Donnerstag, 11. Dezember 2008

Unehrlichkeit als politisches Prinzip

Bundesrat
Politik aus dem Hinterhalt

In Bern wurde ein weiteres Kapitel Unehrlichkeit geschrieben. Die linke Hälfte des Parlaments will die Konkordanz, die sie öffentlich beschwört, abschaffen. Das macht die schwierige Aufgabe für den neugewählten Bundesrat Ueli Maurer etwas einfacher.

Von Urs Paul Engeler

Ueli Maurer ist der 112. Bundesrat der Eidgenossenschaft; der offizielle Kandidat wurde gewählt; die Schweizerische Volkspartei (SVP), die wählerstärkste Partei, wird wieder in die Landesregierung eingebunden; die Konkordanz ist damit wieder hergestellt. In Bern herrscht die neue Normalität.

Dieser Schein täuscht gewaltig. Das hinterhältige Spiel der Linken und Grünen, unterstützt von einem schönen Teil der Mitte-Parteien CVP und FDP, war von Anfang an darauf angelegt, die Konkordanz zu sprengen und die SVP weiter auszugrenzen. Zwar beschwor Ursula Wyss, Fraktionschefin der SP, die Sozialdemokraten stünden zur Einbindung aller grossen Parteien in die Regierung. Gearbeitet hat sie im Hintergrund exakt in die Gegenrichtung. Gleich gemein war das Spiel der Grünen, deren Sprecherin Therese Frösch zwar nichts von Konkordanz und dergleichen schwafelte, aber die Öffentlichkeit mit einem andern Manöver an der Nase herumführte. Die GPS bekräftigte nochmals die Kandidatur ihres Waadtländer Ständerats Luc Recordon, um ihm einige Minuten später keine einzige ihrer immerhin 24 Stimmen zu geben.
Bereits am Dienstagmittag, also Stunden vor dem SP-Hearing mit Ueli Maurer, hatte Hans-Jürg Fehr, der frühere Präsident der SP, über den Kanal von Radio DRS angekündigt, dass er und Parteigenossen sich nun aktiv auf die Suche nach einem Sprengkandidaten machen werden. Dass Maurer im Gespräch mit der linken Clique nicht eine minimale Chance haben würde, stand vor dem Beginn des Gesprächs mit den SVP-Kandidaten bereits fest. Ganz oben auf der Liste der möglichen Verräter standen Ständerat Hannes Germann (SH), ein Mann, der bei der Erweiterung der Personenfreizügigkeit das Lager schon gewechselt hatte (im Rat: nein, aktuell im Pro-Komitee), und Nationalrat Hansjörg Walter (TG), den anpassungsfähigen Präsidenten des Bauernverbandes. Doch je intensiver die Abwerbungsgespräche geführt wurden, umso energischer reagierte die SVP-Fraktionsleitung, die diesmal ihre Leute im Griff hatte.
Spätestens als der Name des Schwyzer Regierungsrats Walter Stählin sich als Sternschnuppe entpuppte und als Hansjörg Walter Charakter bewies und (unter grossem Applaus) in der Fraktion und vor dem ersten Wahlgang der Bundesversammlung seinen Verzicht erklärte, war Plan A der linken Feinde der Konkordanz, die Schein-Einbindung der SVP mit einem Aussenseiter, gescheitert. Für diesen Fall aktivierten die Verschwörer der ominösen «Gruppe 13» ihre Alternativ-, ja Wunschstrategie, den totalen Bruch mit der Allparteienregierung, den Rausschmiss der SVP.

Nicht obwohl Hansjörg Walter deutlich deklariert hatte, er stehe nicht zur Verfügung, sondern gerade weil er dieses Votum abgegeben hatte, wollten die vereinigten SVP-Gegner (Linke, Grüne und CVP) ihn nun zum Wahlsieg pushen. Die Idee des diabolischen Manövers: Man forderte von Walter die definitive Zurückweisung der Wahl und hätte diese Absage als Bruch der Konkordanz durch die SVP interpretiert. Damit wäre der Weg frei gewesen für die Kür von Urs Schwaller, den Fraktionschef der CVP.


«Jetzt muss der Urs sich parat machen»

Die Grünen mit ihrem Marionetten-Kandidaten Recordon freuten sich bereits, zum Teil gar am ganzen Körper zitternd, dass der grosse Coup, der zweite Schlag nach der Abwahl von Christoph Blocher, gelingen werde. Hämisch grinsend vor dem vermeintlichen Triumph, sagte der Zürcher Daniel Vischer: «Wollen Sie den Namen des nächsten Bundesrats wissen? Er heisst Schwaller! Sie werden sehen.» Der Zuger CVP-Mann Gerhard Pfister rief schon vor dem letzten Wahlgang laut in die Runde: «So, jetzt muss der Urs sich parat machen!» Und der Bieler Stadtpräsident und Nationalrat Hans Stöckli (SP), aktives Mitglied der «Gruppe 13», telefonierte per Handy vernehmlich und siegessicher mit einem Strippenzieher ausserhalb des Parlaments: «Ich weiss, dass für das Volk draussen alles wie Kasperlitheater wirkt. Aber wir hatten nun mal keine andere Wahl, als auf diese Weise vorzugehen.»

Das schäbige Spiel der Linken und Grünen sowie der gierigen CVP hatte nicht nur gegenüber der Person von Hansjörg Walter nichts mit «Anstand und Respekt» oder anderen Worten zu tun, die Links-Grün-Mitte immer wieder scheinheilig predigen. Walter sollte als billige Manövriermasse in eine unmögliche Situation gebracht werden. Jemanden gegen dessen Willen zu wählen – nur um einem Dritten zu schaden und einem Vierten zu nützen, ist menschenverachtend.
Nun darf, politisch gesehen, jede Partei die Konkordanz aufkündigen und die Idee einer links-grünen Einheitsregierung mit einigen Hampelfrauen und -männern aus der Mitte verfolgen. Verwerflich ist allerdings, dass diese Umkrempelung der tradierten Verhältnisse nicht offen – und vor allem vor den eidgenössischen Wahlen – deklariert wird. So ist die unwürdige Heimtücke letztlich der wiederholte Versuch, den Wähler zu betrügen und die politischen Mehrheiten im Volk, die dem Trio CVP, GPS und SP nicht passen, im Bundeshaus zu «korrigieren».
Der Wahlkörper hat sich damit weitgehend desavouiert. Das macht die Aufgabe für Ueli Maurer etwas einfacher.

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