Donnerstag, 13. August 2009

Avenir Suisse - Die Totengräber des Föderalismus

Staatsstreich aus dem Think tank
Zur Taktik der Avenir Suisse und der Vorbereitung zur Abschaffung der Schweizer Demokratie

von Kurt Rainer, Politologe

Zurzeit sind wir alle Zeugen, wie die Europäische Union bzw. voran die treibenden Kräfte Deutschland und Frankreich Angriffe auf die Schweiz lancieren. Ob es um sogenannte Steuerflucht geht, um das Wasser, die direkte Demokratie, den Franken, den Finanzplatz Schweiz – überall wird polemisiert, verleumdet, beschuldigt und gedroht. Bei der Frage, in welchem Zusammenhang diese Angriffe stehen, stösst man zunehmend auf Vereinigungen, Vereine und sogenannte Think tanks. Als Beispiel sei hier die sogenannte Denkfabrik (Think tank) Avenir Suisse erwähnt, die zusammen mit dem Hamburgischen Weltwirtschafts-Ar­chiv (HWWA) 2004 eine Studie unter dem Titel «Ökonomik der Reform»1 verfasst hat. Erschienen in der «Neuen Zürcher Zeitung», behauptet der Artikel «Wegweiser für den Wiederaufstieg – Ein Beitrag von Avenir Suisse zur Wachstumsdebatte»2 eine «schweizerische Wachstumsschwäche», die es zu überwinden gelte. Für die Ursache der angeblichen Reformblockade haben die Autoren von Avenir Suisse ein «Zuviel an schweizerischen Institutionen» ausfindig gemacht. Sie behaupten zum einen, die Schweiz leide (!) an zuviel Föderalismus. Ihnen ist ein Dorn im Auge, dass die Schweiz nicht zentral von oben nach unten – wie die Bundesrepublik Deutschland, Frankreich und die USA – regiert werde. Die Demokratie von unten, beginnend auf der Gemeindeebene, sei dadurch zu überwinden, die Anzahl der «veto player» – also der Bürger, der sich möglicherweise autoritären Obrigkeitsanordnungen widersetzen würde – «zu senken». Somit könnten «die politischen Entscheide» beschleunigt werden – das freie Gespräch unter Bürgern aber abgeschafft. Im Sinne der Obrigkeit, die dann ohne jeden Auftrag der Schweizer Bürger alles durchsetzen könnte, was sie wolle. Das nennt Avenir Suisse «den Föderalismus verwesentlichen». Zweitens gelte es, die Konkordanz abzuschaffen und durch eine sogenannte Alternanz zu ersetzen. Zum einen wollen sie damit eine «Regierung» in der Schweiz installieren. Die Schweiz aber kennt keine Regierung, sondern den Bundesrat, der den Willen des Schweizer Volkes umzusetzen hat. Wie in der Bundesrepublik, den USA und anderen Staaten hätte man dann ein Zwei-Parteien-System, mit zwei «relativ unideologischen» Parteien, die «im Zentrum» politisieren würden. Damit aber wäre die lebendige Demokratie, die auf politischem Dialog und Respekt basiert und in der alle Meinungen offen und frei miteinander wettstreiten, definitiv beendet. Und schliesslich, so die Autoren der Studie «Ökonomik der Reform», «leide» die Schweiz an zuviel direkter Demokratie. Diese müsse «angepasst» werden. Das Schweizer Volk soll demnach nur noch die Fragen entscheiden dürfen, die nach Auffassung der Avenir Suisse lokale oder höchstens regionale Aufgaben betreffen. «Grosse Politik» – das sei nichts für den Schweizer Bürger. Ausserdem müssten «hohe Hürden für Initiative und Referenden» aufgebaut werden, um die Mitwirkung des Volkes zu erschweren oder zu verunmöglichen. Denn diese Volksrechte stören die Verfasser der Studie, um sich im Konzert der Grossen in den Dienst der imperialen, kriegstreibenden Mächte stellen zu können. Um das zu erreichen müsse man: 1. Problembewusstsein wecken (das heisst Manipulation); 2. «Leadership» fördern (Führerkult); 3. Glaubwürdigkeit herstellen (Propaganda); 4. Verbündete gewinnen (Korruption); 5. Vetokräfte schwächen (Volk entmündigen); 6. stufenweise vorgehen (Salami-Taktik). Nein danke.

1 Rentsch, H., Flückiger, S., Held, T., Heiniger, Y., Straubhaar, T.: Ökonomik der Reform. Wege zu mehr Wachstum in der Schweiz (in Deutschland). Orell Füssli, Zürich 20042 g.s.: Wegweiser für den Wiederaufstieg – Ein Beitrag von Avenir Suisse zur Wachstumsdebatte, in: Neue Zürcher Zeitung, NZZ online, vom 6. März 2004, 02:28, www.nzz.ch/2004/03/06/wi/page-article9GBHC.html

Keine Kommentare: