Warum «die Russen» in der Schweiz «böse» gemacht werden
Stossrichtung der Medienkampagne in der Schweiz
rt. In einigen führenden Medien («Neue Zürcher Zeitung», DRS) werden Informationen eingespeist, dass sich die «Bedrohungslage» geändert habe und Russland nun eine Bedrohung für «den Westen» geworden sei (vgl. obenstehenden Artikel).
Nicht nur die Berichterstattung über den Georgien-Konflikt ist manipulativ. Auch auf anderer Ebene wird nachgezogen. Bilder des sowjetischen Einmarsches von 1968 in Prag wurden bewusst mit der Georgien-Krise verknüpft – die Sowjetunion (Russland) als vermeintlicher Aggressor –, und schliesslich wird in den vergangenen Wochen verstärkt an die Stimmungsmache aus dem kalten Krieg angeknüpft. Alte verstaubte Feindbilder werden sukzessive ins Unterbewusstsein gespeist.
Während die US-Geostrategen Russland in den Zangengriff nehmen – US-Raketen in Polen und Tschechien, Besetzung Afghanistans, Camp Bondsteel im Kosovo als Basis und schliesslich der durch die USA unterstützte Überfall Georgiens auf Südossetien –, wird gezielt das Feindbild «Russland» in Europa aufgebaut. Eine mentale Front soll errichtet werden, der dann eine materielle Front folgen kann: Der emotionale Boden für ein sogenanntes Verteidigungsbündnis gegen einen «bösen Feind» wird gelegt. Das ist Kriegspropaganda. Ein Etappenziel dabei ist, die Stimmung dafür zu schaffen, dass die Schweizer Armee als zukünftiges Nato-Modul umgebaut werden kann. Dazu wird systematisch das gewünschte Meinungsbild aufgebaut.
Eine Artikelserie in der «Neuen Zürcher Zeitung», in der deutsche Militärstrategen zu Wort kamen und alle völkerrechtlichen Prinzipien ignorierten, sollte die nationalrätliche Diskussion um die Zukunft der Schweizer Armee mental vorbereiten (vgl. Zeit-Fragen Nr. 37 vom 8. September). Jüngstes Beispiel im gleichen Stil ist die Besprechung der alten Angriffspläne des Warschauer Pakts aus den 70er Jahren («Neue Zürcher Zeitung» vom 13. September, vgl. Artikel oben). Im Kontext der übrigen Berichterstattung soll der Eindruck entstehen, die Schweiz sei umsonst neutral, nur der Anschluss an ein starkes militärisches Bündnis könne das Land noch vor den «bösen Russen» retten. Der unselige Ruf nach einem Bündnis erinnert unangenehm an die Anschlusspolitik der 30er Jahre.
Weltfremd mutet den nachdenklichen Leser diese Propagandawalze in den Medien an. Wo sind die notwendigen Überlegungen, wie eine Eskalation vermieden werden kann? Wo sind die konstruktiven Gedanken zur Durchsetzung des Völkerrechts, wie es für alle Nationen verbindlich vorgeschrieben ist? Wo ist eine kritische Nebenbemerkung zur US-amerikanischen Geopolitik zu lesen? Wer berichtet vom alltäglichen Leben der russischen Bevölkerung mit ihren Sorgen und Nöten? Und wo bleibt die redaktionelle Eigenständigkeit? •
rt. Immer wieder berichtet Zeit-Fragen über Desinformation, Medienkampagnen und PR-Aktionen, die Nachdenken verhindern, gezielt Gefühle hervorrufen oder schlicht manipulieren sollen. Dass dabei die Medien (Presseerzeugnisse, Bilder, Filme, Musik, Tondokumente) eine zentrale Rolle spielen, ist spätestens seit Adolf Hitlers Propagandaminister Joseph Goebbels allgemein bekannt. Die Manipulationstechniken sind jedoch in den vergangenen 70 Jahren raffinierter geworden, ganze «Wissenschaftszweige» beschäftigen sich damit. Heute werden «Meinungsteppiche» produziert. Nicht eine einzige plumpe Manipulation, sondern ein Gewebe von Halbwahrheiten oder selektiv ausgesuchten «Tatsachen» wird über Monate, manchmal über Jahre, gezielt gestreut. Dadurch entsteht ein «Bild». Der Beobachter hat den Eindruck, er ziehe eigene Schlüsse. Dass diese Schlüsse so gewollt worden sind, entzieht sich bei oberflächlicher Betrachtung, jedoch nur bei oberflächlicher Betrachtung.
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