Samstag, 4. April 2009

Ehrverletzung wegen Antisemismus-Vorwurf

Antisemitismusvorwurf: TU Berlin muss Schmerzensgeld an Gerhard Wisnewski zahlen
Presse-Service Gerhard Wisnewski

Nach einem Urteil des Kammergerichts Berlin muss die Technische Universität Berlin ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000 Euro an den Autor Gerhard Wisnewski (»Operation 9/11«, »Mythos 9/11«) zahlen. Das »Zentrum für Antisemitismusforschung« der TU hatte Wisnewski in einer Wanderausstellung antisemitische Thesen zu den Attentaten des 11.9.2001 unterstellt. Nachdem das ZfA 2007 bereits eine Unterlassungserklärung unterschreiben musste, stellte das Kammergericht Berlin nun fest, dass für diese schwerwiegende Ehrverletzung auch eine Geldentschädigung zu zahlen ist. Das Gericht zog auch eine klare Trennlinie zwischen Israel-Kritik und Antisemitismus. Die Revision wurde nicht zugelassen; die Frist für eine Nichtzulassungsbeschwerde läuft in Kürze ab.
Drei Wochen lang hatte das Zentrum für Antisemitismusforschung (ZfA) der Technischen Universität Berlin 2007 im Lichthof der Auswärtigen Amtes eine Ausstellung mit dem Titel Antisemitismus? Antizionismus? Israelkritik? aufgestellt.

Bei der Ausstellungseröffnung im Lichthof des Auswärtigen Amtes hatte das AA Medienvertreter und hochkarätige Gäste eingeladen. Die Namen der Technischen Universität, des Zentrums für Antisemitismusforschung, der Bundeszentrale für Politische Bildung (die die Ausstellung gefördert hatte) und der Gedenkstätte Yad Vashem (die ebenfalls mitgewirkt hatte) erweckten den Eindruck, hier werde Forschung auf höchstem wissenschaftlichen und moralischen Niveau geboten.

»Leider ist der Antisemitismus nicht dort, wo er hingehört – im Giftschrank der Erreger schwer heilbarer Krankheiten der Vergangenheit«, sagte Staatsminister Gernot Erler dem AA zufolge bei der Ausstellungseröffnung. Die in der Ausstellung zitierten und präsentierten Personen wurden also in die Nähe schwer heilbarer Kranker gerückt. Dazu kommt, dass in der Ausstellung nur wenige Personen namentlich erwähnt wurden, was den Eindruck erweckte, als handele es sich hier um geistige Führer oder besonders wichtige Personen des Antisemitismus in Deutschland.

Mittendrin: Die Namen von Gerhard Wisnewski, Andreas von Bülow und Mathias Bröckers. Unter der Überschrift »Verschwörungstheorien und Dominanzphantasien, angeregt durch die ›Protokolle der Weisen von Zion‹« stand über sie auf einer Ausstellungs-Tafel zu lesen:

Verschwörungstheorien zum 11. September 2001

In Deutschland v.a. durch Gerhard Wisnewski, Mathias Bröckers und Andreas von Bülow verbreitet.

Zwei ihrer Thesen:

Jüdische Kreise hätten von dem Anschlag gewusst, weshalb es so gut wie keine Opfer gegeben habe – was nachweislich nicht stimmt: ca. 400 Juden und 5 Israelis sind umgekommen.
Der Mossad habe von dem Anschlägen gewusst und Israel habe Nutzen daraus gezogen.

Forschung ohne Beweise
Aber die angeblich hochwohllöbliche Forschungsstätte ZfA, die sich zum Beispiel auch mit den berüchtigten Protokollen der Weisen von Zion befasst, hatte überhaupt keine Beweise für diese Darstellung. Schon zu Ausstellungsbeginn am 1. August 2007 war die Ausstellungsleiterin Dr. Juliane Wetzel von einer Journalistin darauf hingewiesen worden, dass diese Behauptungen nicht den Tatsachen entsprechen. Dennoch ließ sie die schwer ehrverletzenden Darstellungen drei Wochen lang im Lichthof des AA stehen. Auf Intervention der drei Betroffenen Ende August 2007 konnte das Zentrum für Antisemitismusforschung keine Quellen für diese Behauptungen vorlegen, musste die Namen entfernen und zunächst Unterlassungserklärungen abgeben, diese Behauptungen nicht zu wiederholen.

Außerdem nahm das ZfA am nächsten Standort der Ausstellung einen Widerruf in die Ausstellung auf und zog die falschen Behauptungen zusammen mit der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem »mit dem Ausdruck des aufrichtigen Bedauerns zurück«.

»Das konnte in diesem Fall jedoch nicht ausreichen«, sagt der Journalist Gerhard Wisnewski (Rechtsanwalt: Markus Menzendorff) nach dem jüngsten Urteil des Kammergerichts. »Besonders für einen deutschen Journalisten stellt der Verdacht, ein Antisemit zu sein, nicht nur eine schwerwiegende Ehrverletzung dar, sondern auch eine Existenzgefährdung. Wer in den Ruch des Antisemitismus gestellt wird, wird sehr schnell von Auftraggebern gemieden.«

2008: Klage vor dem Landgericht Berlin
2008 erhob der Autor deshalb Klage vor dem Landgericht Berlin gegen die Technische Universität. Ein Hauptgegenstand der Klage war die Forderung nach Schmerzensgeld für die ehrenrührigen Behauptungen. Am 3. Juli 2008 folgte »ein Prozess wie vor einem Inquisitionsgericht«, so Wisnewski. Gleich zu Beginn verbrüderte sich der LG-Vorsitzende Mauck mit der Gegenseite und gab zu verstehen, dass er von Wisnewskis Schriften ohnehin nichts halte. Wisnewskis Forderung nach Geldentschädigung wurde denn auch mit der Begründung abgewiesen, die Beklagten hätten mit dem beanstandeten Beitrag »nicht in einer Weise in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers eingegriffen, die eine Geldentschädigung unabweisbar macht«. (Geschäftszeichen 27 O 24/08)

Der Ruf des Klägers sei durch die falsche Bezichtigung »nicht schwerwiegend in Mitleidenschaft« gezogen. »Eine besondere Prangerwirkung für den Kläger ist vorliegend durch seine Nennung im Zusammenhang mit Verschwörungstheorien nicht ersichtlich.«

»Auch daran erkennt man die Voreingenommenheit des Gerichts, denn es vergisst an dieser Stelle doch glatt das Wort ›antisemitisch‹«, so Wisnewski. »Die besondere Ehrverletzung lag ja gerade darin, mich mit ›antisemitischen Verschwörungstheorien‹ in Zusammenhang zu bringen. Nur indem das Landgericht dieses Adjektiv unterschlägt, kann es seine Begründung überhaupt durchhalten. Ganz davon abgesehen, dass kritische Recherchen noch lange keine ›Verschwörungstheorien‹ sind.«

Inquisitionsprozess und Bauch-Rechtsprechung
Der Höhepunkt dieser Urteilsbegründung des Landgerichts sei aber in der Bemerkung zu sehen, der an Gerichtsstelle anwesende Kläger habe seine öffentlich erörterten Verschwörungstheorien zum 11. September 2001 nicht einmal als sonderlich peinlich empfunden.

»Ich konnte auch bis heute nicht den Eindruck gewinnen, dass dem Vorsitzenden Mauck seine Urteilsbegründung besonders peinlich wäre«, so Wisnewski. »Hier wurden die Rollen des Klägers und der Beklagten auf den Kopf gestellt. In Wirklichkeit saß ich plötzlich als armer Sünder auf der Anklagebank, der sich für seine Recherchen zu schämen habe. Professionell war dieses Urteil jedenfalls nicht, sondern eher so eine Art Bauch-Rechtsprechung. Ich kann nur jedem raten, Urteile des Vorsitzenden Mauck besonders genau zu prüfen und gegebenenfalls dagegen in Berufung zu gehen.«

Verhandlung vor dem Kammergericht 2009
Und im grundsätzlichen Vertrauen auf die Professionalität der Berliner Justiz tat Wisnewski das denn auch. Mit Erfolg: Das Urteil vom 27. Februar 2009(Geschäftsnummer 9 U 142/08) war eine schallende Ohrfeige für das Landgericht und natürlich für die Beklagten. Der Kläger habe einen Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung, »weil die Beklagten mit dem beanstandeten Ausstellungsbeitrag in einer Weise in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers eingegriffen haben, die eine Geldentschädigung unabweisbar macht«, so das Kammergericht unter dem Vorsitzenden Dr. Vossler.

Einen – zumal deutschen – Journalisten zu Unrecht derartiger antisemitischer Verschwörungstheorien zu bezichtigen, stellt grundsätzlich eine schwerwiegende Rufbeeinträchtigung dar, insbesondere, wenn dies durch angebliche Zitate des Klägers geschieht, denn an die Authentizität und Genauigkeit von Zitaten sind hohe Anforderungen zu stellen.

Der Umstand, dass der Kläger in Bezug auf den 11.9.2001 vertritt, die Anschläge seien von den USA selbst inzeniert worden, um militärische Maßnahmen gegen arabische Staaten zu rechtfertigen, schwächt den schwerwiegenden Vorwurf, in der Tradition der »Protokolle der Weisen von Zion« zu stehen, nicht ab. Die hier in Rede stehende Persönlichkeitsrechtsverletzung als nicht schwerwiegend einzustufen mit der Begründung, der Kläger verbreite ohnehin Verschwörungstheorien, verfängt nicht, denn die erhebliche Persönlichkeitsrechtsverletzung liegt hier nicht darin, dass der Kläger überhaupt Verschwörungstheorien zum 11.9.2001 verbreitet, sondern darin, dass er in die Tradition der »Protokolle der Weisen von Zion« gestellt und damit der Eindruck erweckt wird, er rede der Theorie von einer jüdischen Weltverschwörung das Wort … Entgegen dem landgerichtlichen Urteil ist deshalb in der unzutreffenden Nennung des Klägers im Zusammenhang mit den antisemitischen Verschwörungstheorien zum 11.9.2001 eine besondere Prangerwirkung zu Lasten des Klägers zu sehen; dass der Kläger seine sog. Verschwörungstheorien zum 11.9.2001 offensichtlich für zutreffend hält und sie ihm auch nicht peinlich sind, ist deshalb ohne Belang.

Von besonderer Bedeutung ist die klare Trennlinie, die das Kammergericht zwischen Israel-Kritik und Antisemitismus zog:

Der Kläger hat im Rechtsstreit betont, dass er sich zwar sehr kritisch über die Regierung des Staates Israel geäußert habe, sich sein Denken aber nicht gegen den jüdischen Glauben oder das sich religiös konstituierende jüdische Volk richte und es demgemäß auch keine entsprechenden Äußerungen von ihm gebe. Die Beklagte zu 1) war demgegenüber nicht in der Lage, zu ihrer gegenteiligen Behauptung weitere Zitate des Klägers vorzulegen.

»Das heißt: Israel-Kritik ist eben nicht gleichbedeutend mit Antisemitismus«, konstatierte Wisnewski nach dem Urteil:

Das hat das Gericht aus meiner Sicht ganz klar gestellt. (...)

Das größte Problem ist der enorme Schaden, den das Zentrum für Antisemitismusforschung, das »Ausstellungsteam« der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem und nicht zuletzt das Auswärtige Amt der Antisemitismusforschung und der Holocaustforschung zugefügt haben. Man wird in Zukunft sagen dürfen, daß das Zentrum für Antisemitismusforschung und das »Ausstellungsteam« der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem nachweislich falsche Behauptungen aufgestellt haben. Speziell der Eindruck, die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem gehe recht freihändig mit den Fakten um, ist verheerend. Allein das ist tödlich für unser aller Anliegen, echten (und nicht bloß behaupteten) Antisemitismus zu bekämpfen und das Andenken an die Opfer des Dritten Reiches hochzuhalten. Man wird aber auch sagen dürfen, dass diese Institutionen mitunter Behauptungen regelrecht aus der Luft greifen, ohne überhaupt über entsprechende Quellen zu verfügen. Denn es sieht ganz so aus, als seien nicht etwa vorhandene Aussagen der Autoren falsch wiedergegeben oder missverstanden worden, sondern als seien derartige Aussagen gar nicht vorhanden gewesen.

Eine Revision gegen das Urteil des Kammergerichts wurde nicht zugelassen. Eine Nichtzulassungsbeschwerde wird wohl keinen Erfolg haben, weil diese erst ab einem Gegenstandswert von 20.000 Euro möglich ist.

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