Mittwoch, 22. Juli 2009

Der israelische Angriffsplan steht

Iranische Nukleareinrichtungen sollen im Zeitraum September/Oktober 2009 attackiert werden

Thomas Mehner

Israel ist eine Demokratie. Das zumindest behaupten westliche Politiker ohne Unterlass. Merkwürdigerweise sind es in den letzten Jahren gerade Demokratien, die Angriffspläne schmieden, ihre Nachbarn bedrohen und (verdeckte) Kriege führen, während es in früheren Zeiten einmal Diktaturen waren, die solches taten. Die USA attackierten den Irak, führen zusammen mit den Deutschen Krieg gegen die »Taliban« in Afghanistan, und Israel will nun noch in diesem Jahr den Iran bzw. dessen Nuklearanlagen angreifen.
Beobachtet man die westliche Medienlandschaft, so kann man unschwer feststellen, dass diese seit Kurzem versucht, Amerikaner wie Europäer auf einen israelischen Waffengang gegen den Iran vorzubereiten. Grund genug, so die allgemeine Darstellung, gäbe es ja schließlich dafür, denn immerhin arbeite der Iran an der Anreicherung von Nuklearmaterial, das auch für eine Atombombe Verwendung finden könne. Dabei wird in der Regel der Umstand unterschlagen, dass diese Anreicherungsanlagen zuvorderst für die Herstellung von Kernbrennstäben benötigt werden.

Eigentlich galt ja derletzt das Atombombenthema, sofern es den Iran tangierte, als tot. Hatten doch die US-Geheimdienste vor historisch kurzer Zeit festgestellt, dass das Land der Mullahs kein militärisches Nuklearprogramm unterhalte. Zum selben Ergebnis kam auch die IAEA, die Internationale Atomenergiebehörde. Doch wen scheren schon die Fakten und Tatsachen? Immerhin hatten die oppositionellen Demonstrationen im Iran nach der dortigen Wahl – versteckt organisiert durch bestimmte ausländische Geheimdienststrukturen – nicht zum erhofften Erfolg, einem Systemwechsel, geführt. Nun hieß es also, die alte Bedrohung wieder aus dem Hut zu zaubern, etwas aufzupeppen und dem Iran zu unterstellen, er sei technisch in der Lage, in einem halben Jahr eine Atomwaffe zu bauen und zu testen. Diese unbewiesene Behauptung ist Wasser auf die Mühlen der israelischen Hardliner, die gegenüber der US-Führung erklärten, sie würden als souveräne Nation notfalls allein handeln und die iranischen Atomanlagen vernichten.
Merke: Gibt es keine Beweise, die eine Demokratie in die Lage versetzen, einen anderen souveränen Staat anzugreifen, so wird auf Teufel komm raus manipuliert und desinformiert, bis jedermann die Kröte schluckt und an die »Bedrohung durch einen Schurkenstaat« glaubt. Fragt sich letztlich nur, wer der wahre Schurke ist. Und es fragt sich weiterhin, ob der Begriff »Demokratie« nicht langsam zu einem Schimpfwort wird, weil sich hinter ihm jegliches Unrecht verbergen lässt.
Was bisher nur als Option gehandelt wurde, scheint jetzt allerdings in greifbare Nähe zu rücken. Gut informierte Quellen aus dem Sicherheitsbereich ließen wissen, dass der israelische Schlag gegen die iranischen Nukleareinrichtungen im September oder Oktober erfolgen werde. Eine Reihe logistischer Probleme, die bisher vor allem im Zusammenhang mit dem Angriff der israelischen Luftwaffe bestanden, konnten diesen Quellen zufolge erfolgreich »intern« gelöst werden, sodass im Normalfall davon auszugehen ist, dass Israel die Attacke ohne US-Hilfe in Gang setzen wird. In den USA und Deutschland hat diese Nachricht für Verblüffung und teils heftiges Magengrimmen bei einigen politisch Verantwortlichen geführt, wobei man insbesondere hierzulande hofft, dass der Angriff erst nach der Bundestagswahl stattfinden werde – ansonsten könnte es auch bei uns zu »unkontrollierten Reaktionen« kommen.
Man mag über den Iran und seine politische Führung denken, wie und was man will. Eine souveräne Nation hat jedenfalls das Recht, für die Energieversorgung ihres Territoriums auch auf die Atomkraft zu setzen. Dass dabei immer eine Option auf die Anreicherung von Nuklearmaterial für waffentechnische Zwecke vorhanden ist, steht außer Frage. Dass sich Israel durch iranische Nuklearanlagen bedroht fühlt, mag sein. Fühlen sich die israelischen Nachbarn aber nicht auch durch die rund 200 Atomwaffen, die Israel in seinen Arsenalen lagert, bedroht? – Verzeihung, ich vergaß: diese Frage war natürlich politisch unkorrekt. Genauso unkorrekt: Es zeigt sich bei Betrachtung dieser Situation ganz deutlich, dass es Nationen gibt, die alles tun dürfen, während ihre Nachbarn ohne Diskussion den Rücken zu beugen haben. Das ist Kennzeichnen eines menschenverachtenden imperialen Systems – aber keiner Demokratie.

Israel wird – dafür sorgt schon seine gegenwärtige politische Elite unter Netanjahu, die offenbar auch zum Selbstmord entschlossen ist – den Iran angreifen. Wenn nicht im September oder Oktober diesen Jahres, dann 2010. Ein Grund findet sich immer. Indes sind die Chancen, die mit dem Angriff verbundenen Zielsetzungen zu 100 Prozent zu erreichen, nicht sehr hoch – es sei denn, Israel setzt letzten Endes auf seine Nuklearwaffen. Den Israelis ist dennoch bewusst, dass der Iran nicht mit dem Irak zu vergleichen ist und dass das geplante militärische Abenteuer auch schiefgehen kann. So schief, dass die gesamte Region destabilisiert wird und Israel seine eigene Existenz aufs Spiel setzt. Man darf in einem solchen Falle gespannt sein, ob die USA militärischen Beistand im großen Maßstab leisten werden, denn das könnte in letzter Konsequenz zu einem Dritten Weltkrieg führen.
Wer glaubt, dass die Europäer im Allgemeinen bzw. wir Deutsche im Speziellen von diesen Ereignissen nicht betroffen werden könnten, irrt gewaltig. Insbesondere die deutsche Politikführung wird nicht müde, Israel als befreundete Nation zu bezeichnen, woraus sich bestimmte Konsequenzen ergeben. Gleichzeitig hat man aber Millionen von Muslimen im Land sitzen. Die Hirnrissigkeit und Explosivität der Situation ist kaum mehr zu überbieten und, wenn man in Bildern sprechen möchte, nur noch vergleichbar mit einem ungebildeten Kind, das eine Flasche Nitroglyzerin schüttelt. Die Flasche scheint stabil, nur der Inhalt ist es eben nicht. Der einstige Beatle John Lennon hatte wohl recht, als er meinte, dass diese Welt von Wahnsinnigen regiert werde für wahnsinnige Ziele.
Möglicherweise werden die kommenden Monate darüber entscheiden, wie lange das hoch gelobte westliche System der Demokratien noch existieren wird, ob Monate oder einige wenige Jahre. Die Finanz- und Wirtschaftskrise, die noch lange nicht zu Ende ist (auch wenn das die Establishment-»Experten« gern und oft behaupten) wird starke Verheerungen in den westlichen Marktwirtschaften hinterlassen. Ein Krieg im Nahen Osten könnte dem System mittelfristig gar den Rest geben. Die Iraner haben zum Beispiel schon vor Jahren angekündigt, im Falle eines Angriffs durch Israel eine irreguläre Kriegsführung zu betreiben. Dazu gehört u.a. die Verseuchung und Zerstörung von arabischen Erdölquellen, die eine wichtige Rolle für die Versorgung der westlichen Nationen spielen. Das sich ergebende Szenario wäre der Super-GAU: Während die westlichen Wirtschaften mit den Krisenfolgen zu kämpfen haben, steigen die Preise für Erdölprodukte ins Uferlose. Ganz zu schweigen von den Flüchtlingen, die aufgrund eines entstehenden Flächenbrandes nach Europa drängen würden, dessen Bevölkerung angesichts der Krisensituation aber kaum bereit sein dürfte, Hunderttausende von Menschen zusätzlich aufzunehmen und zu versorgen. Bereits jetzt ist die Wut auf die unfähigen Politiker, Banker und Wirtschaftsgurus europaweit groß, sodass es nur noch eine Frage der Zeit ist, wann das Fass zum Überlaufen gebracht wird. Der Konflikt zwischen Israel und dem Iran liefert möglicherweise den alles entscheidenden Tropfen ...
Die Zeichen der Zeit stehen auf Sturm. Manche Zeitgenossen glauben, die Endzeit habe begonnen. Sie liegen keineswegs falsch. Was viele Menschen nur intuitiv wahrnehmen, geschieht tatsächlich: Das westliche System der Demokratien mit seinem Flagschiff USA an der Spitze hat seinen Zenit längst überschritten und befindet sich im Zerfall. Darüber wird auch eine denkbare und mögliche Erholung des Finanzwesens und der Wirtschaft nicht hinwegtäuschen können. Es ist ohnehin nicht mehr als das letzte Aufflackern einer Kerze, die kurz darauf verlöschen wird. Wohin man sieht: ein krebsartiges Geschwür aus Machtmissbrauch, Lobbyismus, Korruption, Manipulation, Desinformation, Lügen und vor allem Ungerechtigkeit überzieht den dekadenten Westen. Der Krebs ist überall, der Tod des Körpers nur noch eine (kurze) Frage der Zeit. Und möglicherweise wird Israel mit seinem Angriff auf den Iran das Ende noch beschleunigen. Die tödliche »Spritze« ist schon aufgezogen …

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