Dienstag, 4. März 2008

Wie die USA einen Vorwand für einen Krieg gegen den Iran sucht

Wird ein neuer Tonkin-Zwischenfall kreiert?
Iran – USA

Nach Berichten des Pentagon kam es in den frühen Morgenstunden des 6. Januar dieses Jahres zu einer Konfrontation zwischen fünf Schnellbooten der Revolutionären Garden Irans und drei Kriegschiffen der US-Marine in der Strasse von Hormus. Analysen der vorliegenden Meldungen durch Fachleute ergaben, dass sich dieser Zwischenfall zu einem Feuergefecht hätte entwickeln können – einem Zwischenfall genau jener Art, wie ihn die Kriegspartei in Washington braucht, um ihre Pläne für einen präventiven Krieg gegen Iran umzusetzen, bevor Bush und Cheney das Weisse Haus verlassen. US-Militär- und Geheimdienst­experten warnen schon länger davor, dass die grösste Gefahr für eine Konfrontation zwischen Iran und den USA nicht vom Atomprogramm Irans ausgehe, sondern von einem möglichen – realen oder angeblichen – Vorfall in der engen Strasse von Hormus am Eingang des Persischen Golfs. Ein ehemaliger führender Centcom-Offizier (Centcom ist das US-Regionalkommando für den Nahen Osten, Ostafrika und Zentralasien) sprach von der Möglichkeit eines neuen «Tonkin-Zwischenfalls», womit er auf die falschen Anschuldigungen gegen Nordvietnam Ende der 60er Jahre anspielte, Nordvietnam habe US-Kriegsschiffe im Golf von Tonkin angegriffen. Der amerikanische Kongress hatte daraufhin eine starke Ausweitung des militärischen Engagements in Südostasien genehmigt. Jahre später stellte sich heraus, dass der Zwischenfall nie wirklich stattfand.
Der aktuelle Vorfall diente George W. Bush als Vorwand, Iran wieder einmal als «führenden Drahtzieher hinter dem weltweiten Terrorismus» hinzustellen, dessen «Aktionen überall die Sicherheit der Nationen bedrohe», so Bush während seines Besuches in Abu Dhabi. Aber noch während Bush seine Tiraden losliess, musste das Oberkommando der 5. Flotte in Bahrain am 12. Januar offiziell zugeben, dass Meldungen über diesen Zwischenfall nicht stimmen dürften. So wurde später von Abhörspezialisten bestätigt, dass die Drohungen gegen die USA, welche die amerikanischen Kriegsschiffe über Funk abgehört hatten, nicht von den iranischen Schnellbooten stammen konnten. Die «Washington Post» ­zitierte Karim Sadjapour, einen aus Iran stammenden Amerikaner und Sprachspezialisten für Persisch (Farsi): «Der Akzent hat sich nach einem Pakistaner, einem Südostasiaten oder einem Amerikaner angehört, der versuchte, als Iraner zu erscheinen. Die Stimme hat sich absolut sicher nicht nach der eines Iraners angehört.» Ein Bericht in der Navy Times vom 11. Januar zitierte eine Sprecherin der 5. US-Flotte, man wisse nicht, woher die Stimmen gekommen seien, und sie seien wohl eher von Land ausgestrahlt worden als von den iranischen Schnellbooten. In einem Kommentar zu dem Vorfall äusserte ein Fachmann, dass falls ein solcher Vorfall überhaupt stattgefunden habe, es die Arbeit von einer Spezialeinheit gewesen sein könnte, die damit versucht hätte, einen Zwischenfall zu provozieren. Wohl nach dem Motto: «Terroranschläge, die wir politisch brauchen, um unsere Forderungen durchzusetzen, inszenieren wir mangels Terroristen selbst». •

Quelle: Internationaler Hintergrundinformationsdienst für Politik, Wirtschaft und Wehrwesen. Februar 2008

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