Cassis-de-Dijon-Prinzip gefährdet Ernährungssouveränität der Schweiz
von Reinhard Koradi
Die einheimische Landwirtschaft soll – wenn es nach dem Willen des Bundesrates und des Parlamentes geht – einem noch schärferen Wettbewerb ausgesetzt werden. Der Ständerat wird zwar in der Sommersession (25. Mai bis 12. Juni) noch einmal im Rahmen eines Differenzverfahrens über die Bücher gehen müssen, weil in der Sondersession im April die Debatte im Nationalrat noch ein paar Abweichungen zu den Entscheidungen im Ständerat brachte. Da es aber nicht um eine grundsätzliche Meinungsverschiedenheit geht, ist damit zu rechnen, dass die Änderung des Bundesgesetzes über die technischen Handelshemmnisse von den Parlamentariern gutgeheissen wird. Das letzte Wort liegt dann bei den stimmberechtigten Schweizer Bürgerinnen und Bürgern. Sie werden sich überlegen müssen, ob sie über das Referendum eine Volksabstimmung zu dieser für die Schweizer Bevölkerung einschneidenden Gesetzesänderung fordern sollen.
Das Bundesgesetz über technische Handelshemmnisse
Technische Handelshemmnisse sind eine sinnvolle Einrichtung, wenn es um den Schutz von Volk, Staat und Natur geht. Es ist daher immer eine Frage der politischen Willensbildung, ob und in welchem Ausmass Schutzmechanismen eingeführt oder ausser Kraft gesetzt werden. Technische Handelshemmnisse tangieren zwar wirtschaftliche Interessen – vor allem die der Import- und Exportwirtschaft –, sie dürfen aber in keinem Fall auf die wirtschaftliche Frage reduziert werden. Hinter den Handelshemmnissen stehen grundlegende staats-, sicherheits-, beschäftigungs- und gesundheitspolitische Anliegen. Gerade im sensiblen Lebensmittelbereich – und um den geht es bei der Gesetzesrevision – braucht es eine politische und keine kommerzielle Diskussion. Es ist daher völlig unakzeptabel, wenn die geplante Gesetzesänderung als Notwendigkeit im Kampf gegen die «Hochpreisinsel Schweiz» deklariert wird. Mit dieser Kampfansage werden die weit wichtigeren Anliegen – nämlich der Schutz der Bevölkerung, der Tiere und der Natur, die Erhaltung von Arbeitsplätzen und das in unserer Zeit so dringend notwendige Selbstbestimmungsrecht der Völker über die Produktion, Verarbeitung und Verteilung von Lebensmitteln den kommerziellen Interessen einer Minderheit geopfert. In der Propaganda zugunsten der einseitigen Übernahme des Cassis-de-Dijon-Prinzips von der EU durch die Schweiz verspricht der Bundesrat den Konsumenten die Verbilligung von Nahrungsmitteln in der Grössenordnung von 2 Milliarden Schweizer Franken. Sollte diese Einsparung wirklich eintreffen – was auf Grund bisheriger Erfahrungen mit Liberalisierungsvorhaben noch nie geschehen ist, würde dies das Haushaltsbudget pro Einwohner jährlich um etwa 200 Franken entlasten – sofern er nur noch die billigeren Lebensmittel aus den EU-Ländern konsumiert oder jener Schweizer Produzenten, die ihre Produktions- und Qualitätsstandards aus Preisgründen an das EU-Niveau angepasst haben.
Quer zur ernährungspolitischen Realität
Der Weltagrarbericht – veröffentlicht im April 2008 und auch von der Schweiz mitunterzeichnet – lässt keine Zweifel bezüglich der zukünftigen ernährungspolitischen Ausrichtung der Länder offen. Zum einen wird festgehalten, dass der Agrarfreihandel keine Lösung der Ernährungsfrage brachte und vor allem die ärmsten Länder immer weiter in die Hunger- und Armutsfalle treibt. Die mit der Marktliberalisierung verbundene Industrialisierung der Landwirtschaft führte zu einem bedrohlichen Ressourcenverschleiss und raubte den Kleinbauern die Existenzgrundlage. Auch werden in Afrika durch Industriestaaten und transnationale Nahrungsmittelkonzerne Landreserven in grossem Stile aufgekauft – um der drohenden Gefahr von Versorgungsengpässen in den eigenen Ländern zu begegnen oder weil die Konzerne durch das Geschäft mit dem Hunger ihre Gewinne maximieren wollen. Die Folgen der Selbstaufgabe der Landwirtschaft in den Industrieländern können zwar dank der noch vorhandenen Kaufkraft ausgeglichen werden – aber nur auf Kosten der Menschen, die in den ärmeren Regionen der Welt leben. Doch wer weiss, ob uns die Finanz- und Wirtschaftskrise nicht einholt und uns bald einmal mit Hunger und Armut konfrontieren wird? Auf Grund der äusserst negativen Resultate der bisherigen Agrarpolitik fordert der Weltagrarbericht eine radikale Umkehr – hin zur Multifunktionalität (natur- und umweltgerechte Landwirtschaft mit entsprechendem kulturellem Rückhalt), basierend auf kleinen und mittleren Familienbetrieben (Kleinbauern in den weniger entwickelten Regionen). Im Interesse der Ernährungssicherheit und Ernährungssouveränität muss die bisherige global-liberale Agrarwirtschaft durch eine lokal-regional ausgerichtete Produktion und Versorgung mit Lebensmitteln (Selbstversorgung) ersetzt werden. Anstelle einer weiteren Marktöffnung sollte dem Schweizer Volk eine zukunftsweisende Landwirtschaftspolitik vorgelegt werden, die auf den Weltagrarbericht positiv reagiert und die Begriffe Ernährungssicherheit und -souveränität mit Inhalt füllt. Das bedeutet, dass die Schweiz die vorhandenen natürlichen Ressourcen im eigenen Land primär für die Ernährung ihrer Bevölkerung nutzt und dadurch auch bewusst auf den Raub von Lebensmitteln (und die Zerstörung der natürlichen Produktionsgrundlagen) durch Billigimporte verzichtet. Ein gezielter Aufbau der Selbstversorgung im eigenen Land drückt gleichzeitig die Solidarität mit den hungernden Menschen aus. Allerdings können wir den Auftrag zur Selbstversorgung nur so lange erfüllen, wie in unserem Land die Bauern, Lebensmittelverarbeiter und die vorgelagerten Betriebe eine reelle Zukunftsperspektive haben. Eine Perspektive, die sich grundsätzlich auf ein kleinräumiges Produktions- und Versorgungsnetz stützt. In unserem Land haben daher Schutz und Pflege der noch vorhandenen natürlichen und materiellen Produktions- , Verarbeitungs- und Logistikstrukturen allerhöchste Priorität. In der Landwirtschaftspolitik kann es nie um den «billigsten Produktpreis» gehen. Vielmehr geht es darum, die Produktionsgrundlagen zu schützen, die bewährten Qualitäts- und Sicherheitsstandards aufrechtzuerhalten oder gar weiterzuentwickeln. Mit der einseitigen Übernahme des Cassis-de-Dijon-Prinzips manövriert sich die Schweiz nicht nur in eine missliche Verhandlungssituation gegenüber Brüssel, sie geht auch ein erhebliches Risiko ein, ihre Ernährungssouveränität zu verlieren. Und dies ist nun wirklich keine Option für die Zukunft unseres Landes.
Warum nicht mehr Handarbeit in der Landwirtschaft?
Wer auf einem Bauernbetrieb schon einmal mitgearbeitet hat, kennt die harte Arbeit, die unsere Bäuerinnen und Bauern verrichten. Jedes technische Hilfsmittel kann zur Arbeitserleichterung beitragen und soll auch genutzt werden. Das gleiche gilt auch für das vorgelagerte und nachgelagerte Gewerbe. Warum aber sollte der Mensch nicht die Maschine ersetzen, wenn dadurch die Umwelt geschont, das Tierwohl gefördert und das Ungleichgewicht zwischen Produktionsmengen und Nachfrage ausgeglichen werden könnte? In der Nahrungsmittelproduktion geht die Arbeit nie aus. Sie repräsentiert einen Wirtschaftszweig mit krisenfesten Arbeitsplätzen – meist auf kleine und mittlere Unternehmen verteilt. Aber nur solange diese nicht dem zerstörerischen Preiswettbewerb und dem damit zusammenhängenden Rationalisierungsdruck ausgesetzt werden. Es würde sich volkswirtschaftlich und beschäftigungspolitisch lohnen, darüber nachzudenken, ob die steigende Zahl von Arbeitssuchenden nicht innerhalb der Produktions- und Logistikkette der Nahrungsmittelversorgung sinnvoll eingesetzt werden könnte. Sinnreiche und wohl auch naturnahe Arbeitseinsätze als Alternative – aber nur solange die Strukturen noch funktionstüchtig sind und wir unsere Lebensqualität im umfassenden Sinne und vor allem die der Menschen in den weniger entwickelten Ländern über den Billigstpreis stellen.
Samstag, 30. Mai 2009
Ernährungssouveränität der Schweiz gefährdet!
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3 Kommentare:
Teil 1
Interessanterweise scheint Peter Schiff seit seinen sensationell akkuraten Prognosen immer weniger Einladungen zu Fernsehauftritten zu bekommen. Wovor hat man Angst? Vor der Wahrheit?
Interessant, dass sich der Bundesrat nicht von Dr. Marc Faber, einem Schweizer, beraten lässt. Nein, unsere Regierung lässt sich vielmehr von genau den inkompetenten Experten beraten, die völlig unfähig gewesen waren, die Krise vorherzusehen. Wo war die Schweizer Banken-Aufsicht, die das UBS-Debakel hätte verhindern sollen? Wer sorgt dafür, dass an unseren Wirtschafts-Hochschulen inkompetente Lehrer lehren dürfen? In wessen Auftrag wird dies getan? Wem nützt dies? Cui bono?
Interessant ist ausserdem, dass Dr. Marc Faber in seinen Börsenbriefen schon vor Jahren vor einer platzenden Immobilienblase gewarnt hatte. Gerade Banken sind es, die Marc Faber berät, und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hatte auch die UBS seinen Börsenbrief abonniert.
Was bedeutet dies nun? Dies bedeutet, dass Marc Ospel, der damalige Direktor der UBS offensichtlich schon Jahre zuvor von dem drohenden Platzen der Immobilienblase informiert gewesen sein musste. Wiese hat er dann aber nicht die Order erteilt an seine Untergebenen, diese Schrottpapiere rechtzeitig zu veräussern? Hatte er etwa die Absicht die UBS zu ruinieren? In wessen Auftrag hat er dies getan?
War unsere Regierung möglicherweise auch in diesen Komplott involviert gewesen? Ein Komplott muss es zweifellos sein, wieso sonst hätte er seine eigene Bank absichtlich ins Messer laufen lassen? Möglicherweise wurde die UBS auch von den USA bedroht mit dem Entzug ihrer Banklizenz in den USA, falls sie nicht bereit gewesen wäre, diese Schrottpapiere zu behalten. Wiese hat ausgerechnet die UBS mehr als alle US-Banken solche Papiere gehalten? Die offiziellen Erklärungen jedenfalls können diese Vorgänge nicht erklären.
Wiese hat die Schweizerische Bundesbank unsere Goldreserven auf einem Tiefstand des Goldpreises veräussert, wo doch sämtliche kompetenten Goldexperten unsere Bundesbank davor gewarnt hatten? Für wen arbeitet unsere Bundesbank?
Auch jemand, der kein Freund von Verschwörungstheorien ist, wird Mühe haben diese Vorgänge noch ohne Komplotte erklären zu können.
Teil 2
Was hat dies alles nun mit der Ernährung zu tun? Gerade die genannten Wirtschaftsexperten wie Jim Rogers empfehlen nun vor allem in "Agricultural Commodities", also in die Landwirtschaft zu investieren. Der Bundesrat scheint diese Empfehlung nun aber wieder in offensichtlicher Weise zu ignorieren. Rogers sagt, Landwirte werden Lamborghinis fahren, und intelligente Stockbroker werden lernen müssen, wie man einen Traktor fährt, damit sie für Landwirte arbeiten können - und er meint dies durchaus im Ernst. Landwirtschaft wird der Boomsektor der kommenden zwanzig Jahre sein.
Gerade der Bundesrat, der nun offenbar im Zusammenhang mit den UBS-Bailout-Programmen seine Vorliebe für sozialistische Interventionspolitik auf Kosten des Steuerzahlers entdeckt zu haben scheint, ist nun aber keineswegs geneigt den hierzulande erfolgenden gnadenlosen Kahlschlag unserer Kleinbauern fortzusetzen unter dem Vorzeichen des radikalen Ultra-Neoliberalismus. Ideologisch kann man diese Vorgänge jedenfalls nicht mehr erklären. Im Namen welcher der Bevölkerung nicht bekannten Ideologie arbeitet unser Bundesrat? Wieso will unser Bundesrat unser Land schwächen? Wem nützt dies? Cui bono?
Die genannten Experten warnen uns nun eindringlich vor einer massiven Kostenexplosion der Lebensmittelpreise. Gerade die Schweizer Landwirtschaft wird im Zuge des Niedergangs der Weltwirtschaft und des hiesigen Bankenplatzes ein entscheidendes Standbein für den helvetischen Wohlstand sein. Unser Bundesrat scheint sich dafür jedoch keineswegs zu interessieren.
Es muss also erlaubt sein zu fragen: Für wen arbeitet der Bundesrat eigentlich? Für die internationale Freimaurerei, für die Banken-Oligarchie, für die Illuminati, für Wallstreet, für die eigene Tasche, für die USA, für die UNO? Wir wissen es nicht. Für die hiesige Bevölkerung scheinen sie jedenfalls nicht zu arbeiten. Oder ist es einfach nur hoffnungslose Inkompetenz? Wie auch immer, diese Figuren müssen dringend entfernt werden von den Stühlen der Macht, wenn wir retten wollen, was noch zu retten ist.
Wie wäre es mit Lügendetektor-Tests für unsre Politiker, wie wäre es mit einem öffentlich einsehbaren Freimaurer-Register, wie wäre es mit einem Idiotentest für unsere Volksvertreter? Auch Offiziere in der Armme müssen solche Tests über sich ergehen lassen. Wieso sträuben sich unsere Politiker gegen solche Tests, gegen mehr Transparenz? Was haben sie zu verbergen?
Teil 0.1 (vor Teil 1)
Jim Rogers, Peter Schiff und Dr. Marc Faber gehören zu den vermutlich weltweit besten Wirtschaftsexperten überhaupt. Sie waren es, neben sehr wenigen anderen Experten, die die gegenwärtige Weltwirtschaftskrise korrekt vorausgesagt hatten.
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