Sonntag, 11. Mai 2008

Mobbing gegen Lehrkräfte

Provozierter Lehrer rastet aus

Schüler Stöße versetzt, wegen Körperverletzung verurteilt - Mütter starten "Haberfeldtreiben"

Sie schikanierten ihn bis zur Weißglut. Da rastete ein erfahrener Schwandorfer Lehrer aus und tat etwas, das er nie hätte tun dürfen. Der 54-Jährige ging tätlich gegen einen 14-jährigen Schüler vor und versetzte ihm mehrere heftige Stöße. Gestern wurde er deswegen vom Schwandorfer Amtsrichter Walter Leupold zu 3500 Euro Geldstrafe verurteilt.

Der Lehrer Rudolf H. hat sich am Donnerstag hingestellt und freiweg bekannt: "Ich hätte das niemals machen dürfen". Er schilderte aber auch, wie er im Juli 2005 mit 67 Jungen und Mädchen ins Schullandheim nach Borkum reiste, was dort ablief und welchen Belastungen er sich ausgesetzt sah. Provokation ein ums andere Mal, rüdes Benehmen, mahnende Worte zwecklos.

Nur wenige Stunden vor der Abreise wurde dann sogar um zwei Cola gewettet, wer es wohl schaffen würde, den Pädagogen mit lauten Rufen seines Vornamens vollends aus der Fassung zu bringen. Da ging Rudolf H. in das Zimmer, in dem sich mehrere Burschen aufhielten, griff sich den Rufer, versetzte ihm mehrere heftige "Pferdeküsse". Gleich danach tat es ihm leid. Dem Schüler auch. Es gab gegenseitige Entschuldigungen.

Hoch qualifizierter Lehrer

Einen Tag später war in Schwandorf der Teufel los. Die Polizei nahm die Anzeige der Mutter des Schülers entgegen, in der Schule herrschte helle Aufregung. Der 54-Jährige befindet sich seither im Krankenstand. Ob er damals schon krank war, ist ungewiss. Fest steht allerdings, dass er es endgültig wurde, als gegen ihn etwas einsetzte, das der Amtsgerichtsdirektor Walter Leupold jetzt als "Haberfeldtreiben" bezeichnete.

Mütter solidarisierten sich, zum aktuellen Fall wurde noch ein weiterer aus der Schublade gezogen. Drei Jahre zuvor soll der Lehrer, den seine Rektorin gestern als hoch qualifiziert schilderte, schon einmal einen Schüler gepackt und am Hals vor die Türe gezerrt haben. Der Junge erinnerte sich jetzt an die fragliche Unterrichtsstunde, seine Eltern wollen mit Rudolf H. und einem weiteren Lehrer später geredet haben. Allerdings: Dieser Lehrer sagte gestern als Zeuge, es könne nicht sein, dass H. den fraglichen Schüler auch nur eine Stunde unterrichtet habe.

Während Rudolf H. ("31 Jahre habe ich funktioniert, ein Mal war ich von der Rolle") nicht mehr unterrichtete, kam eine von mehreren Müttern ausgelöste Maschinerie ins Rollen, die darauf ausgerichtet war, ihn menschlich, familiär und psychisch zu ruinieren. Plötzlich standen Frauen mitsamt Kindern vor seinem Haus, hatten einen Fernsehreporter mitgebracht. Als H. nichts sagen wollte, wurde eine Wochenzeitung eingeschaltet, wo er sich anschließend mit voller Namensnennung abgedruckt fand.

Verzicht auf Rechtsmittel

All das berücksichtigten Richter und Staatsanwalt jetzt. Nach fünf Stunden Verhandlungsdauer schlug der Vorsitzende Leupold vor, die Dinge zu einem Ende zu bringen. Wegen Körperverletzung im Amt muss Rudolf H. jetzt 3500 Euro zahlen. Im Strafbefehl, gegen den er Einspruch erhoben hatte, waren 14 400 Euro ausgesprochen worden. Rudolf H. akzeptierte seine Ahndung noch im Gerichtssaal, auch Oberstaatsanwalt Harald Riedel verzichtete auf Rechtsmittel.

In seiner Urteilsbegründung sagte Richter Leupold: "Man muss sehen, was gegen den Mann in Gang gesetzt wurde. Das kann nicht richtig sein. So etwas gräbt sich in die Seele".

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