Von der Schmierenkomödie zur Tragödie?
Polit-Theater Schweiz
Von Valentin Oehen, alt Nationalrat, Köniz BE
Was sich in den letzten neun Monaten in der Schweiz politisch abgespielt hat, darf mit Fug und Recht als Schmierenkomödie bezeichnet werden.
Seit die SVP mit Christoph Blocher als dominierender Persönlichkeit eine liberal-konservative Linie verfolgt, bewusst auf den Erhalt der Unabhängigkeit der Schweiz, den Schutz ihrer Bevölkerung sowie ihrer traditionellen Werte setzt, verzeichnet sie einen klaren Aufwärtstrend. Die früher staatstragende FDP und die pseudo-christliche CVP treiben derweil im Abwärts-Strudel. Sich immer stärker an der internationalistischen Linken orientierend, versuchten diese Mitte-Parteien, ihre alte Stärke wiederzugewinnen. Vergeblich - wie sich in den Nationalratswahlen von 2003 und 2007 zweimal bewies. Die SP verspielte letztes Jahr ihre reellen Wachstumschancen, als sie den Kampf gegen den Leader der SVP zu ihrem Hauptprogramm machte. Davon profitierten bloss die Grünen, die nebst ihrem deklarierten Hass auf die Liberal-Konservativen immerhin einige Schwerpunkte setzten, welche Ängsten der Bürger Rechnung trugen
Schreckgespenst Blocher
Als sich - entgegen der Hoffnung einiger, die ihm 2003 in den Bundesrat verholfen hatten - zeigte, dass sich Blocher auch als Bundesrat von den anderen Parteien nicht domizilieren liess, dass er auch in der Landesregierung grundlegende Zielsetzungen seiner Partei - mit nicht geringem Erfolg übrigens - zielbewusst verfolgte, setzte gegen ihn ein perfides Kesseltreiben ein. Linkslastige Presse und Fernsehen unterstützten scharfmacherische Sprecher aus CVP, SP und Grünen - allein darauf aus, ihm irgend welche "Fehler" ankreiden zu können. Seine unbestreitbaren Verdienste als Konsequenz straffer Führung seines Departements wurden Blocher gar zum Vorwurf gemacht ("Er hat sein Departement geführt wie die Ems-Chemie"). So, als ob für Staatsverwaltungen mit Tausenden von Angestellten nicht gleiche Führungsgrundsätze gelten würden wie für einen Wirtschaftskonzern.
Genau da liegt der zentrale Punkt der queren Kritik der Blocher-Gegner: In unserem politischen System kommt es selten vor, dass führungserfahrene Persönlichkeiten zu Departementschefs im Bundesrat werden. Aber gerade das Fehlen solcher Persönlichkeiten ist die Ursache der aufgeblähten Verwaltung, von ineffizienten Doppelspurigkeiten und Versorger-Mentalität für verdiente Partei- und andere Freunde im Rahmen uferloser Kommissionitis. Blochers Bemühungen, unfähige Mitarbeiter aus CVP-Zeiten aus der Verwaltung zu entfernen (Fall Roschacher!), versuchten seine Gegner zum Schaustück verlogener Polit-Satire umzufunktionieren, in welcher hochrangige CVP-Grössen eher miese Rollen spielten. Allen voran die St. Galler Nationalrätin Lukrezia Meier-Schatz, deren höhnisches Lachen nach gelungener Abwahl von Christoph Blocher ihre menschlichen Qualitäten dokumentierte.
Die SVP wurde durch Schlammschlachten dieser Art gezwungen, ihren Wahlkampf ganz auf Blocher auszurichten ("Blocher stärken - SVP wählen!"). Schlecht bekommen ist es ihr offensichtlich nicht.
CVP im Zwielicht
Im Gegensatz dazu segelt die CVP seit Jahren im Abwind. Dies, weil sie die christlichen Grundwerte (Nein zur Abtreibung, Distanzierung von bischöflichen Empfehlungen) aufgab und sich volksfremder, internationalistischer Politik zuwandte. Als verlässliche bürgerliche Kraft konnte sie nicht mehr wahrgenommen werden.
Man erinnert sich gut an den berühmt gewordenen Ausspruch des seinerzeitigen Aussenministers Joseph Deiss, der kurz nach der klaren Ablehnung des EU-Beitritts durch das Volk sagte: "Der Beitritt zur EU ist jetzt ein Projekt in Ausführung!" Oder auch an seine Mittäterschaft bei der de facto-Abschaffung der bewaffneten Neutralität und deren Ersetzung durch die "aktive Neutralität": Nichts als boshafte Täuschung des Volkes bezüglich der wahren Absichten der Internationalisten in CVP und SP.
Indem sich diese einst klar christliche Partei immer stärker mit atheistischen Sozis verbandelte, vermochte sie einerseits zwar während einigen Jahren ihre Übervertretung in der Landesregierung zu sichern. Dies auch durch geschickt terminierte Rücktritte von Bundesräten zwischen den offiziellen Wahlterminen, womit die (schlechten) Wahlergebnisse bevorstehender Parlamentswahlen unberücksichtigt bleiben konnten. So glaubte sich die CVP im Jahr 2003, obwohl damals wählerschwächste Partei, weigern zu können, der wählerstärksten Partei im Bundesrat einen Sitz abzutreten. Vielmehr inszenierte sie ein Riesen-Lamento, als - Konsequenz dieser CVP-Weigerung - Ruth Metzler nicht bestätigt wurde.
2007 erwies sich die CVP erneut als Drahtzieherin im Komplott, den ungeliebten - indessen überaus effizient wirkenden - Christoph Blocher loszuwerden. Ja, sie wähnte sich auf bestem Weg, sich gar mit Hilfe von Sozis und Grünen "ihren" zweiten Sitz im Bundesrat zu Lasten der FDP zurückzuholen.
Sicher ist für den Wähler nur eines: Mit der heutigen CVP-Führung und ihrer Schaukelpolitik ist die politische Unabhängigkeit der Schweiz aufs schwerste gefährdet. Freihandels-Befürworterin Leuthard und das politische Leichtgewicht Darbellay sind sicher keine Garanten, welche die Schweiz voranbringen könnten. Ihre Politik beruht auf schwammigen Absichtserklärungen. "Abwärts" hat bei ihnen offenbar ebenfalls den Stellenwert von "voran".
Verräter bei der SVP
Dem sportbegeisterten Adolf Ogi gelang als Bundesrat ein prächtiger Coup, als er den Sport in sein Militärdepartement holen konnte. Damit liess sich Beliebtheit im Volk aufbauen, die ihn auch als Versager im Militärdepartement - seiner Kernaufgabe - fast unangreifbar werden liess. Statt Widerstandswillen und Selbstbewusstsein der Schweizerinnen und Schweizer zu stärken, glänzte er mit irreführenden Sprüchen wie "Sicherheit durch Kooperation", wie "Wenn wir nicht zu den Krisen gehen, kommen die Krisen zu uns". Oder mit nichtssagenden Schlagworten wie "Interoperabilität" für Ausbildungs- und Rüstungsprogramme. Damit wurden entscheidende Weichen zum Armeeabbau und zur von ihm angestrebten Einbindung der Schweiz in die Nato ("Partnerschaft für den Frieden") gestellt. Auslandeinsätze und vorauseilender Gehorsam gegenüber Wünschen amerikanischer Generäle dominierten. Seiner Begeisterung für den Internationalismus verdankte Ogi nach seinem Rücktritt als Bundesrat seinen (für die Schweiz kostspieligen) Ehrenposten bei der Uno.
Entgegen den Vorschlägen und dem Willen der Fraktion der SVP wählten im Jahr 2000 genau jene Kreise den Berner Ständerat Samuel Schmid zu Ogis Nachfolger, die 2007 Blocher dann abgewählt haben. Schmid erwies sich sofort als Förderer von Ogis Abbau-Strategie - sehr zur Freude der Linken und der Armee-Abschaffer. Als Festredner erwarb er sich gewisse Beliebtheit bei Sport- und anderen Grossanlässen.
Doch den heute absolut desolaten Zustand unserer Armee hat Schmid zu verantworten. Unter Schmid schlitterte die Landesverteidigung in eine ernste Situation, die unserem Bestreben zur Unabhängigkeit Abbruch tut. 2007 erwies sich Samuel Schmid dann als wortbrüchiger Intrigant, getrieben vom Glauben, Frau Widmer-Schlumpf ins gleiche Boot zu holen. Unbegreiflich, dass ihm dieser erbärmliche Intrigenstreich eine Standing Ovation der Berner SVP-Delegierten eintragen konnte. Dass die Bündner in links-grüner Koalition Frau Widmer-Schlumpf nach deren Wahl-Annahme als Strahlefigur glaubten hochjubeln zu können, mag menschlich verständlich sein. Schwerer verständlich ist, dass sich Frau Widmer-Schlumpf für solches "Spiel" zur Verfügung stellte.
Eine Verhöhnung der Schweiz ist es, wenn Medien diese Frau als "unverbrauchte Kraft aus den Bergen" emporstilisieren wollen - in diametralstem Widerspruch zu ihren mit Leichenbitter-Miene absolvierten Auftritten, welche das Fernsehpublikum mitverfolgen konnte.
Leisetreter irren sich
Die Behauptung einiger SVP-Leisetreter, Blocher und die SVP hätten sich eine "Abwahl-Schlappe" eingefahren, weil sie zu pointiert politisiert hätten, ist lächerlich. Mit Schmusekurs lässt sich in der Politik nichts, gar nichts erreichen. Selbst der bald letzte politisch interessierte Schweizer erkennt heute, dass das Abgleiten der Schweiz in die Mittelmässigkeit (Verschuldung, schlechte Bildungsqualität, Familienzerfall, Kinder-Vernachlässigung, Drogenelend, Asyl- und Sozialmissbrauch, rechtsfreie Räume, militärische Abhängigkeit etc.) dem weichlichen Nachgeben destruktiver Kräfte der Achtundsechziger und ihrer Jünger der Neunundachtziger zu verdanken ist. Gerade die Geschichte der Berner SVP beweist: Nur kraftvolle, klare politische Haltung sichert auf Dauer Erfolg - Anpassungs-Kurs bewirkt Niedergang. Blocher hatte und hat Erfolg dank der Klarheit seiner politischen Ansichten. Dank seiner in die Tat umgesetzter Führungsgrundsätze, dank Unerschrockenheit in der Konfrontation mit politischen Gegnern.
Der Erfolg der einen Seite ist der Misserfolg der gegnerischen Seite. Es bräuchte Grösse - nicht bloss Länge, Herr Darbellay -, die Ursachen des Misserfolges bei sich selbst zu suchen.
Vorhang zu! Warten wir auf den nächsten Akt in diesem Theater. Es könnte sich als Tragödie erweisen.
Valentin Oehen
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