesorgt, als er seinen damaligen Bundesratskollegen Christoph Blocher in die Nähe des italienischen Faschistenchefs Mussolini rückte.
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