Donnerstag, 7. August 2008

Die deutsche Kolonialisierung der Schweiz

Wehret den «Merkel-deutschen» Expansionsgelüsten gegenüber der Schweiz
Nachlese zu den 1.-August-Rednern deutscher Provenienz

Die Schweiz hat einmal mehr ihren Nationalfeiertag gefeiert. Landauf, landab brannten mit lohender Flamme die Höhenfeuer und erinnerten in eindrücklicher Art und Weise an die Geburt unseres Gemeinwesens. Erwachsen aus dem gemeinsamen Willen zur Freiheit und auf dem Boden der Genossenschaft, des Prinzips der Gleichheit, der Selbstverantwortung und der Selbstverwaltung entwickelte sich über die Jahrhunderte ein immer filigraner gewirktes Geflecht von Bündnissen, welches in der Bundesverfassung von 1848 ein modernes Gewand bekam. Auf diesem Boden erkämpfte sich die Bevölkerung in der Folge die noch heute gültigen Elemente der direkten Demokratie, die Initiative und das Referendum, welche, flankiert von unserer Staatsmaxime der immerwährenden und bewaffneten Neutralität, schliesslich im 20. Jahrhundert mit den Sozialwerken das Friedensmodell einer am Menschlichen orientierten sozialen Marktwirtschaft hervorbrachte.
Lange Jahre war es der Brauch, dass am 1. August erfahrene und besonnene Bürgerinnen und Bürger in einem feierlichen und bescheidenen Festakt ihr reichhaltiges Wissen über die Entwicklung des Friedensmodells der direkten Demokratie der Schweiz der jungen Generation weitergaben. Mit feierlich beleuchteten Lampions und bengalischem Feuer begleiteten die Eltern ihre Kinder und nahmen sie so auf eine ruhige und ernsthafte Art und Weise ein weiteres Stück Weges hin zur reifen Staatsbürgerschaft mit. Was hier gelebt und geübt wurde, war der wache Bürgersinn, in unsterbliche Worte gefasst durch den deutschen Klassiker Friedrich Schiller, der seinerzeit in seinem Kampf gegen den Absolutismus die Freiheitsidee der Eidgenossen aufgriff und in die zeitlosen Verse goss: «Wir wollen sein ein einig Volk von Brüdern, in keiner Not uns trennen und Gefahr, wir wollen frei sein wie die Väter waren, eher den Tod, als in der Knechtschaft leben. Wir wollen trauen auf den höchsten Gott und uns nicht fürchten vor der Macht der Menschen.»
Schon seit längerem stiess vielen Miteidgenossen sauer auf, wie das Gedenkfest der Freiheit immer mehr zu einem «Event» mit «Partycharakter» verkam, wo laut geknallt und Silvesterbräuche aus anderen Ländern importiert wurden.
Noch weit unangenehmer fallen nun dieses Jahr die vielen Festredner auf, die aus deutschen Landen die Schweizer Festplätze mit Gedankengut überziehen, die dem Wesen der neutralen und humanitären Schweiz fremd sind. Fremd, nicht weil die Schweizer nicht weltoffen wären, schliesslich beherbergen wir in unseren Gemarkungen an die 20 Prozent ausländische Mitbürger; nein, fremd, weil der giftige Hauch einer sattsam bekannten deutschen Arroganz fröhlich Urständ feiert. Zum Exempel referierte der ehemalige deutsche Aussenminister Hans-Dietrich Genscher in der malerischen Bündner Berggemeinde Samnaun. Genscher, immer noch in unliebsamer Erinnerung als derjenige, welcher massgeblich an der Zerstörung der souveränen Bundesrepublik Jugoslawien teil hatte, sowie durch sein Vorwort zum Buch des US-Strategen Zbigniew Brzezinski «Die einzige Weltmacht – Strategien der Vorherrschaft», wo er kein kritisches Wort zur imperialen US-Kriegsstrategie verlauten lässt. Genscher spielte in Samnaun ganz auf der Klaviatur eines Soft-Power-Imperialisten Obama, wenn er betonte, es gehe darum, Völker zu «entwickeln» und die «neue Weltordnung» zu errichten. Und da gehöre die Schweiz selbstverständlich als Vorbild für Europa dazu.
Viel Geburtstagslob also für die Eidgenossen aus dem Munde eines deutschen Machtpolitikers in US-Diensten. Aber wozu?
Hatte nicht Bundeskanzlerin Merkel zwei Tage vor ihrem Besuch in der Schweiz die «Operation Schweiz» eröffnet? Sind diese gehäuften Auftritte deutscher Redner der erste Akt einer Spin-doctor-Kampagne gegen unser Land? Zuerst die Angriffe gegen Liechtenstein, und jetzt die Schweiz?
Kommt dazu die gehäufte Arroganz in Schweizer Amtsstuben, die bei näherem Hinsehen fast immer auf eine deutsche Besetzung der Spitzenämter zurückzuführen ist. Halt macht die deutsche Möchte-gern-Kolonialisierung der Schweiz auch nicht vor unserer Wirtschaft und dem Militär. Man erinnere sich nur an die Übernahme der Swissair durch die Lufthansa; ABB stöhnt unter deutschem Joch; deutsche Tornados trainieren in den Schweizer Alpen, Schweizer Soldaten werden zu Führern und Ausbildnern ausländischer Truppen geschult und dem Tode ausgesetzt, so an der Jungfrau und auf der Kander. Man wird sich in der nächsten Zeit wohl noch auf weitere perfide Angriffe aus deutsch-amerikanischen Propagandaküchen gefasst machen müssen.
Grundsätzlich haben ja wir Schweizer nichts gegen Menschen von ennet dem Rhein. So leben bereits sehr viele tüchtige und bescheidene Berufsleute aus der ehemaligen DDR in unserem Land und gliedern sich auffällig gut ein. Geblieben wären auch sie lieber in ihrer Heimat, doch mit welcher Arroganz wurden sie von den Westdeutschen über den Tisch gezogen und in einer grossen Armut und Arbeitslosigkeit belassen? Was für eine Schande für eine westliche Demokratie!
Der Unwille in der Schweiz steigt aber über deren westdeutsche Landsleute, die bei uns meist Chefposten besetzen. Vor allem bei der älteren Generation wird manche Erinnerung wach an die Zeiten des «Gröfaz», nicht vergessen sind auch die Karten des Grossdeutschen Reiches von 1937, in welchen zu unserer Empörung die Schweiz lediglich noch als reichsdeutsche Provinz eingezeichnet war. Missmut wird laut und auch Misstrauen gegenüber einer Classe politique von Merkel-Deutschland, die wieder Kriege führt. Gegen den Willen der überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung, die in einer Arroganz ohnegleichen missachtet wird. Hiess es nicht nach dem Zweiten Weltkrieg: «Nie wieder Krieg von deutschem Boden aus»? Wie standen doch die Schweizer ihren leidenden, hungernden und frierenden Mitmenschen aus dem Norden in den Nachkriegsjahren bei, indem mit Hilfe des Roten Kreuzes Kinder aufgenommen wurden, Hilfe beim Wiederaufbau geleistet wurde, aber auch Unterstützung beim staatlichen und verfassungsmässigen Wiederaufbau, so zum Beispiel in Bayern, gerne geleistet wurde.
Heute aber beginnt sich in der Schweiz ein Aberwillen gegen die neu erstandene Grossmachtarroganz und Grosssprecherei eines Merkel-Deutschland zu bilden. Die Schweizer Bürger mögen es nicht, von oben herab behandelt und schikaniert zu werden, wie zum Beispiel in der Frage des Fluglärms und des Anflugregimes auf den Flughafen Kloten, wo Merkel-Deutschland sich rücksichtslos durchsetzt, auch wenn von der Sache her die alten Anflugschneisen nach wie vor am unproblematischsten wären und prozentual am wenigsten Menschen in Mitleidenschaft zögen.
Die Schweizer liessen sich von 1939 bis 1945 weder einlullen noch erpressen, sie werden auch einer Vormacht Deutschland von US-Gnaden mit einem Soft-Power-orientierten Obama nicht in die geplanten Kriege folgen und der Kriegsallianz auch keine Schulung und Unterstützung zuteil werden lassen.
Dies sei auch ins Stammbuch all derer geschrieben, die sich in der Rolle einer Art Kollaborationselite gefallen. Schweizer Väter und Mütter werden es nicht zulassen, dass ihre Söhne in Plastiksäcken aus Kriegsgebieten zurückgeflogen werden, der couragierte Widerstand und Ruf nach Gerechtigkeit von Vater Buchs, der seinen Sohn unnötigerweise an der Jungfrau verlor, ist erst der Anfang und wird seine Fortsetzung in einem breiten Protest des Schweizer Volkes finden. Deshalb Hände weg von der Schweiz, ihr deutschen Redner und Spin doctors, Konzernbosse und Militärs – die Lehre aus der Schweizer Geschichte, die Worte von Bruder Klaus, «mischt euch nicht in fremde Händel» und «machet den Zaun nicht zu weit», sind nicht vergessen, auch nicht das grosse Leid, welches das Reislaufen, das Söldnerwesen, über die beteiligten Schweizer Burschen und unser Gemeinwesen brachte. Dem Herrschaftsprinzip sei das Genossenschaftsprinzip entgegengehalten und erneuert, der zunehmenden Armut in unserem Land das Prinzip des solidarischen Wirtschaftens, der grösstmöglichen Selbstversorgung, aber auch der alten Genügsamkeit und Bescheidenheit – dann lässt sich auch am nächsten Nationalfeiertag noch feiern, was den Namen verdient: die Eidgenossenschaft als Solidargemeinschaft, in welcher immer noch gilt: ein Kopf, eine Stimme, Gleichheit und soziale Gerechtigkeit, Mitmenschlichkeit und Ehrfurcht vor dem Leben.

Hermine Frymann

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